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COMPENDIÜM
DER
AUGESHEILKUNDE.
VON
DR- IGNAZ MEYR,
DOCENTEN DER AUGENHEILKUNDE UND ASSISTENTEN DER AUGENKLINIK AN DER UNIVERSITÄT ZU WIEN.
WIEN, 1852.
WILHELM BRAUMÜLLER,
K. K. HOFBUCHHÄNDLER.
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ld potissimum agens, ut omissis hypothesibu*. in praxi nihil adstruat, quod raultiplici experientia non sit roboratum.
Act. Erud. Lips. 1722.
DEM
HOCHWOHLGEBORNEN HERRN HERRN
WILHELM edlen von WELL,
DER ARZNEIKUNDE DOCTOR, K. K. WIRKLICHEM MINISTERIALRATES IM MINISTERIUM DES CULTUS UND UNTERRICHTES, EMERITIRTEM RECTOR MAGN1FICUS DER WIENER UNIVERSI- TAET UND PRAESES DER MEDICINISCHEN FACULTAET , MEHRERER AERZTLICHEN UND GE- LEHRTEN GESELLSCHAFTEN MITGLIEDE ETC. ETC.
ALS
SCHWACHEN BEWEIS DER TIEFSTEN VEREHRUNG
GEWIDMET
VOM
VERFASSER.
VORWORT.
Wem die Literatur der Augenheilkunde in der letzteren Zeit nicht fremd geblieben ist, der wird nicht verkennen, dass dieser Zweig der Heilkunde in steter Fortbildung begriffen ist. Unsere Zeit, welche die streng anatomische Richtung als nothwendige Ent- wicklungsphase der Wissenschaft anerkennt, emancipirte sich von manchen früher geltenden pathologischen Lehrsätzen, und wendete sich der unmittelbaren Beobachtung zu. Auch die Augenheilkunde schlug diese Richtung mit Vortheil ein, und suchte, gestützt auf die Grundsätze der Physik und Physiologie, über die pathologischen Vorgänge so viel als möglich ins Klare zu kommen. Eine Reihe werthvoller Schriften und gediegener Aufsätze aus dem Gebiete der Ophthalmiatrie ist durch die Bestrebungen ausgezeichneter Fach- männer hervorgegangen, man gewann eine klarere Einsicht in das Wesen der Krankheitsprocesse, und manche Capitel der Augenheil- kunde erlitten wohl eine fast gänzliche Umstaltung.
Die vorurtheilsfreie Beobachtung am Krankenbette ist unent- behrlich, um richtige Begriffe über die Krankheiten zu erlangen;
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jede anderweitige Belehrung genügt nicht. Dessenungeachtet ist eine Darstellung der Grundlehren dieses Zweiges der Heilkunde, eine Anleitung zur genauen Auffassung und richtigen Beurtheilung der Krankheilserscheinungen, eine möglichst naturgetreue Schilde- rung der einzelnen Krankheitsformen für den Studierenden ein Be- dürfniss. Da jedoch die meisten Werke über die gesammte Augen- heilkunde theils zu voluminös, theils für minder Bemittelte auch zu kostspielig sind , so ist das Bedürfniss eines Buches , welches die sämmtlichen Grundlehren dieser Wissenschaft in gedrängter Weise behandelt, zur Zeit noch fühlbar. Dieser Umstand war es vorzüg- lich, welcher die erste Idee zur Abfassung des vorliegenden Com- pendiums in mir weckte. Besonders waren es jedoch mehrseitige freundliche Ermunterungen, welche mich zur Bearbeitung desselben ermuthigten. Ich hatte dabei vorzüglich die Bedürfnisse des Studie- renden , so wie des praktischen Arztes , denen es wohl meistens an Zeit gebricht, sich durch voluminöse Werke durchzuarbeiten, und die zerstreuten Aufsätze zu ihrer Belehrung zu benützen, vor Augen.
Eine mehr als sechsjährige Dienstleistung an einer der gröss- ten Augenheilanstalten Europas setzte mich in den Stand, Erfah- rungen zu sammeln über Entstehung, Verlauf und Behandlung der verschiedenen Augenkrankheiten, und die Beobachtungen älterer Schriftsteller, so wie die der Neuzeit aufmerksam zu prüfen.
So sehr es daher meine angelegentlichste Sorge war, die neuesten Leistungen in der Augenheilkunde gewissenhaft zu be- nützen, und nichts von dem zu übergehen, was sich durch that- sächliche Beobachtung als wahr bewies, so uneiiässlich erschien es mir bei der practischen Tendenz, welche dieses Buch haben soll, die ewig wahren Bemerkungen älterer, erfahrner Augenärzte, Erfah- rungen, deren unwiderstehliche Stärke jedem Beobachter klar wer-
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den muss, nicht zu übergehen. Unbegründete Meinungen und theo- retische Präsumtionen konnten, als dem Zwecke des Buches zuwi- der, nicht aufgenommen werden ; aus gleichem Grunde mussten weit- läufige Citate und Anführung von Autoren -Namen wegbleiben. Da- gegen glaubte ich eine kurzgefasste Anatomie und Physiologie des Auges und seiner Nebentheile vorausschicken zu müssen, da sie zur besseren Auffassung der pathologischen Vorgänge unumgänglich nothwendig und eine Wiederholung derselben für so Manchen er- wünscht und von Vortheil ist.
Was die befolgte Eintheilung betrifft, so weiss ich gar wohl, dass sie nicht allen Anforderungen entsprechen kann. Ich bin jedoch der Meinung, dass jede der gewohnten Einteilungen manche Einwürfe zulässt. Es leitete mich demnach dabei die Rücksicht, dass die Krankheitsbilder vollständig und fasslich entworfen, die einzelnen neben einander bestehenden und sich aus einander ent- wickelnden Krankheitsprocesse nicht zu sehr zersplittert, und viele Wiederholungen so viel als thunlich vermieden wurden. Zu viele Unterabtheilungen verwirren den Anfänger, so wie andererseits der Mangel einer jeden systematischen Darstellung ihm das Studium bedeutend erschweren kann.
Im ersten Abschnitte, der den Verletzungen des Sehorgans und seiner Nebentheile gewidmet ist, werden wohl manche dadurch producirte krankhafte Zustände angeführt, deren ausführliche Erör- terung erst in späteren Abschnitten zu finden ist. Dem Abschnitte über die Entzündungen wurden auch einzelne Krankheitsformen an- gereiht, welche zwar den Krankheiten der dritten Classe (denen der Form und Bildung) angehören, die jedoch, da sie meistens im Gefolge von Entzündungen auftreten, nicht füglich von denselben getrennt werden konnten. Im vierten Abschnitte werden die Ner- venkrankheiten nach den verschiedenen dem Sehorgane angehörigen
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Nervengruppen abgehandelt. Für Jene, welche weitere Belehrung suchen und andere Werke einsehen wollen, ist eine kurze Angabe der besseren Schriften über Augenheilkunde zuletzt beigefügt.
Weit entfernt, in überschätzender Selbstgenügsamkeit die Män- gel und die Dürftigkeit dieser Schrift zu verkennen, war es vorzüg- lich mein Bestreben, die Sache fasslich und klar darzustellen, und durch überflüssigen Wortreichthum nicht zu ermüden. Sollte mir diess gelungen sein, und das Werkchen bei dem ärztlichen Publi- cum einigen Anklang finden, so fühle ich mich für die darauf ver- wendete Mühe reichlich belohnt.
Meyr.
INHALTSÜBERSICHT.
Einleitung ........
Erster Abschnitt; Traumen .
Die fremden Körper im Auge
Zweiter Abschnitt; Phlogosen
I. Entzündungen der Augenlider
II. Entzündungen des Augapfels
1. Entzündung der Bindehaut
2. Entzündung der Hornhaut
3. Entzündung der Iris
4. Entzündung des Ciliarkörpers .
5. Entzündung der Choroidea
6. Entzündung des ganzen Augapfels
III. Entzündung der Thränenorgane
IV. Entzündungen der Gebilde der Orbita V. Von dem Einflüsse der constitutionellen Erkrankungen (Dyscra
sien) auf die Augenentzündungen VI. Geschwüre der Hornhaut und deren Folgen Dritter Abschnitt; Krankheiten der Form und Bildung I. Angeborne Missbildungen .
II. Trübungen durchsichtiger Gebilde
A. Trübungen der Hornhaut
B. Trübung des Krystallkörpers; der graue Staar
III. Synechien und Atresien
1. Verwachsungen der Augenlider
2. Die Atresie der Pupille und die künstliche Pupillen bildung
3. Verengerungen und Verwachsungen an den Thränen organen
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IV. Ectopien 215 |
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1. Ectropium |
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2. Entropium .... |
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3. Trichiasis |
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V. Pseudoplasmen |
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A. Gutartige Aftergebilde |
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1. An den Augenlidern |
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2. Am Augapfel |
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3. An den Gebilden der Orbita |
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B. Bösartige Aftergebilde |
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1. Augenlidkrebs |
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2. Augapfelkrebs |
247 |
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Vierter Abschnitt; Neurosen |
259 |
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A. Krankheiten der Empfindungsnerven . |
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1. Hyperaesthesie des N. quintus |
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2. Anaesthesie des N. quintus |
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B. Krankheiten des Sehnerven |
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1. Hyperacsthesia optica |
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2. Anaesthesia optica, Amaurose, der |
schwarze |
Staar |
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C. Krankheiten der Bewegungsnerven |
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I. Krämpfe |
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II. Lähmungen |
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Literatur ........ |
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Einleitung.
Die Wichligkeil des Sehorgans für das geistige und körperliche Leben der Menschen, die hohe Stelle, die es unler den Sinnesorganen einnimmt, machten seit den ältesten Zeilen die Erkrankungen desselben und ihre Be- handlung zum Gegenstände eifriger Forschung, und müssen zum Studium dieses Zweiges der Heilkunde fort und fort anregen. Erfreulich sind die Forlschritte, welche dieses Fach im Laufe dieses Jahrhunderies durch die Bestrebungen ausgezeichneter Männer gemacht hat. Vor Allem gebührt Deutschland die Anerkennung, dass es im 19. Jahrhunderte den Grund für den Aufschwung der Augenheilkunde legte. Alle Zweige der medicinischen Wissenschaft waren fruchtbringend für das Gedeihen der Augenheilkunde, insbesondere trugen die genauere anatomische und physiologische Kennt- niss des Auges und die Untersuchung der einzelnen Gewebe zum Aufblühen derselben bei. Obwohl nun seiner Wichtigkeit wegen dieses Fach speciell betrieben wird, so kann es doch nicht aus dem Ganzen herausgerissen, nicht gelrennt von den übrigen Zweigen der Heilkunde fruchtbringend cul- livirt werden, da zum Studium und zur Ausübung desselben eine umfassende Kennlniss der Gesammlmedicin nolhwendig ist.
Die Erkenntnisse, welche wir dem Gesichtssinne verdanken, sind von doppelter Art: Ein Theil unserer optischen Erfahrungen geht nicht nur vom reinen Empfinden aus, sondern bedarf absolut nichts als ein Sehorgan; andere können nur durch Mitwirkung anderweitiger Funktionen und Organe gewonnen werden. Zu den ersleren, welche man unvermittelte Gesichts- empfindungen nennt, gehören die Licht- und Fa rbe nempfin düngen. Sie entstehen nicht bloss in Gegenwart leuchtender Objecle, sondern unter dem Einflüsse der verschiedensten Reize, welche das Sehorgan IrefFen. Ein Druck auf den Augapfel, die Wirkung derEleclricilät, Entzündung der Netz- haut, so wie Congestion nach dem Gehirne können sie erzeugen, woraus her- vorgeht, dass Licht und Farben lediglich Produkte der organischen Thälig-
M e \ i- . Augenheilkunde,
keit unserer Augen sind. So wie zum subjectivcn Sehen die Gegenwart eines leuchtenden Objecles entbehrlich ist, so ist in solchen Fällen nicht einmal die Mitwirkung- des äusseren Au$e& nolhwendig. Es ist somit klar, dass die spezifische Energie nicht dem Sehnerven, sondern dem innern Seh- organe (im Gehirne) zugeschrieben werden muss, und dass der wesentlichste Theil des Gesichtssinnes im Gehirn liegt.
Während Lichtempfindungen auch ohne Gegenwart von Augen ent- stehen können, bedarf jedoch das gegenständliche Sehen das Vorhanden- sein eines optischen Apparates.
Diesen optischen Apparat bildet das Auge, welches so gebaut ist, dass von dem Gegenstande ein kleines, verkehrtes Bild von grosser Deutlich- keit auf der Netzhaut erscheint. Der Augapfel stellt eine sphäroidische, häutige Kapsel dar, welche aus mehreren übereinander gelagerten Mem- branen zusammengesetzt ist, und brechende Medien (den dioptrischen Apparat), so wie den lichlempfindenden Apparat (die Netzhaut) in sich einschliesst.
Die Form des Augapfels wird durch die Sclerotica erhallen, eine dichte fibröse Haut von weisslichglänzendem Ansehen. Sie besteht aus sehr feinen, weissen, festen Fasern, welche in unregelmässiger Ordnung mtt einander verwebt sind, so zwar, dass von aussen nach innen das Gewebe immer dichter und gleichförmiger wird. Unter den Sehnen der gera- den Augenmuskeln ist sie am dünnsten. Bei Individuen, welche eine zar- tere und dünnere Sclera haben, hat sie eine bläuliche Färbung, weil die Aderhaut durchschimmert. An der innern Fläche der Sclera sind, beson- ders bei dunkeläugigen Menschen, in ihr Gewebe Pigmentzellen eingela- gert, welche ihr ein bräunliches Ansehen geben. Am hintern Ende, etwas näher der Nasenseite, ist die Sclera von dem Sehnerven durchbohrt, in dessen fibröse Scheide sie sich fortsetzt. Nach vorne besitzt sie eine grössere Oeffnung, welche von einer durchsichtigen, stärker gewölbten Haut ausgefüllt wird. Diese, die Hornhaut (Cornea), ist nicht bei Allen von gleicher Dicke; sie ist beim Erwachsenen in der Mitte etwas dünner, beim Foelus und neugebornen Kinde jedoch in der Mitte sehr dick. Sie be- steht aus folgenden Schichten : 1. Aus einer Epithelialschichle, welche eine unmittelbare Fortsetzung des Epithels der Conjunctiva und aus geschichte- ten Pflaslerzellen gebildet ist; 2. aus der Fasersubslanz. Sie ist die mäch- tigste Schichte und besteht aus sehr feinen glatten Fasern, welche in den einzelnen Bündeln regelmässig neben einander liegen. Die einzelnen Bün- del durchkreuzen sich jedoch in verschiedenen Richtungen und bilden ein geschichtetes Mallcnwerk. Die Durchsichtigkeil dieser Loge wird durch eine Veränderung ihrer relativen Lage, so wie durch grössere Spannung leicht
gestört. 3. Aus der glasartig' ein Lamelle der Cornea (Membr. Desce- met, auch hintere elastische Lamelle genannt). Sie ist farblos, gleichmässig durchsichtig-, elastisch und zeigt nur eine der Oberfläche parallele Streifung. Am Rande der Cornea endet sie mit verflochtenen Fasern, welche sich grösslenlheils nach rückwärts zum äussern Theilc des Ciliarkörpers wenden und Iheils an demselben, theils an der Iris befestigen. Das Epithel der in- nern Cornealfläche ist sehr dünn und setzt sich auf die vordere Fläche der Blendung fort.
Die vordere Fläche der Cornea ist sphärisch, die hintere elliptisch gekrümmt. Nach rückwärts gehl das Gewebe der Cornea allmälig in das der Sclerotica über, wo sich die Faserbündel beider in einander zu schieben scheinen. Nahe an der innern Fläche der Cornea, zwischen ihr und der Sclerotica, ist ein kreisförmiger Canal, der namentlich bei Erhenk- len häufig mit Blut gefüllt ist und Canalis Fonlanae s. Schlemmii genannt wird. In ihm verläuft der Venenkreis des Ciliarbandes (Sinus venosusHovii). An seiner innern Wand setzt sich der Muse, ciliaris an.
Die Sclerotica hat wenige Gefässe, welche sich von den Gefässen der Augenmuskeln abzweigen und ein weitmaschiges Netz bilden. Sie besitzt sehr zarte Nerven, welche von den Ciliarnerven herkommen. Die Nerven der Cornea stammen auch von den Ciliarnerven und verlheilen sich in der Substantia propria corneae. Im Foclus ist die Cornea mit einem vollständi- gen Netze von Gefässen versehen, welche von den Gefässen der Conjunctiva bulbi herstammen, nach der Geburt jedoch von der Mitle nach dem Rande zu obliteriren, so dass sie im gesunden Auge des Erwachsenen denselben nur um % — 1'"' überragen. Den vordem Theil der Sclerotica rings um die Cornea deckt eine verschiebbare, gefässreiche Haut, welche sich in den äussern und innern Augenwinkel, in die obere und untere Augenlidfalte und auf die hintere Fläche der Augenlider fortsetzt, an deren freiem Rande sie in die allgemeine Decke übergeht. Diese Membrane, welche desshalb die Bindehaut (Conjunctiva) genannt wird, besieht aus Bindegewebe, wel- ches an der Nasen- und Schläfenseite am Rande der Cornea aufhört, nach oben und unten jedoch denselben etwas überschreitet (Limbus conjunctivae, Bindehautfalz), Sie ist ferner von einem ziemlich dicken Pflasterepithelium besetzt, welches sich in das Hornhautepilhel fortsetzt.
Unter der Sclerotica befindet sich eine sehr gefässreiche Haut, welche, da sie braun gefärbt ist, zugleich als dunkler Beleg des kaloptrischen Appa- rates einen grossen Theil der einfallenden Lichtstrahlen absorbirt und nach vorne zwischen Cornea und Sclerotica in eine bewegliche Blendung übergeht, die im humor aqueus vor der Linse liegt., und deren cen trales Loch die Pupille darstellt. Die gefässreiche an der innern
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Fläche der Sclerotica liegende Haut heisst die Choroidea, die Blen- dung- wird die Iris genannt und beide Häute als Ganzes betrachtet erhielten auch den Namen tunica uvea. Die Choroidea besteht zum grüsslen Theile aus einem dichten Netze zarler Blutgefässe, welche in einem aus Bindegewebe bestehenden Stroma eingebettet sind. An ihrer innern Seite ist sie mit unregelmässig gestalteten Zellen .bedeckt, welche unmessbar kleine Körnchen einer schwarzen Substanz enthalten. Die arteriellen Ge- fässe der Choroidea kommen von den hintern kürzern Ciliararterien (Aeslen der Art. ophlhalmica), welche die Sclerotica im hintern Umkreise durch- bohren und sich gabelförmig theilend von hinten nach vorne laufen. Sie bilden ein Capillargefässnetz, welches der Aderhaut nach innen aufliegt. Die äussern Zweige gehen, ohne in Capillaren letzter Ordnung zu zerfallen, in Venen über, welche durch vielfältige Theilung Bügen und Wirbel bilden und meistens 6, zuweilen 5 oder 4 an Zahl in der Gegend des Aequa- lors des Auges ziemlich symmetrisch um die Achse vertheill in die Scle- rotica eintreten (vasa vorticosa). Die vordem Aeste gelangen an die Wurzeln der Ciliarfortsätze und zur Blendung, welche Gebilde sie mil Ge- fässen versorgen.
Ungefähr 2 Linien vom Rande der Cornea nimmt die Aderhaut an Dicke zu und gehl in einen gefalteten Körper über, den man Ciliarkör- per (Corpus ciliare) nennt. Der innere Theil desselben bildet 60 — 70 lei- stenartige Forlsätze (processus ciliares), welche um die Linse herum liegen und mit einer dicken Lage von Pigment bedeckt sind. Der Abdruck des Ciliarkörpers auf den Glaskörper wird als Corona ciliaris beschrieben. Der äussere Theil des Ciliarkörpers stellt einen dichten, weissgraulichen Ring dar (das Ciliarband, lig. ciliare), durch welches die Cornea und Scle- rotica nach vorne und die Iris und Choroidea nach rückwärts in fester Ver- bindung erhalten werden. Er besteht aus zahlreichen Nerven und aus Fasern, welche die Charactere der organischen Muskelfasern haben, von hinten nach vorne verlaufen und neben einander liegen. Er heftet sich an die innere Wand des Canalis Schlemmii, mit welcher er oft so fest verbunden ist, dass sie beim Ablösen der Sclerotica an ihm hängen bleibt. Dieser Theil wird daher auch Musculus ciliaris oder M. tensor choroideae (Aderhautspanner) genannt, weil er die Choroidea mit der Relina um den Glaskörper anspannt.
Die Blendung (Iris) ist eine verschieden gefärbte, ringförmige, (lache Membrane, welche mit ihrem äussern Rande fest an den Ciliarmuskel geheftet ist, mil ihrem inneren (dem Püpillarrande) das Sehloch (pupilla) bildet. Sie besieht nus Fasern, zahlreichen Gefässen und Nerven. Ein Theil der Fia&errt; welche den organischen Muskelfasern gleichen, umgibt in Form
eines Ringes die Pupille. Ein anderer Theil entspringt von der innern Fläche der glasartigen Lamelle der Hornhaut, welche hier durch das kamni- förmige Band (Ursprünge der Längenbündel) mit der Iris zusammenhängt; letztere haben einen radienfürmigen Verlauf, vereinigen sich geflechtarligund sind contractu ; durch ihre Zusammenziehung erweitert sich die Pupille, wäh- rend sie erstere bei ihrer Conlraclion verengern. Die hintere Fläche der Iris ist von einer Pigmentschicht bedeckt, über welcher sich ein durchsichtiges, was- scrhelles Häulchen befindet. Ausser den Gcfässen, welche von den kürzern Ciliargefässen in die Iris eintreten, erhält sie noch arterielles Blut von den hinlern langen Ciliararlerien, welche meistens 2 an Zahl an der Nasen- und Schläfenseile zur Iris laufen, sich daselbst in 2 Haupläsle spalten, die sich nach entgegengesetzten Seilen wenden und durch zahlreiche Nebenäsle einen Kranz von Gefässen (Circulus arleriosus iridis major) bilden, und aus den vordem Ciliararlerien, welche grösstenteils von den Muskelarlerien herstammen, die Sclerotica im Umkreise der Cornea durchbohren und Iheils in den circulus arleriosus iridis major eintreten, theils in der Blendung ge- schlängelt nach dem Pupillarrande verlaufen, vor demselben jedoch durch anastomosirende Aesle einen zweiten Kranz von Gefässen bilden, den cir- culus arter. iridis minor. Die Venen der Iris sammeln sich theils in den vasis vorlicosis, Iheils in den hinlern langen Ciliarvenen, theils verlaufen sie zu den Venen der geraden Augenmuskeln. Die Nerven der Iris und Choroidea heissen Ciliarnerven. Sie entspringen vom Ganglion ciliare, zum Thcile auch vom Ramus nasociliaris des N. ophlhalmicus. Die längsten der- selben, 2 an Zahl, verlaufen an der Nasen- und Schläfenseite als Nervi ciliares longi zwischen Choroidea und Sclerotica nach vorne zum Muse. ciliaris, in welchem sie sich zum Theile verzweigen, zum Thcile die Iris und auch die Cornea mit Nervenzweigen versorgen.
Unter der Choroidea befindet sich eine sehr zarte, grauliche, durch- scheinende Membrane, die Netzhaut (Betina). Sie beginnt nach rück- wärts an der Eintrittsstelle des Sehnerven und endigt nach vorne in einer Entfernung von etwa 7mm von der Grenze zwischen Choroidea und Blen- dung mil einem gezackten Rande (ora serrala retinae). Die Schichten der Retina sind: 1. die Jacob'sche Haut, aus durchsichtigen Cylindern oder Stäbchen bestehend, welche senkrecht auf den üefer liegenden Schichten der Netzhaut aufsitzen. 2. Eine Schicht kleiner Kugeln (Feltkügelchen oder Ganglienkugeln). 3. Eine Schicht Nervenfasern, welche von der Ein- trittsstelle des Sehnerven an sich radienförmig ausbreiten und parallel nach vorn verlaufen. Nirgends sieht man freie Faserenden, Einige haben Schlin- gen wahrgenommen. 4. Die innerste Schicht der Relina besteht wieder aus Kugeln, welche von einigen für Ncrvenelemenle, von Andern für Epi-
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thelium gehalten werden. Nach innen zu ist die Netzhaut von einer glas- hellen Membrane überzogen, welche sich über die ora serrata hinaus fortsetzt, die Oberfläche der Slrahlenforlsälze bis zur hinteren Seite der Blendung überzieht, und Membrana limitans, auch lamina vasculosa retinae genannt wird. Genau im Achsenpunkle der Netzhaut, wo die Empfindung am schärfsten ist, findet sich ein gelber Fleck, welcher von einer Falte wulstartig umgeben, aber nicht perforirt ist. Die Nervenhaut hat ihr eigenes Gefässsystem , welches von der Arieria centralis retinae herstammt, welche die Mitte des Sehnerven durchbohrt, Sie bildet durch Verästlung ein ziemlich engmaschiges Capillargefässnetz.
Der Kryst allkör p er ist hinter der Pupille in einer tellerförmigen Verliefung des Glaskörpers gelagert und besieht aus der Linse und Kapsel. Die Linse bildet einen biconvexen, in der Jugend farblos durchsichtigen, im Alter weingelben Körper. Ihre vordere Fläche ist elliptisch, die hinlere stärker gewölbte parabolisch gekrümmt ; sie wird bei zunehmendem Alter etwas flacher und consistenter. Sie besteht aus glashellen Fasern mit sechs- eckigem Durchschnitt, welche Schichten bilden, die an der Oberfläche der- selben parallel verlaufen, so dass sie, wie die Häute einer Zwiebel, in ein- ander eingeschachtelt erscheinen. Die Verbindung ist an der Oberfläche locker, in den liefern Schichten fester und inniger, so dass die Linse an Dichte gegen den Kern hin zunimmt. Durch den geordneten Verlauf bil- den die Fasern der Linse Curven, welche mit ihren Scheiteln gegen die Pole der Linse hin gerichtet sind. Sie zeigt daher an der Oberfläche häufig drei feine Linien und zerfällt durch Macerirung in 3 Sector-ähnliche Stücke, welche durch abermalige Theilung vervielfältigt werden können. Die Linse ist unlöslich im kochenden Wasser, Weingeist und Säuren; sie enthält ausser dem Eiweiss noch eine dem Casein ähnliche Substanz (das Globulin oder Krystallin). Die Kapsel ist eine sehr feine, glashelle, elastische und brüchige Haut, welche für Flüssigkeilen sehr permeabel ist. Ihre vordere Fläche ist 4 — 5mal dicker als die hintere. Zwischen der Kapsel und der Linse befin- det sich eine Lage von sehr dünnen und transparenten ungleich grossen und gekernten Zellen. Durch sie, welche nach dem Tode die Morgagnische Feuchtigkeit darstellen, geht die Ernährung der Linse wahrscheinlich vor sich.
Der Raum zwischen der Cornea und Iris heisst die vordere, der zwi- schen Iris und Linsenkapsel die hintere Au gen kämm er. Sie sind von der wässrigen Feuchtigkeit ausgefüllt, welche wahrscheinlich von der Iris und den Ciliargefässen abgesondert wird und durch die Cornea zum Theil verdunstet. Sie enthält ausser dem Wasser eine Spur von Eiweiss, von salzsaurem Natron und Exlraetivstoff.
Der Glaskörper, welcher die Retina ausgedehnt erhält, und von welchem die Grosse und Consislenz des Auges abhängt, besieht aus einer zähen Flüssigkeit, welche in viele mit einander zusammenhängende Zel- len eingeschlossen ist. Letztere werden durch vielfällige Einstülpungen einer sehr zarten Membrane gebildet, die den Glaskörper umhüllt und Glas- haut (Hyaloidea) genannt wird. An der Eintrittsstelle des Sehnerven be- steht eine innigere Verbindung zwischen dem Glaskörper und der Retina, was im Embryonalzustandc mittelst Gefässen geschieht. An der Ora serrala verdickt sich die Hyaloidea und läuft gegen die Wurzeln der Ciliarforlsälzc hin; sie theilt sich daselbst in eine vordere stärkere und eine hinlere schwächere Lamelle. Die vordere stärkere ist die Zonula Zinnii, legt sich gleich in Falten und heftet sich ringsum an die Linsenkapsel an ihrer vor- dem Fläche nahe am Rande an, daher sie auch das Aufhängeband der Linse (Lig. Suspensorium lentis) genannt wird. Die hintere schwächere Lamelle gehl an der Stelle, wo sie das lig. suspens. lentis verlässt, gegen die hintere Fläche der Linse und überzieht die tellerförmige Grube. Es entsteht so durch das Auseinanderweichen der beiden Lamellen rings um den Rand der Linsenkapsel ein kleiner freier Raum, welcher der Petit'sche Canal genannt wird, dessen innere Wand somit der Rand der Linscnkapsel bildet.
Zum Schulze des Auges dienen die Augenlider, die Thränenorgane und die Augenhöhlen.
Die Augenlider sind zwei bewegliche durch Fallung des Integu- mentes gebildete und durch Knorpel gestützte Deckel, welche sich vor dem Auge öffnen und schliessen, dasselbe schützen und durch die blin- zelnde Bewegung dessen Glanz und Durchsichtigkeit erhallen. Der freie Rand eines jeden Lides zeigt eine vordere scharfe Kante, wo die Wimper- haare sitzen und eine hinlere abgerundete, an welcher sich die Meibomischen Drüsen münden. Die Wimpern (Cilien) sind kurze, steife, am obern Augen- lide nach oben, am untern nach unten gekrümmte Haare von 2 — 4 Linien Länge. Ihre Wurzeln liegen zwischen dem Lidknorpel und den tiefen Fa- sern des Sphincter palpebrarum in V2 "' — 1 langen Bälgen, welche die Ausführungsgänge kleiner nebenan liegenden Talgdrüsen (Kaarzwiebcl- oder Zeis'sche Drüsen) aufnehmen. Die zwischen den Augenlidern befind- liche Spalte bildet mit ihren beiden Enden die Augenwinkel, von welchen der äussere spitzig zuläuft, der innere wie ausgeschweift erscheint.
Die Gewebe, welche die Augenlider zusammensetzen, sind: 1. die laxe, dünne allgemeine Decke, welche leicht in Falten hebbar ist. 2. Eine fettlose Schichte Unlerhaulzellgewebe, sehr zu Infiltrationen geneigt. 3. Der Sphincter palpebrarum, ein dünnes gelbröthliches Muskelstratum, welches von der äussern Fläche des lig. palp. int. entspringt. 4. Eine dünne Zell-
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gewebschichte. 5. Der Tarsus, ein Faserknorpel , welcher die Form und Festigkeit des Lides bestimmt. Der Knorpel des obern Lides ist fester und grösser, der des untern niedriger, dünner und weicher. Die Knorpel wer- den an den Orbitalrand durch fibröse Häute befestigt (Ligam. tarsi sup. und inf.) und am innern Augenwinkel durch das Ligam. canthi int. an den Stirn- fortsalz des Oberkiefers, am äussern Augenwinkel durch das schwächere Ligam. canthi ext. an den Augenhöhlenrand des Jochbeins befestigt. Im Knorpel sind die Meibomischen Drüsen eingelagert (am obern Lide 30 — 40, am untern 25 — 35), dünne, durch die Haut gelblich durchschimmernde Drüsenschläuche, an denen rundliche Acini aufsitzen, und welche ein schmieriges Secret (Sebum palpebrale s. Lema) liefern. An den obern Rand des Knorpels heftet sich am obern Augenlide der Aufheber dieses Lides an, welcher aus der Orbita hervorkommt. Die hintere Fläche beider Lider wird von der Bindehaut ausgekleidet.
Die Thränendrüse, welche aus rundlichen, durch kurzen Zellstoff fest verbundenen Drüsenkörnern besteht, ist tief in der Grube des Jochfort- satzes vom Stirnbeine eingelagert. Ihre Ausführungsgänge durchbohren die Bindehaut des obern Lides an der Umbeugungsstelle. Die an die vor- dere Fläche des Augapfels ergossene Thränenflüssigkeit wird bei jedem Blinzein in einem kleinen, dreieckigen Raum gesammelt, welcher nur im Momente des Conlacles beider Lidränder exislirt , durch die hinlern, etwas abgerundeten Lidkanlen erzeugt wird und Thränenbach hcissl. Der im innern Augenwinkel zwischen der Bucht des Winkels, der Membrana semilunaris und der Caruncula lacrymalis befindliche Raum ist der Thrä- nensee. Er sammelt die Thränen und lässt sie, wenn sie im Ueberschusse zuströmen, über die Wangen abfliessen. Arn innern Ende der hintern Kante des Lidrandes liegen kleine, mit wulstigen Rändern umgebene Oeff- nungen, Thränenpunkle, welche die Mündungen kleiner Kanälchen sind, die Anfangs die Weite des Thränenpunkles haben, dann sich erweitern, in Kreisbogen gegen den innern Augenwinkel gehen und in die äussere Wand des Thränensackes, 1V2'" unter seinem obern blindsackförmigen Ende einmünden (Thränenkanälchen). Der Thränensack liegt in der fossa lacrymalis, ist 5 — 6"' hoch, 2 — 3'" breit, wird vom Lig. palp. int. ge- kreuzt und an seiner äussern Fläche von einer fibrösen Haut überzogen. Nach abwärts geht er in den häutigen Thränennasengang über, welcher in dem knöchernen Canalis lacrymo-nasalis eingeschlossen, 6 — 8'" lang und nach vorne etwas convex ist; dessen Mündung ist vom vordem Rande des Stirnforlsatzes vom Oberkiefer 7 — 9'" entfernt und befindet sich im untern Nasengange, wo sich eine kleine Duplicalur der Schleimhaut als Klappe auffinden lässt. Thränensack und Thränennasengang heisst man
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zusammen auch Thränenschlauch. Die Thränenwege werden von einer Schleimhaut ausgekleidet, welche mit einem Flimrnerepilhelium bedeckt ist. Ueber die äussere Fläche des Thränensackes geht ein Muskel (M. Horneri), welcher an der Crisla des Thränenbeins entspringt (einzelne Bündel dessel- ben auch von der äussern Fläche des Thränensackes) und sich in zwei Bündel theilt, welche die Thränenkanäle einhüllen und in die am Lidrande verlaufenden Fasern des Sphincter übergehen. Dieser wird somit bei jedem Lidschlage die Wand des Thränensackes heben und sein Cavum vergrössern, wodurch eine Saugbewegung entsteht, indem sich die Thränenkanälchen in den Thränensee eintauchen und die Flüssigkeil einschlürfen. Die Klappe am untern Ende des Thränenschlauches sperrt diesen gegen die Nasenhöhle ab: der Alhmungsprocess scheint zur Ableitung der Thränen mitzuwirken.
Die Augenhöhle n stellen liegende hohle, vierseilige Pyramiden dar, die mit ihren innern Flächen ziemlich parallel liegen. Die äussere vom Jochbeine und grossen Keilbeinflügel gebildete Wand ist die stärkste, die obere vom Augenhöhlenlheile des Stirnbeins und kleinen Flügel des Keil- beins gebildete die grüssle, die innere vom Process. front, des Oberkiefers, vom Thränenbeine und der Papierplalte des Siebbeins gebildete die kleinste und schwächste, die unlere Wand wird vom Oberkiefer und zum Thcile vom Gaumenbeine gebildet. Die Winkel der Orbila sind abgerundet und werden, der äussere obere durch die Fissura orbitalis sup., der äussere untere durch die Fissura orbit. inf. gespalten. Durch erstere, so wie durch das Sehloch und die vordem Siebbeinslöcher steht die Orbila mit der Schä- delhöhle, durch die hinlern Siebbeinslöcher und den Thränenschlauch mit der Nasenhöhle, durch die untere Augengrubenspalle mit der Flügelgau- mengrube in Verbindung. In der Augenhöhle befindet sich nebst dem Aug- apfel die Thränendrüse, die dem Augapfel angehörigen Muskeln nebst dem Levalor palpebrae sup., zahlreiche Nerven und 'ein sehr fettreiches Zell- gewebe. Sie wird von der Beinhaut allseilig ausgekleidet, welche Perior- bita genannt wird.
Sechs Muskeln, vier gerade und zwei schiefe, dienen zur Bewe- gung des Augapfels. Die geraden verlaufen in der Orbila oben, unten, aussen und innen, entspringen sämmllich von einem fibrösen Bande in der Umgebung des Sehloches und werden in ihrem Verlauf nach vorne zu seh- nig. Sie inseriren sich an der Sclerolica und zwar der innere 2'", der untere 3'", der obere und äussere 3% '" vom Hornhaulrande entfernt. Der obere schiefe Augenmuskel hat denselben Ursprung, wie die geraden, ver- läuft im inneren oberen Winkel der Orbila nach vorwärts und nachdem er sich um die Rolle herumgeschlungen, geht seine dünne Sehne nach rück- und auswärts. Der untere schiefe Augenmuskel entspringt am Oberkiefer-
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bein, verläuft die unlere Peripherie des Bulbus umgreifend nach aussen und inserirl sich zwischen dem Reetus ext. und süperior.
Die Hauplbewegungen des Auges kommen um 3 Axen zu Stande; der äussere und innere gerade Augenmuskel bewegen das Auge um eine Axe, welche von oben nach unten durch den Bulbus gehl, der obere und unlere um seine Queraxe, und die schiefen Augenmuskeln haben eine solche Lage, dass in Folge der Thätigkeil des obern schiefen der Bulbus wie ein rollendes Rad dem Auge der andern Seite zurollt, die Contraclion des untern schiefen eine entgegengesetzte Bewegung erzeugt; sie erhallen also die verlicalen Durchmesser der Augen bei seklicher Neigung des Kopfes stets parallel. Die Bewegungen des Auges geschehen um einen unbeweglichen Punkt und dieser Drehpunkt liegt ungefähr 5 '",6 hinler dem vordersten Punkte der Hornhaut. Der Zweck, welcher die Augenbe- wegungen beherrscht, ist dieser, correspondirende Theile der Netzhäute dem Gesichlsobjecte gegenüber zu stellen, wras nur dann geschieht, wenn das Objecl im Kreuzungspunkle der Sehaxen liegt. Daher combiniren sich von den Muskeln der beiden Augen auch nur solche, welche eine Kreuzung der Sehaxen in einem Punkte zu Stande bringen. Was die Obliqui betrifft, so rotirt bei stallfindendem Parallelismus der Augenaxen und bei seillicher Neigung des Hauptes das eine Auge nach aussen, das andere nach innen, es combiniren sich also die ungleichnamigen Muskeln ; dagegen verbinden sich beim Sehen nach oben und innen oder nach unten und innen die gleichnamigen schiefen Muskeln, im ersten Falle die beiden untern, im zweiten die obern. Die 4 geraden Augenmuskeln gehorchen der Willkür, die beiden schiefen nicht, daher auch die Stellung der Blendungsbilder den Bewegungen letzterer, welche unwillkürlich vor sich gehen, folgt.
Die Entstehung der Bilder auf der Netzhaut ist eine Hauptbedingung des Sehens. Der Gang der Lichtstrahlen im Auge erfolgt desshalb auf eine Weise, dass ein vollkommen deutliches verkleinertes, jedoch verkehrtes Bild auf der Netzhaut erscheint.
Das Licht, welches von einem Gegenstände als kegelförmig divergi- rendes in das Auge fällt, wird durch dessen brechende Medien als kegel- förmig convergirendes wieder in einem Punkte der Netzhaut gesammelt. Die Hornhaut mit dem Humor aqueus bedingt schon eine bedeutende Brechung der Lichtsirahlen nach der Axe zu, welche durch die Krystall linse noch verstärkt wird. Die durch Linsen erzeugten Bilder leiden jedoch gewöhnlich an zwei Unvollkommenheiten, die in der sphärischen und chro- matischen Abweichung ihren Grund haben. Die Aufhebung der sphärischen Abweichung im Auge wird bedingt: a. Durch den geschichteten Bau der Linse, welcher die brechende Kraft derselben bedeutend erhöht. Die hintere
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Linsenfläche ist parabolisch, die vordere elliptisch; die aussein Schichten derselben sind weniger dicht, brechen das Licht weniger stark, als der innere Kern und die Randstrahlen werden desshalb um so weniger gebro- chen, je mehr seitlich sie einfallen, b. Durch die Iris, welche eine verän- derliche Blendung bildet, die sicli allen verschiedenen Erfordernissen anzu- passen vermag und der Pupille stets diejenige Weite gibt, welche zur Her- stellung eines scharfen Bildes erforderlich ist. Die Bedingungen, von welchen die Weile der Pupille abhängt, sind Lichtreiz und Augenslellung. Die Bewegung der Pupille erfolgt unwillkürlich auf refleclorischem Wege. Das Licht dient als Reiz, die cenlripetalen Fasern des Sehnerven erregen durch das Mittelglied des Gehirnes die cenlrifugalen Fasern des Oculomo- lorius, und weiter erregen diese durch das Mittelglied des Ciliarknotens die motorischen Nerven der Iris. Der Sympathicus hat auf die Iris einen grossen Einfluss und zwar scheint von ihm ein expandirendes Princip auszugehen, daher bei Reizung des Sympathicus die Pupille meistens weil ist. Was den Einfluss der Augenslellung betrifft, so verengert sich die Sehe im gleichen Masse, als der Kreuzungspunkl der optisches Axen (durch die Contraction der innern Augenmuskeln) dem Auge genähert wird.
Uebrigens ist die Vereinigung des Lichtes im Auge nicht eine voll- kommene. Slurm entwickelte den Gang des Lichtes durch Medien mit ellipsoidischen Oberflächen, wie solche dem Auge zukommen. Berück- sichtigt man nur die grössle und die kleinste Krümmungsoberfläche des Ellipsoids, so liegen die Lichtstrahlen in zwei Ebenen, welche sich recht- winklig schneiden. Ist, wie im Auge, die verticale Ebene des Ellipsoids die kleinere, so werden die in ihre Ebene fallenden Strahlen zeiliger ver- einigt, als die Strahlen, welche in der Ebene der grössern horizontalen Axe liegen. Die Brennpunkte liegen also in der optischen Axe hinter einander, und zwischen beiden erfährt das Licht die grösste Concentration. Hiemil ent- steht, statt des punktförmigen Focus, ein in die Länge gezogener Lichtraum.
Obwohl in der Regel die Gesichlsobjecle ohne farbige Ränder er- scheinen, so ist doch das Auge nicht ganz achromatisch, indem das Auf- treten farbiger Säume unter gewissen Umständen beobachtet wird. Die Farbenzerstreuung wird jedoch durch eine gewisse Compensation der bre- chenden Mittel unter einander sehr gering, und in der günstigsten Focal- weile gar nicht beachtet. Auch scheint hierbei die eine Hälfte der Linse eine compensirende Kraft der andern gegenüber auszuüben.
Eine fernere unerlässliche Bedingung zum Sehen ist die Empfind- lichkeit der Netzhaut und des Sehnerven, wovon die Schärfe des Gesichtes abhängt. Es ist bekannt, dass in den seitlichen Theilen des Gesichtsfeldes ungleich weniger genau gesehen wird, als in den mittleren. Die deutlich-
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sten Bilder gestalten die Axenslrahlen , welche den gelben Fleck und des- sen nächste Umgebung treffen. Es gibt eine Stelle in der Netzhaut, welche für die Lichtstrahlen vollkommen unempfindlich ist ; eine genaue Bestim- mung dieses Punktes lehrt, dass er dem Eintritte der Arieria centralis reti- nae entspricht. Mariotte halle schon durch Versuche diese Stelle ermittelt. Um sich von der Thalsache zu überzeugen, bedarf es nur zweier Punkte, die man auf einen weissen Bogen in einer horizontalen Entfernung von 2 — 3 Zollen aufträgt. Betrachtet man diese Punkte mit einem Auge, während man das andere zuhält, aus der Entfernung von 5 — 8 Zollen, und fixirt man den nach innen gelegenen Punkt, so wird man bald nach einigem Suchen und Verändern der Kopfslellung einen Moment finden, wo der äussere Punkt durchaus nicht mehr gesehen wird.
Von dem beobachteten Gegenstande muss eine hinreichende Lichl- menge in das Auge kommen, damit das Bild auf der Netzhaut die gehörige Helligkeit habe. Durch die Erweiterung und Zusammenziehung der Pupille wer- den wir in den Stand gesetzt, auch noch bei schwachem und ohne Nachtheil selbst bei starkem Lichte zu sehen ; doch hat dieses seine Gränzen. Die Grämen der Helligkeit , innerhalb welcher wir sehen , liegen sehr weil auseinander.
Das Netzhautbildchen muss eine gewisse Grösse haben; es wird die- ses um so kleiner, je kleiner der Sehwinkel wird , unter welchem die äussersten Strahlen im Kreuzungspunkle zusammentreffen. Die Bestim- mung des kleinsten Sehwinkels, unter welchem ein Gegenstand noch wahr- genommen werden kann, unterliegt jedoch manchen Schwierigkeiten ; er hängt auch von der Farbe und der Lichtstärke ab. Man hat gefunden, dass Striche, die nur 0,007 Millimeter von einander entfernt, scharf auf Glas ein- gerissen sind, bei günstiger Beleuchtung und gehöriger Sehweite noch voll- kommen deutlich unterschieden werden können, was bei einer Sehweile von 248'" im gegebenen Falle ein Nelzhautbildchen von etwa V200000 p- Zoll geben würde, woraus sich ein Sehwinkel von elwa 2 — 3 Sekunden ergibt.
Jeder Lichleindruck braucht sowohl zur völligen Entwicklung als zum Verschwinden eine gewisse Zeit. Folgen die Eindrücke schnell auf einander, so dass der erste noch dauert, wenn der zweite beginnt, so schmelzen sie in einander und es gewinnt den Anschein , als wenn das Auge nur einen einzigen continuirlichen Eindruck erhielte. Wenn der Ein- druck allzuschnell vorübergeht, so wird er gar nicht wahrgenommen. Man hat berechnet, dass die Dauer eines Netzhaulbildchens etwa 2 — 3 Terlien betrage. Die Eindrücke der Farben bestimmen auch die Netzhaut zu Reac- lionen, die man als farbige Nachbilder bezeichnet, und die sich nach dem Gesetze der Regenbogenfarben ergänzen. Betrachtet man z. B. einen hell- rolhen Gegenstand lange auf weissem Grunde, bis das Auge ermüdet und
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blickt man weg", so erscheint das Ergänzungsbild in grüner Farbe. So beobachtet man auch, wenn man einen scharf beleuchteten weissen Gegen- stand lange betrachtet hat, und dann das Auge schliessl , ein Abklingen der Farben; doch hängt die Reihenfolge der Farben von individuellen Ver- hältnissen ab, und ist nicht bei Jedem dieselbe.
Zur Deutlichkeit des Nelzhautbildes ist erforderlich, dass die Vereini- gungsweile der von den Punkten eines Gegenstandes kommenden Licht- strahlen genau auf die Netzhaut falle, was bei einer unveränderlichen Ein- richtung des Auges nur bei einem bestimmten Abstände des Gegenstandes vom Auge möglich wäre. Da wir aber Gegenstände der verschiedensten Entfernungen in der Zeitfolge gleich deutlich sehen können; und da diess gleichzeitig nicht möglich ist, so muss das Auge das Vermögen besitzen, sich der Entfernung entsprechend einzurichten (Accomodalionsvermögen). Verschiedene Individuen besitzen es in sehr verschiedenem Masse. Mehrere Erklärungsweisen, worauf dieses Vermögen beruhe, sind vollkommen un- haltbar. Hieher gehören die Hypothesen, dass durch die Wirkung der geraden Augenmuskeln das Auge retrahirl oder in der Richtung des Quer- und Höhendurchmessers zusammengepresst würde, dass die Convexilät der Hornhaut oder selbst der Kryslalllinse sich ändere, dass die Accomodalion nur von der Bewegung der Pupille abhänge. Die wahrscheinlichste Annahme bleibt noch die, dass die Kryslalllinse im Innern des Auges etwas weniges vor- und rückwärts bewegt werden könne. Die Möglichkeit einer solchen Bewegung ist durch die Art und Weise gegeben, in welcher die Linse an der ihr angewiesenen Stelle im Auge befestigt ist. Da ferner das Licht nicht in einem absoluten Brennpunkte, sondern in einem mehr oder weniger in die Länge gezogenen Räume die höchste Concentralion erfährt, so bedarf es aus diesem Grunde auch nur einer sehr geringen Bewegung der Linse, um das Accomodationsbedürfniss vollständig zu decken.
Das Einfachsehen mit beiden Augen beruht darauf, dass sich immer je zwei Punkte beider Netzhäute zur Produclion Eines Punktes in dem Einen Gesichtsfelde vereinigen. Jene Punkte der Netzhaut, welche sich zu einer Empfindung vereinigen, nennt man identische, und solche, welche diess nicht thun, differenle. Fällt nun das Licht eines leuchtenden Punktes der Aussenwelt auf identische Punkte der Netzhaut, so muss er einfach erscheinen , fällt es dagegen auf differentc Punkte , so muss er unvermeid- lich doppelt gesehen werden. Identisch sind alle Punkte der beiden Netz- häute, welche sich einander decken würden , wenn man die Augen beider Seiten nach der Mittellinie hin übereinander schieben würde, oder welche unter gleichen Längen- und Breilegraden liegen. Zunächst lehrt die Er- fahrung, dass jeder Punkt einfach erscheint, welcher fixirl wird. Fixiren
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isl aber nichts anders, als die Augen so stellen, dass der betrachtete Punkt in die Kreuzungsstelle der optischen Axen zu liegen kommt. Es lässt sich erweisen, dass Objecle nur dann einfach erscheinen können, wenn sie in einer Kreislinie liegen , welche durch die Kreuzungspunkle der Richlungs- linien beider Augen und den Schneidepunkt der Augenaxe geführt ist (Ho- ropter). Indem die Doppelbilder stets undeutlich sind, so haben wir Ursache, sie zu vermeiden, und das Auge lernt durch Uebung die geeigneten Stellun- gen anzunehmen, um die Netzhautbilder auf identische Stellen zu bringen.
Die Wahrnehmung der Grösse kann zwar ein Produkt der reinen Empfindung sein, indem die empfindende Fläche selbst in ihrer wahren Grösse erkannt wird ; die meisten und klarsten Vorstellungen über die Grösse der Dinge werden jedoch auf complicirleremWege unter Mitwirkung der Muskelthätigkeit gewonnen. Wir empfinden nämlich die Grösse der Augenbewegung, wenn wir den Blick über die ganze Dimension eines Gegenstandes hinstreichen lassen. Bei diesen Sehbewegungen bestimmt die Grösse des Gesichtswinkels natürlich die Grösse der Empfindung. Ob- jeete, welche unter gleichen Gesichtswinkeln liegen, sind für die Empfin- dung gleich gross, obschon sie in der Wirklichkeit von überaus verschie- dener Grösse sein können.
Die Erkenntnisse über die Richtung der Gesichtsobjecte erhalten wir nur durch Vermittlung der Muskelgefühle und zwar vorzugsweise der der Augenmuskeln. Der reine Sehact nimmt von der Richtung der Dinge keine Notiz. Wir fühlen nämlich, wohin wir die Augen richten, und indem wir den Gegenstand nur dann sehen, wenn wir die Augen nach der ent- sprechenden Seite richten, so schliessen wir, dass sich das Object, von welchem die Empfindung ausgeht, auf der Seile befinde, nach welcher wir uns wenden müssen. Wir sehen desshalb die Gegenstände nicht verkehrt, ungeachtet das Nelzhaulbildchen ein verkehrtes ist, weil wir nicht das Nelzhaulbildchen, sondern nur mittelst desselben sehen. Wir haben keine Erkenntniss vom Aufrechten oder Verkehrten , als die auf Erfahrung ge- gründet isl; so lange aber die Ordnung sämnillicher Theile erhallen wird, ist die Lage des Nelzhaulbildchens gleichgültig. Auch zu den Anschauun- gen der Tiefe gelangen wir erst durch die Erziehung des Gesichtssinnes, und wir schätzen auf ähnliche Weise auch die Entfernung der-Gegenstände. Das Nahesehen ist namentlich mit starker Convergenz der Augenaxen ver- bunden, das Fernsehen mit geringer, und da wir die jedesmalige Stellung unserer Augen durch das Muskelgefühl wahrnehmen, so können wir da- durch Erfahrungen sammeln, zunächst über eigene Thätigkeiten , dann auch über äussere Verhältnisse, welche jene Thäligkeilen bedingen. Auch die Accomodalionsveränderungen können bei Betrachtung verschieden enl-
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fernler Gegenstände specifisch verschiedene Gefühle erregen. Beide Arien von Gefühlen leiten uns bei der Beurlheilung slereomelrischer Verhältnisse. Da jedoch das Auge das Slcreometrische sehr schnell erkennt, so kann man annehmen, dass die Wahrnehmung desselben nicht immer auf Bewe- gungen beruht, die wir machen, sondern bisweilen auf solchen, die wir gemacht haben , also auf Bewegungserinnerungen.
Bei den nun betrachteten vermittelten Gesichlsempfindungen können daher in ungeübten Augen sehr leicht Täuschungen vorfallen.
Es versieht sich von selbst, dass nicht nur von den äussern Objcclen, sondern auch von den im Auge selbst befindlichen Gegenständen Bilder auf der Netzhaut entworfen und empfunden werden , die freilich meist un- deutlich und vage sein müssen, da die Gegenstände nicht in gehöriger Sehweite liegen. Sind die verschiedenen vor der Netzhaut gelegenen Theile, welche Lichtstrahlen durchlassen können , vollkommen durchsichtig und klar, so können sie keine Bilder entstehen lassen, während jeder trübe oder undurchsichtige Körper wahrgenommen werden muss. Die meisten Leute haben kleine Unvollkommenheilen in den durchsichtigen Medien des Auges, welche beim aufmerksamen Schauen in den Himmel oder beim Spähen durch Microscope und Fernröhre sich störend in die Sehaxen stellen, meist durch einen Ruck enlfernt werden können, zuweilen aber für das Sehen sehr lästig werden. Diese Körper haben oft die Gestalt von Perlschnü- ren, Rosenkränzen, geschlängelten Fäden u. dgl. Nicht zu verwechseln mit ihnen sinddie wirklichen subjeeliven Gesichlsempfindungen, welche von Rei- zungen und partiellen Lähmungen der Netzhäute und Sehnerven ausgehen.
Alle Gewebe, welche an der Zusammensetzung des Körpers im All- gemeinen Theil haben , finden wir in der Structur des Auges und seiner Schulz- und Hülfsorgane repraesenlirl. Ausgerüstet mit zahlreichen Ge- fässen und Nerven sowohl des animalen als des vegetativen Lebens isl daher dieses zarte Organ den mannigfaltigsten Erkrankungen ausgesetzt. Zahlreich sind die Ursachen, welche bei der während des wachen Zustandes unausgesetzten Function des Sehorgans, theils zur Erkrankung desselben disponiren , theils auf die Verrichtungen des Auges und seiner einzelnen Theile hemmend und störend einwirken. Licht, Luft, Temperalurverän- derungen , Witterungswechsel, mechanische oder chemische Beleidigung des Auges, unzweckmässiger Gebrauch desselben können in verschiedener Weise demselben nachtheilig werden.
Die innige Beziehung, in welcher das Auge zu den übrigen Organen und Systemen des Körpers sieht, ist gleichfalls eine Hauptquelle der Er- krankungen desselben, und macht es erklärlich, dass es an verschiedenen Krankheilen des Tolalorganismus Theil nimmt. Zunächst ist der Consens
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beider Augen unter einander, welcher durch die gleiche Function, vorzugs- weise jedoch durch das Gehirn und die Verbindung der Nerven (Chiasma) vermittelt wird, in vielen Fällen die Ursache, dass die Affeclion des einen Auges eine gleiche des andern in demselben oder in minderem Grade nach sich zieht. Durch die Vermittlung des Gehirns, so wie durch mancherlei Nervenverbindungen wird die Verwandtschaft klar, welche zwischen dem Gesichts- und den übrigen Sinnesorganen besteht; insbesondere steht der Geruchsinn durch den innigen Verband der Häute (conjuncliva und mcm- brana mucosa narium) und durch Nerven (N. nasociliaris vom 5. Paare) mit dem Auge in näherer Beziehung, worin sowohl physiologische Vor- gänge, als pathologische Thatsachen ihre Deutung finden. Ohnehin gehö- ren die Thränen ableitenden Organe, als adnexer Theil des Auges, zum Theile der Nasenhöhle an. Mit dem Gehirne steht das Auge durch ver- schiedene Gefässe und Nerven im innigen Zusammenhange. So erstrecken sich auch die Hirnhäute zum Theil durch die verschiedenen OeiTnungen in die Orbila, woraus man die besondere Mitleidenschaft dieser Theile bei Augenleiden, und umgekehrt entnehmen kann. Die Eingeweide der Brust- höhle, des Unterleibes und die Organe des Beckens stehen gleichfalls in Beziehung mit dem Auge , welche vorzugsweise durch den sympathischen Nerven, welcher seine Zweige vermittelst des Augenknotens dem Seh- organe zusendet, vermittelt wird. So können Leiden verschiedener Ein- geweide zu AugenaiTectionen Veranlassung geben, welche wiederum durch Beseitigung der ersteren sich heben lassen. Ansehnlich und durch Con- liguilät vermittelt ist die Verbindung zwischen dem Auge und der äussern Haut, so dass Krankheilen der letztem nicht selten auf das Auge über- gehen, andererseits Hautreize bei Augenleiden einen günstigen Erfolg haben können. Durch das Gefäss- und Nervensystem endlich ist das Auge so sehr an den Gesammlorganismus gekellet, dass es an den consli- lulionellen Erkrankungen sehr oft den innigsten Anlheil nimmt.
Wie wichtig demnach bei der Erkennlniss und Behandlung der Augen- krankheilen eine sorgfällige Würdigung dieser sympathischen und antagoni- stischen Verhältnisse sei, ist theils aus dem Angeführten klar, theils liefert die Erfahrung dafür täglich die sprechendsten Belege. Desshalb darfauch dem wis- senschaftlich gebildeten Augenärzte kein Zweig der Heilkunde fremd bleiben.
Die erste und wichtigste Bedingung zur erfolgreichen Behandlung der Augenkrankheiten ist die möglichst genaue Auffassung des pathologischen Zustandes. Diese kann aber nur durch eine zweckmässige Untersuchung des Auges gewonnen werden. Bei dem Au gen kranke nex amen beobachte man eine gewisse Ordnung, weil man sich dadurch dasselbe erleichtert, und nicht leicht Gefahr läuft, etwas Wesentliches zu übergehen.
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Zuerst wird das erkrankte Auge, oder wenn beide erkrankt sind, das mehr leidende untersucht. Man sucht zuerst die objecliven Erschei- nungen aufzufassen, weil diese den sichersten Anhaltspunkt gewähren und zugleich dem Arzte Andeutungen geben, was bei dem Examen der sub- jecliven Phaenomene vorzugsweise erforscht werden soll, wodurch das Exa- men oft abgekürzt wird, und der Arzt an Vertrauen des Kranken gewinnt.
I. Beim objectiven Examen kommen zur Untersuchung:
1. Die Umgeb un gen des Augapfels. Hier sind zu betrach- ten die Augenbrauen in Beziehung auf Quantität und Qualität der Haare, und die unterliegende Haut (Beweglichkeit, verschiedene Eruptio- nen , Narben daselbst).
An den Augenlidern ist zu beobachten ihre Grösse und Ausdeh- nung, ihre Oberfläche, der Grad der Spannung, ihre Farbe, ihre Stellung, und ihre Beweglichkeit, welche entweder abnorm erhöht oder verändert, oder ganz aufgehoben sein kann. Insbesondere ist auf die Beschaffenheit der Lidränder, ihrer vordem und hintern Kante, auf die Beschaffenheit und Stellung der Wimpern, auf die Anwesenheit von sogenannten Pseudocilien, auf die Grösse und Form der Lidspalte Rücksicht zu nehmen.
Die Bindehaut der Augenlider untersucht man durch Abziehen des untern Augenlides, die des Augapfels durch massiges Entfernen beider Lider und dadurch bewirkte Enlblössung des Bulbus. Man beachtet ihre Grösse und Ausdehnung (Schwellung oder Schrumpfung und Verkürzung) ihre Farbe (die Intensität, .Arl, Ausbreitung und den Sitz derselben in der Bindehaut selbst oder im subconjunclivalen Gewebe) ihre Verbindung und die Secretion derselben, welche entweder vermehrt oder vermindert oder qualitativ verändert ist. Das Secret beobachtet man theils in den Binde- haulfalten, theils an den Augenlidrändern und Augenwinkeln und an der Oberfläche des Bulbus. Man richte ferner seine Aufmerksamkeit auf die mögliche Anwesenheil fremder Körper, auf die halbmondförmige Haut und Thränenkarunkel.
Die Bindehaut des obern Augenlides wird nur in einzelnen Krank- heilsfällen, oder wenn man einen fremden Körper daselbst vermulhet, Ge- genstand der besondern Untersuchung. Zu diesem Behufe muss das obere Lid umgestülpt werden. Das Verfahren besteht darin, dass man mit dem Daumen und Zeigefinger der linken Hand das vorher vom Schleime gerei- nigte Lid an den Wimpern erfasst, etwas vom Bulbus abzieht, und indem man den Kranken nach abwärts sehen heisst, ein dünnes rundes Stäbchen (AugenlidslüJper) oder in Ermanglung dessen eine Bleifeder oder Sonde an die äussere Fläche des Lides unter dem Supraorhilalrande massig an- drückt und das Lid schnell nach aussen umwendet. Die ümslülpung dos M •' v r . Augenheilkunde. 9
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obern Augenlides gelingt auch bloss mit den Fingern, wenn man mittelst des Zeigefingers einen gelinden Druck nach abwärts ausübt. Die Repo- sition gelingt meistens von selbst, wenn der Kranke nach aufwärts blickt. Ohne Nolh und insbesondere bei schmerzhaften Krankheiten des Auges ver- meide man die Umstülpung des obern Lides, da sie immer mit einer Pieizung verbunden ist.
Von den Thränenorganen hat man an der Thränendrüse ihre Grösse, Oberfläche, Consistenz und Verrichtung zu erforschen, wobei übri- gens auch entsprechende Veränderungen am Augapfel (Stellung und Be- weglichkeit) und an der Orbila Aufschluss geben. Die Thränenableitenden Organe, die Thränenkanälchen, der Thränensack und der Thränennasen- kanal werden in einzelnen Fällen Gegenstand besonderer Untersuchung, wenn Krankheiten derselben sich durch gestörte Verrichtung oder objective krankhafte Symptome an denselben sich kundgeben. In welcher Weise und mittelst welcher Hülfsmittel diese Untersuchung zu pflegen ist, wird am passendsten bei der Lehre über die Krankheilen dieser Organe erörtert.
Die Augenhöhle wird in Beziehung auf ihre Grösse und Form durch Besichtigung und Befühlung untersucht. Abweichungen in der Stel- lung, Lage und Beweglichkeit des Augapfels geben nebslbei, so wie über Abnormitäten der Gebilde hinter dem Bulbus in manchen Fällen näheren Aufschluss.
2- Der Augapfel selbst kommt sowohl in seiner Totalität als in seinen einzelnen Theilen zur Betrachtung. Im Allgemeinen erforscht man dessen Grösse, Gestalt, Lage, Richtung, Beweglichkeil und Consistenz ; letz- tere durch gelinde Betastung desselben, was jedoch bei schmerzhaften Krankheiten, z. B. Entzündungen, nicht gestattet und auch nicht nöthig ist, da nur in einzelnen Fällen die Consistenz des Bulbus eine nähere Er- forschung erheischt.
Von den einzelnen Theilen des Augapfels werden genau untersucht :
a. Die Hör nhaut in Beziehung auf ihre Grösse, Wölbung, Oberfläche, Durchsichtigkeit, Verbindung und Beschaffenheit ihres Randes.
b. Die vordere Kammer in Bezug auf ihre Geräumigkeit, das Kam- merwasser in Beziehung auf Quantität und Qualität (Beimischung fremd- artiger Bestandteile). Die Geräumigkeit der vordem Kammer wird bei der Betrachtung des Auges von der Seile deutlicher erkannt.
c. Die Iris in Bezug auf ihre Grösse (Ausdehnung), Wölbung, Ober- fläche, Slruclur, Farbe, Verbindung Und Beweglichkeit. Hinsichtlich der Farbenveränderung gewährt oft die Betrachtung des andern etwa gesunden Auges und der Vergleich der Farbe der Iris mit der des erkrankten einen Anhaltspunkt Fälle, wo die Farbe der Iris in beiden Augen von Natur
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aus verschieden ist, gehören zu den Seilenheilen ; dagegen sind die Fälle häufiger, wo die Iris mit dunklern Flecken, Punkten oder Streifen (stärkere Pigmentablagerung) in übrigens gesunden Augen besetzt ist. Gewöhnlich hat der Pupillarrand der Iris von Natur aus eine andere Färbung, als deren Ciliarlheil. Die Structur der Iris ist entweder deutlich zu erkennen, oder verwaschen. Zur Ermittlung' der Beweglichkeit lasse man das nicht zu untersuchende Auge mit der Hand oder einem Tuche verdecken, stelle sich so vor den Kranken, dass das Licht auf sein Auge einfällt, beschatte nun dasselbe mit der flachen Hand, und indem man dieselbe schnell wegzieht, lasse man das Licht wieder einfallen; oder man lasse das Auge schliessen, bedecke es mit dem Daumen und öffne es plötzlich dem Lichte, nachdem man es früher massig mit dem Finger gerieben hat; dabei beachte man, ob die Iris beweglich ist oder nicht, und im ersteren Falle, ob deren Bewegung prompt, hinreichend und gleichmässig vor sich gehe oder nicht. Ausser dieser physiologischen Bewegung der Iris gibt es noch abnorme Bewegungen derselben, nämlich eine den Lichleinflusse nicht adäquate abwechselnde Conlraclion und Dilatation der Pupille (Hyppus) und ein Flot- tiren (Wanken) der Iris von vorne nach rückwärts (Iridodonesis).
d. An der Pupille hat man deren Grösse, Gestalt, ihre Stellung und Farbe zu untersuchen. Hinsichtlich der Grösse ist das Sehloch normal, erweitert oder verengert und zwar conslant oder nur temporär; dabei ist der Einfluss des andern Auges zu berücksichtigen, In Betreff der Gestall kann die Pupille rund, oval, eckig, unregelmässig, verzogen, spallförmig sein. Die Pupille kann auch ganz geschlossen sein. Ihre Stellung ist ent- weder normal, oder der Mitte des Auges entrückt (excentrisch). Die Farbe der Pupille isl im Normalzustande die rein schwarze; jedoch ist sie öfters getrübt; man hat dabei den Sitz der Trübung, ob in oder hinler der Pupille, ihre Ausbreitung, Form u. s. w. genau zu erforschen. Man bedient sich zur genaueren Untersuchung dieser Symptome häufig einer einfachen 6 bis lOfach vergrössernden oder einer Rohrlupe. Mit der genauen Untersuchung der Pupille und der hinter ihr gelegenen Organe hat man sich auch über die Beschaffenheit des Krystallkörpers und des Glaskörpers Aufschluss ver- schafft. Bei erslerem erforscht man dessen Oberfläche, Durchsichtigkeit, Stellung, Verbindung und gelangt durch Schlüsse zur Ermittlung seiner Grösse und Consistenz, was in der Lehre über den grauen Staar nähere Erörterung findet. Am Glaskörper hat man dessen Quantität und Consistenz zu ermitteln, worüber schon die Form des Augapfels und dessen Be- lastung Aufschluss gibt. Endlich isl
e. an der Sclerotica ihre Grösse, Ausdehnung, Oberfläche, Farbe und Verbindung zu bemerken, woraus man sowohl auf- krankhafte
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Zustände dieser Membran, als auch der darunter liegenden Gefässhaut schliessen kann.
II. Die sub j ecti ven Sy mp t ome am erkrankten Auge beziehen sich 1. auf das Gemeingefühl. Man bemerke abnorme Gefühle, Wärme, Kälte, Nässe, Trockenheit, Muskelkraft- oder Schwächegefühl, Ameisen- kriechen, Pelzigsein etc. am Augapfel oder in den Umgebungen desselben; bei den eigentlichen Schmerzen beachte man deren Art (brennend, stechend, drückend, reissend, tobend), ihren fixen oder wandelbaren Sitz und ihre Ausstrahlung in verschiedene Bezirke, deren Intensität, Dauer und perio- disches Auftreten, so wie auch die Zeit der Exacerbation.
2. Auf das Sehgefühl. In dieser Beziehung erforsche man, ob dasselbe normal oder vermindert (und in welchem Grade), oder ob es ganz aufgehoben sei. Man halte dem Kranken zu diesem Behufe grössere oder kleinere Objecte vor. Um zu erkennen, ob noch Lichlempfindungsvermögen vorhanden sei, lässl man das nicht untersuchte Auge zuhalten, führt die flache Hand in angemessener Entfernung vor das erkrankte und lässt den Kranken angeben, ob er die dadurch bewirkte Verdunklung deutlich aus- nehmen könne oder nicht. Man bemerke ferner, ob der Kranke im hellen Lichte oder im gemässigten (Schatten, Dämmerung) die Gegenstände besser unterscheide, unter welchen Umständen das Sehvermögen sich verbessere oder verschlimmere. Die verschiedene Sehfähigkeit ist auch durch Augen- gläser verschiedener Beschaffenheit und Farbe zu ermitteln. Die qualitati- ven Veränderungen des Sehgefühls müssen ebenfalls genau beachtet wer- den, ob demnach Nebel-, Mücken-, Funkensehen, und unter welchen Ver- hältnissen sie vorhanden sind, ob der Kranke die Gegenstände einfach, doppelt (mit einem oder beiden Augen) oder nur zur Hälfte sieht, in wel- chem Abslande er die Gegenstände scharf und deutlich sieht, ob er die Farben deutlich unterscheidet, wie lange das Auge bei der Betrachtung der Gegenstände ausharren kann u. s. w. Man erinnere sich, dass besonders hinsichtlich der zuletzt genannten Erscheinungen eine Täuschung von Seite des Kranken und zwar absichtlich oder unabsichtlich Statt finden kann, wesshalb man die subjectiv aufgefassten Symptome mit dem objectiven Be funde so viel wie möglich in Einklang bringen muss.
In einzelnen Fällen ist die objective Untersuchung des Auges durch heftige Lichtscheu, Lidkrampf, insbesondere bei Kindern sehr erschwerl. Die Augenlider in solchen Fällen gewaltsam zu eröffnen, ist kaum anzu- rathen, da man dadurch oft schaden kann. Man begnüge sich also mit dem, was man vor der Hand erforschen kann, und vervollständige in einem günsligeren Zeitpunkte, etwa Abends bei eingetretener Remission oder nach etwas beschwichtigtem Reizungszustande das Examen. Das Augen-
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exarnen stelle man, wenn es niehl besondere Um blande, z.B. voigenommene Operationen oder übermässige Lichtscheu hindern, in einem massig erleuch- teten Zimmer an, welches das Licht bloss von einer Seite bekommt.
Man untersucht hierauf das andere Auge und bemerkt, ob dasselbe ganz gesund, oder ob es mit demselben krankhaften Zustande, und in wel- chem Grade oder mit einem andern Gebrechen behaftet sei.
Hierauf folgt die genaue Erforschung des übrigen Orga- nismus nach seinen einzelnen Organen und Systemen, wobei man auf das Alter, Geschlecht, den Habitus und die Constitution des Kör- pers Rücksicht nehmen muss.
Hat man auf diese Weise den gegenwärtigen Zustand (status praesens) aufgefasst, so gehe man zum anamnestischen Examen über. Diess besteht in der Erforschung der disponirenden und excitirenden Ursachen, des bis- herigen Krankheilsverlaufes, der angewendeten Mittel u. s. w. Aufschluss geben hierbei vorausgegangene Krankheilen der Augen sowohl, als des übrigen Körpers, die Beschäftigung, der Aufenthalt, die Lebensweise und Gewohnheiten des Kranken, auf welche Momente man daher seine Aufmerk- samkeit zu richten hat.
Die Augenkrankheiten können am füglichsten in vier Hauptklassen abgetheilt werden, von denen die erste die Verletzungen, die zweite die Entzündungen, die dritte die Krankheiten der Form und Bildung und die vierte die Nervenkrankheiten des Augapfels und seiner Nebentheile enthält.
ERSTER ABSCHNITT.
Traumen.
Wegen der hohen Wichtigkeil des Auges und wegen der besondern Rücksichten, die bei der Behandlung nothig sind, verdienen die Verletzun- gen dieses Organs eine besondere Aufmerksamkeit. Diese können nun ent- weder die Nebengebilde des Auges oder den ganzen Augapfel oder einzelne Theile desselben treffen und haben nach der Wichtigkeit des getroffenen Gebildes, nach dem Grade und der Art der Verletzung mancherlei Folgen.
An den Augenbrauen und Lidern kommen durch scharfe und selbst durch etwas stumpfe Werkzeuge, wenn sie mit einiger Gewall wir- ken, senkrechte oder horizontale reine Schnittwunden, oder nach starker Quetschung gerissene Wunden zu Stande. Es ist bei derlei Verwun- dungen nothig, dass man1 nach allenfalls gestillter Blutung die Wund- ränder einander möglichst nahe bringt und durch blutige Hefte vereinigt, ausser, es wäre die Wunde sehr klein. Das Anlegen der Heftpflaster ist wegen der Beweglichkeil und Unebenheit der Theile nicht recht slallhafl. Wenn nach senkrechten Wunden der Augenlider die Vereinigung nicht gut gelingt, kann eine bleibende V förmige Spalte (Colobom) die Folge davon sein. Auswärts- oder Einwärlsslülpung der Lider erfolgt dann, wenn durch die Verletzung oder durch die nachfolgende Eiterung ein beträcht- licher Theil der äussern oder innern Platte eines Augenlides verloren ging. Es gill daher bei der Behandlung solcher Verletzungen, insbesondere nach Quetschungen, die Regel, die eingetretene Eiterung so vielmals möglich zu beschränken und eine ziemlich breite Narbe zu erzielen. Aus Mangel einer gehörigen Aufmerksamkeit bei der Heilung solcher Wunden kann das obere Augenlid herunlersinken und liefer nach unten anheilen, so dass die Lid- spalte eine schiefe Richlung bekommt und verengert wird. Nach tiefern Wunden oder nach Quetschungen kann in Folge der Verwundung oder
Paralyse des Levators eine Blepharoplosis eintreten. Auch schwellen bis- weilen die Lider durch seröse Infiltration bedeutend an, wodurch ihre Be- weglichkeil für einige Zeil vermindert wird. Insektenstiche verursachen häufig eine erysipelatöse Entzündung und, wenn der Stachel zurückbleibt, selbst die Gefahr des Brandes, daher man den Stachel sorgfältig ausziehen muss. Man wendet hierauf mit Vorlheil Ueberschläge mit Aqua Goulardi an.
Der lockere Zellstoff der Lider und der Augenbrauengegend begün- stigt nach Verletzungen, besonders nach Quetschungen, den Blutauslritt unter die Haut (Ecchymosis palpebrarum). Diese zeigt sich als dunkelblaue, livide, mehr oder weniger ausgebreitete Färbung der Haut an diesen Thei- len. Sie tritt auch zuweilen nach Blutegelbissen ein. Ist die Masse des ausgetretenen Blutes bedeutend, so werden die Lider so ausgedehnt, dass die Lidspalte dadurch geschlossen ist. Die Ecchymosen der Augenlider treten auch symptomatisch bei Erschütterungen und Fracluren der Schädel- knocheri ein, und sind dann von grösserer Bedeutung. Auch nach Exslir- palion des Augapfels infillrirl sich öfters das ergossene Blut in das Zell- gewebe der Lider; ich beobachtete in einem solchen Falle eine consensuelle Ecchymose an den Lidern des andern Auges. Die Ecchymosen der Lider sind, wenn nicht die Ursache derselben gleichzeitig andere nachteilige Folgen herbeiführte, gefahrlos. Das ergossene Blut wird unter den charac- terislischen Farbenveränderungen langsam resorbirt. Man kann zur Be- schleunigung der Resorption die sogenannten Discutienlia in Anwendung bringen, z. B. Lösungen von Salmiak oder den Liquor acetalis ammoniae allein oder in Verbindung mit Rosenwasser; auch dient dazu eine Ammo- niaksalbe, der Spirit. saponatus, die Tinctura arnicae ; in den meisten Fäl- len genügt die blosse Fomenlation mit Aqua saturnina. Wenn eine beträcht- liche Menge Blutes ergossen ist und eine Anschwellung bewirkt, kann man diese öffnen und das ergossene Blut entleeren, wobei man jedoch den Lufl- einlrill möglichst vermeiden'soll. Blutextravasate in den Lidern oder an den Rändern der Orbita können zur Bildung von Cysten Veranlassung geben.
Wunden der Augenbrauen- und der benachbarten Stirngegend können jedoch viel schwerere Folgen nach sich ziehen. Ein gewaltsamer Schlag in dieser Gegend kann durch Erschütterung des Augapfels selbst Erblindung herbeiführen. Es können Knochenbrüche, die sich bis in die Schädelbasis hinein erstrecken, Erschütterungen und Verletzungen der vordem Gehirnlappen die Folge solcher Verwundungen sein, und es verdienen derlei schwere Gehirnzufälle bei der Behandlung die vorzüglichste Aufmerksamkeit, da sie häufig mit Lebensgefahr verbun- den sind. Nebslbei muss man sehen, sobald es die Umstände erlauben, wie es mit dem Zustande des Sehvermögens steht.
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Es wurden feiner Fülle erwähnt, in welchen die Verwundung bloss die Weichtheile der Augenbrauengegend belraf, wo weder Erschüllerung des Augapfels noch Knochenbruch Statt fand und doch anaurolische Ge- sichtsschwäche oder lolale Blindheit früher oder spater folgte. Hippocrates machte schon diese Beobachtung, welche seit der Zeit mehrere Schriftsteller wiederholten. Man hat diese besondere Art von Amblyopien und Amau- rosen vorzüglich von der Durchtrennung, Verwundung oder Zerrung des Supraorbilalnerven hergeleitet, um so mehr, als die Durchschnei- dung dieses Nerven bei Thieren auch Zerstörung des Augapfels und Blindheil zur Folge hat. Da der Nervus supraorbilalis eigentlich mit dem directen Sehen, als Empfindung von Licht und Farben, nichts zu thun hat, so ist nicht leicht erklärlich und auch noch nicht durch directe Beobach- tungen erwiesen, dass Verwundung dieses Nerven oder Zerrung desselben durch eine harte Narbe Amaurose veranlassen könne. Allerdings kommen Fälle von Blindheit oder Gesichtsschwäche nach Verwundungen der Augen- brauengegend vor; es ist jedoch in der Nosogenie dieser Fälle noch die häutig dabei stattfindende Erschütterung des Augapfels oder selbst des Ge- hirns und derEinfluss des Nervus ophlhalinicus auf die Ernährung des Auges in Anschlag zu bringen. Daher entwickelt sich öfters nach derlei Ver- letzungen eine schleichende Entzündung des Augapfels, welche allmälig zur Atrophie führt ; daher tritt die Amblyopie öfters erst einige Zeit nach der Verletzung ein, wenn schon Störungen der Ernährungsthätigkeit im Aug- apfel Statt gefunden haben.
Eine bedeutende Quetschung der Umgebung der Orbita kann auch eine verminderte Empfindlichkeil der Haut durch Atleclion des fünften Ner- ven zurücklassen. Oerlliche Anwendung von Reizmitteln (Tinct. Arnicae, Spir. Anthos etc.) und der galvanischen Electricilät vermag diesen Zu- stand zu heben.
Die Thränenkanälchen und der T h r ä n e n s a c k sind so klein und durch ihre Lage im innern Augenwinkel so geschützt, dass Verwun- dungen derselben zu den Seltenheiten gehören. Sollten solche jedoch be- stehen, so kann man nichts mehr thun, als die Theile in Ruhe erhalten und Anliphlogistica örtlich in Anwendung bringen. Die Puncta lacry- malia und die Thränenkanälchen können in Folge von Verwundung ver- wachsen, ohne dass desshalb Thränenlräufeln entstünde. Durch gewaltsame Einwirkung, z. B. durch einen Schlag, kann der Thränensack auch bersten und sodann beim Schnäuzen, Niesen, Husten u. dgl. Lufteintritt in das benachbarte Zellgewebe (Emphysem der Lider) erfolgen, welche Erscheinung sich jedoch in einigen Tagen wieder verliert.
Sehr wichtig sind ferner Wunden, welche in die Orbita eindringen,
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wegen der hohen Dignilät der in derselben gelegenen Gebilde und Einwir- kung derselben auf den Augapfel. Sie sind meistens Stichwunden, weil siechende Instrumente am leichleslen in die Orbita eindringen, am Aug- apfel vorbeigleiten und so wichtige Gebilde verletzen. Die Folgen sind nach der Richtung, nach der Tiefe der Wunde und nach der Verschieden- heit der getroffenen Theile sehr verschieden. Sie haben sehr häufig den Austritt von Blut in das Zellgewebe der Orbila, bisweilen eine Entzündung desselben mit nachfolgender Eiterung (Orbitalempyem), oder eine Periorbi- tis mit Necrose und Caries der Orbita, wenn sich die Verletzung bis auf die Wandung der Augenhohle erstreckt, zur Folge. Die wichtigsten Folgen der Orbilalverletzungen sind: 1. Schiefstehen des Augapfels (luscitas) in Folge von Durchlrennung einzelner Muskeln oder motorischer Nerven 2- Gesichtsschwäche oder gänzliche Blindheit durch Verletzung von Ner- ven, z. B. des Ganglion ciliare oder selbst des N. opticus, oder durch be- deutende Quetschung und Erschütlerung des Bulbus. 3. Eiterung in der Orbila und Caries der Wandungen derselben. 4. Vorfall des Augapfels (Ophlhalmoptosis) *). Die Veranlassung zu letzterem können geben: a. Zu- rückgebliebene Stücke des verletzenden Instrumentes. Es sind schon Fälle vorgekommen, wo Stücke eines abgebrochenen Pfeifenrohres diesen Zufall herbeiführten, b. Ansammlung von ausgetretenem Blute, welches sich durch die enge Stichwunde nicht entleeren kann. Der Vorfall tritt hier etwas später ein. c. Entzündungsgeschwulst der Gebilde in der Augen- höhle; daselbst eingetretene Eileransammlung, losgetrennte Knochenstücke, d. Zerreissung, Verletzung oder blosse Lähmung der Augenmuskeln. In manchen Fällen tritt der Bulbus nach Beseitigung der Ursachen wieder zurück und das Sehvermögen, welches durch die Zerrung des Sehnerven aufgehoben war, kann wieder erhalten werden. Die Verwundungen der Orbila durch stumpfe oder spitzige Instrumente können aber noch viel ge- fährlicher werden durch gleichzeitige Verletzung des Gehirns. Das In- strument kann durch die obere oder innere Wand der Augenhöhle, oder ohne Bruch auch durch das Sehloch oder die obere Augengrubenspalte ins Gehirn eindringen und gefährliche Zufälle herbeiführen. In manchen Fällen hatte die äussere Wunde nur ein unbedeutendes Ansehen, die Ver- letzten befanden sich wohl, machten noch ziemlich weile Märsche, nahmen mit Appetit Speisen und Getränke zu sich, und wurden dann plötzlich von
*) Am äussern Augenwinkel lässt sich der Finger zwischen Knochen und Augapfel einbohren u.id es sind Beispiele bekannt , dass in der Wuth des Faustkampfes das Auge von hier aus ganz oder theilweise aus der Orbita ge- drückt wurde.
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Convulsionen befallen, welche in kurzer Zeit den Tod herbeiführten, und die durch Entzündung- und Suppuralion im Gehirne bedingt waren +). Es ist daher hinsichtlich der Prognose solcher Verletzungen die grösste Vor- sicht nölhig ; der Verletzte werde sorgfältig überwacht, beobachte die grösslmöglichste Ruhe und antiphlogistische Diät; man sorge für freie Stuhl- enlleerung und sei auf die geringsten Anzeichen einer Gefahr bedacht, um schnell Hülfe leisten zu können.
Ist Ophthalmoptosis die Folge einer Orbilalwunde, so untei suche man, ob nicht ein fremder Körper dieselbe bedinge, welcher dann sofort extrahirt werden muss. Aber auch dabei ist grosse Vorsicht nölhig, indem nach der Entfernung derselben schon grosse Gefahren eintraten, z. B. Convulsionen. Ist Ansammlung von Blut oder Eiler die Ursache des Prolapsus bulbi, so entleere man diesen Sloff durch einen zweckmässigen Einstich und geeig- nete Lage des Kranken. Ist nach Zerreissung oder bedeutender Ausdeh- nung der Augenmuskeln Vorfall des Bulbus entstanden, so soll man den- selben jederzeit reponiren ; denn es sind Fälle bekannt, wo derselbe nur noch in geringer Verbindung mit den benachbarten Theilen stand, und doch die Anheilung und Wiederherstellung des Sehvermögens erfolgte. Findet aber dieser günstige Ausgang nicht Statt, so ist der Kranke später nicht übler daran, als wenn man gleich Anfangs den Bulbus durch Abschneiden entfernt hätte.
Fissuren und Fracturen der Orbita können durch eingedrun- gene Instrumente, oder auch durch blosse gewaltsame Erschütterung erfol- gen, sind jedoch wegen der tieferen Lage und Unzugängiichkeit der ge- brochenen Knochen schwer zu erkennen. Schusswunden oder eingedrun- gene stumpfe Körper (z. B. ein Bleislift) können einen Bruch der Orbita herbeiführen. Crepilalion ist nicht immer wahrzunehmen. Gewöhnlich
*) Ein Knabe wurde durch ein Blasrohr beim Schicssen nach der Scheibe verletzt. Der ungewöhnlich lange Bolzen war durch das obere Augenlid ge- drungen und sogleich mit einiger Gewalt entfernt worden. Die Verletzung war dem Anscheine nach unbedeutend, das Sehvermögen nicht gestört. Die Wunde schloss sich, es wurde nichts angewendet und der Knabe schien gesund. Vier- zehn Tage darauf starb derselbe convulsivisch nach kurzein soporösen Zustande. Die Section zeigte das obere Gewölbe der Augenhöhle von der Spitze des Bol- zen durchbohrt und Eiter an der Basis cranii. — Der von Fabricius berichtete Fall ist diesem ähnlich. Der durch den Beschlag eines Parapluis in der Orbita verletzte Kranke starb erst am 58. Tage unter allgemeinen Krämpfen, während in der Zwischenzeit ausser langsamen Puls und schwerer Sprache kein auffallen- des Symptom beobachtet wurde. Die Section zeigte Bruch des Siebbeins und des Processus clinoideus des Keilbeins und Abscess im Vorderlappen des Gehirns.
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zeigt sich eine Ecchymose des obern Augenlides, welche erst später ein- tritt. Die Folgen einer Fractur der Orbila können dieselben sein, die wir als Folgen von Orbitalverletzungen bezeichneten. Die gebrochenen Knochen der Orbiia sind der Vereinigung fähig; man suche daher verschobene Frag- mente, wo möglich in die gehörige Lage zu bringen, ganz losgetrennte Knochensplitter kann man entfernen. Es versteht sich von selbst, dass die grösstmöglichste Ruhe des Kranken und antiphlogistische Methode die wich- tigsten Puncle der Behandlung ausmachen.
Leichte Wunden der Conjunctiva sind von keiner Bedeutung und heilen bald ohne Zurücklassung nachlheiliger Folgen. Ihre gewöhnlichste Folge ist Blutaustritt oder Sugülation der Conjunctiva, das äussere Blut äuge (Haemophthalmus externus). Die Conjunctivalecchymose zeigt sich als dunkelrothe sugillirte Stelle von grösserer oder geringerer Ausdehnung, in welcher keine injicirten Gefässe sichtbar sind. Sie erfolgt stets in der Conjunctiva bulbi und hört am Rande der Cornea wie abge- schnitten auf. Es kann die ganze Augapfelbindehaut ecchymotisch gerölhet sein. Zu den traumatischen Ecchymosen der Conjunctiva gehören auch die nach der Searification von Bindehautgefässen, nach der Operation des Plerygiums, der Cataracta und der Myotomie auftretenden. Es gibt aber auch spontane Conjunclivalecchymosen. Meistens geben dazu starke Er- schütterungen des Körpers Anlass, wie bei heftigem Erbrechen, schwerer Entbindung und Anfällen von Keuchhusten, wobei zugleich der Rückfluss des Blutes etwas gehindert ist. Dessgleichen beobachtet man sie bei Indi- viduen, welche mit Zersetzung des Blutes (Scorbul, Cholera) behaftet sind, oder die an der sogenannten venösen Gefässfülle leiden. Conlusionen der Schläfengegend können selbst entfernt von der Orbita Sugillalionen unter der Conjunctiva bewirken, da die Schläfengrube durch die Fissura infraor- bitalis mit der Augengrube communicirt. Die Ecchymosen der Conjunctiva sind, wenn sie nicht Symptome einer wichtigen Verletzung, z. B. von Fractur der Schädelknochen, oder Vorläufer anderer gefährlicher Krank- heilen, z. B. der Apoplexie, sind, von keiner Bedeutung und verschwinden von selbst nach einiger Zeil. Man kann in den meisten Fällen Ueberschläge mit kaltem Wasser oder Aqua saturnina anwenden.
Die Wunden de s A ugap fe ls sind wegen der zarlen Organisation und des Gefäss- und Nervenreichlhums von der höchsten Wichtigkeil, und haben in Beziehung auf das Sehvermögen oft die nachteiligsten Folgen. Der Grad der entzündlichen Reaction hängt ab von der Ausdehnung der Wunde, dem Grade der Verletzung und von dem Zustande der Constitution des Individuums, vorzüglich aber von der Wichtigkeit des verletzten Ge- bildes. Es können selbst grössere Wunden dem Augapfel beigebracht wer-
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den, ohne dass eine Entzündung einteilt, wie wir diess bei der Slaaraus- ziehung sehen. Bei einem vollblütigen Individuum, dessen Gefässsystem durch reichlichen Genuss von Speisen und Gelränken aufgeregt ist, oder dessen Gesundheit durch Störungen der Verdauung leidet, kann die kleinste Verwundung eine bedeutende Entzündung hervorrufen, während unter entgegengesetzten Verhältnissen oft grössere Verletzungen ohne be- sondern Nachlheil ertragen werden.
Verwundungen der Hornhaut, welche bloss oberflächlich sind, sind von keiner Bedeutung; sie heilen sehr leicht, indem sich das Epithel wieder ersetzt, und kaum eine Trübung zurückbleibt. Bisweilen jedoch, besonders wenn sie durch rauhe Körper hervorgerufen werden, ziehen sie eine heftige Entzündung nach sich, wie man diess nach den Verletzungen durch die Spitzen der Getreideähren bei Landleuten nicht selten beobachtet. Da diese die leichte Verwundung Anfangs nicht achten, in der Hitze forlar- beiten und ziemlich viel essen und trinken, so entsteht meistens eine heftige Keratitis mit Abscess der Hornhaut, Eiteransammlung in der vordem Kam- mer, und bei einigen sogar Verlust des Augapfels durch ausgebreitete Suppuralion. Penetrirende Wunden der Cornea haben den Abfluss des humor aqueus zur Folge. Sind sie klein und die Wundränder scharf, so legt sich die Iris an, kann sich jedoch nach dem Wiederersatze des Kaiu- merwassers wieder zurückziehen, und die Wunde der Cornea schlicsst sich schnell mit einer kaum sichtbaren Narbe. Ist die Wunde grösser, so erfolgl meistens ein Vorfall der Iris, welcher wohl wieder reponirt werden kann, gewöhnlich jedoch nach der Heilung eine Verwachsung der Cornea mit der Iris zurücklässt.
Wunden der Sclerotica sind an und für sich zwar nicht von Bedeutung; da aber die Gewall fast immer eine bedeutende sein muss, und da die unter ihr liegenden Organe stels mehr oder weniger getroffen wer- den, so können sie allerdings gefährlich werden. Ein heftiger Schlag auf das Auge kann eine Berstung der Sclerotica ohne gleichzeitige Trennung der Bindehaut herbeiführen: die Aderhaut nebst dem Glaskörper wird dann hervorgetrieben (Hernia choroideae); Concussion der Retina, Blulextravasat in das Innere des Auges und Amaurose oder Lähmung des Ciliarkörpers mit bleibender Mydriasis paralytica (Erweiterung der Pupille) sind gewöhnliche Folgen solcher Verletzungen. Zuweilen tritt in Folge von Zerrung oder Zer- reissung der Ciliarnerven Erbrechen ein. Auch hat man Staphylome der Scle- rotica oder des Ciliarkörpers, durch Blutextrasavate in Folge solcher Quet- schungen veranlasst, beobachtet. Wichtig ist die Stelle der Verwundung der Sclerotica; ist diese mehr nach vorne, so kann sich auch ein Vorfall der Iris bilden ; weiter nach rückwärts wird meistens auch der empfind-
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lichere Theil der Netzhaut afficirt. Die Wundränder der Sclerotica ver- einigen sich nicht; die Fissur an der verwundeten Stelle ist bleibend.
Wunden der Iris kommen gewöhnlich gleichzeitig- mit denen der Cornea oder der Sclera vor. Reine Schnittwunden derselben führen keine heftige Reaction herbei. Ist die Iris longiludinal getrennt, so treten die Wundränder V förmig auseinander (Coloboma iridis acquisitum); Wunden in der Richtung der Querfasern bilden eine rundliche oder ovale Oeffnung. Von grösserer Bedeutung sind Risse oder Quetschungen der Iris, welche bisweilen auch ohne directe Verwundung der Cornea oder Sclera durch blosse heftige Erschütterung des Augapfels erfolgen. Man beobachtet nach solchen Verletzungen folgende Zufälle: 1. Bluter gi essung in die vordere Kammer (Haemophlhalmus internus). Das ergossene Blut mischt sich dem Kammerwasser bei, senkt sich jedoch als speeifisch schwe- rere Flüssigkeit zu Boden und füllt einen grössern oder geringern Theil der vordem Kammer. Es hat das ßlutauge die Form des Eiterauges, auch ändert sich je nach den Bewegungen und Stellungen des Kranken die Form und Richtung des Blulauges. Der Haemophlhalmus kann aber auch spon- tan ohne gewaltsame äussere Einwirkung entstehen. Die Quellen des Blut- ergusses sind in solchen Fällen oft sehr schwer zu bestimmen, immer jedoch durch eine krankhafte Beschaffenheit des Auges bedingt. So beobachten wir denselben nicht selten bei Entzündungen des Auges, besonders bei Entzündung der Iris, der Choroidea und des Ciliarkörpers; er ist bisweilen eine begleitende Erscheinung des beginnenden Mcdullarsarcoms des Ciliar- körpers, der Iris und der Retina, einer Wucherung der Iris, der Ausdeh- nungen und varicösen Verbildungcn des Ciliarkörpers (Cirsophlhalmus). Er steht zuweilen im Zusammenhange mit Leiden des Gesammtorganismus; so sind ßlulergiessungen in die Augenkammern bei Scorbutischen keine Seltenheit; auch bei Anomalien der Menstruation, bei haemorrhoidaler Congeslion hat man sie beobachtet. Das ergossene Blut wird zuweilen schnell resorbirt, insbesondere wenn es ein faserstoffarmes, nicht sehr ge- rinnungsfähiges ist, oder wenn sogleich eine antiphlogistische Behandlung eingeleitet wird; in der Mehrzahl der Fälle dauert aber die Resorption ziemlich lange; es kann auch durch Gerinnung des Faserstoffes eine Ver- Schliessung der Pupille eintreten, was um so leichler geschieht, wenn sich bei einer entstandenen heftigeren Iritis Exsudat dem ergossenen Blute bei- mischte. 2. Lostre n n u n g der Iris v om Cil i arl i gam en le. Findet diese Lostrennung der Iris an Einer Stelle Statt, so entsteht eine Doppel- pupille. Die durch die Loslrennu ng bewirkte hat eine mehr oder weniger ovale Form, die normale Pupille wird jedoch meistens verkleinert, unregel- mässig oder selbst ganz geschlossen. Wenn die entzündliche Reaclion
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gehoben und das normale Sehvermögen wiederhergestellt isl, so bedingt eine solche Doppelpupille äusserst selten Doppellsehen. Es kann durch eine sehr heftige Gewalttätigkeit sogar die ganze Iris vom Ciliarligamente los- gerissen werden und am Boden der vordem Kammer liegen. Jede Los- reissung der Iris ist von mehr oder weniger bedeutender Blutung ins Auge begleitet. 3. Es kann in Folge einer Verletzung der Iris eine heftige Ent- zündung derselben oder der tiefern Gebilde des Augapfels mit ihren ver- schiedenen Folgen eintreten.
Wunden der Choroidea und des Ciliarkörpers haben meistens eine bedeutende Blutung in das Auge zur Folge. Auch kann ein Theil der Choroidea und selbst des Glaskörpers durch die Wunde vorfallen. Durch die Verletzung von einzelnen Ciliarnerven tritt eine partielle Läh- mung der Iris ein, so dass die Pupille sich in der einen oder andern Rich- tung beträchtlich erweitert.
Die Linse mit ihrer Kapsel wird bei Verwundungen der Cornea oder Sclerolica häufig zugleich getroffen. Wir beobachten immer als Folge einer Verletzung der Kapsel oder der Linse Trübung des Kryslallkörpers, und die geringste mechanische Verletzung, wie z. B. ein Stich mit einer feinen Nadel, kann diesen Erfolg haben. Durch die Einführung einer Nadel durch die Cornea und die Pupille kann ein grauer Slaar producirl werden, ohne die geringste Verletzung eines andern Gebildes mit Ausnahme der Cornea, ohne Entzündung oder eine andere krankhafte Erscheinung. Lawrence gibt an, dass sich Soldaten in England auf diese Weise dem Dienste in der Armee ent- ziehen. Die Art, wie sich die Cataracta traumatica ausbildet, ist verschieden. 1. Da die durch die Linsenkapsel vermitlelteWechselwirkung zwischen umgeben- den Flüssigkeiten und Linsensubstanz, welche zur Erhaltung der normalen Durchsichtigkeit der Linse nöthig ist, durch die Verletzung der Kapsel ge- stört wird, so tritt bei zu copiöser Einwirkung des humor aqueus eine Trü- bung der Linsensubslanz ein. Diese erfolgt bisweilen sehr schnell, so dass man schon einige Stunden nach der Verletzung die ausgebildete Cataracta beobachtet. 2. Dasselbe kann durch heftige Erschütterungen erfolgen, wo- durch die Linsenkapsel von ihren normalen Anheftungspunkten losgerissen und die Ernährung der Linse dadurch beeinträchtigt wird. 3. Es kann eine Entzündung in den benachbarten Gebilden (Zonula Zinna und Iris) zur Ent- stehung der Cataracta Veranlassung geben. Die Cataracta traumatica ist gewöhnlich ein weicher Linsenslaar. Da durch die forldauernde Einwir- kt!!^ der wässrigen Feuchtigkeit die Linsensubslanz aufgelöst und zerstört wird, so kanri ein solcher Slaar immer mehr am Umfange abnehmen, an ein- zelnen Stellen dehisciren (Cataracta dehiscens,evanida) und endlich auf dem Wege der Resorption wieder von selbst ohne vorhergegangene Operation
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verschwinden. Der verletzende Eingriff" hat in diesem Falle das geleistet, was wir sonst auch durch eine Operation (Discission) herbeizuführen stre- ben. Wenn durch einen Enlzündungsprocess Ablagerungen auf der Kapsel entstehen, so wird diese getrübt, und wir haben dann meistens eine Cata- racta capsulo-lenlicularis adcrela vor uns; ist die Linse durch Resorption geschwunden, so bleibt die verdickte Kapsel als Cataracta membranacea zurück. Erfolgte die Auflösung der Linse nur zum Theil und schrumpfte die Kapsel um den Linsenkern, so entsteht eine Cataracta arida siliquala, so wie auch der Gypsslaar häufig die Folge einer Entzündung nach Ver- letzungen ist. Auch der Zitlerstaar und Schwimmstaar, die durch partielle Lostrennung des Krystallkörpers sich bilden, verdanken ihr Entstehen nicht seilen einer Verletzung *). Das Nähere darüber ist in der Abhandlung über den grauen Staar einzusehen.
Sowohl nach Verwundungen, als auch nach Erschütterungen des Augapfels, z. ß. durch einen Fall, kann der Kryslallkürper in seiner Tota- lität oder die Linse nach geborstener Kapsel in die vordere Augenkammer vorfallen, auch durch die geborstene Sclera unter die Conjunctiva austre- ten. Die Linse kann, wenn sie in der Kapsel eingeschlossen ist, noch lange Zeit ihre Durchsichtigkeit erhallen. Sie wirkt jedoch in der vordem Kam- mer wie ein fremder Körper, reizt die nahegelegenen Gebilde und verur- sacht Entzündung des Augapfels, heftigen Schmerz in demselben, in der Supraorbitalgegend und im Kopfe, welche selbst der antiphlogistischen Be- handlung nicht leicht weichen. In Folge der Entzündung bilden sich Adhae renzen der Linsenkapsel mit der Iris oder Cornea und die Kapsel incrustirt sich bei langem Bestehen in der vordem Kammer bisweilen mit verkalkten Exsudaten, welche sich auf ihr niederschlagen.
Eine blosse Punclion der Retina, wenn sie mehr in der vordem Partie derselben Statt findet, ist ohne Gefahr; eine grössere Verwundung derselben bedingt Amaurose. Die gefährlichste Verletzung der Retina ist jedoch die Erschütterung derselben durch einen Schlag, und die Gefahr steht im Verhältnisse zu der Heftigkeit der Gewalt. Die Erschütterung erfolgt zuweilen ohne weitere Alteration der Netzhaut, in manchen Fällen mögen jedoch Zerreissung derselben oder Blulextravasale in ihr zugleich
*) Die Bildung der Cataracta »ach Verletzungen des Krystallkörpers beim Menschen stehen nicht im Einklänge mit den Experimenten, welche Dielcrieh in dieser Beziehung an Thieren anstellte. Nach diesen sollte die Cataracta durch Verwundungen der blossen Kapsel oder der Oberfläche der Linse höchst selten eintreten. Wir müssen daher vor der Hand das hinnehmen, was uns die Erfah- rung über die Folgen solcher Verletzungen gelehrt hat.
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bestehen. Die Verminderung- oder Aufhebung des Sehvermögens isl häufig die unmittelbare Folge der Verletzung und gewöhnlich mit Erweiterung oder Verziehung der unbeweglichen Pupille verbunden. Wenn blosse Er- schütterung der Retina ohne anderweitige Verletzung des Augapfels besieht und das Sehvermögen nur zum Theile aufgehoben ist, kann dasselbe bei zweckmässiger Behandlung wieder hergestellt werden. Totale Amaurose, welche unmittelbar der Verletzung folgt, ist ein ungünstiges Symptom; Veränderung in der Form der Pupille, Blulexlravasale und Zeichen einer Zerreissung der Netzhaut machen den Fall hoffnungslos. In solchen Fällen ist zur Zeit der Verletzung oft der Schmerz nicht heftig und die Röthe un- bedeutend; in mehreren Tagen jedoch wird das Auge roth und schmerz- haft; der Schmerz nimmt zu, die Entzündung beginnt in den inneren Ge- bilden und pflanzt sich unter Kopfschmerzen, Lichtscheu und vermehrter Thränensecretion zu der Sclera und Bindehaut fort. Wenn die entzünd- lichen Erscheinungen nachlassen, wird das Auge allmälig kleiner, der Bul- bus wird weicher und verfällt der Atrophie. Diese Erschütterung der Retina und die darauf folgende Blindheit haben oft Ursachen, denen man solche üble Folgen kaum zumulhen sollte. Wenn ein Auge durch eine Verletzung zu Grunde ging, so erkrankt das andere oft früher oder später, ohne dass eine genügende Ursache einwirkle. Dieser Zufall isl so gewöhnlich, dass es nölhig ist, Individuen, welche ein Auge auf diese Weise verloren, zu war- nen und geeignete Vorsichlsmassregeln zu ergreifen ; denn diese Affeclion des gesunden Auges, wenn sie nicht geachtet und frühzeitig auf geeignele Weise behandelt wird, hat auch oft gänzliche Erblindung zur Folge.
Die Behandlung der Verletzungen des Augapfels muss nach den bei Verletzung wichtiger Gebilde gellenden Principien geleilet wer- den. Der Kranke halte sich möglichst ruhig und beobachte strenge Diät. Das verwundete Auge isl, wenn eine grössere Verletzung der Hornhaut oder der Sclerotica besteht, zu verkleben; dasselbe muss auch mit dem gesunden Auge geschehen ; weil sonst die Bewegungen dessel ben auch in dem kranken consen- suelle Bewegungen hervorrufen. Ist weder eine WTunde der Cornea noch der Sclerotica vorhanden, so isl das Verkleben der Lider nicht nolhwendig. Das passendste örtliche Mittel isl die Anwendung des kalten oder Eiswas- sers. Man überzeuge sich sobald als möglich, ob ein fremder Körper irgendwo zurückgeblieben sei, um denselben entfernen zu können. Doch ist in manchen Fällen eine kräftige Anliphlogose der Entfernung des frem- den Körpers vorauszuschicken. War die Verletzung bedeutend und aus- gedehnt, ist das Individuum kräftig und vollblütig, so ist eine Venaeseclion dringend indicirl ; in den übrigen Fällen genügt eine örtliche Blulenllee- rung und die Anwendung der Kälte. Ein Vorfall der Iris erfordert die
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später angegebene Behandlungsweise. Das in die vordere Kammer er- gossene Blut verschwindet unter der antiphlogistischen Methode durch Resorption von selbst, es ist desshalb unnöthig, es durch einen Einstich in die Cornea zu entleeren, und schädlich, eine neue Verwundung- zu setzen. Eine traumatische Cataracta wird entweder der spontanen Resorption über- lassen, welche man nach bereits geschwundenen Irritationserscheinungen durch zeitweises Einträufeln einer saturirten Belladonnalösung unterstützen kann, oder sie wird durch Discission beseitigt. Der in die vordere Kammer vorgefallene Krystallkörper werde sobald als möglich durch den Hornhaut- schnilt extrahirl; nur dadurch beugt man am besten den heftigen Schmer- zen und der Entzündung vor. Ist in Folge einer Verletzung eine voll- kommene Amaurose oder ein amblyopischer Zustand eingetreten, so ist die Behandlung der Amaurosis traumatica angezeigt.
Verbrennungen treffen vorzüglich die Augenlider und die vor- dere Hemisphäre des Augapfels. Sie finden Statt durch Einwirkung heisser Flüssigkeiten, geschmolzener Metalle, mit welchen entweder die Augen- gegend Übergossen wird, oder welche in das Auge hineinspritzen, durch eindringende kleine, glühende Körper (Feuerfunken), durch das Einschla- gen der Spitze eines Flammenkegels oder durch das Einstossen eines glühenden Körpers, z. B. einer glimmenden Cigarre. Es bilden sich sowohl an den Lidern als auch an der Bindehaut häufig Blasen, oder weiche oder harte, oberflächliche Schorfe. Verbrennungen sind am Auge sehr schmerz- haft. Durch die eintretende meistens adhaesive Entzündung und durch den Subslanzverlusl veranlassen sie mancherlei Formfehler, namentlich Ver- wachsungen zwischen den Augenlidern oder zwischen diesen und dem Augapfel, Auswärlskehrung der Lider und Atresie der Thränenpunkte; an der Cornea bleiben öfters Trübungen zurück. Bei allen Verbrennungen des Auges lege man kalte Umschläge in grösserer Ausdehnung über das- selbe, und träufle von Zeit zu Zeit ein mildes Oel, z. B. Süssmandelöl, zwischen den Lidern ein. Blutentziehungen sind in vielen Fällen notwen- dig. Haben sich Blasen gebildet, so öffne man dieselben nicht. Bei gebil- deten Schorfen erwarte man die Exfoliation, welche meistens bald erfolgt. Bei profuser langwieriger Eiterung ist die Anwendung einer Blei- oder Tuliasalbe angezeigt.
Die fremden Körper im Auge.
Jeder ins Auge gelangte fremde Körper verursacht eine Reizung desselben, welchem Hyperaemie, und wenn die Einwirkung gewalt-
Meyr, Augenheilkunde. 3
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thätiger war, oder der Reiz lange genug anhält, eine traumatische Ent- zündung folgt.
Die Reizung äussert sich durch Schmerz, Lichtscheu, Augenlidkrampf, Thränenfluss undPupillcnverengerung. Letztere drei Symptome sind Reflex- erscheinungen der Irritation der feinen Endzweige des Ophthalmicus V. paris. Der Schmerz ist mehr oder minder heftig, was zum Theile von der Art des fremden Körpers, zum Theile von seinem Sitze abhängig ist; so verursacht derselbe bedeutend grossem Schmerz, wenn er sich an der innern Fläche des obern Augenlides befindet, als wenn er selbst ziem- lich tief in der Cornea steckt. Auch die grössere oder geringere Empfind- lichkeit des Individuums hat darauf einen Einfluss.
Die Mehrzahl der fremden Körper wirken nur durch mechanische Reizung. Hieher gehören Staub, Sandkörner, alle Arten von Splittern, Insekten mit oder ohne harte Flügeldecken, Krebsaugen, eingestülpte oder eingefallene Wimpern etc. Mehrere von diesen, welche mit scharfen Kan- ten oder Spitzen versehen sind, können auch verwunden (Glas- und Me- tallsplitter, abgebrochene Aehrenspitzen). Manche entfalten auch eine ätzende Einwirkung, wie Tabak, Asche, Kalkstaub und ungelöschter Kalk, einige Medicamenle, wie Aelzkali, Höllenstein. Endlich gibt es solche, die zugleich eine Verbrennung verursachen, wie heisse Metalltheilchen, ge- schmolzene Metalle (Blei), explodirte Pulverkörner.
Die fremden Körper können auf verschiedene Art ins Auge gelangen und haben auch dem Grade der Introductionsgewalt entsprechend nach- theilige Folgen. Sie können bloss mechanisch hineinfallen, durch Luftzug oder Wind hineingelangen (Staub, Insekten), bei gewissen Beschäftigungen hineingetrieben werden (die Bein- und Metallsplitter bei Drechslern, Nad- lern, Schlossern, Schmidcn und allen Metallarbeitern, Quarzsplitler bei Steinarbeitern) oder bei Explosionen und Detonationen ins Auge geralhen. Andere werden in das Auge eingerieben (Krusten von Porken, Grind, Flech- ten) oder selbst absichtlich eingeschoben (Krebsaugen).
Der Sitz der fremden Körper am Auge ist verschieden. Sie liegen am Augenlidrande oder im innern Winkel, oder befinden sich frei beweg- lich im obern oder untern Interpalpebralraume; sie sind öfters in der Binde- haut des Bulbus oder der Lider festsitzend, in selbe eingehakt, oder unter ihr befindlich; sie stecken fest in der Cornea (meistens Stahlfunken oder andere Metalltheilchen, Glas- und Beinsplitter, Flügeldecken von Insekten, Samenhülsen); sie können nach Durchbohrung der Cornea in die vordere Augenkammer, oder in die Iris, oder durch die Pupille, oder nach Durch- bohrung der Iris in die hintere- Kammer, den Krystallkörper oder den Glas- körper gelangen. Eben so können manche nach Perforation der Conjunc-
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tiva und Selera auch in das Innere des Augapfels gelangen. Schrotkörner oder Flinlenkugeln können auch in das Zellgewebe der Orbita gelangen, die knöcherne Wandung derselben erreichen oder selbst durchbohren.
Die Folgen, welche fremde Körper veranlassen, sind äusserst ver- schieden, und versetzen öfters das Sehorgan in die höchste Gefahr. In den meisten Fällen, wenn der fremde Körper bloss an die Conjunclivalfläche der Augenlider oder des Bulbus gelangt, verursacht er nur eine vorübergehende Reizung, welche sich nach der Entfernung desselben wieder verliert, ohne zu einer Entzündung sich zu steigern. An manchen Stellen, wie z. B. an der innern Fläche des obern Lides, verursacht er einen heftigeren Schmerz, welcher insbesondere bei den Bewegungen des Bulbus oder der Lider zu- nimmt, bei der möglichst ruhigen Haltung am erträglichsten ist. Bei man- chen Individuen entsteht ein äusserst heftiger Lidkrampf. Aehnliche Er- scheinungen rufen die in die Hornhaut eingekeilten kleinen Körper hervor. War der fremde Körper stärker reizend, die Art der Einführung gewaltsam, oder blieb er insbesondere längere Zeit (Tage lang) mit dem Auge in Be- rührung, so entsteht eine traumatische Entzündung, welche sich besonders durch Injection der Subconjunctivalgefässe im Umkreise der Hornhaut äussert und einer äussern rheumatischen Augenenlzündung oft täuschend ähnlich ist. War die Cornea das ursprünglich verletzte Organ, so ent- wickelt sich eine Keratitis, und wenn der fremde Körper noch länger zu- rückblieb, eine Kerato-Irilis mit dem Ausgange in Abscessbildung der Cornea und Hypopyon. Hierdurch erwächst dem Auge eine bedeutende Gefahr. Aetzende Körper, insbesondere der ungelöschte Kalk, die concenlrirten Säuren, verursachen meistens eine Anätzung der Conjunctiva und Cornea, dadurch Ankyloblepharon und Symblepharon, im höhern Grade eine breiige Zerstörung eines Theiles oder der ganzen Hornhaut. Ein fremder Körper, der in die vordere Kammer gelangte, kann daselbst einige Zeit ohne beson- dern Nachlheil liegen bleiben, verursacht jedoch später, in manchen Fällen gleich Anfangs eine heftige Entzündung. Die Iris kann von einem schar- fen Körper durchdrungen werden, ohne dass sich eine Iritis entwickelt; die Wundränder heilen in kurzer Zeit; die Blulergiessung in die vordere Kammer ist bisweilen sehr unbedeutend. Gelangt ein fremder Körper in den Krystallkörper, so bildet sich ziemlich schnell der graue Staar aus (s. Cataracta traumatica). Die nachtheiligslen Folgen üben fremde Körper, welche in das Innere des Auges, in den Glaskörper oder in die Chorioidea gelangen, weil ihr Sitz nicht immer zu ermitteln und dieselben entweder gar nicht oder nur sehr schwer und ohne Schonung des Augapfels entfernt werden können. Die Folge davon ist daher eine ziemlich heftige Entzün- dung, und obwohl dieselbe Anfangs durch Anliphlogistica bekämpft werden
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kann, so tritt sie, da der fremde Körper zurückbleibt und als ein Reiz fort- wirkt, bei der geringsten Veranlassung oder auch ohne dieselbe von neuem öfters auf, es entwickelt sich eine chronische Entzündung der Chorioidea und der Augapfel geht durch Atrophie zu Grunde. Dieser Entzündungs- process begleitet nicht selten eine durch Reizung der Ciliarnerven bedingte äusserst heftige und hartnäckige Neuralgie. Solche delelaere Folgen haben öfters Stücke von Kupferzündhütchen, welche theils beim Losschiessen der Gewehre, noch häufiger jedoch beim Zerschlagen derselben auf Steinen, wie es die Kinder manchmal thun, mit Gewalt ins Innere des Auges gelan- gen. Schrotkörner oder Kugeln können sich im Zellgewebe der Orbita in- capsuliren, sie können aber auch heftige Entzündung, Abscessbildung, Necrose und Caries der Orbila herbeiführen.
Dass ein fremder Körper im Auge vorhanden sei, entnimmt man theils den Angaben des Kranken, dessen Beschäftigung schon oft zu dieser Ver- mulhung Anlass gibt, theils aus der Exploration desselben. Eine Entzün- dung, welche plötzlich ohne bekannte andere Veranlassung auftral und trotz der eingeleiteten Behandlung hartnäckig fortbesteht, kann uns immer auf die Vermuthung der Gegenwart eines fremden Körpers führen.
Hinsichtlich der Auf find un g der fremden Körper ist Folgen- des zu bemerken. Solche, welche am untern Augenlidrande liegen oder an der Hornhaut oder an dem frei zu Tage liegenden Theile der Conjunc- liva bulbi stecken, kann man schon bei der ersten Besichtigung durch den Gesichtssinn wahrnehmen. Findet man daselbst nichts, so ziehe man das unlere Augenlid ab, und besehe die innere Fläche desselben, so wie, indem man den Kranken das Auge nach aufwärts richten lässt, die Uebergangs- falten der Bindehaut, richte auch gleichzeitig seine, Aufmerksamkeit auf den innern Augenwinkel und die Thränenkarunkel. Hat man auch dort keinen fremden Körper entdeckt, eben so in der vordem Kammer oder Iris keinen gefunden, oder sonst keine Symptome wahrgenommen, dass er in diese Gebilde oder das Innere des Auges gelangt wäre, so muss das obere Augen- lid umgestülpt werden, um die Bindehautfläche desselben, so wie bei nach abwärts gewendetem Blicke des Kranken, die Uebergangsfallen zwischen dem obern Lide und dem Bulbus untersuchen zu können. Entdeckt man daselbst einen fremden Körper, so werde er sogleich, ohne dass man das Augenlid wieder reponirl, entfernt. Im Innern des Auges können kleinere Körper nicht leicht entdeckt werden, auch im Krystallkörpcr werden sie öfters durch schon besiehende Trübung derselben nicht mehr beobachtet.
Man könnte einen fremden Körper im Auge mit einem Vorfalle der Iris oder der Descemel'schen Haut verwechseln, so auch mit einer Excres- cenz des Bindehautplältchens der Cornea. Diagnostischen Aufschluss geben
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die anamnestischen Momente, vorausgegangene Erkrankungen des Auges, vor allem jedoch eine genaue Untersuchung, wobei man sich auch einer Lupe bedienen kann, und wobei die seitliche Ansicht des Auges oft Vor- theil gewährt. Auch könnten schwärzliche Punkte in der Iris für einen in der Iris oder selbst in der Cornea sitzenden Körper gehalten werden.
Die Natur entfernt frei bewegliche im Interpalpebralraum befindliche fremde Körper durch die Strömung der Thränen, wodurch sie gegen den innern Augenwinkel getrieben und dann ausgeschwemmt werden. Dazu trägt auch der vermehrte Augenlidschlag bei. Eine stärkere Contraclion des Orbicularis kann aber auch einen fremden Körper, besonders wenn er scharfe Ecken hat, noch fester einkeilen. Festsitzende fremde Körper wer- den zuweilen durch die Eiterung lose, beweglich gemacht und sodann ausgestossen. Diess geschieht bei Metallsplitterchen in der Cornea, wenn sie nicht früher entfernt werden. Sie werden jedoch auch häufig oxydirt, dadurch brüchiger und in einzelnen Stückchen ohne Eiterung abgestossen.
Unbedingt schädlich ist das zur Entfernung eines fremden Körpers unter dem Volke noch gebräuchliche Einbringen eines Krebsauges. Nach dieser Application hat der Kranke statt eines fremden Körpers zwei, von denen der zuletzt eingebrachte einen noch starkem Reiz, oft auch Entzün- dung erregt und zuweilen nur mit Mühe entfernt werden kann. Unnütz und schädlich sind auch alle zwecklosen Reibungen; jedoch kann gelindes Streichen mit der Palmarfläche der Hand in der Richtung vom äussern zum innern Augenwinkel den Durchgang des fremden Korpers erleichtern. In- jeetionen von kaltem Wasser oder andern Flüssigkeiten können zwar den Austritt bewirken, sind aber unzuverlässig und daher nicht zu empfehlen.
Körper, welche an dem Auge nicht feststecken, kann man durch blosses Abstreifen oder Abwischen entfernen, wozu man sich eines Minialur- malerpinsels, des zusammengerollten Endes eines Taschentuches oder eines Leinwandläppchens bedienen kann. Sind mehrere fremde Körper, Sand, Kalk, Mörtel u. s. w., insbesondere in dem gefalteten Theile der Bindehaut angehäuft, so hebe man sie mit dem Daviel'schen Löffel heraus. Beim un- gelöschten Kalk und allen jenen Substanzen, deren ätzende Wirflfattg sich durch das kalte Wasser mehr entfaltet, vermeide man dessen Anwendung, sondern träufle bloss etwas süsses Mandelöl ein. Härtere Körper, welche einen frei hervorstehenden Fortsalz besitzen, kann man mit einer kleinen Pinzette herausziehen. Eisensplitter, welche nicht sehr fest stecken, können aus dem Auge durch die Anwendung eines starken Magnetes ausgezogen werden. Diess gelingt jedoch nicht bei jenen, die in die Hornhaut einge- keilt sind. Solche können nur durch Ausgraben entfernt werden, wozu
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man sich einer geraden Beer'schen Staarnadel bedient, deren Spitze man hinler den fremden Körper zu bringen und ihn so herauszuheben sucht. Dabei muss man die Vorsicht anwenden, dass man nicht die vordere Kam- mer eröffnet. Das Epithel der Cornea, welches sich bei der Entfernung- des fremden Körpers losslreift, wird bald wieder ersetzt, und es bleibt sehr sel- ten eine Trübung zurück. Der Schorf, welchen eingeschmolzene Melall- stückchen zurücklassen, wird entweder zurückgelassen und durch die Thrii- nenflüssigkeit ausgeschwemmt, oder wenn er grösser ist, gleichfalls heraus- gegraben. Auch andere harle in der Cornea eingekeilte Körperchen wer- den mit der Slaarlanze entfernt. Befindet sich ein fremder Körper unter der Augapfelbindehaut, so soll man auf ihn einschneiden; es gelingt aber nur schwierig, denselben ohne gleichzeitige Abtragung eines Bindehaul- stückchens zu entfernen. Man fasse daher mit einer Pinzette ein Bindehaut- fältchen zugleich mit dem fremden Körper und trage es mit der kleinen Louis'schen Scheere ab. Sind Pulverkörner in der Bindehaut oder Horn- haut vorhanden, so suche man wenigstens die grössern derselben mit der Staarnadel herauszuheben. Befindet sich ein fremder Körper in der vor- dem Kammer, oder steckt derselbe in der Iris, so muss er nach früher ge- machtem angemessen grossen Hornhautschnille mittelst einer feinen Pinzeltc herausgezogen werden. Die Exerese ist aber oft mit grossen Schwierig- keiten verbunden, besonders wenn der fremde Körper schon länger ver- weilte. Lässt man ihn im Auge zurück, so verursacht er meistens eine heftige Ophthalmie, welche den Ruin des Auges herbeiführen kann. Steckt ein fremder Körper im Krystallkürper, so ist es jedenfalls gerathen, zugleich mit ihm die Linse zu extrahiren. Körper, welche durch die Sclerotica ein- gedrungen sind und aus derselben hervorragen, müssen nach einem ge- machten Einschnitte in die Sclera entfernt werden. Auch hier ist die Exerese oft sehr schwierig, wegen der Unebenheit und scharfen Ränder der hinein- gelangten Körper. Vermuthet man einen fremden Körper im Innern des Auges, so ist das Handeln des Arztes zuweilen sehr erschwert. Sieht man nichts von ihm, so stelle man die Prognose jedenfalls zweifelhaft aus oben ange- gebenen Gründen; diess um so mehr, wenn erneuerte Entzündungsanfälle ohne Ursache öfters eintreten. Man könnte in solchen Fällen, um dem Ein- tritte einer heftigen Neuralgie vorzubeugen, die Spaltung des Bulbus und die Exerese des fremden Körpers vornehmen; da jedoch auch diese Ope- ration häufig die Atrophie des Auges zur Folge hat, da es in vielen Fällen unmöglich ist, den Sitz des fremden Körpers zu bestimmen, und da Fälle bekannt sind, wo im Innern des Auges verlorne fremde Körper die Integri- tät desselben nicht gefährdeten, so bleibt bisweilen nichts zu thun übrig, als ein exspeetalives Verfahren.
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Eine besondere Vorbereitung- vor allen angeführten Methoden zur Ent- fernung fremder Körper erfordert zuweilen die Hebung eines heftigen Augen- lidkrampfes .durch örtliche Anwendung narcolischer und erweichender Mit- tel, und die einer heftigen Entzündung durch Blutegel, Eisüberschläge etc.
Nach der Beseitigung eines fremden Körpers verhalle sich der Kranke ruhig, strenge sein Auge nicht an, und vermeide Alles, was die Irritation desselben unterhalten oder steigern könnte (Genuss von geistigen Gelrän- ken, anstrengende Beschäftigung, Tabakrauchen u. dgl.). In den meisten Fällen genügen kalle Wasserüberschläge zur Beseitigung der Reizung. Hat sich jedoch schon eine äussere Augenentzündung gebildet, so lasse man einige Blutegel appliciren und innerlich den Salpeter zu 5 — 10 gran pro dosi 3 — 4stündlich nehmen. Verbreitet sich die Entzündung auf die Iris, so tritt die Behandlung derselben ein. (Siehe Iritis.)
Zu den fremden Körpern im Auge gehören auch die darin leben- den Thiere aus niedern Ordnungen, Insekten und Helminthen.
Verschiedene Arten von Läusen kommen bisweilen an den Cilien oder Supercilien vor, welche durch ihre Gegenwart ein unerträgliches Jucken, krankhafte Absonderung der Augenliddrüsen und selbst Entzündung ver- anlassen. Sie werden durch die Bestreichung mit Unguentum Hydrarg. einer, getödtet und durch öftere Abwaschungen entfernt.
Auch Entozoen sind in menschlichen und Thieraugen beobachtet worden (Larrey, Baum, Schott, Nordmann, Gescheidt), und zwar uuler der Augapfelbindehaut die Filaria medinensis und der Cysticercus, in der Kry- slalllinse die Filaria oculi humani, Monostoma und Disloma, in der vordem Augenkammer der Cysticercus cellulosae. Solche Helminthen werden durch Einschneiden und Exlraction entfernt. Da sie im Linsensysteme mit dessen calaractöser Verdunklung verbunden zu sein pflegen, so indiciren sie die Staaroperation.
ZWEITER ABSCHNITT.
Phlogosen.
Die Mehrzahl der am Auge und dessen Nebentheilen vorkommenden Krankheilen fällt der Klasse der Entzündungen anheim, so wie in vielen Fällen die Entzündung- als primäres Leiden, als Grundursache anderer Ge- brechen anzusehen ist. Als Entzündung bezeichnen wir jenen Zustand ab- normer Ernährung, welcher vorzüglich mit Capillarhyperaemie und Produkl- bildung (Exsudation) verbunden ist. Am Auge und dessen Nebenorganen tritt die Entzündung in den verschiedensten Geweben und Gebilden auf, und ist entweder auf eines beschränkt oder auf mehrere derselben ausge- breitet. Sie durchläuft hier wie in den übrigen Organen des Körpers be- stimmte Stadien, ohne sie jedoch alle durchmachen zu müssen, und hat nach Verschiedenheit der ergriffenen Gewebe, nach den Ursachen und der Be- schaffenheit des Körperblutes verschiedene Charactere.
Die Stadien der Entzündung sind hier, wie überall das der Hyper- aemie, der Stasis, der entzündlichen Exsudation, zu welchen als viertes Stadium die Resorption des Ergossenen, oder die weitere Veränderung des Enlzündungsprodukles hinzutritt.
Die Phaenomene der Augenentzündung (Ophthalmia) sind ab- hängig von dem Stadium derselben, von der Beschaffenheit des ergriffenen Gewebes, von der In- und Extensität des Uebels und vom Zustande des Gesammlorganismus. Diese Phänomene sind Röthe, Geschwulst, erhöhte Tem- peratur, Störung der Function des ergriffenen Theiles, allgemeine Reaction.
Schon im Stadium der Hyperaemie tritt die Röthe des entzündeten Organs, durch Injection der Gefässe bedingt, hervor, zeigt jedoch nach dem Grade, der Ausbreitung- und dem Sitze der Entzündung grosse Verschieden- heiten. In den mit vielen Gefässen versehenen Theilen ist sie sehr lebhaft, hochroth oder rosenroth, netzförmig oder gestreift, gleichmässig über das entzündele Gewebe verbreitet, oder stellenweise auftretend, gleichsam ge-
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fleckt. So wie sie bei acuter Hyperaemie mehr als lebhafte, hellrothe Fär- bung- auftritt, so ist sie bei passiver dunkelroth, und zeigt insbesondere stärker ausgedehnte, gewundene Gefässe (an der Bindehaut die sogenann- ten vasa abdominalia, durch krankhafte Disposition der Gefässe, wegen ge- hinderten Rückflusses des Blutes). In beiden Fällen hat die Röthe die inji- cirte Beschaffenheit. Anders ist es jedoch, wenn die Hyperaemie oder Stase zur Berstung der Gefässwandungen und zum Austritte des Blutes in das Parenchym der Organe führt; die daraus resullirende Röthe ist gleich- massig dunkel oder purpurroth und zeigt nirgends injicirle Gefässe (Sugil- lation, Ecchymosis). Einzelne Gewebe des Augapfels färben sich im entzün- deten Zustande nicht roth, sondern verändern entweder ihre normale Fär- bung, wie z. B. die Iris, oder sie verlieren, was von durchsichtigen Gebilden (Cornea) gilt, ihren normalen Glanz und ihre Durchsichtigkeit, werden daher matt und in verschiedenem Grade getrübt.
Bei der Stasi s tritt Exsudation von Blutserum und demnach seröse oder blutig-seröse Durchfeuchtung des Gewebes mit Abnahme der Con- sistenz desselben ein. Ein Merkmal der Stasis ist daher die Geschwulst, welche noch mehr bei der eigentlichen Exsudation durch Infiltration des Gewebes mit gerinnfähigen Stoffen hervortritt. So wie die Röthe, so isl auch das zweite Entzündungssymptom, die Anschwellung, an den verschie- denen Gebilden des Auges sehr verschieden. Während manche Gewebe, fibröse Häute, Cornea etc. fast keine sichtbare Anschwellung zulassen, er- reicht sie in lockern Geweben (Conjunctiva, Augenlidern, Drüsen etc.) oft einen sehr hohen Grad. Die Geschwulst ist entweder gespannt oder schlaff, was von der Straffheit oder Laxität der darüber gespannten Bedeckun- gen abhängt.
Erhöhte Temperatur wird am Auge nur bei bedeutenderen Ent- zündungen äusserer Theile, namentlich der Augenlider und der Conjunc- tiva objeetiv wahrgenommen, subjeetiv aber meistens vom Kranken als Gefühl von Wärme oder Hitze angegeben.
So ist auch der Schmerz als Entzündungssymptom sehr verschie- den; er fehlt bisweilen ganz, wird nur als Gefühl von Druck und Völle, als leichtes Brennen und Jucken bezeichnet, oder er ist sehr heftig, und verschieden nach Art, Dauer, Sitz, Ausstrahlung und Zeit des Auftretens. Je dichter der Bau des erkrankten Organes, je reichlicher es mit sensiblen Nerven versehen ist, desto stärker ist in der Regel der Schmerz. Er tritt entweder primär gleich im Anfange der Entzündung durch Reizung der Nervenzweige auf, oder seeundär durch Spannung und Druck von Seite der Exsudate. Eine besondere Art des Schmerzes ist der bei Augenenl- zündungen so häufige Lichlschmerz, Lichtscheu (Photophobie), welcher
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durch Affection der Ciliarnerven hervorgerufen wird, daher vorzüglich bei gesteigerter Empfindlichkeit des Nervensystems (bei geschwächten, scrofu- lösen Individuen), bei Entzündungen der Cornea, Iris, des Ciliarkörpers, bei Hyperaesthesie des ramus ophthalmicus paris V. auftritt. Als Reflex- symplom der Lichtscheu ist verstärkte Thränensecretion (Thränenfluss) und krampfhafte Contraclion des Orbikularmuskels zu betrachten.
Was die Function des entzündeten Organs betrifft, so wird dieselbe mehr oder minder gestört oder ganz aufgehoben. Namentlich ist das Sehvermögen bei Ophthalmien entweder gar nicht gestört oder in ver- schiedenem Grade beeinträchtigt oder selbst ganz aufgehoben. Ist das Or- gan ein secernirendes, z. B. eine Membran, so verändert sich Anfangs die Secretion so, dass der hyperaemische Theil meistens trockener erscheint in der Stasis tritt ein Secret auf die freie Fläche der Haut oder in die Aus- führungsgänge des secernirenden Parenchyms; mit dem Eintritte der Exsu- dation ändert sich das normale Secret vollständig und erscheint oft viel reichlicher als pathologisches Produkt.
Das Fieber fehlt in der Mehrzahl der Augenentzündungen und be- gleitet in der Regel nur die höhern Grade derselben oder die wichtiger Gebilde namentlich bei sehr sensiblen Individuen. Die Exacerbationen treten nach Verschiedenheit der Entzündung entweder Abends, in der Nacht oder am Morgen ein.
Auf die Beschaffenheit und weitere Veränderung der Exsudate haben zunächst der Grad und Verlauf der Entzündung, die Beschaffenheit des Blutes und der Kiäflezustand des Individuums Einfluss. Verschieden sind demnach die Ausgänge der Entzündungen. Als diese sind zu erwähnen:
1. Der Ausgang in Genesung erfolgt durch Resorption der Ent- zündungsproducte. Leichter werden Exsudate mit überwiegendem Serum
orbirt; die Resorption eines geronnenen Exsudates setzt eine Ver- flüssigung desselben voraus. Tritt die Resorption nur theilweise ein, so bleibt ein Theil des Entzündungsprodukles zurück und setzt Verdickung und Hypertrophie des Gewebes.
2. Die Organisation der Entzündungsprodukte hat ver- schiedene Folgen. Am leichtesten erfolgt sie bei Exsudaten mit überwie- gendem Faserstoffe und wenn die Entzündungsprodukte mit dem lebenden Körper oder Theilen desselben in Contact sind. Am Auge ergeben sich dadurch Verdickungen der Gewebe, Trübungen durchsichtiger Gebilde, Adhaesionen und Verwachsungen, Verschliessungen von Oeffnungen und Kanälen, Maceration und Atrophie der Gewebe durch Einwirkung der Exsudate auf dieselben.
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3. Albuminöse und faserstoffige Exsudate können zu Eiter zerfallen. Am leichtesten tritt die Eiterung- am Augapfel in lockern Geweben, im Zellgewebe, in der Bindehaut ein. Erfolgt nach dem Ablaufe der Entzün- dung die Auflösung der Eiterkörperchen gleichzeitig mit der Resorption des flüssigen Exsudates, so tritt eine (secundäre) Zerlheilung ein.
4. Der Ausgang in Verse hwärung (V Iceration) findet dann Statt, wenn die Exsudation an der Oberfläche eines Organs zu Subslanzverlust und successiver flüssiger Abstossung des Gewebes führt. Man beobachtet sie an den Augenlidern, der Bindehaut und Hornhaut.
5. Der Ausgang in Er weichung (Malacie) erfolgt, wenn die Ge- webe in eine weiche, breiartige Masse umgewandelt werden, in welcher man, bei höherem Grade, nur eine feinkörnige Substanz findet.
6. Der Ausgang in Brand ist selten und gewöhnlich nur an äussern Gebilden zu beobachten ; er tritt da ein, wo eine vollständige Blutleere, und dadurch Aufhebung der Ernährung herbeigeführt wird, was nur bei sehr hohem Grade der Entzündung oder bei örtlicher oder allgemeiner Er- schöpfung der Nervenkraft geschieht.
Man theilt die Augenentzündungen ein :
1. Nach dem ergriffenen Gewebe: in die Entzündung der Augenlider, der Thränenorgane, der verschiedenen Partien der Orbita, des Augapfels. An letzterem unterscheidet man die Entzündung der Bindehaut, der Hornhaut, der Iris, des Ciliarkörpers, der Choroidea, der Netzhaut, der Sclerotica. Sehr häufig ergreift die Entzündung gleichzeitig tmehrere Gewebe, oder sie hat ihren Sitz in allen Theilen des Augapfels (Panoph- thalmitis).
2. Nach dem Charakter unterscheidet man Entzündungsformen mit phlegmonösem, erethischem und torpidem Charakter.
3 Nach dem Verlaufe acute und chronische Entzündungen. Bei geschwächten Individuen oder Augen zieht sich eine Entzündung häufig in die Länge. Kleinere, öfters auftretende Exsudationen gewähren oft das Bild der chronischen Entzündung; man findet daher auch Produkte von verschiedenem Alter und meistens erweiterte Gefässe. Die chronische Ent- zündung hat weniger Neigung zur Eiterung, als zur Organisation der Exsudate.
4. Manche Entzündungen äussern einen förmlich typischen Verlauf.
5. Nach den Ursachen unterscheidet man reine und speeifische Entzündungen ; letztere treten vorzüglich auf, wenn constitutionelle Er- krankungen des Körpers einwirken, und haben eigenthümliche Charaktere. Hieher gehören gewissermassen auch die durch Contagien bedingten Entzündungen.
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Zahlreich sind die Ursachen der Augenentzün düngen. Sie sind entweder praedisponirende oder Gelegenheitsursachen. Zu den erste- ren gehören Einflüsse, welche das Auge zur Einwirkung gewisser Schäd- lichkeiten auf dasselbe empfänglicher machen, z. B. eine zu grosse Em- pfindlichkeit der Augen, Blutandrang zum Kopfe und zu den Augen, über- mässige Anstrengung derselben, und mancherlei Krankheiten des Körpers oder einzelner Organe.
Zu den Gelegenheitsursachen gehören mechanische oder chemische Beleidigungen des Auges, das Eindringen fremder Körper, die Einwirkung zu grellen Lichtes, von Rauch, Gasarten oder andern schädlichen Beimen- gungen der Atmosphäre, fehlerhafte Lage der Augenlider, abnorme Rich- tung der Cilien, schneller Wechsel der Witterungsverhältnisse, die Einwir- kung der Zugluft, zu grosse Anstrengung der Augen, Missbrauch von Brillen und Fernröhren, Diälfehler, zu häufiger Genuss geistiger Getränke, mancherlei Gemüthszustände, lange fortgesetztes Weinen, die Unterdrückung von Blutflüssen oder andern Secretionen, Krankheiten der in der Nähe der Augen gelegenen Organe, allgemeine Krankheiten des Körpers, endlich die Einwirkung von Contagien.
Die Prognose richtet sich im Allgemeinen nach der Wichtigkeit der ergriffenen Gebilde, nach dem Grade der Heftigkeit, der Ausbreitung und Complication der Entzündung, nach der Art der einwirkenden Ursachen, nach dem Alter, der Constitution des Kranken und nach dessen hygieni- schen Verhältnissen.
Hinsichtlich der Behandlung der Augenentzündung gilt im Allge- meinen Folgendes :
Eine der ersten und wichtigsten Indicationen ist die Entfernung der Ursachen, weil dadurch nicht selten die Entzündung gänzlich geho- ben, oder deren weitere Entwicklung gehemmt wird. Fremde Körper müssen entfernt, einwärtsgekehrte Cilien beseitigt, unterdrückte Secretionen wo möglich wieder hervorgerufen werden. Zugleich muss Alles beseitigt werden, was das entzündete Auge reizen könnte. Hieher gehört vor Allem die Mässigung des Lichteinflusses. Diess geschieht theils durch Verdunklung des Zimmers, theils durch Bedeckung des Auges mit einem doppellzusammengelegten Leinwandläppchen, durch Beschattung desselben mit einem Schirme. Jedes Gegenlicht oder Lichtreflex ist nachtheilig. Schädlich ist auch das Verbinden der Augen mit dicken wollenen oder leinenen Tüchern. So sehr der Einfluss des Lichtes, namentlich bei stär- kerer Empfindlichkeit der Augen gemässigt werden muss, so glaube man ja nicht, durch absolute Entziehung dieses für das gesunde Auge adaequa- ten Reizes die Entzündung zu brechen oder namentlich die Lichtscheu
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heben zu können; im Gegentheile sieht man sie dadurch oft zunehmen. So ist auch beim Gebrauche mattblauer oder grauer Gläser die Vorsicht zu beobachten, dass sie der Kranke nur bei übermässiger Empfindlichkeit gegen den normalen Lichleinfluss, bei geringer oder schon beseitigter Entzündung trage, und auch dann nicht fortwährend, sondern nur im stärkern Lichte, und sich niemals ihrer zu Verrichtungen bediene, weil nach zu anhaltendem oder zu lange fortgesetztem Gebrauche solcher Brillen nicht selten eine kaum zu bewältigende Empfindlichkeit zurückbleibt*).
Das Verwenden der Augen zum Lesen, Schreiben oder andern Be- schäftigungen ist strenge zu untersagen; ebenso hüte sich der Kranke vor der Einwirkung von Rauch und Staub, gehe daher, wenn er schon der Entzündung wegen nicht stets das Zimmer zu hüten braucht, nicht bei stär- kerem Winde aus.
Diät und Regimen ist, wie bei andern Entzündungen, dem Grade der- selben, so wie der Wichtigkeit des ergriffenen Gebildes angemessen, an- zuordnen. Bei allen Augenentzündungen ist, um einem Blutandrange gegen den Kopf vorzubeugen, auf die gehörige Stuhlenlleerung Rücksicht zu neh- men, und diese, falls sie stocken sollte, durch Eccoprotica zu befördern.
Die Beseitigung der Entzündung fordert die Anwendung der soge- nannten Anliphlogistica. Hieher gehören vor Allem Blutentleerungen. Nur selten ist bei Augenentzündungen eine allgemeine Blutentleerung ge- boten. Oertliche Blulentziehungen bewirkt man, wo sie nöthig sind, durch Anlegung von Blutegeln oder Schröpfköpfen. Erslere dürfen nie in zu grosser Nähe des leidenden Auges, geschweige denn auf die Lider selbst applicirt werden ; sie verursachen sonst heftige Reizung, Anschwellungen und Ecchymosen. Die passendste Stelle ist die hinter dem Winkel des Un- terkiefers, oder die Schläfengegend, in besondern Fällen das seplum narium. Schröpfköpfe werden nach Umständen im Nacken, zwischen den Schultern, in der Lenden- und Kreuzbeingegend applicirt.
Kalte Ueberschläge werden zweckmässig im Anfange der Ent- zündungen vor noch geschehener Exsudation und besonders bei Entzün-
*) Die Vorhänge sollen von einem dunklen Stoffe gearbeitet sein, allseitig gut schliessen, durch den Wind nicht bewegt werden, und besonders das untere horizontal einfallende, nicht das von oben kommende Licht beschränken. Die billigsten und zweckmässigsten Augenschirme werden aus dünnem Kartenpapier, welches mit grünem Papier überzogen ist, und an deren Enden schmale Bänd- chen angenäht werden, verfertigt. Seidenschirme, besonders die mit Draht ver- sehenen, sind, da sie auf den Kopf drücken, und keine zweckmässige Biegung haben, nicht zu billigen.
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düngen äusserer Gebilde angewendet. Nicht bei allen Entzündungsformen jedoch werden sie vertragen. Sollen sie wirksam sein, so dürfen die Ueber- schläge nicht zu schwer und nicht zu nass sein, daher sie schnell ausge- drückt werden müssen ; sie dürfen nicht länger aufliegen, als sie das Gefühl von Kälte erregen, müssen daher sorgfältig gewechselt werden, und zwar um so öfter, je rascher die Wärmeentwicklung stattfindet. Man richte sich bei der Anwendung der Kälte nach dem Gefühle der Erleichterung oder Unbehaglichkeit, welches sie dem Kranken verursacht.
Die Ableitungen auf die Haut durch reizende Pflaster und Sal- ben werden nur nach bereits gebrochener Heftigkeit der Entzündung Vor- theil bringen. Es wird in dieser Beziehung viel Missbrauch getrieben, und besonders, wenn derlei Revulsionsmittel in zu grosse Nähe des Auges, zu frühzeitig oder zu häufig applicirt werden, durch Irritation der Hautnerven die Reizung im entzündeten Auge sehr vermehrt. Am meisten leisten sie noch bei hartnäckigen, chronischen Entzündungen torpider Subjecte. Die passendsten Stellen sind die hintere Ohrgegend, die Nackengrube, der Oberarm, die vorher geschorne Scheitelgegend. Man wendet zu diesem Zwecke gewöhnliche Vesicatore, die Resina Elemi, das Unq. Authenriethi, ein Pflaster aus Tart. emet. mit Mezereum, das Fontanell, in sehr seltenen Fällen das Haarseil im Nacken an.
Die Anwendung örtlicher Mittel auf das Auge ist sehr ver- schieden nach dem Charakter der Entzündung, so wie nach der Beschaffen- heit der entzündeten Gebilde. Es werden nach Umständen erweichende, schmerzstillende, zusammenziehende, lösende, reizende oder ätzende Mittel in Anwendung gebracht. Die Form ist theils die flüssige (Augenwässer), womit enlweder Bähungen des Auges vorgenommen werden, oder die man zwischen die Lider einträufelt; theils die Salbenform, theils die Pulverform. Bei den Augenwässern genügt es, eine Colatur von zwei Unzen, bei den Tropfwässern selbst eine Colatur von einer Unze zu verschreiben ; bei den Salben, wobei man als Excipiens das ung. comm. oder ung. rosatum, oder butyr. rec. in suis, wählt, verordne man nie mehr als 1 oder 2 Drachmen, weil sonst die Salben leicht verderben. Zur Anwendung der Augen- dusche kann man sich eines Blechkastens, 4 bis 6 Mass Wasser haltend und mit einem etwa 3 Schuh langen Rohre versehen, das mit einem Ventile versehen, nach unten in einen elastischen Schlauch ausläuft, bedienen. Die Brause zu Ende sei etwa Thalergross, plan, nicht gewölbt, dass ein Wasserkegel hervorgehe.
Sehr wichtig ist die symptomatische Behandlung, da der Berücksichtigung und Beseitigung einzelner Symptome öfters noch der
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Gebrauch eines Auges zu danken ist. Hieher gehören vor Allem die Be- schaffenheit der Pupille, das Vorhandensein von Hornhautgeschwüren, von Vorfall der Iris , die Gegenwart heftiger Schmerzen , Lichtscheu und Lidkrampf.
I. Entzündungen der Augenlider.
Die Entzündung der Augenlider tritt nach dem Sitze derselben in den verschiedenen Geweben auch in mancherlei Formen auf. Da die Entzündung der Lidbindehaut bei den Entzündungen der Conjunctiva besprochen wird , so haben wir hier die Entzündung der äussern Haut, des subcutanen Zellstoffes und die des Drüsenapparates abzuhandeln.
1. Die Entzündung der Lid haut ist entweder nur oberflächlich, und hat dann den erysipelatösen Charakter, oder sie hat ihren Sitz nebst der Haut auch im Unterhautzellgewebe und tritt sodann als phlegmonöse Entzündung auf.
a. Der Augenlidrothlauf (Erysipelas palpebrarum, Blepharitis crysipelatosa) kommt entweder in Begleitung des Gesichlsrothlaufes oder für sich allein vor. Die Erscheinungen bei dieser Krankheit sind blasse, glänzende, diffuse Röthe, seröse Exsudation unter das Epithelium der Lid- haut, wodurch eine so beträchtliche Geschwulst des betroffenen Lides ent- steht, dass der Kranke es zu bewegen nicht mehr im Stande ist. Am be- deutendsten ist die Anschwellung jederzeit im obern Lide, welches das untere gänzlich überragt, sodass bei oberflächlicher Betrachtung der Zu- stand für eine hochgradige Blennorrhoe imponiren könnte. Die Geschwulst ist teigig, der Fingerdruck hinterlässt einen Eindruck. Die Conjunctiva secernirt eine dünne, schleimige Flüssigkeit, welche sich an der Lidspalte anhäuft. Die subjectiven Empfindungen bestehen in einem Gefühl von grösserer Spannung, von Jucken, Brennen und erhöhter Wärme in den afficirten Theilen. Das Erysipel befällt entweder nur ein Lid, oder, wa? für die Mehrzahl der Fälle gilt, beide zugleich.
Der Rothlauf der Augenlider ist entweder idiopathisch, und in diesem Falle geben Verkühlungen, Reizungen der äussern Lidfläche durch fremde Körper, z. B. Insektenstiche, oder der Gesichtsrothlauf zur Entstehung des Leidens Veranlassung. Oder er tritt als sympathischer bei heftigen Ent- zündungen der Conjunctiva, insbesondere aber bei Entzündungen und Eiterungen in der Tiefe der Orbila (Periorbitis , Orbitalempyem , Caries der Orbita u. s. w.) auf, und gewinnt dann eine höhere Bedeutung. Den idio- pathischen, so wie auch den sympathischen Augenlidrothlauf begleitet häu- fig ein gastrischer Zustand.
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Die Krankheit endet in vollkommene Zcrlheilung, welche, wie das Gesichtserysipel , unter Abschürfung- des Epithels eintritt, oder es bleibt eine Induration (Sclerose) des Zellgewebes, oder eine Infiltration dessel- ben mit Serum (Oedema frigidum) zurück. Letzterer Zustand tritt in höherem Grade bisweilen nach mehreren Rückfällen des Erysipels ein , und verur- sacht dann eine bedeutende, unförmliche, sackförmige Wulslung beider Lider, welche mit dem Namen Pladaroma palpebrarum bezeichnet wird. Bisweilen tritt Eiterung* ein , und bei sehr hohem Grade der Entzündung und unzweckmässiger Behandlung kann selbst Brand erfolgen , welcher durch die namhafte Zerstörung" einzelner Parthien des Augenlides jene Formfehler herbeiführen kann, welche überhaupt durch Substanzverlust bedingt werden.
Die Prognose ist beim idiopathischen Erysipel eine günstige, bei dem sympathischen hängt die Stellung derselben von der Art des zu Grunde liegenden Uebels ab.
In den meisten Fällen genügt die örtliche Anwendung trockener Wärme zur Hebung des Uebels. Wo man es für zuträglich erachtet, kann man ein leichtes Purgirmittel oder ein gelindes Solvens (Decoctum Taraxaci) reichen. Tritt Eiterung ein, so sind erweichende Umschläge anzuwenden. War das Erysipel durch die Gegenwart eines fremden Körpers, z. B. eines Insektenstachels bedingt, so muss derselbe vor Allem entfernt werden. Bei Abnahme der Anschwellung und beginnender Abschilferung kann die Aqua saturnina lauwarm angewendet werden. Gegen ein zurückbleiben- des Oedem der Lider empfiehlt man trockene, erwärmte, aromatische oder selbst mit Kampher bestrichene Kräutersäckchen (aus Flor, sambuci, cha- momill.cet. bereitet), bei Induration des Zellgewebes die länger fortgesetzte Einreibung der grauen Salbe. Bei sehr voluminöser Geschwulst der Augen- lider (Pladaroma) kann auch die Abtragung einer Partie mit dem Messer und die nachherige Vereinigung der Wundränder nöthig werden.
b. An der äussern Lidhaul treten auch manche Ausschlagsformen auf, unter welchen das Augenlidekzem (crusta lactea palpebrarum) am häufigsten vorkommt. Es tritt sehr häufig in Verbindung mit ähnlichen Ausschlägen am Kopf und Gesichte auf. Es bilden sich Bläschen, welche eine gelbliche Feuchtigkeit enthalten, die an der atmosphärischen Luft bald zuKrusten vertrocknet; das Secrel hat ätzende Eigenschaften, und exeoriirt daher meistens alle zwischen den Bläschen noch übrigen Haulstellen, wo- durch das ganze Lid bisweilen zu einer Geschwürsfläche umgewandelt wird. Sehr häufig gesellt sich eine Entzündung der Augenliddrüsen hinzu, sowie sich das Ekzem der Lider nicht selten mit Syndesmilis oder Keratitis pustulosa combinirt. Am häufigsten kommt das Uebel bei schwächlichen,
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scrofulösen Kindern, und bei Individuen vor, die in unreiner Atmosphäre leben. Gehörige Reinigung" der Lider, Bähungen mit lauer Milch oder einem Decoctum herbae malvae oder herbae jaceae, die Verabreichung eines Purgans und in hartnäckigeren Fällen die Anwendung des weissen Prae- cipitats in Salbenform, 4 Gran auf 2 Drachmen Fett, genügen meistens zur Heilung.
c. Die Entzündung des Zellgewebes der Augenlider führt den Namen Blepharitis phlegmonosa, Phlegmone palpebrarum. Sie kommt sowohl am obern, als am untern Augenlide vor, an dem erstem gewöhnlich in der Nähe des Orbitalrandes, an dem letztern in der Gegend des Thränensackes. Es erscheint eine dunkelrothe, harte, heisse , bei der Berührung schmerz- hafte, mehr oder minder begränzte Anschwellung von Haselnuss- bis Wall- nussgrösse. Die Röthe der Haut verbreitet sich etwas über die Geschwulst hinaus. Bisweilen treten leichte Fieberbewegungen dazu, die Bewegung des Augenlides ist aufgehoben oder sehr erschwert.
Die Phlegmone palpebrarum ist meistentheils Folge einer vorausge- gangenen Verletzung der Augenlieder. In selteneren Fällen tritt sie als Metastase nach einer acuten, fieberhaften Krankheit auf.
Der Ausgang in Zertheilung erfolgt ziemlich selten ; bisweilen gelingt es noch denselben herbeizuführen , wenn man gleich im Beginne der Krankheit strenge Anliphlogose, örtliche Blutentziehungen, Eisüberschläge in Anwendung bringt und nebenbei ein Purgans reicht. Nach heftigen traumatischen Einwirkungen ist dieses Verfahren insbesondere zu empfeh- len. Es bildet sich unter denselben Erscheinungen, wie an anderen Stellen des Körpers ein Abscess , dessen Reife sich durch bläulichrothe Färbung der Haut, Flucluation der Geschwulst, und meistens einen gelblichen Punkt an der Spitze der Anschwellung kund gibt. Ist Eiterung bereits eingetre- ten, so befördert man die Reife des Abscesses durch Anwendung von Cataplasmen. Sobald die Fluctuation deutlich ist, eröffne man den Abscess mit einer Lanzette oder einem Bisturie, wobei man der Richtung der Fasern des Orbicularmuskels folgt. Nach der Entleerung des Eiters reinigt man den Theil mit lauem Wasser, und wendet noch so lange Cataplasmen an, als im Umkreise des Abscesses noch eine Härte wahrzunehmen ist. Nach heftiger Phlegmone mit beträchtlicher Eiterung bleibt das Augenlid bis- weilen verdickt (durch Infiltration des Zellgewebes) , schwerer beweglich, und das obere hängt mehr über den Bulbus herab, es ist ein geringer Grad von Blepharoplosis vorhanden. Man wendet dagegen die Einreibung der grauen Quecksilbersalbe, oder geistiger Tincturen (Spir. lavand., saponat.) an. Der Ausgang in Brand ist ziemlich seilen , und bei zweckmässiger Behandlung der Entzündung wohl kaum zu fürchten. Tritt derselbe ein,
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so sieht man an der bläulichrolhen oder violetten Fläche des Augenlides einige kleine mit rölhlicher Flüssigkeit gefüllte Blasen, und einige oder mehrere dunkelrothe Flecken, welche in einander fliessen , bei der Berüh- rung unempfindlich sind, worauf sich die brandige Zerstörung oft schnell über das ganze Augenlid verbreitet. Der Kranke fiebert , sein Puls ist klein und schwach. Bei bedeutender Anschwellung und Turgescenz des Gefässsystems muss man örtliche Blutentleerungen und erweichende Cata- plasmen in Anwendung bringen, so lange als der Kranke noch Schmerzen empfindet. Wenn sich jedoch die brandige Zerstörung weiter ausbreitet, sucht man ihr durch innerlich und äusserlich angewendete Stimulantia Ein- halt zu thun. Zu diesem Zwecke passen innerlich der Calamus aromaticus, die Mineralsäuren, die China. Aeusserlich formentirt man mit Infusum Cha- momillae, mit Aqua saturnina oder einer Lösung von Acetas plumbi. Bei grossem Substanzverlusl und Conlraction des Gewebes sind jedoch örtliche, erweichende Mittel vorzuziehen. Beträchtliche Zerstörungen der Augen- lider haben mancherlei Formfehler zur Folge , nämlich Verkürzung der Augenlider und dadurch bedingten Lagophthalmus, Ectropium durch narbige Verkürzung der Haut, Colobom des obern Augenlides, Verwachsung und Obliteration der Thränenkanälchen und dadurch verursachtes Thränen- träufeln.
An den Augenlidern kommt auch bisweilen der Carbunkel oder die Pustula maligna vor. Die Pustula maligna ist eine Affection von entzünd- licher und gangraenöser Beschaffenheit, bedingt durch die Einwirkung eines eigentümlichen von Thieren herstammenden Giftstoffes auf eine Stelle des Organismus; Anfangs eine bloss örtliche Krankheit zieht sie jedoch bald allgemeine, sehr schwere Krankheitserscheinungen nach sich. Das carbunkulöse Princip behält seine Kraft selbst noch längere Zeit nach dem Tode des Thieres, welches davon befallen war. Man hat Beispiele, dass Rolhgärber, welche die Häute solcher Thiere längere Zeit nach deren Tode bearbeiteten , von dem Gifte noch inficirt wurden. Die Krankheit zeigt sich durch eine Anschwellung der Lider, welche Anfangs blass, bläu- lich, halbdurchsichtig und seilen rosenrolh erscheinen. Es besteht kein örtlicher Schmerz, höchstens äussern die Kranken ein unangenehmes Jucken; im Verlaufe von 2 — 3 Tagen entwickeln sich Bläschen , hierauf Schorfe an den Lidern, es treten schwärzliche Stellen auf, und dann tritt gewöhnlich eine heftige Reaction ein ; der Puls wird klein und schwach, die Zunge trocken, bräunlich belegt, es tritt Ekel , Brechneigung ein, und sehr häufig ist das Leben der Kranken bedroht. Die Folgen dieser Krank- id für die Augenlider sehr bedeutend; der Substanzverlust durch lehrcrer Partien hat Verkürzungen der Lider, Verwachsungen
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derselben, Auswärtskehrung, Colobom der Lider zur Folge; die bedeu- tende Eiterung- erstreckt sich bisweilen auf das Zellgewebe der Orbita, und führt alle jene Zustände herbei, die in Folge der Eiterung in der Orbita eintreten. (Blepharitis erysipelalosa.) Wenn die Affection den Augapfel selbst ergriff, so hat sie meistens partielle oder totale Zerstörung desselben zur Folge.
Die Behandlung dieses Uebels ist ziemlich schwer. Anfangs sind adstringirende und stimulirende Fomentationen angezeigt. Sobald Schorfe entstehen, muss man sie cauterisiren. Bourgeois, welcher diese Krankheit als bösartiges Odem der Augenlider beschreibt , sah guten Erfolg von der Anwendung des Höllensteins, den er, wenn die Anschwellung noch nicht lange währte, in Wasser getaucht über die Augenlidfläche führte. Am nächsten Tage zeigte sich eine Rölhe, als Zeichen einer heilsamen Reaction, über den geschwollenen Theilen, die allgemeine Decke fiel nicht br<? ndi ab, und die Heilung war ziemlich rasch. Zur Cauterisalion kann man auch das Aelzkali oder noch besser die Wiener Aetzpaste wählen. Auch das Glüheisen wurde zu gleichem Zwecke empfohlen. Es ergibt sich von selbst, dass man bei Anwendung dieser Mittel das Auge besonders gegen die Einwirkung des Aelzmillels schützen muss, wozu man sich der Jägeri- schen Hornplatle und eines passenden Verbandes bedienen kann. Auch die Exslirpation und die Anwendung antiphlogistischer Mittel wurde vor- geschlagen. Wenn die Schorfe abfallen, ist es nöthig, die Vernarbung zu überwachen, um der Bildung von krankhaften Adhäsionen oder abnormen Richtungen der Lidränder möglichst vorzubeugen.
2. Die Entzündung der Augenliddrüsen kann ihren Sitz haben in den Talgdrüsen, in den Haarzwiebeldrüsen oder in den Meibo- mischen Drüsen.
a. Das Gerstenkorn (Hordeolum, Crilhe) ist eine Furunkularenl- zündung einer Schmerdrüse oder einer Haarzwiebeldrüse der Lider und des sie zunächst umgebenden Zellgewebes. Es erscheint als eine phleg- monöse, entzündliche Geschwulst; die Haut darüber ist geröthet , die Be- rührung schmerzhaft; bei sensiblen Individue« begleiten diese Entzündung auch lebhafte, siechende oder brennende Schmerzen , erhöhte Empfindlich- keil der Augen gegen das Licht, vermehrte Thränensecretion. Der Sitz desselben ist gewöhnlich an dem freien Lidrande, doch beobachtet man es auch in einiger Entfernung von demselben. Zuweilen erscheinen gleich- zeitig mehrere Gerstenkörner an einem und demselben Lide. Die Lidbinde- haut erscheint, wenn das Gerstenkorn vom freien Lidrande entfernter sitzt, und keine beträchtlichere Entzündung seiner Umgebung besteht, unverän- dert, im entgegengesetzten Falle jedoch gleichmässig geröthet und etwas
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geschwellt. Der Ausgang in Zertheilung ist selten ; es hat eine grosse Neigung zur Eiterung. Bei dyscrasischen , scrofulösen Individuen , und nach öfteren Rückfällen bleibt bisweilen eine bräunliche oder bläulichrothe Verdickung des Lidrandes, in Folge von Hypertrophie des Zellgewebes, und nach starker Eiterung eine durch Narben bedingte Einkerbung des Lidrandes zurück. Das Hordeolum ist dem Furunkel der äussern Haut sehr ähnlich; es entsteht daher am häufigsten bei Individuen, welche eine besondere Geneigtheit zur Furunkelbildung auch an andern Theilen des Körpers haben, daher vorzugsweise bei der scrofulösen und andern Dyscrasien, so wie durch äussere und Darmreize. Bisweilen entwickelt es sich am Ende einer Augenentzündung und scheint sodann eine kritische Bedeutung zu haben. Gleich im Beginne lässt sich das Hordeolum durch Anwendung der Kälte reprimiren ; gewöhnlich ist jedoch die erweichende Behandlung durch Anwendung von Cataplasmen angezeigt. Wo nach öfterer Bildung von Gerstenkörnern eine Verdickung des Lidrandes zu- rückbleibt, kann man eine Salbe aus rothem Präcipitat oder das Unguen- tum compositum Scarpae in Anwendung bringen.
b. Die EutzoindungderHaar zwiebeldrüsen (Blepharoadeni- tis marginalis oder ciliaris) kommt sehr häufig vor, und wurde wegen ihrer verschiedenen Ausgänge unter mannigfachen Namen (Blepharitis glandularis, Psorophthalmia , Sycosis, Tinea palpebrarum u. s. w.) be- schrieben.
Die Erscheinungen dieser Entzündung sind: Unebene etwas höcke- rige Anschwellung und Röthe der vordem Kante des Augenlidrandes; verstärkte Secretion der Drüschen und der Conjunctiva palpebralis, da- durch bedingtes Verkleben der Cilieil und der Augenlidränder, und Bil- dung von kleinen Krusten und Schüppchen an den Wurzeln der Cilien. Die Kranken empfinden zuweilen Jucken und Brennen an den Lidrändern, es treten bei verstärkter Secretion zuweilen Excoriationen ein, die Thränen- secretion ist etwas vermehrt, das Auge lichtscheu. In vielen Fällen jedoch, namentlich beim chronischen Verlaufe der Entzündung fehlen letzlere Er- scheinungen. Die Entzündung tritt häufiger am obern Augenlide auf, wo auch diese Drüsen stärker entwickelt sind, und sie ergreift öfter beide Augen, als eines allein. Sie combinirt sich gerne mit einer Entzündung der Bindehaut , häufig auch mit einer oberflächlichen Hornhautentzün- dung, insbesonders mit der Keratitis puslularis.
Der Verlauf dieser Entzündung ist in den meisten Fällen ein chroni- scher, besonders wird er es durch die verschiedenen Ausgänge und Folge- zustände. Die plastische Exsudation in das Drüsengewebe und in das umgebende Zellgewebe bleibt sehr häufig nach Ablauf des acuten Stadiums
der Entzündung- zurück, und verursacht, besonders, wenn sie in höherem Grade besteht, eine ungleichförmige, harte, knotige Verdickung- und Ver- bildung des Lidrandes. Man nennt diesen Zustand Augenlidschwiele (Tylosis). Bisweilen besteht noch längere Zeil nach der abgelaufenen Ent- zündung eine geringe Abschuppung des Epitheliums an der leicht ange- schwollenen, übrigens kaum gerotteten Lidkante. (Tinea palpebralis.J In manchen Fällen vereitert das die Drüschen umgebende Zellgewebe; es bilden sich kleine, hanfkorngrosse Abscesse an jenen Stellen, wo die Cilien hervorkeimen. Aus der Mitle eines jeden sieht eine Wimper hervor. Wenn diese Abscesse aufbrechen, so entstehen Geschwürchen an dem Lid- rande, welche, besonders wenn das Individuum in einer unreinen Atmos- phäre lebt, rascher um sich greifen, sich auch auf den Rand der Lidbinde- haut erstrecken, durch ihr Secret die benachbarten Theile anätzen, und jenen Krankheitszustand herbeiführen , den man früher Psor Ophthalmia, Sycosis, Herpes ciliaris nannte. Wenn mehrere Partien des Zellgewebes durch Eiterung zerstört sind , so zeigt sich eine Verschrumpfung an der dem Lidrande zunächst gelegenen Haut und eine Einziehung derselben nach Heilung der oberflächlichen Geschwürchen , wodurch bisweilen zu einer geringen Auswärtskehrung des Lidrandes Veranlassung gegeben wird. Die Haarzwiebeln widerstehen der Vereiterung ziemlich lange , erleiden jedoch mannigfache Aenderung in ihrer Stellung. Sie werden häufig durch die Ablagerung von Exsudat in die Drüsen und die Zwischenräume der Haarzwiebeln von einander gedrängt ; daher erschei- nen sie öfters in Büscheln gestellt , ihre Richtung wird gleichfalls oft ver- ändert, sie ragen gerade nach oben oder nach unten hervor oder sind selbst gegen den Bulbus gerichtet , daher diese Entzündung häufige Ver- anlassung zur Entstehung der Trichiasis gibt. Werden endlich durch den Druck des Exsudates die Haarzwiebeln atrophisch, so fallen die Cilien aus, wachsen nicht mehr nach , und der Augenlidrand erscheint von den Wim- pern entblösst. (Madaro sis ciliorum.)
Die Blepharoadenitis ciliaris kommt am häufigsten bei jüngeren Indi- viduen, besonders bei Kindern vor. Ihre Ursachen sind bisweilen örtliche Reize, wie Rauch, Staub, unreine Atmosphäre, welche längere Zeit auf die Lidränder einwirken, auch Exantheme der Lidhaut, wie das Ekzem, die Blattern. In der Mehrzahl der Fälle jedoch wirken constitutionelle Leiden als Ursache dieser Erkrankung; der ursächliche Zusammenhang zwischen der Scrofulosis und der Blepharoadenitis ciliaris ist unverkennbar.
Die Behandlung der Blepharoadenitis wird durch den jeweiligen Zustand des Gefäss- und Nervensystems bestimmt. Bei heftigem Reizungs- zustande wendet man örtlich erweichende und mucilaginöse Bähungen
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an, und versetzt diese wohl auch mit narkotischen Mitteln. Ist die Secre- tion der Bindehaut sehr vermehrt, so wendet man schwach adslringirende Augenwässer (Lösungen von schwefelsaurem Zink oder essigsaurem Blei) an. Letzlere passen insbesondere bei starker Excoriation der Lidränder. Sind die Symptome einer starkem Reizung vorüber, und nur noch Infiltration in und um die Drüsen vorhanden, so sucht man die Lösung und Resorption durch örtliche Anwendung von Reizmitteln zu befördern. Selbe passen auch bei der chronischen Form der Blepharoadenitis. Hierher gehören Lösungen von Sublimat (!/2Gran auf 4 Unzen Wasser), besonders bei geringer Infiltration und leichter Abschuppung der Lidränder ; der rothe Präcipital in Salbenform (2 — 4 Gran auf 2 Dr. Fett) bei stärkerer Infiltration und Verdickung der Lidränder. (Tylosis.) Die Salben werden linsengross mittelst eines Maler- pinsels auf die Lidränder täglich Abends eingestrichen, sollten sie jedoch ihre Wirkung äussern, so müssen die allenfalls vorhandenen Krusten frü- her durch Bähungen und Waschungen mit lauem Wasser sorgfältig ent- fernt werden. Findet man einwärlsgekehrte Cilien , so müssen sie sorg- fältig extrahirl werden. Sind die Lidränder und selbst die äussere Lid- fläche mit Geschwürchen besetzt, so passt nebst der fleissigen Reinigung insbesondere eine Sublimatlösung mit einem Zusatz von Opiumtinctur. Bei starker Anwulstung der Lidränder mit narbiger Contraction der Haut kann man das Ungt. hydrarg. einer, in die Umgebung der Lider einreiben lassen. Uebrigens muss auf ein Allgemeinlciden, welches dem örtlichen Krankheits- processe allenfalls zu Grunde liegt, gehörige Rücksicht genommen werden, daher Anliscrofulosa, der Genuss reiner Lufl, Beobachtung der Reinlichkeil von höchstem Belange sind. Bei sehr hartnäckigem Leiden nutzt oft der Genuss der Landluft oder der Wechsel des Klimas.
c. Die Entzündung der Meibomischen Drüsen (Blepharoa- denitis Meibomiana) kommt selten für sich allein, sondern meistens in Be- gleitung einer Entzündung der Conjuncliva vor. Sie führt zur Anschwel- lung dieser Drüsen und Röthung der darüber gelegenen Schleimhaut. Bei Umstülpung des Lides sieht man gelbrölhliche über die Schleimhautober- fläche hervorragende Stränge nach abwärts laufen. Die Entzündung führt zur Infiltration der Drüsen mit einer gelben käsigen Materie, welche bis- weilen incruslirt. Ein anderer Ausgang ist Vereiterung und Verschwärung des Drüsenbalges , in welchem Falle sich kleine Abscesse in der innern Fläche der Augenlider bilden. Meistens wird bei dieser Entzündung auch der Knorpel in Mitleidenschaft gezogen ; er schwillt an , lockert sich auf, wird grösser und schwerer (Tarsomalacie). Oft entstehen in demselben eigenthümliche Geschwülste (Chalazien). Die Behandlung dieser Entzün- dung fällt mit der der Syndesmitis palpebralis zusammen.
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. II. Entzündungen des Augapfels.
1. Entzündungen der Bindehaut.
Da die Bindehaut ihrer oberflächlichen Lage wegen bei weitem mehr, als die übrigen Gebilde des Augapfels den Einwirkungen der Aussenwell ausgesetzt ist, und sie einem Systeme von Membranen angehört, welches phlogislischen Reizen sehr leicht und häufig unterliegt, so machen begreifli- cher Weise die Entzündungen derselben bei weitem die häufigsten Formen der Ophthalmien aus. Uebrigens kommt es nicht bei jeder auf sie einwir- kenden Reizung zur wirklichen Entzündung.
Jeder Reiz, möge er primär die Bindehaut treffen, oder von andern Organen auf dieselbe übertragen werden, verursacht eine Ueberfüllung ihrer Gefässe, welchen Zustand wir mit dem Namen der Hyperaemie bezeichnen. Wir nennen die Hyperaemie eine primäre, welche durch direct auf die Bindehaut einwirkende mechanische oder chemische Reize veranlasst wurde. Es zeigt sich durch Ueberfüllung und Ausdehnung ihrer Gefässe eine baum- zweigförmige oder netzartige Injeclion, welche in verschiedenem Grade auf- treten kann, so dass bei einem höhern Grade die Bindehaut gleichförmig geröthet*erscheint. Jn der Mehrzahl der Fälle beschränkt sieh die Hyperac- mie auf die Scleralbindchaut, da dieselbe äussern Reizen auch mehr expo- nut ist, in einzelnen Fällen nimmt auch die Bindehaut der Lider an der- selben Theil. Die damit behafteten Individuen haben das Gefühl einer lästigen Trockenheit des Auges oder eines fremden Körpers; nur seilen äussern sie einen beträchtlicheren Schmerz. Eine Hyperaemie, welche durch Fortpflanzung der Reizung von benachbarten Gebilden auf die Conjuncliva hervorgerufen wird, nennen wir eine seeundäre. Derlei seeundäre Hyper- aemien treten im Gefolge fast aller Entzündungen der innern Gebilde des Augapfels, so wie bei Ueberreizung der Netzhaut durch grelle oder anhal- lend einwirkende Lichtstrahlen ein.
Die genannten Hyperaemien der Bindehaut, welche, da sie mit den Symptomen einer erhöhten Blut- und Nervenlhätigkeil verlaufen, als acti ve bezeichnet werden, sind selten von langer Dauer, sie gehen vorüber, wenn die sie veranlassenden Momente zu wirken aufhören, und es kommt weder eine bedeutende Störung der Function, noch eine Veränderung des Gewe- bes zu Stande. Nur bei heftigeren Reizen kann der Austritt von Blutserum in das Zellgewebe der Bindehaut (ödemalösc Infiltration) erfolgen, oder auch, wenn die Einwirkung der Reize längere Zeit anhält, eine unbedeu- tende Vermehrung des schleimigen Secretes der Bindehaut eintreten.
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Hyperaemien, welche durch Nachlass des Tonus der Gefässe und der Gewebe entstehen, nennt man passive, und auch diese kommen an der Bindehaut nicht selten zur Beobachtung-. Sie geben sich durch stark er- weiterte, einen geschlängelten Verlauf beobachtende, mit dunklem Blute gefüllte Gefässe der Bindehaut, welche gewöhnlich in geringer Entfernung vom Hornhautrande wie abgeschnitten endigen, zu erkennen. Am häufig- sten treten sie bei Ueberfüllungen der Gefässe in den innern Membranen des Augapfels, vorzugsweise in der Choroidea ein, so wie man sie auch bei jenen Individuen am öftesten anlriffl, welche an Störungen der Circu- lation, besonders des venösen Blutes, leiden. Man hat aus der letzlern Ursache den erweiterten Gefässen der Bindehaut, welche abdominelle, haemorrhoidale oder menstruelle Leiden nicht selten begleiten, den Namen der Vasa abdominalia gegeben. Sie kommen übrigens, wie bereits bemerkt wurde, nicht bloss bei den eben genannten Leiden, sondern auch bei topi- schen Circulationsstörungen vor.
Bei der Behandlung der Hyperaemien der Bindehaut erfordert die Entfernung allenfalls noch vorhandener fremder Körper die erste Berück- sichtigung. Wie man in den einzelnen Fällen dabei zu Werke geht, ist bereits umständlicher erörtert worden. Sind die veranlassenden Ursachen entfernt, so treten bei angemessener Schonung des Auges die pathologischen Erscheinungen meistens von selbst in kurzer Zeit zurück Die örtliche An- wendung kalter Ueberschläge auf das Auge, oder der Gebrauch gelinde einwirkender bleihaltiger Augenwässer ist hier durchaus gerechtfertigt und kann dem Eintritte einer stärkern, entzündlichen Affection vorbeugen. Die passiven Hyperaemien der Bindehaut erfordern die Behandlung des zu Grunde liegenden Leidens.
Die Entzündungen der Bindehaut sind verschieden nach dem Grade derselben, nach der Natur und dem Sitze des Exsudates, sowie nach ihrem Verlaufe. Wir unterscheiden demnach folgende Entzündungsformen :
a. Die einfache, genuine Entzündung derConjunctiva; sie kommt unter den Formen der Conjunctivalentzündungen ziemlich selten vor. Die sie veranlassenden Ursachen sind grösstentheils Beizungen der Bindehaut durch Verletzung oder fremde ins Auge gelangte Körper, über- mässige Anstrengung der Augen, besonders bei künstlicher Beleuchtung. Die Erscheinungen dieser Entzündung sind vorzüglich Röthe und Anschwel- lung. Erstere ist nach der Intensität der Erkrankung verschieden, be- schränkt sich zuweilen nur auf den Tarsaltheil der Bindehaut, auf die ge- sammte Lidbindehaut, oder sie verbreitet sich selbst über die Uebergangs- falten auf die ganze die Sclera überziehende Bindehaut. Die Injection ist von lebhafter Röthe, meistens netzförmig gestaltet. Die Gefässe anastomo-
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siren häufig- mit einander, sind stärker ausgedehnt, haben einen gewundenen Verlauf und lassen sich mit der Bindehaut über den Augapfel verschieben. Durch die angegebenen Eigenschaften unterscheidet sich das Gefässnetz, welchesin der Conjunclivabulbi seinen Sitz hat, wesentlich von einer tieferen Injection, welche später zur Betrachtung kommen soll. Die Anschwellung der Bindehaut beruht auf einer Tränkung des Schleimhautparenchyms mit seröser Flüssigkeit (seröse Infiltration). Der Grad der Anschwellung rich- tet sich nach der Intensität der Entzündung. Während nämlich in leich- tern Fällen die Infiltration bloss eine geringe Erhebung der Bindehaut bedingt, kommt bei höhern Graden der Entzündung die Schwellung als eine bedeutende Geschwulst zum Vorschein. Vorzugsweise tritt diese in der für die Schwellung sehr empfänglichen Augapfelbindehaut hervor. Diese bildet sodann Wülste um die Cornea, welche sich über letzlere her- überlegen, sie bedecken, und wenn sie unter sich zusammenhängen, einen Wall darstellen, in dessen Mitte die Cornea verborgen und wie vergraben liegt. Man nennt diesen Zustand Chemosis, und hierbei ist immer auch der subconjunctivale Zellstoff Sitz der Infiltration. Die Anschwellung kann von ödematöser oder phlegmonöser Beschaffenheit sein, und man unterscheidet daher die seröse Chemosis, wenn der Wall durchscheinend, schlaff, blass, weich und unschmerzhaft ist, und die phlegmonöse, in welchem Falle die Bindehaut sich zu einem undurchsichtigen dunkelrolhen, härteren, schmerz- hafteren und minder verschiebbaren Walle erhebt. Letzterer begleitet meistens sehr heftige und gefährliche Entzündungsformen der Bindehaut, und es wird die Bedeutung des Bindehautwalles bei der Erörterung dieser Krankheilsformen noch mehr hervorgehoben werden. Ist die phlegmonöse Anschwellung nicht bloss auf die Bindehaut und den subconjunctivalen Zellstoff beschränkt, sondern auch über'die Augenlider, zum Theile auch über das Orbilalzellgewebe verbreitet, so kann sie sich zur Phlegmone oculi steigern, wobei auch die Gebilde des Bulbus an der Entzündung Theil nehmen. Der Kranke hat anfänglich die Empfindung einer unangenehmen Wärme und Trockenheit im Auge, so wie das Gefühl eines fremden Kör- pers zwischen den Lidern, später tritt eine gesteigerte Secretion der Binde- haut ein. Lichtscheu ist in einzelnen Fällen vorhanden, das Sehvermögen ist nur gestört, wenn eine Congestion tieferer Gebilde des Auges das Lei- den begleitet. Nur bei den höhern Graden dieser Entzündung sind Fieber- bewegungen, Verdauungsstörungen, Constipation u. s. w. vorhanden.
Der Verlauf ist in den meisten Fällen rasch, falls nicht eine andere Erkrankung sich hinzugesellt. Die Ausgänge des Leidens sind vollkommene Zertheilung der Entzündung, ein chronischer Zustand (passive Hyperaemie mit Verdickung der Conjunctiva), oder Uebergang der Entzündung auf
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andere oder alle Gebilde des Sehorgans (innere Ophthalmie oder Oph- thalmitis).
Bei der Behandlung verdient die Beseitigung der Gelegenheilsursache z. B. die Entfernung eines fremden Körpers, das Hauptaugenmerk (siehe fremde Körper im Auge) Ist die Ursache beseitigt, oder keine entfernbare aufzufinden, so bekämpfe man die Entzündung durch den antiphlogistischen Heilapparat und richte sich bei der Wahl der Mittel nach dem Grade und der Ausbreitung der Entzündung. Bei geringeren Graden derselben wird die örtliche Anwendung der Kälte in Form von kalten Ueberschlägen, nebst einer gelinden Ableitung durch ein salinisches Abführmittel dem Zwecke vollkommen entsprechen. In der Diät und dem Regimen muss natürlich das Notlüge beobachtet werden. Ist man durch die angegebenen Mittel nicht im Stande, die Entzündung zu bekämpfen, oder tritt diese mit viel grösserer Intensität auf, so suche man durch örtliche Blutentziehungen mittelst Blutegeln oder blutiger Schröpfköpfe dem weitem Umsichgreifen des Entzündungsprocesses Schranken zu setzen. Innerlich werden nach vorausgeschicktem Purgans kühlende und lemperirende Arzneien, z. B. das Nilrum in einer Emulsion von Mandeln oder in Pulverform zu 5 bis 10 gran pro dosi 3mal täglich zweckmässig verabreicht. Nur höchst selten wird die genannte Entzündung der Conjuncliva in^dem Grade auftreten, dass sie eine allgemeine Blutentleerung nothwendig machte. Bei Individuen, welche die lopische Anwendung der Kälte in Form von Eisüberschlägen nicht gut vertragen, wird die örtliche Application lauer bleihaltiger Fomenle (einer Aqua salurnina rein, oder zu gleichen Theilen mit deslillirlem Wasser verdünnt) erspriesslichere Dienste leisten. Letzlere sind besonders bei öde- malöser Anschwellung der Bindehaut oder der Augenlider der Anwendung des kalten Wassers vorzuziehen, so wie auch bei Individuen, welche eine besondere Disposition zu Rheumatismen oder zum Gesichtserysipel haben. Auf allgemeine Leiden ist in einzelnen Fällen Rücksicht zu nehmen, beson- ders wenn elwa das Augenleiden durch Unterdrückung eines Haemorrhoi- dalflusses, der Menstruation, eines habituellen Nasenblutens, oder elwa eines lang bestehenden Geschwüres oder einer andern Affection entstand. — Die Scarification der chemotisch angeschwollenen Bindehaut, sowie die Excision eines oder mehrerer Wülste der Bindehaut können in einzelnen Fällen ihre Anwendung finden, und werden insbesondere durch die dadurch erfolgte Blutenlleerung Nutzen leisten. Gegen eine etwa zurückbleibende Auflockerung und Schwellung der Bindehaut mit verstärkter Secrelion der- selben wendet man schwach adstringirende Aiurenwässer, z. B. eine Lösung von 2 — 4 Gran Alaun oder schwefelsauren Zink in 4 Unzen Wasser gelöst, oder eine aus Zinkblumen oder weissem Praccipilat bereitete Salbe (zu 2
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Gran auf 2 Drachmen Fett) an. Geht die Entzündung auf andere Gebilde des Augapfels über, oder entwickelt sich unter fortdauernder Einwirkung von Schädlichkeiten oder bei zweckwidriger Pflege eine Ophthalmitis, so muss dem jedesmaligen Zustande gemäss die Behandlung dieser Leiden stattfinden, was später besprochen werden wird.
b. Die exan thematische Bindehaut-Entzündung (Pu- stularophthalmie) beobachtet man meislenlheils bei Kindern , bei Indi- viduen von lymphatischem Habitus oder scrofulöser Constitution, bei jun- gen Mädchen, die mit Anomalien der Menstruation behaftet sind. Die Er- scheinungen, durch welche sich diese Entzündung kund gibt, sind folgende: die Röthe ist nur auf eine Parlhie der Augapfelbindehaut beschränkt, vor- züglich in der Richtung des innern oder äussern geraden Augenmuskels. Die Gefässe sind stets mehr oder weniger in Gestalt eines Dreieckes ver- bunden, convergiren gegen den Rand der Hornhaut zu, und an der Spitze des so gestalteten Gefässbündels entsteht durch den Einguss einer wasser- hellen Flüssigkeil zwischen die entzündete Bindehaut und das in sehr ge- ringem Umfange von ihr losgetrennte und emporgehobene Epithel ein rund- liches oder conisches Bläschen (Phlyclaene). Der Sitz dieser Bläschen ist meistens am Rande der Hornhaut, bisweilen in einiger Entfernung von der- selben oder auf dem Bindehaulplältchen der Hornhaut selbst, jedoch immer mehr in der Peripherie derselben. In manchen Fällen ist nur ein solches Bläschen vorhanden, zuweilen beobachtet man jedoch mehrere, in welchem Falle meistens mehrere Gefässbündel in der Scleralbindehaut auftreten. Nicht gar selten kommt es vor, dass am Hornhautrande eine Reihe solcher Bläschen nach Art einer Perlenschnur angeordnet erscheint. Sind mehrere Bläschen neben einander, so fliessen die einzelnen oft in einander. Diese Entzündungsform beginnt bisweilen mit einem lebhaften slechendenSchmerze, mil einem ziemlich hohen Grade von Lichtscheu und Lidkrampf, so wie mit vermehrter Thränensecrelion. Sehr häufig jedoch fehlen diese Erscheinun- gen und die Entzündung entwickelt sich ohne alle Phaenomene einer stär- keren Reizung. Die weitern Veränderungen, welche man während des Verlaufes dieser Entzündungsform beobachtet, sind verschieden. Das unter das Epithelium der Bindehaut ergossene Exsudat wird in vielen Fällen resorbirt, bevor es noch Veränderungen eingeht (die Pustel geht abortiv zu Grunde), oder das Bläschen bricht durch Berslung des dünnen Epithelial" Überzuges auf, ergiesst seinen Inhalt nach aussen, und es bleibt eine kleine, wunde, excoriirle Fläche, ein seichtes Grübchen zurück, welches man, wenn diess an der Hornhaut Statt findet, ein Resorplionsgcschwür nennt. Bildet sich das Exsudat weiter fort, bevor noch der Aufbruch des Bläschens erfolgt, so wird der Inhalt zu einer unklaren, trüben, gelblichweissen Flüs-
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sigkeit. Man nennt diese Eruptionen, welche mit einer etwas breiteren Grundfläche aufsitzen und nicht so zugespitzt sind, Pusteln. Sie hinterlassen nach ihrem Aufbrechen schon etwas liefere Geschwürchen mit gewulsteten Rändern und unreinem, speckigem Grunde. Die Infiltration der Conjunctiva ist an solchen Stellen oft so bedeutend, dass eine ziemlich erhabene Wulstung der- selben von der Grösse undForm eines Hanfkornes bis zu der einer Linse besteht.
Der Verlauf ist gewöhnlich rasch und kann in 3 bis 4 Tagen been- digt sein; in seltenen Fällen dauert sie 10 bis 15 Tage; insbesondere ist ihre grosse Neigung zu Recidiven noch zu bemerken.
Sie kommt häufig mit einer ähnlichen Eruption auf der Hornhaut oder mit Eczem des Gesichtes zugleich vor, combinirt sich auch zuweilen mit Blepharoadenitis oder mit dem Catarrh der Bindehaut.
Hinsichtlich der Ursachen wurde bereits angegeben, dass die scrofu- löse Diathese, so wie Anomalien der Menstruation auf die Entstehung dieser Entzündung einen namhaften Einfluss äussern. Man beobachtet sie aber auch bei sonst in jeder Hinsicht gesunden Individuen als Folge eines auf die Bindehaut ausgeübten Reizes. *
Die Behandlung dieser Entzündungsform ist mit keinen besonderen Schwierigkeiten verbunden. In leichleren Fällen, wo nur einzelne Gefässe in der Bindehaut auftreten, ist ein exspectatives Verfahren bei Hindanhal- lung aller Schädlichkeiten hinreichend. Ist die Reizung heftiger, so setze man einige Blutegel hinter dem Warzenfortsatz und mache Bähungen mit einem erweichenden, gelind narkotisch einwirkenden Augenwasser (Colly- rium mucilaginosum mit etwas Extractum Hyoscyami). Haben sich bereits Phlyclaenen oder Pusteln gebildet, so kommt es vorzüglich darauf an, die Berstung derselben zu verhüten und die Resorption des ergossenen Exsu- dates zu befördern. Dicss gelingt in den meisten Fällen durch Anwendung eines Augenwassers, welches Sublimat in geringer Menge enthält, etwa V2 Gran auf 4 Unzen Flüssigkeit. Man hat zu demselben Zwecke auch den Borax in Auflösung anempfohlen. Tst die Berstung bereits erfolgt, so sind die dadurch gebildeten Geschwüre Gegenstand der Behandlung und erfordern den Gebrauch slärkerer Adstringentia. Es versteht sich von selbst, dass ein Allgemeinleiden, wenn es die Krankheit bedingt, bei der Behandlung vorzügliche Berücksichtigung verdient.
c. Der Catarrh un d die Blennorrhoeen der Bindehaut. Die Bindehaut, welche mit allen Attributen der Schleimhäute ausgestattet ist, und gleich andern Schleimhäuten im physiologischen Zustande durch ihre Gefässe ein Ernährungsplasma abgibt, welches theils über ihrer Oberfläche zur Bildung der Epithelien verwendet wird, theils im Bindegewebe bleibt, ist ebendesshalb calarrhalischen Entzündungen am häufigsten ausgesetzt.
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Als Bindehautcatarrh (Syndesmilis catarrhalis) bezeichnet man jenen oberflächlichen entzündlichen Process, wo bei vermehrter Röthung, Anschwellung- und Auflockerung der Bindehaut ein serös-albuminöses Ex- sudat als Secret auf der Oberfläche derselben abgesetzt und ausgeschieden wird. Das calarrhalische Secret besteht aus dem vermehrten Ernährungs- plasma, in welchem sich mehr Zellen bilden, die sich jedoch nicht voll- ständig zu Epilhelialzellen entwickeln, sondern als runde, einkernige Zellen (Schleimkörperchen) zugleich mit Epilhelialzellen abgeslossen werden *).
Dieser Vorgang ist entweder acut oder chronisch.
Beim acuten Catarrhe findet man die Bindehaut bald hell, bald dunkel gerüthet : die Röthe ist öfters fein punktirt, büschel- oder netzför- mig. Die Conjunctiva schwillt etwas an, am meisten am innern Augen- winkel und in den Bindehautfalten. Die Anschwellungen der Schleimfollikel geben sich als kleine über das Niveau der Conjunctiva hervorragende Er- habenheiten kund. Im Stadium der Hyperaemie ist die Secrelion etwas ver- mindert, daher der Kranke das Gefühl einer lästigen Trockenheit äussert. Später wird das Secret vermehrt, gerinnt sehr leicht zu Flocken oder Fäden, verliert unter dem Einflüsse der atmosphärischen Luft seinen Gehalt an Wasser, und erhärtet zu gelben, spröden Krusten, wodurch die Bewegung der Augenlider erschwert und die Lidspalle, besonders während der Nacht, verklebt wird. Das Secret ist Anfangs dünner, wird jedoch im Verlaufe der Krankheit consistenler, trüber. Diese Erscheinungen betreffen vorzugsweise die Lidbindehaut; die Beschränkung des Calarrhes auf die Inhaltsfläche des Knorpels wird gewöhnlich als Triefauge (Lippiludo) bezeichnet. Aber auch die Augapfelbindehaut wird durch die Einwirkung des Secreles in einen hyperaemischen Zustand versetzt, das Epithelialblältchen der Cornea zuweilen aufgelockert, erweicht und abgestossen, worauf kleine Verliefun- gen und Faceltirungen mit vollkommen klarem Grunde zurückbleiben (Erosions- oder catarrhalische Geschwüre), die jedoch gewöhnlich schnell heilen.
Die subjeetiven Erscheinungen bestehen in Beissen, Jucken und Bren- nen (durch die Einwirkung des Bindebautsecretes und der Thränen auf die von ihrem Epithel enlblössten Bindehautslellen) in dem Gefühle eines frem-
*) Catarrh ist ein ausgedehnterer Begriff und schliesst die Blennorrhoe sensu strictiori in sich ein. Seine Entwicklungsstadien sind Hydrorrhoe, Phlegma- torrhoe oder Blennorrhoe sensu stricto und Pyorrhoe. Sensu latiori ist Blennor- rhoe mit Catarrh identisch und zwar in so fern, als Schleim in jedem Stadio des Catnrrhcs vorkommt, jedoch nur im zweiten Entwicklungsstadio über Serum und pus weit vorherrschend.
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den Körpers (durch turgescirende Gefässe und Schwellung der Follikel), in geringer oder bedeutender Lichtscheu. Ueberhaupt hängen diese Erschei- nungen vom Grade der Sensibilität des Individuums ab. Bei solchen , die ein sehr zartes Hautorgan haben, verursacht das Secret bisweilen beträcht- liche Excoriation an den Lidrändern , besonders am äussern Winkel , und selbst ödematüse Schwellung der Lider. Reine Luft im Freien sagt dem Kranken meistens besser zu, als der Aufenthalt in niedrigen, überfüll- ten oder schlecht gelüfteten Localitäten. Das Sehvermögen ist nicht gestört, oder es ist durch Schleimflocken, die sich über die Cornea hinüberziehen, umflort, und Mückensehen dadurch veranlasst. Die Verschlimmerung tritt gewöhnlich in den Abendstunden ein.
Alle Individuen, mehr aber noch Erwachsene, sind zur calarrhali- schen Entzündung disponirt. Sie tritt entweder ursprünglich in der Con- junctiva auf, und ist dann grösstenteils durch atmosphärische Verände- rungen bedingt, oder sie erscheint im Gefolge anderer catarrhalischer Af- fectionen, besonders mit Schnupfen und Catarrh der Respiralionsorgane. Zuweilen tritt der Augencatarrh, wie die Grippe, epidemisch auf, insbeson- ders im Frühjahre und Herbste.
Ein acuter Catarrh heilt bei zweckmässigem Verhalten in 6 — 10 Tagen, in einzelnen Fällen dauert er länger, oder er kann in höhere Grade des Leidens (Blennorrhoe) übergehen. Der gewöhnliche Ausgang ist voll- kommene Zerlheilung. Andere Ausgänge sind folgende :
Es entwickelt sich ein chronischer Bindehautcatarrh. Die Bindehaut ist in diesem Falle feuchter, aufgelockert, ihre Gefässe erweitert, dunkelgerölhet, der Uebergangslheil und die Scleralbindehaut zuweilen von einzelnen schlaffen Wülsten bedeckt; sie sondert eine mehr weniger schleimartige Flüssigkeit ab, welche viele Epithelien enthält
Zuweilen entsteht durch weitere Entwicklung der Zellen eine Sub- slanzwucherung und Verdickung der aufgelockerten Bindehaut. Das Leiden ist sehr hartnäckig, bei altern Individuen oft ganz unheilbar (Lippiludo senilis.).
In seltenen Fällen, wo die Entzündung vorzugsweise die Schleim- follikel ergriff, führt sie zur Vereiterung dieser Drüsenbälge, wobei sich an der Innenfläche des Tarsus mehrere kleine Abscesse bilden.
Die Prognose ist günstig, indem ein Catarrh der Bindehaut nur äusserst selten Gefahr bringt. Jedoch ist hinsichtlich des chronischen Calarrhes vorzüglich seine lange Dauer und fast gänzliche Unheilbarkeil zu erwähnen.
Im ersten Stadium eines acuten Bindehautcatarrhes ist oft neben zweckmässiger Pflege nichts anders nöthig, als die Anwendung der feuch-
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ten oder trockenen Kälte. Bei Ödem der Lider, so wie bei sehr sensiblen oder zu rheumatischen Leiden geneigten Individuen sind kalte Uebersehläge weniger zu empfehlen, als die blosse Bedeckung des Auges mit einem trockenen Leinwandläppchen. Bei starker Absonderung, daher vorzüglich im zweiten Stadium der Krankheit sind Einträuflungen von einem adstrin- girenden Augenwasser angezeigt. Man verordnet zu diesem Zwecke den Nilras argenti (% — 1 Gran auf 1 Unze deslill. Wasser), den schwefelsauren Zink oder das essigsaure Blei (zu 1 Gran auf die Unze Wasser). Man setzt dazu bei erhöhter Empfindlichkeil ein gelind wirkendes Narcolicum , z. B. die Aqua Laurocerasi oder Aqua amygd. amar. zu 1 Scrupel oder % Drach- me auf 2 Unzen Colatur. Die Anwendung der genannten Mittel, welche auch zu Bähungen der Augen verwendet werden , geschieht des Tages 4- bis 6mal. Um dem lästigen Verkleben der Lidränder und Haulexcoriatio- nen vorzubeugen, kann man sie Abends mit einem milden Oele oder Fett, Creme Celeste (aus Spermacet und Mandelöl bestehend) bestreichen. Die Anwendung innerer Mittel ist selten nölhig, nur bei zögernder Stuhlenl- leerung ist die Verabreichung gelinder Eccoprotica zweckmässig.
Bei stärkerer Erschlaffung der Bindehaut, insbesonders beim chroni- schen Catarrhe, wählt man Mittel, welche zugleich einen gelinden Reiz auf die Bindehaut ausüben , die erschlafften Gefässwandungen zur Contraction bringen , und die Secrelion beschränken. Zu diesem Zwecke passen der Sulfas cupri, der Lapis divinus *), mit einigen Tropfen Opiumtinctur. Man kann zu dem Zwecke, insbesondere bei Kranken, denen die Augenwässer nicht gut anschlagen, Salben gebrauchen, welche man aus Zinkblumen, aus rothem oder aus weissem Präcipilat bereiten lässt. Man verbindet diese Stoffe, wo man eine mehr adslringirende Wirkung erzielen will, mit ad- stringirenden Präparaten, z. B. mit Extraclum Salurni, Bolus alba. Ein ziemlich wirksames Mittel ist in solchen Fällen das sogenannte Unguentum compositum Scarpae, bestehend aus rothem Präcipilat und Exlract. Salurni von jedem 1 % Gran auf 2 Drachmen Ungt. comm. oder rosalum. Man lässt von diesen Salben Abends vor dem Einschlafen ein linsengrosses Stück auf die Lidränder oder auf die Bindehaut des untern Augenlides mit der Fingerspitze oder einem Malerpinsel einstreichen. Bei Anälzung der Augenlidränder wählt man am liebsten Bleipräparate. Bei stärkerem chro- nischen Oedem der Scleralbindehaut werden warme, trockene Bähungen mit aromatischen Kräutersäckchen mit Vortheil angewendet. Aeussere Hautreize sind beim Catanh der Bindehaut überflüssig.
*) Es besteht dieses Präparat aus Aerugo, Aiumcn und Nitrum, von jedem 8 Theile und I Thttil Kampher.
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Wenn unter ungünstigen Verhältnissen , oder unter der Einwirkung eigentümlicher Ursachen der Enlzündungsprocess in der Bindehaut hefti- ger auftritt , in das Parenchym derselben eingreift und rascher verläuft, so finden die Zellen der ausgeschwitzten Flüssigkeit nicht Zeit zur Entwicklung; sie beharren auf ganz jungen Entwicklungsstufen , sind klein , mit 3 — 5 Kernen versehen (Eiterkörperchen) ; das Secret wird daher reichlicher, einer schleimigen Flüssigkeit ähnlich (Phlegmatorrhoe) oder eiterähnlich (Py- orrhoe), und die Entzündung der Conjunctiva wird wegen ihres reichliche- ren Secretes Bindehautblennorrhoe genannt; d.i. jene Enlzündungs- form , wo ausser dem serösen Erguss in das Parenchym der Bindehaut auf ihrer Oberfläche ein grösstentheils zu Eiter zerfliessendes theils erstarren- des und organisirungsfähiges Product abgesetzt wird *).
IVIan unterscheidet die acute und chronische Blennorrhoe, und nennt jenen Grad des Leidens, wo mehr die Lidbindehaut ergriffen ist, Blepharo- blennorrhoe, den höchsten Grad, wo die Scleralbindehaut gleichmässig afficirt ist, Ophthalmoblennorrhoe.
Die Erscheinungen der Blepharoblennorrhoc sind: Die Bindehaut der Augenlider ist glanzlos, dunkler, sammlartig aufgelockert, der Ueber- gangstheil dunkelroth, gewulstet, und drängt sich beim Abziehen des un- tern Lides mehr hervor. Die halbmondförmige Falte dunkelroth, ange- schwollen, die Bindehaut des Augapfels mit einem dichten Gefässnetze bedeckt, hie und da aufgepufft. Das Secret ist Anfangs dünner, gelblich, molkenartig (Hydrorrhoe) , wird nach und nach trüber, mit Flocken unter- mischt, consistenler (Phlegmatorrhoe), zuletzt gleichförmig eilerartig (Pyor- rhoe). Es haftet an den Cilien und Lidrändern, bildet durch Vertrocknung Krusten und excorirt zuweilen die Haut. Die Lidhaut schwillt etwas an und wird geröthet, die Beweglichkeit der Lider erschwert, das Auge licht- scheu; der Kranke klagt über grössere oder geringere Schmerzen (Brennen und Siechen) und über Eingenommenheit des Kopfes.
Die Ophthalmoblennorrhoe ist durch die Heftigkeit der Erscheinungen und durch raschen Verlauf charakterisirt. Die Bindehaut der Lider und des Augapfels ist gleichmässig dunkelroth, und durch Erguss von Serum gelockert und geschwollen. Die Conjunctiva bulbi erhebt sich dadurch in einen dunkelrothen Wall , welcher die Hornhaut zum Theil verbirgt.
*) Die croupöse Entzündung der Bindehaut (S. membranacea) ist sehr sel- ten. Sie tritt bisweilen nach Verletzung und Anätzung der Bindehaut auf und führt zu Verwachsungen. Zuweilen bilden sich über der Conjunctiva bulbi und Cornea pseudomembranöse Platten (Fasers loffschollen), welche sich abziehen lassen.
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An den Augenlidern erscheint durch einen serösen Erguss ins Zellgewebe derselben eine Anfangs schlaffe, später gespannte, blass- oder dunkelrothe Gesehwulst. Letzlere betrifft vorzugsweise das obere Augenlid, welches desshalb unbeweglich wird und den Rand des untern Lides überragt. Am Rande desselben ist etwas Secret abgesetzt, welches beim Heben des obern Lides in grösserer Menge hervorstürzt. Dadurch , so wie durch den der- beren Bindehaulwall unterscheidet sich die Blennorrhoe von der beim Erysipel der Lider vorkommenden Geschwulst, welche bei oberflächlicher Betrachtung für eine Blennorrhoe gehalten werden könnte.
Zuweilen äussern die Kranken wenig Schmerz, höchstens ein lästiges Gefühl von Spannung, in der Mehrzahl der Fälle jedoch ist der Schmerz sehr heftig, brennend, die Umgebung des Auges und den Kopf einneh- mend; Lichtscheu geringeren oder höheren Grades begleitet denselben. Das Sehvermögen ist gewöhnlich bedeutend umflort. Fieberbewegungen fehlen selten.
Man unterscheidet den sogenannten synochalen , erethischen und torpiden Charakter der Entzündung. Beim ersten ist die Geschwulst der Lider heiss, rolh, gespannt, der Bindehautwall hochroth, hart, das Secret nicht sehr massenreich , dabei heftiger Augen- und Kopfschmerz , Licht- erscheinungen , heftiges Fieber; der Verlauf sehr rasch. Der erethische Charakter zeigt blassrolhe , sehr empfindliche Geschwulst, dünnes Secret, heftige reissende und stechende Kopfschmerzen, Lichtscheu, grosse Unruhe und heftiges Fieber mit ziemlich raschem Verlaufe ; der torpide Charakter weiche, bedeutende, wenig empfindliche Geschwulst der Lider, dunklen, weichen Bindehautwall, profuse Secretion, geringen Kopfschmerz, wenig oder keine Lichtscheu, massiges oder gar kein Fieber, trägen Verlauf.
Das Secret der Ophthalmoblennorrhoe ist ansteckend und hat ätzende Eigenschaften. Es ätzt zuweilen die Oberfläche der Bindehaut an, was zu Conlinuilätstrennungen und Blutungen führt. Viel wichtiger jedoch sind die Veränderungen der Hornhaut. Durch die Einwirkung des ätzen- den Secrels wird ihr Epithel abgestossen , ihre Faserlage erweicht, und es entstehen grauliche Stellen, welche sich schnell in tiefe Geschwüre ver- wandeln, die zur Perforation oder gänzlichen Zerstörung der Cornea führen können. Dieser Process geht oft äusserst rasch vor sich. Auch scheint der durch die Bindehaut gebildete Wall durch Druck die Ernährung der Cornea zu hemmen , und so das Absterben derselben herbeizuführen , was um so wahrscheinlicher ist, da die Gefahr jederzeit desto grösser ist, je mehr der Bindehautwall entwickelt ist.
Die Blennorrhoe durchläuft nicht immer alle Grade; sie kann sich rasch zum dritten Grade (Ophthalmoblennorrhoe) steigern, aber auch nach
Meyr, Augenheilkunde. 5
dein ersten und zweiten rückgängig werden. Bei Abnahme der Krankheit vermindert sich die Anschwellung der Bindehaut, das Secrel wird wieder dünner, fleisehwasserähnlich , geringer an Menge, enthält viele Epithelial- zellen, so dass der normale Zustand der Bindehaut, wenn sich keine Nach- krankheilen entwickeln in 5 — 6 Wochen wieder hergestellt ist.
Die chronische Blennorrhoe tritt entweder primär auf, oder gehl aus der acuten hervor und besteht wesentlich darin , dass bei minder raschem Verlaufe die Exsudalion ins Gewebe der Bindehaut erfolgt, und ein Theil der jungen Zellen zu bleibenden, faserigen Gewebsbcslandtheilen sich entwickeln kann. Es bilden sich dadurch die sogenannten Granula- tionen, wodurch die Bindehaut anschwillt, und eine rauhe, granulirle Ober- fläche gewinnt. Die körnige Entartung der Bindehaut beruht daher nicht auf einer Hypertrophie des Papillarkörpers , was aus der ungleichen Form der Granulationen, ihrer Grösse und Unempfindlichkeit bei der Berührung hervorgeht.
Die Form, Grösse und Consislenz der Granulationen ist verschieden. Anfangs entstehen hirsekorngrosse , dunkelrothe Erhabenheilen , später verschmelzen sie miteinander, werden dicker, warzen- und condylomarlig; dabei ist die Bindehaut angeschwollen, dunkler gerölhel, von zahlreichen Gefässen durchzogen. Im höhern Grade bilden sich läppen- und hahncn- kammarlige Auswüchse. Die Schleimsecretion der Conjunctiva ist meistens nicht bedeutend, man sieht nur in den Furchen der Wucherungen ein kle- briges, eiterartiges Secret und zwar um so reichlicher, je jünger und fri- scher die Wucherungen sind. Durch den Druck , welchen diese Exsudate gegenseitig auf sich ausüben , und den sie durch die Reibung der Lider erleiden, nehmen sie verschiedene Formen an, werden abgeplattet, stumpf u. s. w. Ihr Sitz ist die Lidbindehaut, am häufigsten erscheinen sie in den Uebergangsfallen und in der Innenfläche des obern Augenlides. Zur voll- ständigen Aus- und Rückbildung (Resorption) der Granulationen isl ge- wöhnlich lange Zeil (Monate) erforderlich.
Die subjectiven Erscheinungen sind bei der chronischen Blennonhoe unbedeutend. Schmerz und Lichtscheu fehlen entweder, oder sind nur in geringerem Grade zugegen. Die in ihrem Gewebe verdickten Lider, deren submucöser, contractiler Zellstoff in Folge der Schleimhautentzündung pa- ralysirl wird, sind schwerer beweglich, die Lidspalte wird scheinbar ver- engt, die Thränenleilung erschwert, und solche Augen bieten daher ein eigentümliches, wie in Thränen schwimmendes Ansehen dar.
Die Folgen der acuten Ophthalmoblennorrhoe sind verschieden, und für die Integrität des Sehorgans mehr oder minder gefährlich.
1 . Vollkommene Zertheilung erfolgt nur dann, wenn eine zweck-
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massige Behandlung zeillich genug eingeleitet wurde. Die Bindehaut bleibt oft längere Zeit in einem aufgelockerten Zustande, das Gewebe der Augen- lider noch etwas infillrirl zurück. 2. Ein zweiler Ausgang ist die chro- nische Blennorrhoe. 3. Theilweise oder totale Zerstörung derComea, dadurch ausgebreitete Trübungen und Narben der Cornea, Vor- fälle der Iris, und vordere Synechien mit Verziehung der Pupille , partielle und totale Staphylome, Schwund der Hornhaut. 4. Erweichung und dadurch be- dingte kegelförmige Hervorlreibung der Cornea (Kerectasia). 5. Schwund des ganzen Augapfels, wenn nach dem Bersten der Cornea der grösste Theil dej Augenfeuchligkeilen sich entleerte. 6. Ueb ergriff der Entzündung auf andere Gebilde, so z. B. Keralo-Iritis , Ent- zündung des Thränensackes, auch Amblyopie durch Hyperaemie lieferer Gebilde des Augapfels und der Gehirnhäute. Die chronische Blen- norrhoe kann durch äussere Reize leicht acut werden, und setzt das Auge den Gefahren der letzleren aus. Uebrigens führt sie durch die so- genannten Wucherungen der Lidbindehaut nicht selten zur Auswärls- kehrung der Lider, (Ectropium sarcomatosum od. luxurians). Bei Kindern klappt sich bei acuten und chronischen Blennorrhoeen der obere Deckel bei unzweckmässiger Untersuchung und beim Schreien öfters von selbst um. Das Ectropium des untern Lides bei altern torpiden Personen erfolgt auch durch seröse Durchfeuchtung und Erweichung des Knorpels. Selte- nere Folgen sind Hypertrophie der halbmondförmigen Falte und der Thrä- nenkarunkel, so wie die Exophthalmia fungosa.
Was die Ursachen betrifft, so besteht keine besondere Disposition bei bestimmten Individuen ; mit Ausnahme der Kinder, wo die Blennorrhoe häufiger vorkommt, beobachtet man sie grösslentheils bei Individuen zwischen 20 und 30 Jahren. Dieselben Ursachen, welche das Entstehen catarrhalischer Entzündungen begünstigen, können unter ungünstigen Um- ständen Blennorrhoeen erzeugen. Hierher gehören insbesondere^ gewisse atmosphärische Verhältnisse, woher es kommt, dass zu manchen Zei- ten die Blennorrhoe häufiger vorkommt, besonders bei heisscr und schwüler Witterung (im Juli, August). Ein gewisser Krankheitsgenius lässl sich nicht läugnen. Die Krankheit kann daher sowohl epidemisch, endemisch und sporadisch auftreten. Auf ähnliche Weise wirken ungünstige Localverhältnisse, feuchte oder von Rauch erfüllte Wohnungen, Staub, allerhand Dämpfe, das Zusammenleben vieler Individuen in engen Räumen.
Durch unzweifelhafte Thatsachen ist erwiesen, dass die Blennorrhoe sich auch durch Contagien fortpflanze. Das ansteckende Agens ist an das eitrige Secret gebunden , und die Intensität desselben sieht mit dem Eiler- gehalte im geraden Verhältnisse. Ein flüchtiges Conlagium besteht bei
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der Blennorrhoe nicht, jedoch kann man eine Verdiinstang, Suspension der Atome, and die Imprägnation der Luft damit annehmen. Die An- steckung- kann auch durch Ueberlragung des blennorrhoischen Secreles von der Schleimhaut der Harnröhre oder Scheide auf die Bindehaut erfolgen.
Das Vorkommen der Krankheil unter dem Militär, so wie in Findel-, Waisen- und Gebärhäusern ist durch besondere Verhältnisse begründet. Bekanntlich tritt die Krankheit in und nach Kriegsjahren häufiger auf, und wurde besonders nach der Wiederkehr der europäischen Truppen aus Acgypten näher beobachtet und beschrieben, woher der Name Ophthalmia aegyptiaea rührt *). Die prädisponirenden Einflüsse treten auch bei den Soldaten häufiger hervor, nämlich das enge Zusammenleben in überfüllten, feuchten, schlecht gelüfteten Casernen, die schlechtere Beschaffenheil der Atmosphäre daselbst durch Mangel an Reinlichkeit, Tabakdampf; unzweck- mässige, enge anliegende Kleider, anstrengende Beschäftigungen ohne die nöthige Ruhe, schlechte und unzureichende Nahrung, der Aufenthalt in mit ammoniacalischen Ausdünstungen geschwängerten Ställen. Als occasionelle, ursächliche Momente sind zu erwähnen Verkühlungen, grosse Ermüdung nach anstrengenden Märschen, Nachlässigkeit in der Absonde- rung der gesunden Individuen von den Kranken. Aus dem Angeführten ist es erklärlich, warum das Uebel vorzüglich jüngere und schwächliche Individuen, Rekruten, mehr die gemeine Mannschaft, als Offiziere ergreift, warum es zuweilen in Combination mit dem Typhus und der Ruhr auftritt.
Aehnliche Ursachen bedingen das häufige Auftreten der Ophthalmo- blennorrhoe bei Neugebor nen. Mehr disponirt sind dazu senwäch-
*) Die sogenannte ägyptische Augcnenlzündung ist als keine eigenthüm- liche Species, sondern theils als Catarrh, theils als Blennorrhoe niedern und höhern Grades zu betrachten. Denn 1. Sie entsteht unter denselben Symptomen, wie die catarrhalische , und ist eben so durch atmosphärische und lellurischc Einflüsse bedingt. 2. Beide haben ihren Sitz in der Conjuncliva. 3. Die Granu- lationen sind kein pathognomonisches Symptom, da sie sich auch bei der catarrha- lischen Entzündung entwickeln können. Der Keimstoff, welcher der Entwicklung des Eiters und der Granulationen zu Grunde liegt, ist für beide nicht qualitativ verschieden; bei einem weniger rapiden Verlaufe kann der Theil des Keimstoßes. welcher mit der lebendigen Organensubstanz unmittelbar und länger in Berüh- rung bleibt, durch ihren Einfluss schneller und höher organisirt werden. Daraus erklärt es sich, warum nach Blennorrhoccn zuweilen Granulationen auftreten, andererseits auch Granulationen zur Blennorrhoe sich entwickeln, und durch diese zur Schmelzung gebracht werden. 4. Was endlich die Contagiosität be- trifft, so kann bekanntlich jede catarrhalische Entzündung bei grosser Intensität und unter ungünstigen Umständen die Eigenschaft erlangen , sich durch Conta- gien fortzupflanzen.
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liehe Kinder , besonders frühzeitige und solche , denen es an mütterlicher Nahrung und Pflege fehlt. Oertliche Verhältnisse, nämlich schlechte durch unreine Ausdünstungen verpestete Luft machen es begreiflich, warum in Findel- und Gebärhäusern die Krankheit häufiger auftritt, so wie auch dann, wenn Puerperalfieber epidemisch herrschen (Trousseau). Die grelle Einwirkung des Lichtes auf die an Dunkelheit gewöhnten Augen Neuge- borner, so wie schneller Wechsel der Temperatur, mögen als prädisponirende Momente gelten. Gewiss findel in vielen Fällen auch directe Infeclion beim Durchtrilte des Kopfes durch die mit Blennorrhoe behaftete Vagina Statt, was durch Beobachtungen erwiesen ist. Sie tritt meistens den 3. bis 9. Tag nach der Geburl auf, und hat einen minder stürmischen Verlauf, als die der Er- wachsenen. Die anatomisch-physiologischen Vorgänge sind bei allen Varie- täten der Bindehautblennorrhoe dieselben, die Unterschiede daher nicht wesentlich. So zeichnet sich die gonorrhoische Blennorrhoe durch rasche Entwicklung und Verlauf, so wie durch Schärfe der Absonderung aus, wo durch oft schnell Zerstörung der Cornea und des Auges herbeigeführt wird. Bei scrofulösen Individuen tritt enorme Anschwellung der Augenlider und ihrer Drüsen hervor, der Verlauf ist dabei träger.
Die Prognose ist bei der grossen Gefahr, welche der Integrität des Auges droht, stets unsicher. Die acute Form der Blennorrhoe ist immer sehr gefährlich; die chronische Form minder gefährlich, kann jedoch, wenn die Wucherungen der Bindehaut noch nicht ganz beseitigt sind, durch ge- ringe Anlässe in acute Ophthalmoblennorrhoe übergehen. Die Prognose ist besser, wenn gleich im Beginne der Krankheit eine zweckmässige Be- handlung eingeleitet wurde.
Insbesondere ist der'Zustand der Cornea entscheidend ; ist dieselbe noch ganz ungetrübt, so lässt sich noch gänzliche Heilung hoffen, nichl aber, wenn sie schon an einzelnen Stellen erweicht ist. Um so ungünsti- ger ist die Prognose, wenn schon tiefe Geschwüre der Cornea vorhanden, oder dieselbe eitrig infiltrirt ist. Mit der Abnahme des Bindehautwalles und der Verminderung des Secrets lässt sich ein günstigerer Ausgang hoffen. Heftige Kopf- und Supraorbitalschmerzen lassen auf ein Leiden lieferer Gebilde schliessen und verschlimmern die Prognose. Was das Individuum betrifft , so pflegt die Blennorrhoe bei scrofulösen , syphiliti- schen, schwächlichen und phthisischen Subjecten bösartiger zu sein; eine enge Lidspalle, wodurch das Abfliessen des Secrets mehr gehemmt wird, ist von ungünstigem Einflüsse. Bei heisser, schwüler Witterung verlau- fen die Fälle ungünstiger, als in kühleren Jahreszeiten. Endlich ist beim epidemischen Auftreten auch der Charakter der Epidemie zu berücksichti- gen, welche nicht immer den gleichen Grad der Bösartigkeil zeigt.
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Therapie. In prophylactischer Beziehung ist die grössle Reinlichkeit in den Spitälern und Casernen, fleissige Lüftung der Legalitäten, sorgfäl- tige Absonderung der Gesunden von den Kranken zu empfehlen.
Die Kur der Blennorrhoe ist verschieden nach dem acuten und chro- nischen Auftreten, so wie nach dem Stadium.
Die acute Ophthalmoblennorrhoe erfordert ein rasches und entschie- denes Handeln. Bei rascher Zunahme der Enlzündungserscheinungen, bei kräftigen, jugendlichen Individuen und synochalem Charakter der Krank- heil ist eine allgemeine Blutenlziehung vorzunehmen; sonst genügen bei starker Schwellung der Lider und heftigen Schmerzen Blutegel an die Schläfengegend applicirl. Die Scarification der Conjuncliva, die Aus- schneidung des Walles derselben wurde von Vielen sehr angerühmt, ins- besondere räth Tyrrel , den Bindehaulwall mit einem Staarmesser radien- förmig einzuschneiden , um dadurch den Druck desselben auf die zur Er- nährung der Cornea bestimmten Gefässe aufzuheben , und dem Abslerben der Cornea vorzubeugen. Bei starkem Bindehautwalle mögen solche Excisionen von Vortheil sein, obwohl andere Verfahrungsweisen erfolg- reicher sind.
Um die Zerstörung der Cornea durch das Secret zu verhindern , ist das Auge so viel als möglich von demselben zu reinigen. Zu diesem Zwecke drücke man einen in laues oder kaltes Wasser getauchten Schwamm bei geneigter Lage des Kopfes so über dem Auge aus, dass das Wasser in den innern Winkel einströmt, und das Secret über die Schläfenseite abgespült wird. Der Kranke werde auf die ansteckende Eigenschaft des Secrels aufmerksam gemacht, damit nicht etwa das ge- sunde Auge durch Unvorsichtigkeit inficirt werde. Das durch die Erfah- rung bewährteste Mittel ist eine Lösung von Nilras arg. (1 — 6 Gran auf 1 Unze Wasser) , da er einen umstimmenden Einfluss auf die erkrankte Schleimhaut ausübt, und die Secretion mässigt. Einträuflungen einer sol- chen Solution, deren Stärke dem individuellen Falle angemessen sein muss, sind daher nach jedesmaliger Reinigung des Auges vorzunehmen. Bei grosser Hitze und starker Schwellung der Theile nützt auch die An- wendung von Eisüberschlägen , wenn sie anders von dem Kranken ver- tragen werden.
Bei heftigen Schmerzanfällen lasse man Opiate in die Umgebung des Auges einreiben, Senfteige legen, oder eine Dosis Opium oder Pulvis Doweri, wohl auch stärkere Gaben von Sulfas Chinini mit essigsaurem Morphin verabfolgen.
Als andere Mittel, welche in der Ophthalmoblennorrhoe Dienste lei- ten, sind zu erwähnen der Alaun in «larker Gabe (10 — 12 Gran auf
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2 Unzen Wasser), Einstreuungen von Calomel und die Chlorina liquida. Der Alaun empfiehlt sich besonders bei starker Auflockerung- und reich- lichem Secrele, so wie bei tiefern Geschwüren der Hornhaut. Die Chlor, liq. (1 gutt. ad Unz. 1 aq. dest) bei dünner, jauchiger, ätzender Beschaffen- heit des Secretes. Uebrigens ist zu bemerken, dass jederzeit der Character der Epidemie zu berücksichtigen ist, indem die Erfahrung lehrte, dass in mancher Epidemie ein Mittel auffallende Dienste leistete, während es zu einer andern Zeit den Arzt ganz im Stiche lässt.
Die Eröffnung der vordem Kammer, von Wardrop und Eble ausge- führt, wäre ein sehr gewagtes Unternehmen. Jedoch schafft sie in jenem Folgezuslande, wo die Cornea verdickt und das Auge durch übermässige Ansammlung des humor aqueus sehr gespannt und schmerzhaft ist, augen- blickliche Erleichterung.
Bei der Behandlung der chronischen Blennorrhoe kommt es darauf an, die Wucherungen zu tilgen und die Laxiläl und Schwellung der Binde- haut zu heben. Die Excision derselben ist nur bei üppiger Wucherung ge- staltet. Gewöhnlich gelingt es, sie durch Anwendung stark adstringirender Wässer (Nilras arg. Tannin), oder des rolhen oder weissen Praecipilales zu beseitigen. Wo man mit diesen Mittel nicht ausreicht, sind öflere Touchi- rungen mil Sullas cupri zu empfehlen.
d. Das Bindehauttrachom (Syndesmitis granulosa, asperiludo palpebrarum, Augenlidrauhigkeil) ist jener Krankheilsprocess, wo die Aus- scheidung eines gallertartigen, organisirungsfähigen Produktes in Geslall umschriebener Massen unter das Epithel und in das Parenchym der Binde- haut stattfindet. Diese Enlzündungsform kann sowohl primär als auch seeundär (nach vorausgegangenen catarrhalischen Entzündungen) auftreten. Man sieht das Trachom ferner unter mehr oder minder heftigen Entzün- dungserscheinungen oder auch ohne solche (auf entzündlichem oder ca- chectischem Wege) entstehen.
Das genannte Leiden entwickelt sich unter folgenden Erscheinungen :
Im ersten Stadium (dem der Auflagerung oder oberflächlichen Exsudation) beobachtet man an der irmern Fläche des Tarsaltheils und im Uebergangstheile der Bindehaut mehrere senf- oder hirsekorngrosse, bei- nahe kryslallhelle oder etwas gelbliche Bläschen. Die Conjunctiva erscheinl blass, blutarm, oder wird von einzelnen Gefässchen durchzogen. Man beob- achtet an ihr Anfangs weder Schwellung noch ein blennonhoisches Sccret (Unterschied von der chron. Blennorrhoe). Die Bläschen, welche Anfangs eine gelatinöse, amorphe Flüssigkeit enthalten, werden nach und nach grösser und minder durchsichlig; ihr Inhalt wird derber und sie erschei-
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nen somit als Kölner. Ihre Anzahl mehrt sich und sie erscheinen reihen- oder rosenkranzförmig gruppirt. Die Bindehaut wird sodann etwas geröthet und geschwellt, sondert wohl auch eine seröse mit Schleimflocken ge- mischte Feuchtigkeit ab. Bei stärkerer Entwicklung der Bläschen und Schwellung der Bindehaut stehen die Lidränder vom Bulbus etwas ab, und das Auge des Kranken hat ein eigen thümliches, wie in Thränen schwim- mendes Ansehen. Die subjecliven Symptome bestehen in erhöhter Empfind- lichkeit der Bindehaut, im Gefühle eines fremden Körpers, von Schwere und Unbeweglichkeil der Augenlider, sind jedoch in einzelnen Fällen so geringfügig, dass der Kranke seinen Zustand gänzlich übersieht. In andern Fällen tritt dieser Process unter stärkeren entzündlichen Zufällen, mit den Symptomen eines heftigen Catarrhes, selbst mit Lichtscheu, Lidkrampf, hef- tigem Kopf- und Supraorbilalschmerz auf. Bei Zunahme der Krankheil erscheinen die Körner auch an der halbmondförmigen Haut, und in dem an den Lebergangstheil glänzenden Sclerallheile der Bindehaut. Sie sind am kleinsten an den freien Lidrändern, am grösslen in den Bindehaut- fallen, weil daselbst weder Druck bei den Bewegungen des Bulbus noch ein kurzes, strafT angezogenes Zellgewebe ihre Entwicklung hindert. Der Inhalt derselben zeigt bei näherer Untersuchung kernhaltige und in der Entwicklung zu Zcllfasern begriffene Zellen. In diesem Stadium kann noch vollkommene Heilung durch Resorption erfolgen Die Körner werden all- mälig flacher, kleiner und es bleibt an der Stelle derselben ein gelblicher, endlich grau werdender Fleck.
Im zweiten Stadium (dem der Infiltration oder Einlagerung) er- folgt die Abscheidong des Exsudates in das Parenchym der Bindehaut, grösstenteils unter den Erscheinungen einer stärkeren Reizung. Die Lid- bindehaut wird lebhaft gerölhet, griesig, feinzoltig und filzig. Die bezeich- neten entweder noch einzeln, oder was häufiger der Fall isl, in Gruppen stehenden Körnchen entwickeln sich in grösserer Anzahl und auch im Lidknorpel. Die Krankheit wird wegen der Schwellung der Bindehaut der chronischen Blennorrhoe ähnlich; es fehlt jedoch das eigenthümliche blen- norrhoische Secret.
Der Exsudationsprocess schreitet in vielen Fällen, und zwar meistens unter heftigeren Reactionserscheinungen, auf die Oberfläche der Cornea fort. Die Gefässe der Bindehaut verlängern sich und das Exsudat wird un- ter das Epithel der Cornea zuerst an ihrem Rande abgelagert. Nach und nach wird die Cornea matt, wie mit feinem Staube bestreut; es bilden sich in ihr graulichweisse Körnchen, welche confluiren und oberflächliche Trü- bungen der Cornea veranlassen; gleichzeitig entwickeln sich in der Ober- fläche derselben Gefässe; es entsteht somit der Pannus, den man, da er
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als Theilerseheinung des Trachoms auftritt, auch pannus trachomalosus nennen kann.
Der Verlauf des Trachoms ist immer langsam, Monate, selbst Jahre lang dauernd. Intercurrirende Entzündungen beschleunigen in manchen Fällen die Entwicklung desselben.
Das Trachom führt theils an der Conjunctiva theils an der Cornea Veränderungen herbei, welche von der höchsten Wichtigkeit sind und mancherlei Folgezustände veranlassen.
Tritt die Resorption des Exsudates zeitlich genug ein, so kann die vollständige Normalität der Bindehaut zurückkehren. Erfolgt jedoch die vollständige Aufsaugung erst später und langsam, so bleibt das Gewebe der Conjunctiva verändert; sie erhält nach der Schmelzung und Schrumpfung der Exsudate ein unebenes, geflecktes durch sehnen artige Streifen bezeichnetes Ansehen. In Folge der Consumtion des Bindehaulgewebes, welche bei der Aufsaugung der ergossenen Exsudate erfolgt, wird die Bindehaut verkürzt; vorzüglich verkümmern und veröden ihre Schleimdrüsen durch den Druck des Exsudates. Wurden die in der Bindehaut entstandenen Wucherungen durch zu heftige Einwirkung von Aelzmiltel rasch beseitigt, so kann eine narbig durchsetzte Binde- haut zeitlebens zurückbleiben. Sowohl durch die Schrumpfung und Ver- kürzung, als auch durch die narbige Einziehung der Bindehaut entsteht allmä- ligEinwärtsrollung des Lidrandes (Entropium) mit ihren (später anzuge- benden) Folgen, wozu auch die Schrumpfung und muldenförmige Verkrüm- mung des Lidknorpels wesentlich beiträgt. Es kann dieser Krankheitsprocess noch zu weitem Veränderungen führen. Der Papillarkörper und der Folli- kelapparat werden gänzlich atrophisch, die Bindehaut dadurch so verkürzt, dass man bei abgezogenem untern Augenlide senkrechte von der Bindehaut der Augenlider zu jener des Augapfels aufsteigende Fällchen beobachtet (A t rophie der Bindehau t). Endlich wird die Bindehaut zu einer ver- schrumpfenden, zellgewebigen Membran, die ihre Functionen nicht mehr versehen kann, die Ausführungsgänge der Thränendrüse verschrumpfen, und da nun die normalen Quellen der Befeuchtung der Oberfläche des Augapfels versiegen, so verhornt das Epilhelium, häuft sich sehr an, und die verkürzte Bindehaut sammt der Oberfläche der Hornhaut wird ganz trocken und einem Seidenpapier ähnlich. Man nennt diesen Zustand Ver- trocknung odertotale Atrophie der Bindehaut (Xerophthalrmis) . In diesem Grade kommt übrigens das Leiden nur höchst selten vor.
An der Hornhaut kann durch den mechanischen Reiz der rauhen innern Lidfläche bei den Bewegungen des Augapfels sowohl, als auch durch die einwärts gekehrten Cilien, wenn sich schon Entropium gebildet
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hal, eine oberflächliche Entzündung-, der traumatische oder secun- däre Pannus, entstehen. Durch die Exsudation in das Parenchym der Hornhaut erfolgt eine Durchtränkung- desselben mit Serum, die erweichle Hornhaut verliert ihre Elasticität und Resistenz, weicht dem Andränge des humor aqueus und wird somit mehr hervorgetrieben, ein Zustand, den man als Atonie d er H orn h aut oder Kerectasie bezeichnet. Ferner können durch Schmelzung- des Gewebes der Cornea Geschwüre in derselben ent- stehen, welche den Durchbruch der Hornhaut mit dem bekannten Folg-en veranlassen können, und findet ihre Zerstörung- in grösserer Ausdehnung Statt, so tritt Atrophie des Augapfels ein.
Das Trachom kommt sowohl sporadisch, als auch in manchen Gegen- den und Ländern endemisch vor. Es befällt meistens das spätere Jünglings- und das erste Mannes-, überaus selten das höhere Alter. Man beobachtet es bei beiden Geschlechtern, wenn auch etwas häufiger beim männlichen. Man hat ferner eine fehlerhafte Beschaffenheit der Säfte (Dyscrasie) als Grundursache angeführt, und auf eine besondere Aehnlichkeit mit dem tu- berculösen Processe hingewiesen. In dieser Beziehung lässl sich sagen, dass, obwohl manche gewichtige Gründe diese Behauptung zu stützen schei- nen, doch auch das fragliche Leiden bei sonst gesunden, sehr kräftigen Individuen nicht selten beobachtet wird. Als veranlassende Momente sind wohl alle zu erwähnen, welche die Beimischung alleriren oder die Binde- haut reizen. Hieher gehören schlechte Speisen und Getränke, unreine Luft, Mangel an Reinlichkeil, unordentliche Lebensweise, Miasmen mancher Ge- benden, Verkühlungen, Anstrengungen und Strapalzen (Krieg), grelles Licht, Rauch, Staub, scharfe Ausdünstungen. Wo solche Ursachen zusam- menwirken, kann das Trachom auch viele unter gleichen Verhältnissen lebende Individuen ergreifen.
Das Trachom ist als kein contagiöses Uebel zu betrachten.
Ein Catarrh der Bindehaut kann neben einem Trachome bestehen, auch eine Blennorrhoe kann sich in einem mit Trachom behafteten Auge entwickeln, wenn das Gewebe der Bindehaut nicht zu sehr verändert ist. Eine so entstandene Blennorrhoe nimmt oft die trachomatöse Erkrankung durch eitrige Schmelzung der Exsudate hinweg.
Die Prognose ist beim Trachom immer unsicher; günstiger im ersten Stadium des Leidens, welches noch vollkommene Heilung zulässl, minder günstig im zweiten, welches meistens Veränderungen der Conjunc- liva oder Cornea herbeiführt, die nicht mehr vollkommen zu heben sind. Ein sehr acutes Auftreten ist für das Auge immer gefährlich; das sporadische Trachom gestaltet eine bessere Prognose, als das endemische.
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In der Behandlung des Trachoms muss man vor Allem auf eine etwa zu Grunde liegende Allgemeinkrankheit, so wie auf die Beseitigung aller krankmachenden Ursachen und Verhältnisse sein Augenmerk richten. Durch örtlich angewendete Mittel sucht man die Exsudate zu beseitigen. Hierbei ist vorzüglich auf die vorhandenen Erscheinungen Rücksicht zu nehmen. Bei heftigeren Reizungs- oder Entzündungszufällen muss eine antiphlo- gistische Behandlung vorausgeschickt werden. Diese besteht in der Appli- cation von Blutegeln, der Verabfolgung eines Purgirmittels und hierauf kühlender Arzneien (Emulsio nitrata) ; selbst des Calomels, in der Anwen- dung von kalten Ueberschlägen oder eines milden erweichenden Collyriums; heftige Supraorbital- oder Kopfschmerzen erfordern die örtliche Anwen- dung narcotischer Mittel (Opiate). Ist die Conjunctiva stärker aufgelockert und secernirend, so passt die Anwendung eines adslringirenden Augen- wassers (Solution von essigsaurem Blei, Alaun, Tannin, Nitras argenli u. s. w.). Sind die. genannten Zufälle beseitigt, so schreitet man zur Entfer- nung der abgesetzten Exsudate. Zu diesem Zwecke dienen die Einlräuflun- gen stärkerer Lösungen von Nilras argenti (4 — 6 Gran auf 1 Unze Wasser) 1 — 2mal täglich, und Touchirung der Granulationen mit schwefelsaurem Kupfer in Substanz, oder auch mit dem Lapis infernalis. Diese Touchirun- gen dürfen nicht in zu ausgedehntem Masse und nicht zu oft vorgenommen werden, weil man sonst auch das gesunde Gewebe der Bindehaut zerstören und dadurch Verkürzungen und Narben derselben veranlassen könnte. Insbesondere wirkt der Höllenstein zu eingreifend, daher man zur Milderung seiner Wirkung ihn mit Salpeter in verschiedenen Verhältnissen zusammen- schmilzt (3 Theile Nitrum und 1 Theil Nitras arg. oder zu gleichen Theilen oder 3 Theile Nilr. arg. und 1 Theil Nitrum). Den Vorzug verdient in den meisten Fällen der sulfas cupri, nur bei derbem, festern, sehr hartnäckigen Granulationen wählt man den Lapis inf. Die Aetzung wird so vorgenom- men, dass man ein zweckmässig zubereitetes Stück nach abgezogenem un- tern Lide bis zur Bindehaulfalte hinführt, und es massig andrückend, rasch 2 — 3mal von einem Winkel zum andern führt. Wo es nolhwendig ist, kann man auch das obere Augenlid touchiren, ohne dass man dasselbe umzu- stülpen braucht. Die darauf folgende Reaclion mildert sich nach dem Ge- brauche kalter Ueberschläge. Man soll die Aetzung nur ungefähr jeden dritten bis vierten Tag vornehmen. In den Zwischenlagen kann man ad- stringirende Augenwässer einträufeln, oder Abends eine Salbe aus weissem Präcipitat zu 2 — 4 Gran auf 2 Drach. Ung. rosat. linsengross in die äussere Haut der Lider einreiben lassen. Der Gebrauch kalter Douchen unterstützt sehr die Wirkung dieser Mittel. Andere gegen diese Krankheit empfohlene Mittel sind Salben aus rolhem oder weissem Präcipilate, das Einstreuen von
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Calomel oder dem Pulvis Baldingeri (Cremor tarl. Bol. Sacch. aa pari); sie verdienen aber nicht die Empfehlung-, wie die angegebene Behandlungsweise. Die Einimpfung der Ophthalmoblennorrhoe, welche auch zur Heilung- des Trachoms, vorzüglich des trachomalösen Pannus empfohlen wurde, kann wohl das Uebel durch Einleitung der Schmelzung der Exsudate zur Heilung bringen, ist aber ein zu gefährliches Mittel, und daher auch um so weniger zu empfehlen, als man fast bei jedem Trachom durch zweckmässige Anwen düng der angegebenen Methode (Aetzmitlel) zum Ziele gelangt.
2. Entzündung der Hornhaut (Keratitis).
Wenn man auch im normalen Zustande in der Hornhaut keine sicht- baren Gefässe beobachtet, da dieselben so fein sind, dass sie nur die flüssi- gen Bestandteile des Blutes durchlassen, so kommen doch Entzündungen der Cornea ziemlich häufig vor, und es entwickelt sich sodann bei manchen derselben das Gefässnetz auf eine sehr augenfällige Weise. Nach den ver- schiedenen Lagen der Hornhaut kann die Entzündung in der Oberfläche derselben, im Parenchym oder in der Descemel'schen Membran ihren Sitz haben.
A. Die Entzündung des Hornhautüberzug es kommt in zwei Formen vor, als puslulüse oder exanlhematische Hornhautentzündung, und als Keralilis pannosa oder Pannus.
a. Die pustulöse Hornhautentzündung (das Hornhaulcxan- Ihcm) wird grösslentheils bei Kindern und Jüngern Individuen, hauptsäch- lich aber bei Scrofulüsen beobachtet, und führt daher auch den Namen Ke- ratitis scrofulosa. Sie kommt sowohl in Verbindung mit der gleichnamigen Entzündung der Bindehaut, als auch für sich allein vor. Unter den voraus- gehenden Erscheinungen einer mehr oder minder stärkern Reizung, Licht- scheu, Thränenfluss und Injeclion der Scleralbindehaul entwickelt sich an einer Stelle des Hornhaulrandes ein Gefässbündel, welches gegen die Mitte der Hornhaut spitzig zuläuft und an seiner Basis sich mit den Gefässen der naheliegenden Bindehaut verbindet. Bisweilen ist dieses Gefässbündel iso- lirt, in andern Fällen entstehen zugleich mehrere solche Gefässbündel. Nach einigen Tagen erfolgt eine Auflockerung des Epitheliums der Horn- haut, und es erhebt sich an der Spitze des bezeichneten Gefässbündels ein hirse- bis hanfkorngrosses grauliches Bläschen. Bisweilen erscheinen gleichzeitig- mehrere solche Phlyctaenen , welche aus einer epithalia- len Hülle und aus einem mehr oder minder plastischen Exsudatebestehen. Die Sclerotica ist besonders im Umfange der Hornhaut gcrüthet, und es er- scheint dadurch ein zarler, rosenrother Gefässkranz um die Cornea, welcher durch Injeclion feiner, gerade verlaufender, unter der Bindehaut liegender
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Gefässe gebildet wird. Bisweilen sind viele solche feine Gefässe am Rande der Cornea so zusammengedrängt, dass sie das Ansehen eines ßlulexlravasates gewähren. Die regelmässige Bildung des Exanthems wird durch mancher- lei Umstände gestört, so dass man bisweilen keine eigentliche Bläschenbil- dung an der Spitze des Gefässbündels, wohl aber einen trüberen durch ober- flächliche Exsudation bedingten Fleck in der Hornhaut unterscheidet.
Der weitere Verlauf ist ganz ähnlich dem der bereits beschriebenen puslulösen Bindehautentzündung. Es erfolgt entweder eine Resorption des ergossenen Exsudates, oder was häufiger der Fall ist, das Bläschen bricht durch Abstossung des Epithels auf, ergiesst seinen Inhalt und hinterlässt ein Geschwürchen der Hornhaut, welches verschiedene Charactere darbie- ten kann. War nämlich die Exsudation bloss oberflächlich, so entsteht nach abgestossenem Epilhelium bloss ein seichtes Grübchen mit vollkommen klarem Grunde (Erosion oder Faceltirung der Cornea), ist jedoch bei länge- rem Bestehen des Bläschens oder bei heftigerem Verlaufe, wobei sich der Inhalt des Bläschens trübt, auch eine Infiltration des Hornhautparenchyms eingetreten, so ist die Folge des Aufbruches ein tieferes mit trübem Grunde versehenes Geschwür, welches bei weiterer Zerstörung der Faserlage selbst zur Perforation der Hornhaut führen und alle üblen Folgen dieses Zuslandes bedingen kann, welche später genauer besprochen werden.
Wir beobachten diese Krankheitsform sehr häufig in Verbindung mit Entzündung der Haarzwiebeldrüsen ; auch in Begleitung anderer ekzema- töser Eruptionen im Gesichte oder an der behaarten Kopfhaut kommt das Uebel nicht selten vor.
Scrofulöse und tuberculöse Dyscrasie scheint einen besondern Ein- fluss auf die Entstehung dieser Entzündung zu äussern.
Bei der Behandlung dieses Leidens hat man vorerst den fast immer vorhandenen Reizungszustand zu beseitigen. Diess gelingt in den meisten Fällen durch ein verabfolgtes Purgans (Calomel 1 Gran mit Pulv. rad. Jalap. Gr. 6 und 10 Gr. Zucker pro dosi, nach Umständen 3 — 4mal wiederholt), durch zweckmässige Schützung des Auges und örtliche Anwendung der Narcotica (Belladonna oder Hyoscyamus) zur Bekämpfung der übermässigen Sensibilität des Nervensystems und der heftigen Lichtscheu. Innerlich gibt man bei stärkerer Irritation auch das Coniin (710 Gr. pro dosi 2 — 3mal täglich). Will man eine Ableitung auf die Haut machen, so wählt man dazu die Resina Elemi, oder auch das Empl. Aulenriethi im Nacken, min- der zweckmässig hinter dem Ohre. Bei dieser Behandlung gelingt es nicht selten, den Krankheitsprocess rückgängig zu machen; das Exsudat wird resorbirl, oder die Bläschen platzen und die oberflächlichen Geschwürchen heilen sehr bald. Wo keine beträchtliche Reizung besteht, kann man
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sogleich eine sehwache Solution von Sublimat ('/4 Gran auf 2 Unzen) mit etwas Mucilago g. arab. in Anwendung bringen. Besteht jedoch die Exsu- dation länger, zeigt sich eine Neigung zu deren weiteren Ausbreitung, ist insbesondere auch starke Lichtscheu zugegen, so wird in vielen Fällen die Einträuflung einer Solution von Nilras argen ti (%--t Gr. auf die Unze Was- ser) bald diese Symptome beseitigen. Sind die Enlzündungserscheinungen gänzlich beseitigt und bleibt noch eine Trübung des Cornea zurück, so weicht diese meistens der Anwendung einer schwachen Präcipitatsalbe.
b. Die pannöseHornhautentzündung, derPannus, besieht in einer ausgebreiteten Entzündung des oberflächlichen Blattes der Cornea und kommt entweder in der acuten oder chronischen Form vor.
Der anatomische Character besteht in einer mehr oder weniger bedeu- tenden Injeclion des Bindehautblätlchens und in einer unter demselben stattfindenden Exsudation. Die Gefässe, welche sich bei dem Pannus ent- wickeln, scheinen vorzüglich die in der Cornea befindlichen Vasa serosa zu sein, welche sich bei heftigerem Blutandrange erweitern und auch für die Blulkügelchen durchgängig werden. Man sieht auch ganz deutlich, wie die Gefässe der Bindehaut sich in die Hornhauloberfläche hinein ver- längern. Das Exsudat, welches unter das Hornhaulepithel ergossen wird, hat Anfangs eine mehr seröse Beschaffenheit, wodurch das Bindehautblält- chen gelockert, etwas gewulstet und die Oberfläche der Cornea leicht getrübt wird; bei Zunahme der Exsudation wird es mehr plastisch, gelrübt, graulich oder gelblich, das Bindehaulblätlchen dadurch mehr verdickt. Nicht immer stehen die Gefässentwicklung und Exsudation im gleichen Ver- hältnisse; bald überwiegt mehr die eine bald die andere. Die Bindehaut der Sclera zeigt bei dieser Entzündungsform eine mehr oder minder bedeu- tende Injeclion und Auflockerung, besonders tritt der um den Umfang der Cornea gebildete Gefässkranz in den meisten Fällen deutlich auf, auch bil- det sich in seltneren Fällen an dieser Stelle eine beträchtliche Wulslung der Conjunctiva.
Die subjecliven Symptome bestehen in Reflexionserscheinungen, welche nach Verschiedenheit des Grades der Entzündung und der besondern Indi- vidualität in verschiedener Intensität auftreten. Lichtscheu, Lidkratnpf, ver- mehrte Thränen- und Conjunclivalsecretion , brennende und stechende Schmerzen fehlen fast nie bei dem acuten Auftreten der Krankheit; in der chronischen Form sind diese Symptome unbedeutend oder fehlen gänzlich. Das Sehvermögen ist getrübt nach Maasgabe der Gefässinjeclion und Trü- bung der Cornea; es kann bei umfangsreicher Trübung und Verdickung des Epithelialüberzuges bis zur Lichtempfindung aufgehoben werden.
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Nach dem Grade der Erkrankung unterscheidet man den pannus tenuis (geringer Grad der Gefässentwieklung und Exsudalion) und den pannus crassus oder membranaceus, in welchem Falle die Cornea durch die bedeutende Entwicklung der Gefässe und Exsudation verdickt, getrübt und einem rolhen Tuche ähnlich ist, woher der Name Pannus rührt. Man kann diese beiden Entwicklungsstufen auch als die verschiedenen Stadien des Krankheitsprocesses betrachten.
Die Rückbildung des Pannus beginnt mit dem allmäligen Zurück- schreilen der Gefässe und mit der Resorption des ergossenen Exsudates, wodurch die Oberfläche der Cornea sich wieder aufhellt. Dieser Vorgang kann schneller oder langsamer erfolgen. Frische Exsudate werden schnel- ler gehoben, als länger bestehende. Auch bleibt bei langem Bestehen des Pan- nus eine Atonie derGefässwandungen zurück, daher sich derlei ausgedehnte Gefässe erst nach längerer Zeit oder kaum je verlieren. Es besieht in solchen Fäl- len eine grosse Neigung zu Recidiven, so dass bei dem geringsten Anlasse die entzündlichen Erscheinungen wiederkehren. Bei langer Dauer des Pannus wird das Exsudat organisirt, und die Resorption desselben gelingt sehr schwer oder gar nicht mehr. Es bleiben in diesem Falle Hornhauttrübungen zurück, welche je nach ihrer Lage und ihrem Umfange das Sehvermögen mehr oder weniger beschränken. War die Infiltration in die Cornealober- iläche bedeutender, die Substanz der Cornea poröser, lockerer, (wie bei Scrofulöscn) so treten insbesondere bei stärkerer Secrelion der Conjunctiva durch Erweichung der Epilheliallage und selbst der Fasersubslanz ober- flächliche Verschwärungen ein , welche beim Forlwirken schädlicher Ein- flüsse auch in die Tiefe dringen und Perforation der Cornea mit ihren Folgen veranlassen können. In seltenen Fällen tritt in Folge der Durch- tränkung des Hornhautparenchyms eine Erweichung desselben ein, wodurch dann die Cornea nach Verlust ihres normalen Tonus dem Andränge des humor aqueus nachgibt, und kegelförmig hervorgetrieben wird (Alonia corneae, Kerectasia).
Unter den Ursachen des Pannus sind hauptsächlich zu erwähnen:
1. Mechanische Reizung der Oberfläche der Cornea. Diese findet sowohl durch das Bindehaullrachom , als auch durch Entropium und Tri- chiasis Statt. Man nennt einen so veranlassten Pannus den traumalischen, und er Irilt jederzeit ein, wenn die genannten Ursachen länger einwirkten. Er besteht oft nur an jener Stelle, wo der Reitz stärker einwirkte. Daher begegnen uns Fälle, wo der Pannus nur auf die obere Hälfte der Cornea beschränkt ist.
2. Forlpflanzung der Entzündung von der Conjunctiva auf die Cor- nealoberfläche. Wir sehen daher oft nach intensiven oder lange währen-
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den Entzündungen der Bindehaut, die puiinöse Entzündung der Cornea ent- stehen , so wie sie aueh aus einer heftigeren Keratitis pustulosa hervor- gehen kann.
3. Constilutionelle Erkrankungen. Eine genaue Beobachtung vieler Fälle wird über den mächtigen Einfluss bestimmter Erkrankungen des Körpers, insbesondere der scrofulösen Dyscrasie, so wie beim weiblichen Gcschlechle der Anomalien der Menslration (Menostasia) auf die Erzeugung dieser Krankheitsform kaum einen Zweifel entstehen lassen. Auch lässl uns der Erfolg der Behandlungsweise in solchen Fällen das ursprüngliche Verhältniss dieser Erkrankungen nicht verkennen.
Die Prognose richtet sich nach der Verschiedenheit der zu Grunde liegenden Erkrankung, je nachdem nämlich dieselbe schwer oder leicht zu heben ist. Bei eingewurzelter scrofulöser Dyscrasie wird auch der Pannus sehr schwer zu beseitigen sein, oder es werden wenigstens oftmals Recidi- ven eintreten. Auch das lange Bestehen eines Pannus macht wegen der bereits herbeigeführten Alonie der Gefässwandungen die Prognose unsicher. Wo bereits Erweichung und Auflockerung des Hornhaulparenchyms ein- getreten ist, oder wo sich Verschwärung derselben gebildet hat, ist es sehr schwer, die normale Beschaffenheit der Theile wieder herzustellen.
Bei der Behandlung dieses Leidens ist auf die Entfernung der veranlassenden Momente die erste Rücksicht zu nehmen. Die Beseitigung eines Trachoms, die Hebung eines Entropiums oder einer Trichiasis, die Heilung eines Hornhautexanthems u. s. w. wird daher vor Allem die Wirksamkeit des Arztes in Anspruch nehmen. Findet man eine consti- lutionelle Erkrankung als Ursache des Pannus, so ist auch die Hebung dieses Grundleidens von grössler Wichtigkeit. Nach gehobenem Grund- leiden verschwindet der Pannus oft von selbst durch die alleinige Thätig- keit der Natur. Wo jedoch diess nicht geschieht, kann man mit geeigneten Mitteln nachhelfen. Die gegen den Pannus empfohlenen Mittel sind sehr zahlreich, und es ist bei der Wahl derselben besondere Umsicht nölhig. Wo sich Erscheinungen stärkerer Reizung und Entzündung zeigen, wird eine nach dem Grade dieser Erscheinungen mehr oder minder kräftige antiphlogistische Behandlung nöthig sein; demgemäss Blutegel, Ableitun- gen auf den Darmcanal durch gelinde Purgantia, innerlich kühlende, tem- perirende Mittel (Nitrum) und bei heftigerer Phlogose selbst das Calomel zu '/* Gran pro dosi 2 — 3mal täglich. Oertlich beseitigt man diesen Rei- zungszustand durch erweichende, mucilaginöse Bähungen. Wo eine be- deutende Auflockerung und Secrelion der Conjunctiva besteht , passen gelind adstringirende Augenwässer aus Acelas plumbi, Sulfas zinci, Nitras argenti; bei beginnender Verschwärung der Cornea der Alaun. Sind die
Symptome der Reizung vorübergegangen , so unterstützt man die Resorp- tion der Exsudate durch örtlich angewendete Mercurial- und Jodpräparate (Sublimat, rothen und weissen Präcipitat, Jodwasser oder Jodsalben). Das Einstreuen von Calomelpulver zu 1 Gran pro dosi 1 — 2mal täglich leistet bei starker Auflockerung des Bindehautblättchens, oberflächlicher Verschwö- rung und heftiger Lichtscheu oft sehr gute Dienste; bei stärkerer Erschlaf- fung und vermehrter Secretion gebührt dem Alaun in Verbindung mit etwas Opiumlinclur der Vorzug; letztere Tinctur, mit gleichen Theilen deslillirlen Wassers verdünnt oder mittelst eines Pinsels zwischen die Lidränder eingestrichen passt überhaupt beim chronischen Bestehen des Pannus und bei Alonie der Gefässe. Die Anwendung eines Augenwassers von Nilras argenti gewährt bei oberflächlicher Exsudation mit noch beste- hendem Erethismus des Nervensystems oft namhafte Vorlhcile. Die ange- gebenen Mittel sind im Allgemeinen dem Einstreuen oder Einblasen von Pulvern vorzuziehen, welche nur durch mechanischen Reiz die Resorption belhäligen, wie z. B. von Zinnfeile, gestossenem Zucker, Glas, Os sepiae, rolhem Präcipitat, Pulvis Baldingeri (ausgleichen Theilen Cremor tart., Bolus nd Zucker bestehend) etc.
Man hat auch für einzelne Fälle die Scarificalion der erweiterten in die Cornea hineinziehenden Gefässe vorgeschlagen. Es hat diess Verfah- ren selten einen hinreichenden Erfolg, kann jedoch bei geringer entzündlicher Reaction versucht werden. Ueber die zur Heilung eines sehr hartnäckigen Pannus empfohlene Einimpfung der Ophthalmoblennorrhoe gilt dasselbe, was bereits bei der Besprechung des Trachoms darüber gesagt wurde.
B. Die parenchymatöse Hornhautentzündung (Keratitis parenchymatöse!,) . Wir bezeichnen mit diesem Namen jene Enlzündungs- form der Cornea, wo die Absetzung des entzündlichen Products in die Faserlage der Cornea selbst stattfindet. Anfangs wird daselbst bloss eine seröse Flüssigkeit abgelagert, wodurch eine grauliche Trübung der Horn- haut entsteht. Durch diese Abscheidung wird jedoch die Fasersubstanz der Cornea allmälig aufgelockert, ihre Fasern auseinandergedrängt, und die Ablagerung eines reichlicheren Enlzündungsproducles ermöglicht. Die Hornhaut erscheint grauweisslich getrübt, dicker, weicher, ihre Fasern undurchsichtig, grau , verdickt und aneinandergedrängt. Das Bildungs- materiale zur krankhaften Exsudation liefert das in den die Cornea umge- benden Gefässchen enthaltene Blut; die exsudirle Flüssigkeit verbreitet sich in den Röhrchen und Interlamellarräumen der Cornea durch Imbibi- tion weiter. Die Exsudation kann rascher oder langsamer erfolgen. Nicht selten erfolgt wieder die Resorption des Exsudates , doch bleibt meistens eine Trübung der Hornhautfasern zurück. Wenn die Entzündung sehr
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heilig, und der Erguss rasch ist, so zerfällt das Exsudat zu Eiter, es wer- den dadurch die Fasern der Cornea auch macerirt und aufgelösst, die La- mellen separiren sich von einander, und es entsteht so ein Hörn hau l- abscess. Man beobachtet bei dieser Entzündung selten Gefässe in der Cornea, jedoch können sie sich später entwickeln, wo sie dann zur Re- sorption und Entfernung- der neu abgesetzten Exsudate, so wie zur Vernar- bung der Geschwüre und Ausgleichung des Substanzverlustes beitragen. Wenn die Entzündung der Cornea heftig ist, nehmen gewöhnlich auch andere Gebilde, die Conjunctiva, Iris, der Ciliarkörper daran Theil. Man erkennt eine parenchymatöse Hornhautentzündung aus folgenden Symp- tomen: Die Hornhaut hat ihren natürlichen hellen Glanz verloren, ist malt, sieht wie ein angehauchtes Uhrglas aus, oder sie hat das Ansehen eines mit einem feinen Staub bestreuten Glases ; diese Trübung tritt in ein- zelnen Fällen in Form von discreten Puncten auf, so dass die Hornhaul- fläche wie punctirt erscheint, lieber den Sitz der Trübung im Parenchym der Hornhaut kann man bei der Betrachtung in der Profilansicht am besten urtheilen. Die Bindehaut der Sclera istgerölhet, besonders tritt der im Umkreise der Cornea befindliche Gefässring deutlicher hervor. Die Thrä- nensecretion ist vermehrt, die Lichtscheu fast immer bedeutend, vom Augenlidkrampf begleitet, die Kranken klagen über siechende Schmerzen im Auge, die sich nicht selten über die entsprechende Kopfhälfte erstrecken. Wenn nun diese Reactionserscheinungen fast jede Keratitis begleiten, so gibt es doch Fälle, welche ohne dieselben auftreten, so dass der Kranke weder Schmerzen noch andere lästige Empfindungen äussert. Das Seh- vermögen ist bei der parenchymatösen Hornhautentzündung stets nach dem Grade der Suffusion der Cornea gestört, daher in den meisten Fällen durch einen mehr oder minder dicken Nebel getrübt.
Die Dauer einer parenchymatösen Entzündung der Cornea ist fast immer langwierig, weil der Stoffwechsel in der Hornhaut ihrer eigentüm- lichen Organisation wegen nicht so rasch vor sich geht. Es verstreichen 5 — 6 Wochen oder selbst noch längere Zeit bis zum Eintritte der Heilung. Die Neigung zu Rückfällen ist ziemlich gross.
Die Ausgänge des Leidens sind ausser der vollkommenen Z e r- theilung der Entzündung und Herstellung der normalen Durchsich- tigkeit der Cornea noch folgende: 1. Es bleiben in Folge der Organisation der Exsudate beschränktere oder ausgebreitete Trübungen der Cor- nea (Hornhautflecken) zurück, deren Sitz in der Faserlage der Cornea ist. 2. Es bildet sich durch eitriges Zerfallen des Exsudates ein Horn- hautabscess. Man erkennt den Hornhaulabscess an der begränzten, unregelmässigen , graulich- oder weissgelblichen Trübung des Hornhaut-
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parenehyms ; die Hornhaut ist an der Stelle des Abscesses aufgelockert, verdickt, und je nachdem der Sitz desselben näher der vordem oder der hin- tern Cornealwand ist, an jener Stelle entweder mehr vorgetrieben, oder der Raum der vordem Augenkammer verengert. Gleichzeitig beobachtet man noch die übrigen Entzündungserscheinungen oder wenigstens, die Reste des abgelaufenen Entzündungsprocesses. Zum Hornhautabscesse führen meistens acute, heftige Entzündungen des Hornhautparenchyms; auch tritt er bei schwächlichen, altern Individuen leichter ein. Der abgelagerte Eiter kann aufgesaugt werden; doch geschieht diess selten vollständig; es bleibt meistens eine gelblichgraue Trübung (durch Einlagerung von Körnchen zwischen die Fasern der Cornea) zurück; man nennt diesen Zustand, wenn er in etwas grösserer Ausbreitung erfolgt, den vertrock- neten Hornhautabscess (Onyx oder Unguis). Der Eiter kann aber auch bei der Forldauer schädlicher Einflüsse oder bei schwächlichen Indi- viduen die Substanz der Cornea zerstören, und entweder nach vorne oder nach hinten einen Aufbruch des Abscesses veranlassen. Im ersten Falle ist die Folge ein Hornhautgeschwür, im zweiten ergiesst sich der Eiter in die vordere Kammer, und stellt jenen Zustand dar, welchen wir Hypopyon spurium nennen.
Zu den Ursachen der Keratitis parenehymatosa gehören vor Allem Verletzungen der Cornea, besonders durch stumpfere, unreine Instrumente, und Reizung durch einen fremden Körper, wie z. B. Aehrenspitzen bei dem Landvolk. Einwärts gekehrte Cilien , so wie die Granulationen der Lidschleimhaut führen selten diese Enlzündungsform herbei, dagegen kann sie während oder nach einer Ophthalmoblennorrhoe auftreten.
Die Prognose ergibt sich aus dem, was bereits über die Dauer und die Ausgänge der Entzündung gesagt wurde.
Theils wegen der Hartnäckigkeit des Leidens , theils wegen der Un- sicherheil der empfohlenen Mittel und der grossen Neigung zu Rückfällen isl die Therapie dieser Enlzündungsform nicht so leicht, in vielen Fällen äusserst schwierig. Es lassen sich keine allgemeinen Regeln der Behand- lung aufstellen, sondern es muss der Arzt in jedem einzelnen Falle auf die Ursache und Dauer der Entzündung, auf den Grad und die Ausgänge der- selben Rücksicht nehmen, und den Zustand des Gesammtorganismus gehö- rig würdigen. Für die meisten Fälle passen antiphlogistische Mittel, namentlich dann, wenn die Enlzündungserscheinungen heftig, das Auge sehr lichtscheu und geröthet ist, der Kranke in demselben des Gefühl von Hitze hat, und sonst nicht sehr geschwächt ist. Wir machen in solchen Fällen örtliche Blutentleerungen durch Blutegel oder blutige Schröpfköpfe im Nacken, und wiederholen selbe nöthigenfalls bei neuerdings eintretender
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Reaction. Von vorzüglichem Nutzen sind Ableitungen auf den Darmcanal durch salinische oder (bei stärkerer Irritation des Nervensystems) drastische Purganzen. Haben diese Mittel gewirkt und die Congestion nach dem Kopfe und den Augen vermindert, so geben wir kühlende, temperirende Mittel, z. B. das Nitrum in einer Emulsion oder in Pulverform. Heftigeren Schmerzen in der Supraorbilalgegend, sowie der starken Lichtscheu begeg- net man durch örtliche Anwendung narcotischer Mittel (Hyoscyamus, Bella- donna, Opium) in der Supraorbilalgegend. Wo die Entzündung heftiger ist, und die Exsudation rascher eintritt, ist die Anwendung des Calomels innerlich zu %• — 1 Gran pro dosi 3 — 4mal täglich indicirt, bis es seine Wirkung auf die Schleimhaut des Mundes äussert. Man kann dem Zu- stande des Individuums gemäss dasselbe mit Hyoscyamus, Belladonna, Opium oder Pulvis Doweri verbinden. Bei solchen Individuen , welche die Mercurialpräparate nicht gut vertragen , sahen wir von der innerlichen Anwendung des Jodkalis, besonders nach vorausgeschicktem Calomel, sehr gute Erfolge. Wo die Entzündungserscheinungen minder heftig sind, die Aufregung des Nervensystems jedoch vorwaltet, ist das Conium macu- lalum (als Coniin oder als tinctura conii radicalis) innerlich gereicht ein passendes Mittel. Oertliche Mittel unmittelbar auf das Auge applicirt, haben selten einen günstigen Erfolg, besonders wendet man reizende Mittel häufig zu früh an. Bei längerer Dauer des Uebels kann man Ableitungen auf die Haut durch Blasenpflaster oder Unquentum ex tarlaro emetico, doch nie in zu grosser Nähe des Auges vornehmen. Hat sich bereits ein Hornhautabscess gebildet, so kommt Alles darauf an, den Eiter so bald als möglich zur Resorption zu bringen und der weitem Zerstörung der Cor- nealfasern Einhalt zu thun. Man wendet zu diesem Behufe, wenn die Entzündungserscheinungen noch heftig, das Individuum robust ist, die oben angegebenen Antiphlogistica innerlich und äusserlich an. Ist das Individuum jedoch schwächlich, die Conjunctiva sehr gelockert, ihre Ge- fässe erweitert, sprechen sich überhaupt die Symptome der Alonie aus, so unterstützt man die Aufsaugung durch innerlich angewandte Roboran- tia (Amara, China). Oertlich macht man nach verminderter Entzündung Ueberschläge mit einer lauen Lösung von Sublimat (V2 Gran auf 4 Unzen Wasser); wo jedoch die Tendenz zur Colliquation mehr hervortritt , oder wo sich bereits schon ein Geschwür gebildet hat, ist die Anwendung ad- stringirender Lösungen (Alaun, Tannin) nöthig.
Ist die Entzündung beseitigt, geht jedoch die Aufsaugung der Exsudate und die Aufhellung der Cornea zu träge und langsam von sich, so unterstütze man dieselbe durch vorsichtige Anwendung von Reizmitteln (rolhem Präcipital , Opiumtinclur , Nitras arg.). Das Nähere
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über die Anwendung- dieser Mittel folgt bei der Besprechung- der Horn- hautflecke.
C. Die Entzündung der innern Hornhautlamelle oder der D e s c ein el'schen Haut (Hydromenyngitis) kommt seltener vor. Man trifft sie grösslentheils nur bei jüngeren Individuen. Das Exsudat wird hier an der hintern Fläche der Cornea abgeselzt. Man hat dieser Entzündung- verschiedene Namen gegeben (Kerato-Iritis, Iritis serosa, Iritis subacuta) und verschiedene Symptome derselben angeführt, weil sie wirk- lich nicht immer auf die Wasserhaut beschränkt ist, sondern sich auf die benachbarten Gebilde verbreitet.
Die Symptome dieser Entzündung sind folgende: Die Cornea ver- liert ihre normale Durchsichtigkeit und ihren Glanz ; bei oberflächlicher Betrachtung- ist es aber schwer zu entscheiden, ob die nebeiförmige Trübung von einem krankhaften Zustande der Cornea oder von Verände- rung der wässrigen Feuchtigkeit herrührt. Bei genauer Betrachtung des Auges, vorzüglich in der Profilansicht, überzeugt man sich jedoch von dem Sitze der Trübung in der hintern Wand der Hornhaut. Diese Trübung ist durch Exsudation daselbst bedingt, und erscheint in den meisten Fällen in Form kleiner, sehr zahlreicher, discreter Punkte, welche der Cornea ein geflecktes Ansehen geben, was man bei der Untersuchung mittelst einer Lupe um so deutlicher sieht. Es besieht eine , jedoch nicht bedeutende Röthe der Scleralbindehaut, besonders in Form eines rosenrothen Saumes um die Cornea. Die wässrige Feuchtigkeit wird etwas getrübt, die Iris verliert ihren Glanz und ihre normale Structur ist nicht mehr so deutlich zu erkennen; ihre Farbe erscheint durch die getrübten Medien hindurch etwas verändert. Ihre Bewegungen gehen träge vor sich, die Pupille ist etwas contrahirt. Es findet ein Erguss von Exsudat in die vordere Kam- mer Statt, welches sich der wässrigen Feuchtigkeit beimischt und dieselbe trübt; bisweilen gerinnt dieses Exsudat zu Flocken oder selbst zu consi- stenteren Massen, die sich dann in der vordem Kammer anhäufen; diese erscheint in solchen Fällen strotzender, die wässrige Feuchtigkeit vermehrt. Letzterer Umstand scheint vorzüglich dadurch bedingt zu sein, dass die Verdunstung des humor aqueus durch die erkrankte Cornea vermindert wird. Geht der Entzündungsprocess stürmisch vor sich, so ergiesst sich selbst eine gelbliche Masse (Eiter) in die vordere Kammer. Es besieht ein Gefühl von Spannung und Völle, von Schmerz und Brennen im Auge und im Vorderkopfe, in den meisten Fällen von hefliger Lichtscheu und vermehrter Thränensecretion begleitet. Die Zunge ist weisslich belegt; ein leichter febriler Zustand gesellt sich zu den Erscheinungen. Letztere Symptome und der Schmerz erscheinen aber nur im Anfange der Enlzün-
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düng:, so dass, wenn der Zustand einige Zeit währte, sich diese Erscheinun- gen allmälig verlieren. Das Sehvermögen ist umflort, in höheren Graden der Erkrankung bis zur Lichtempfindung aufgehoben.
Die Krankheil hat fast immer einen chronischen Verlauf, und selbst wenn sie in acuter Form auftritt, so treten häufig Recidiven ein, wodurch sie sich sehr in die Länge zieht.
Der gewöhnlichste Ausgang ist Zerlheilung der Entzündung; in manchen Fällen bleiben jedoch Trübungen der Cornea zurück, oder es wird diese Membran durch Verlust ihrer Contraclilität und Durchlränkung mit entzündlichem Exsudat konisch hervorgetrieben. Häufig treten zu dieser auch Entzündungen tiefer liegender Organe (der Iris , des Ciliarkör- pers) hinzu, wodurch sich sodann Exsudationen in der Pupille und krank- hafte Adhäsionen ausbilden können. Plastische Exsudate in der vordem Kammer zeigen sich bei Jüngern, grösstentheils scrofulösen Individuen. Der Ausgang in Eiterung und die Bildung eines Hypopyons ist ziem- lich selten.
Wenig bekannt sind noch die Ursachen dieser Erkrankung; in manchen Fällen entwickelt sie sich langsam ohne bekannte Ursache ; in an- dern Fällen lässt sich ihr Entstehen auf die Einwirkung von Zugluft oder Feuchtigkeit, auf eine vorausgegangene Verletzung oder einen operativen Eingriff (Nadeloperation durch die Cornea) zurückführen. Auch die scro- fulöse Dyscrasie scheint an dem Entstehen dieser Entzündung einen An- theil zu haben.
Die Prognose ist wegen der langen Dauer der Krankheit, wegen zurückbleibender Trübungen der Cornea und der Unsicherheit der Behand- lung nicht sehr günstig, sie verschlimmert sich, wenn sich die Entzündung auf benachbarte Organe verbreitet, und eine schwer zu tilgende Dyscrasie das Leiden bedingt oder unterhält.
Hinsichtlich der Beha n d l un g gilt beinahe dasselbe, was über die der Keratitis parenchymatosa gesagt wurde, sie ist aber in den meisten Fällen schwieriger und unsicherer. Massige örtliche Blutenlleerungen, zeitweise gereichte Purgantia und innerliche Verabreichung des Calomels sind in den meisten Fällen indicirt. Man empfiehlt ferner bei heftiger Reizung und Lichtscheu Gegenreize durch Blasenpflasler, und Fomenta- lionen des Auges mit einem schleimigen oder narcotischen Decoclc, wie z. ß. mit einer Abkochung von Mohnköpfen. Bei heftigem Schmerz und starker Ueberfüllung der vordem Kammer kann die Paracentese des Auges (Punclion der Cornea mit einer Staarnadel) nach Wardrop grosse Erleichterung verschaffen. In jenen Fällen , wo das Individuum sehr geschwächt und die Irritation des Nervensystems sehr bedeutend
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ist, hat eine tonische Behandlung- und die Verabreichung- der China noch den besten Erfolg-.
Eine Krankheit, welche sich bisweilen in Folg-e einer Hornhautent- zündung-, noch öfter jedoch ohne vorausgehende Enlzündungserscheinungen entwickelt, ist der Hydr Ophthal mu s anterior, bedingt durch über- mässig-e Ansammlung- des humor aqueus. Die Erkrankung- ist hier nicht, wie andere hydropische Ansammlungen, durch allg-emeine Krankheiten bedingt, sondern fast immer nur localen Ursprunges. Der Raum der vordem Kam- mer ist vergrösserl, die Form der Ausdehnung der Cornea jedoch verschie- den, indem dieselbe manchmal sphärisch, in andern Fällen conisch hervor- getrieben wird. Die erstere Form wird in specie als Hydrophthalmus an- terior bezeichnet. Die Erscheinungen sind ausser der Hervortreibung der Cornea und Capacilätsvermehrung der vordem Kammer noch Erweiterung der Pupille, Trägheit der Bewegungen der Tris, zuweilen Supraorbital- schmerz und Kopfschmerz durch die starke Spannung der Membranen des Bulbus, vermindertes Sehvermögen, (hoher Grad von Myopie) oder selbst unvollkommene Amaurose.
So leicht die Erkennung eines solchen Zustandes ist, um so missli- cher sieht es mit der Auffindung der Ursachen aus. Eine Erkrankung der Cornea (Erweichung ihres Gewebes) muss wohl angenommen werden , da an einer gesunden Hornhaut eine solche Ausdehnung nicht leicht stattfin- den kann. Die Krankheit ist zuweilen angeboren, wie Ware und Lawrence beobachteten. Die mit dieser Missbildung behafteten Kinder sahen ent- weder sehr unvollkommen oder waren blind. Bisweilen ist die Kammer- wassersucht eine Folgekrankheil oder begleitende Erscheinung der Hirn- höhlenwassersucht und dann immer mit Amaurose und Nystagmus verbun- den. Entzündungen, besonders der Hornhaut, geben auch zuweilen dazu Veranlassung. Lawrence sah die vordere Kammer auf das dreifache erwei- tert, die Cornea ungetrübt, und die Pupille durch eine Pseudomembrane geschlossen in Folge einer heftigen innern Augenenlzündung , welche das Sehvermögen vernichtete. Lange anhallende scrofulöse Entzündung führt auch zuweilen vermehrte Absonderung der wässrigen Feuchtigkeit und Ausdehnung der vordem Kammer herbei; diese bleibt nach Ablauf der Entzündung zurück und bedingt einen hohen Grad von Kurzsichligkeil. In manchen Fällen lässt sich durchaus keine Ursache, auffinden. Die Behandlung dieses Zustandes ist nur selten von Erfolg. Wenn die Krankheit, welche die vermehrte Absonderung des Kammerwassers her- beiführte, zu Ende, und die Ausdehnung der vordem Kammer nicht sehr bedeutend ist, lässt sich nichts thun. Sollte noch Entzündung beste- hen mit schmerzhafter Spannung des Bulbus, sollte die Ausdehnung zu
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gross werden, oder mit zeitweisen Enlzündungserscheinungen bestehen, welche einen schädlichen sympathischen Einfluss auf's andere Auge haben, so kann man durch Punction der Cornea palliative Hilfe leisten; unter gewissen Umständen selbst eine grössere Oeffnung zu dem Zwecke ma- chen, eine reichlichere und anhaltendere Entleerung des humor aqueus zu bewirken.
Wenn die Ausdehnung der Cornea in Kegelform auftritt, diese jedoch ihre Durchsichtigkeit wenigstens zum grüssten Theile behauptet, so nennt man den Zustand Cornea co nie a, Hyperkeratosis oder auch Staphy- loma conicum pellucidum. Das Auge hat einen eigenthümlichen Glanz, was von der ungewöhnlichen Brechung der Lichtstrahlen herrührt. Die kegel- förmige Prominenz der Cornea beobachtet man am besten , wenn man den Kranken von der Seite betrachtet. Die Cornea ist meistens ganz durch- sichtig; doch besteht bisweilen in der Mitte der Prominenz eine Trübung, so wie auch daselbst manchmal seichte Unebenheiten und Vertiefungen zu beobachten sind. Die peripherischen Theile der Cornea sind verdickt, der mittlere Theil verdünnt, die Lamellen weniger über einander ver- schiebbar. In den übrigen Theilen des Auges beobachtet man meislens keine Veränderung, doch kann nebenbei ein anderer krankhafter Zustand bestehen: Staphylom der Sclerotica, Cirsophthalmus. Der Kranke hat kei- nen Schmerz, ist aber sehr kurzsichtig, und das Sehvermögen nimmt im- mer mehr ab, bis endlich ein amaurotischer Zustand eintritt. Von der Seite kann der Kranke etwas besser sehen. Doppelt- und Vielfachsehen der Objecte ist nicht constant. Es gibt auch eine partielle conische Cornea, wenn die kegelförmige Hervortreibung nur an einer Stelle statlfindet. Hat sich einmal eine kegelförmige Proluberanz der Cornea gebildet, wozu ge- wöhnlich mehrere Jahre erfordert werden, so bleibt der Zustand stationär.
Ueber die Ursachen dieses Leidens haben wir keine sichern Daten. Es kommt bei jugendlichen Individuen vor, an welchen man kein Allge- meinleiden auffindet, das man als Ursache betrachten könnte. Es ist sehr selten, scheint jedoch in England öfter beobachtet worden zu sein. Manche Beobachter (Mackenzie, Sichel) nehmen an, dass es immer von einer Verdünnung der Cornea herrühre, welche durch ein nicht perfori- rendes Geschwür oder durch eine Keratokele (Vorfall der Membrana Des- cemeli) verursacht wurde, und führen zur Bekräftigung ihrer Meinung die getrübte Stelle an der Spitze der Hervorragung an. Ohne die Möglichkeit einer solchen Entslehungsweise wegzuläugnen, ist jedoch zuzugeben, dass sie nicht für alle Fälle gelte. Die Trübung an der Spitze ist nicht immer vorhanden, sondern bildet sich erst später aus, da die hervorragendste Stelle theils durch die Reibung der Augenlider, theils durch ihre Lage
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einerReizung" und oberflächlichen Entzündung- , wohl auch einer Ulceration leichler unierliegt. Wahrscheinlich haben Entzündungsprocesse der Cornea, vielleicht auch tieferer Gebilde, der Choroidea und des Ciliarkürpers, wo- durch das Gewebe der Cornea mehr erweicht und die Absonderung des humor aqueus vermehrt wird, mehr Antheil an der Entstehung dieses Uebels. Wenigstens beobachtet man derlei Ueberg-angsslufen als Folge- zustände des Pannus, oder einer chronischen Entzündung der Choroidea und des Ciliarkürpers.
Die Therapie leistet gegen diesen Zustand sehr wenig oder Nichts. Man hat verschiedene, theils allgemeine, theils örtliche Mittel angewendet, fast immer ohne Erfolg. Empfohlen wurden die Adstringentia, das schwe- felsaure Zink oder Kupfer, Nilras argenti , der Alaun , aufgelöst in einem Decoctum cort. quercus, ferner Reizmittel, nämlich ein concentrirtes Infu- sum der Tabaksblälter , die Tinc. Opii crocala. Die öfters wiederholte Punction der Cornea führte ebenfalls zu keinem Resultate. In einzelnen Fällen will man durch diese Punction verbunden mit einer leichten, metho- dischen und anhaltenden Compression bessere Erfolge gesehen haben (Desmarres). Auch die Zerstücklung der Krystalllinse wurde zur Erzielung eines bessern Sehvermögens empfohlen (Vetch , Lawrence und Textor). Innerlich wurden verschiedene resorplionsbefördernde , tonische und alle- rirende Mittel zugleich mit Revulsionen auf die Haut angewendet. Canle- risationen der Spilze mit Nitras argenü (alle 2 — 3 Tage) und nachträgliche Touchirung mit Opiumlinclur empfahl Sichel. Wenn die Krankheit wenig entwickelt ist, kann man biconeave Brillen zur Verminderung des starken Lichtbrechungsvermögens der Cornea tragen lassen.
3. Entzündimg der Iris (Iritis).
Die Entzündung der Iris ist eine der wichtigsten am Auge vorkom menden Entzündungen, Iheils wegen der Häufigkeit des Auftretens, theils wegen ihres Einflusses auf das Sehvermögen. Sie tritt entweder primär in der Iris auf, oder sie verbreitet sich von anderen Gebilden, namentlich von der Hornhaut, dem Ciliarkörper oder der Sclerotica auf dieselbe. Man hat einen Unterschied aufgestellt zwischen oberflächlicher und parenchy- matöser Entzündung der iiis; da jedoch die Erscheinungen sich nicht scharf sondern lassen, da der seröse Ueberzug der Iris mehr als problema- tisch und die Behandlung nicht verschieden ist, so gewährt diese Unterab- theilung der Iritis kein praktisches Interesse. Von grösserer Wichtigkeit, besonders für die Behandlung, ist die Einlheilung in die Iritis acuta und chronica oder lenla.
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Die Iritis beginnt mit Congestionserscheinungen und Injection der Gefässe, theils in der Iris selbst, theils in den benachbarten Gebilden; besonders tritt die Ueberfüllung der tiefern Conjunclivalgefässe (der vor- dem Ciliargefässe) hervor. Bei heftigerem Blutandrange kann es auch zur Berstung feiner Gefässe der Iris kommen , wodurch eine blutige Tün- chung des Gewebes der Iris, oder ein Blutextravasat in die vordere Kammer (Haemophlhalmus) erfolgt. Von besonderer Wichtigkeit ist die bei Iritis eintretende Exsudation. Anfangs scheint die Abscheidung eines mehr serösen Exsudates auf die Oberfläche der Iris statt zu finden , welches sich auch dem Kammerwasser beimischt und dasselbe trübt. Im zweiten Sta- dium der Entzündung hat das Exsudat eine mehr plastische Beschaffenheit, ist meistens fasersloffhältig. Es wird meistens am Pupillarrande und in dessen Nähe abgelagert; seine klebrige Natur veranlasst bei noch beste- henden Pupillarbewegungen die Gerinnung desselben in Form von Fäden oder Klümpchen, wodurch leicht Adhäsionen mit benachbarten Gebilden zu Stande kommen. Wird das Exsudat in grösserer Menge abgelagert, so verursacht es sehr häufig Verengerung oder selbst Verschliessung der Pupille. Das Exsudat wird manchmal vorzüglich an der hinlern Fläche der Iris abgelagert; dieses ist sodann von zahlreichen Pigment- kugeln durchsetzt, und es drängt sich der Pupillarrand etwas mehr nach vorne, was zur Annahme einer besondern Species der Iritis unter dem Namen der Uveitis führte, eine jedenfalls willkürliche Behauptung, da die Uvea in diesem Sinne gar nicht existirl. Auch das Gewebe der Iris selbst wird zuweilen von einem beträchtlichen Exsudate durchsetzt, dadurch mehr gelockert und brüchiger. Beim acuten, heftigen Auftreten der Iritis zer- fliesst zuweilen das Faserstoffexsudat zu Eiter, ergiessl sich in die vordere Kammer und stellt uns den Zustand dar, den wir Hypopyum verum nennen.
a. Die Symptome einer acuten Iritis sind folgende: In der Iris selbst beobachtet man vor Allem eine Farbenveränderung. Eine blaue Iris wird durch die Entzündung grün, eine braune jedoch dunkel rothbraun gefärbt. Gewöhnlich beginnt diese Farbenveränderung am Pupillarrande, und geht sodann auf den Citiarrand der Iris über. Ohne Zweifel rührt dieses Symptom von einer Blutstase in den Gefässen der Iris her; denn es ist das zuerst auftretende Symptom, bevor sich noch eine Exsudation gebil- det hat, und man beobachtet ferner diese Erscheinung unter Umständen, welche eine bedeutende Congestion zu den Ciliargefässen und zu den Ge- fässen der Iris herbeiführten, wo man es aber durchaus mit keiner Entzün- dung der Iris zu thun hat; so z B. nach plötzlicher Evacualion der vordem Kammer, bei der Operation des Strabismus, im Momente, wo man mit dem Haken den Muskel erfasst. Deutlicher ausgesprochen ist die Farben-
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Veränderung immer bei hellgefärbter Iris. Ein zweites an der Iris wahr- nehmbares Symptom ist Veränderung- ihrer Struclur. Der faserige Bau ist an einer entzündeten Iris nicht mehr deutlich zu erkennen , ihr Gewebe erscheint verwaschen , glanzlos. Es beruht diess theils auf einer Trübung der wässrigen Feuchtigkeit, theils auf Durchtränkung der Iris mit dem ent- zündlichen Exsudate. Bei weiterem Verlaufe und massenreicher Absetzung des Exsudates entweder in dem Parenchyme der Iris oder an ihrer hintern Fläche gewinnt sie einen grösseren Umfang, und ihre Schwellung bewirkt eine Vorbauchung derselben in die vordere Kammer. Die Beweglichkeit der Iris wird schon bei bedeutender Ueberfüllung ihrer Blutgefässe ver- mindert; noch mehr leidet dieselbe aber durch die eingetretene Exsudation oder durch bereits gebildete Anheftungen an benachbarte Organe, so dass eine entzündete Iris keine Pupillarbewegungen mehr gestattet. Fernere Veränderungen treten an der Pupille ein. Diese ist in der Regel bei Iritis verengert. Die Verengerung der Pupille rührt her von der Blutstasis in den Gefässen der Iris, von der entzündlichen Exsudation und von der bei Iritis jederzeit bestehenden Reizung des Auges, welche schon bei massigem Lichtreize Verengerung des Sehloches bedingt. Man beobachtet ferner Veränderung der Form der Pupille. Diese wird in den meisten Fällen entrundet, man sieht eine eckige, winkliche Gestaltung derselben, und diese wird theils durch exsudative Anheftung an einzelnen Stellen oder bisweilen auch durch partielle Lähmung der Irisfasern hervorgerufen. Es erfolgt bisweilen eine solche Verziehung der Pupille, dass diese nicht mehr die normale Stelle im Augapfel einnimmt. Die normale Schwärze der Pupille wird ebenfalls durch die Exsudation vermindert; sie bietet eine matte, grauliche Färbung dar, und man kann entweder mit freiem Auge oder mittelst einer guten Lupe Exudalfäden und Flocken in derselben unterscheiden. Jede acute Entzündung der Iris begleitet eine secundärc Hyperämie der Bindehaut. Diese tritt am meisten in der Scleralbindehaut hervor, besonders sind die um den Umkreis der Cornea liegenden Ciliar- gefässe stärker injicirl, daher der rosenrolhe, feine Gefässkranz um die Hornhaut mit zu' den Symptomen der Iritis gehört. Die Augenlidränder sind etwas gerölhet und geschwellt, bisweilen oedematös infillrirt.
Unter den subjectiven Erscheinungen bei Iritis sind zu erwähnen: 1. Schmerz. Er ist bei acutem Verlaufe der Iritis sehr heftig und characteristisch. Er beginnt in dem Auge selbst an einem oder den andern Winkel, oder in der Orbita, ist stechend, reissend, bohrend, und strahlt nach den Verzweigungen des N. ophlhalmicus aus, daher er sich über die Supraorbitalgegend, über die ergriffene Kopfhälfte bis zum Hinterhaupt verbreitet, häufig auch mit Gesichts-, Zahn- und Ohrenschmerz combinirl.
Obwohl das Auge fortwährend empfindlich ist, so macht doch dieser Schmerz heftigere Anfälle von 2 — 3 — 4stündiger Dauer und tritt insbesondere häufig" zur Nachtzeit ein. Jede Verkühlung", Zugluft u. s. w. ruft Anfälle hervor oder verstärkt sie. Das Auge ist sehr lichtscheu, die Thränense- cretion vermehrt. Der beschriebene Schmerz lässt sich durch die Betheili- gung des Ciliarnervensystems und durch dessen Zusammenhang- mit dem fünften Paare erklären. Das Sehvermögen ist bei der Iritis jederzeit gestört, und zwar nicht allein durch die Exsudation in die Pupille, denn es tritt die Schwächuug des Sehvermögens schon im Anfange ein : es haben auch die Verengerung der Pupille und die Hyperaemie der tiefern Gebilde (Choroidea und Retina) darauf Einfluss. Ist die Pupille durch Organisirung der Exsu- date verschlossen, so kann das Sehvermögen bis zur Lichtempfindung auf- gehoben werden.
Bei acuter Iritis leidet oft auch der Gesammtorganismus. Fieberbewe- gungen bei einzelnen Individuen, fast bei Allen jedoch Störungen der Ver- dauung, weisslich belegte Zunge, retardirte Stuhlenlleerung (durch Bethei- ligung des sympathischen Nervensystems) gehören zu den gewöhnlichsten Begleitern.
Die angegebenen Erscheinungen werden sowohl durch die Individua- lität des Kranken, als auch durch den Antheil anderer Gebilde des Augapfels bisweilen modificirt. Kommt die Iritis zugleich mit Entzündung der Cornea vor, in welchem Falle meistens die erstere zur letzteren hinzutritt, so trifft man die vereinten Symptome der beiden Entzündungen zugleich an. Doch werden dann die objectiven an der Iris und Pupille wahrnehmbaren Er- scheinungen sehr häufig durch die getrübte Cornea maskirt, und man muss zur Bestimmung der genauen Diagnose des Leidens insbesondere die sub- jectiven und übrigen begleitenden Erscheinungen der Iritis im Auge behal- ten. Bei scrofulösen Individuen, so wie nach Verletzungen der Cornea ent- wickelt sich diese Entzündung, die man Keralo -Iritis nennt, nicht sehr selten. Nimmt die Chorioidea an der Entzündung Antheil, so wird das Sehvermögen gleich Anfangs mehr getrübt, bei Zunahme der Entzündung wohl gänzlich aufgehoben, die Pupille ist in diesem Falle nicht verengt, sondern eher erweitert, und zwar durch die Lähmung des Ciliarnerven- systems, welche bei heftiger Congestion der Choroidea oder durch den Druck der von ihr gebildeten Exsudate erfolgt. Die Conjunctiva des Aug- apfels ist dunkelroth gefärbt, schmutzig, hie und da von erweiterten Ge- fässen durchzogen, um die Cornea herum bemerkt man einen grauen oder bläulichen Ring, welcher der ausgedehnte, von Blut überfüllte Sinus veno- sus ist. Da hierbei das Venensystem des Augapfels vorzüglich belheiligl ist, so bezeichnet man diese Entzündungsform auch als Iritis venosa, und
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da sie häufiger bei Individuen auftritt, welche mit der Gicht behaftet sind, als Iritis arthritica.
Die acute Iritis dauert 2 — 3 Wochen. Sie endigt entweder in voll- kommene Zertheilung, wenn die Exsudate vollkommen durch Resorption entfernt werden, worauf das normale Sehvermögen wieder hergestellt wird. Doch bleibt ein solches Auge noch längere Zeil empfindlich und erleidet durch geringe Anlässe leicht einen Rückfall der Entzündung.
Andere Ausgänge der Iritis sind durch Organisation der Exsudate be- dingt. Durch dieselben können Verwachsungen derlris mit benachbarten Or- ganen eintreten, besonders mit der vordem Linsenkapsel, welche Verwachsung man hintere Synechie (Synechia •posterior) nennt. Sie kann entweder an einer oder an mehreren Stellen oder im ganzen Umfange der Pupille staltfin- den, demnach partiell oder total sein. Da die beiden Organe einander sehr naheliegen und der Zwischenraum durch die entzündliche Schwellung derlris und die Ablagerung von Exsudaten an ihrer hintern Fläche noch vermin- dert oder aufgehoben wird, so können solche Verwachsungen leicht ein- treten. Wird das Exsudat in grösserer Menge in den Pupillarrand abge- setzt, und nicht wieder aufgesaugt, so verursacht es eine forldauernde Ver- engerung oder selbst Verschliessung der Pupille (Alresia pupillae). Da hier das geronnene, grauliche Exsudat die Pupille wie ein Pfropf verschliesst und einige Aehnlichkeit mit dem grauen Staare darbie- tet, so nennt man den Zustand auch Cataracta spuria, lymphalica, Lymph- staar. Die acule Form der Iritis kann ferner in die chronische über- gehen. Ein nicht sehr ungewöhnlicher Ausgang der Iritis ist der in Eite- rung. Der gebildete Eiler mischt sich der wässrigen Feuchtigkeit bei, senkt sich jedoch als die speeifisch schwerere Flüssigkeit zu Boden und bildet dann das Eiterauge (Hypopyon). Man erkennt dasselbe durch die Wahrnehmung einer trüben gelblichweissen Flüssigkeil in der vordem Kammer, welche jederzeit eine bestimmte, nach dem Grade der Ergiessung verschiedene Gestalt hat. Ist der Eiler nur in sehr geringer Menge ange- sammelt, so erscheint er in Form einer schmalen gelblichen Linie am Bo- den der vordem Kammer. Bei etwas grösserer Ansammlung hat das Hy- popyon eine halbmondförmige Gestalt. Nach unten hat es einen convexen Rand, nach oben ist es in einer horizontalen Linie scharf begrenzt. Doch können Veränderungen der Form auch durch verschiedene Lagerung des Kranken bedingt werden, indem sich die besagte Form nur bei ruhiger Stellung des Kranken bei horizontaler oder schief nach unten geneigter Kopflage zeigt. Neigt jedoch der Kranke den Kopf längere Zeit auf eine Seite, oder nimmt er eine seitliche Lage an, so verändert sich auch die Stellung des Eiters, so dass er dann statt eines horizontalen einen verticalen
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Halbmond bildet. Hat der Eiter eine dickere Consislenz, so treten diese Formveränderungen nicht so leicht und so bald ein. Im höhern Grade des Hypopyons stellt der Eiter eine nach oben convexe, mehr als die Hälfte der vordem Kammer füllende Ansammlung dar, im höchsten Grade ist die ganze vordere Kammer von Eiter erfüllt. Die Eileransammlung in der vordem Kammer ist nicht bloss durch Iritis bedingt, auch ein nach innen aufbrechen- der Hornhaulabscess kann dieselbe veranlassen, in welchen Falle man das Hypopyon ein H. spurium nennt. Gab jedoch eine Entzündung der Iris, des Corpus ciliare oder der Choroidea dazu Veranlassung, so heisst es ein Hypopyon verum. Ob auch Eiter, der in andern Körperregionen er- zeugt, dort resorbirt und in die Blutmasse aufgenommen wurde, in die vor- dere Kammer deponirt werden könne, ist noch nicht erwiesen. Solche Eitermetastasen sind gewiss sehr zweifelhaft. Der in die vordere Kammer ergossene Eiter, selbst wenn dessen Menge ziemlich bedeutend ist, wird sehr häufig durch Resorption entfernt, und zwar ohne Nachtheile für die Blutmischung. Die Resorption erfolgt bisweilen in sehr kurzer Zeit. In seltneren Fällen bedingt der Eiler eine Anätzung und Erweichung der Horn- haut, es erfolgt endlich Ruptur derselben, wodurch sich der Eiter zum Theile entleert und es besteht dann ein Hornhautgeschwür. Dieser Durch- bruch erfolgt unter den Zufällen einer heftigen Aufregung des Kranken und ist oft von wüthenden Schmerzen, selbst von Delirium, begleitet.
Wenn sich die Entzündung auch auf innere Gebilde des Augapfels (den Ciliarkörper und die Choroidea) verbreitete, wenn die Exsudate mas- senreich in die vordere und hintere Kammer abgesetzt werden, so dass da- durch die Ernährung des Bulbus beeinträchtigt wird, so kann als Folge eine Verflüssigung des Glaskörpers (Synchysis) und Verkleinerung des Aug- apfels eintreten, welcher sodann einer allmäligen Atrophie entgegengeht.
Die Ursachen der Iritis sind ähnlich denen der übrigen Entzündun- gen des Auges. Eine grössere Disposition zu ihr besieht im reifen Aller, Männer werden etwas häufiger befallen, als Weiber. Zu den veranlassen- den Momenten rechnen wir 1. Verletzungen des Auges. Die Verletzung muss gerade nicht immer die Iris treffen. So kann durch einen fremden Körper, der längere Zeit in der Cornea verweilt, eine Iritis entstehen. An- dererseits beobachten wir oft bedeutende Verletzungen der Iris, ohne dass sie eine Entzündung derselben zur Folge haben. Operative Eingriffe, wie die Staaroperalion und Pupillenbildung können zur Iritis Veranlassung ge- ben. Sie entsteht zuweilen auch in Folge der Reizung der Iris durch Slaar- stücke, welche in der Pupille stecken. Grelles Licht, Anstrengung des Auges mit kleinen und glänzenden Gegenständen kann ebenfalls Iritis be- dingen. Verkühlung, Einwirkung der Zugluft, Forlpflanzung der Entzün-
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düng von andern Gebilden des Auges (von der Sclerotica, Cornea, dem Ciliarkörper) sind nicht seltene Ursachen der Iritis. Eine ergiebige Quelle der Iritis ist ferner eine constitutionelle Erkrankung der Individuen ; wir beobachten nämlich, dass sie häufiger bei solchen Individuen entsteht, welche an Rheumatismen und Gicht leiden, oder mit der Syphilis behaftet sind. Besonders gilt diess von letzterer Krankheit. Es kann bei solchen In- dividuen ein geringer äusserer Anlass die Krankheit hervorrufen, zu wel- cher schon eine grössere Disposition besteht.
Die Prognose ist günstig, wenn die Entzündung erst entstanden, nicht hochgradig und das Individuum ziemlich gesund ist. Wenn die Exsu- dation nicht bedeutend ist, kann noch vollkommene Resolution erfolgen. Sind jedoch die Exsudate massenreich abgelagert, die Pupille fast oder gänz- lich verschlossen, so ist die Prognose sehr zweifelhaft. Ein massiger Grad des Hypopyons macht die Prognose gerade nicht ungünstig; sie wird es jedoch, wenn die ganze vordere Kammer mit Eiler erfüllt isl. Die Prognose trübt sich um so mehr, wenn liefere Gebilde des Augapfels betheiligt sind. Fast hoffnungslos ist der Fall, wenn wir Veränderung der Farbe der ganzen Iris, bedeutende Contraction der Pupille und in ihr eine trübe Masse finden, wenn die äussere Rölhe intensiv, der Schmerz bedeutend und tiefsitzend, und das Sehvermögen ganz aufgehoben isl. Immer ist in der Stellung der Prognose bei Iritis Vorsicht nöthig.
Die wichtigsten Indicationen bei der Behandlung der Iritis sind Bekämpfung der Entzündung, Verhütung einer weitern Exsudation und Beförderung der Aufsaugung des bereils gebildeten Enlzündungsproductes. Desshalb ist eine strenge antiphlogistische Behandlung nothwendig. Ein allgemeine Blutenlleerung wird wohl nur bei sehr heftiger Entzündung in einem robusten Individuum erforderlich werden; desto mehr aber ist in den übrigen Fällen eine genügende örtliche Blutentleerung durch Blutegel (8 — 10 Stück) oder blutige Schröpfköpfe angezeigt. Eine hinreichende Quantität Blut auf einmal entzogen nützt mehr, als mehrere kleinere Blut- enlleerungen. Nebstbei reiche man ein antiphlogistisches Purgans und lässt den Kranken strenge Diät und absolute Ruhe beobachten. Das Auge bewahre man vor dem grelleren Lichteinflusse und halte es mit einem trockenen leichten Leinwandläppchen bedeckt. Kalte Ueberschläge auf das Auge passen nur bei einer durch Verletzung entstandenen Iritis. Ab- leitungen auf die Haut durch Blasenpflaster u. s. w. wirken im acuten Sta- dium der Krankheit schädlich ein, besonders wenn sie in der Nähe des Auges applicirt werden. Durch die angegebenen Mittel wird die Entzün- dung vermindert, allein in den meisten Fällen noch nicht gehoben. Das Hauptmittel zur Bekämpfung der Exsudation ist die zweckmässige Anwen-
düng des Mercurs. Er wirkl am günstigsten nach vorausgeschickten Blul- entleerungen. Man gibt das Calomel in der Dosis von 1 — 2 Gran alle 3 — 4 Stunden entweder allein oder in Verbindung mit Opium oder Hyos- cyamus. Wie lange man dasselbe fortsetzen müsse, lässl sich nicht so leicht bestimmen und bleibt mehr dem Ermessen des Arztes überlassen. Meistens setzt man den Gebrauch desselben so lange fort, bis es die Mund- schleimhaut afficirt ; um übrigens diese unangenehme Erscheinung zu verhü- ten, lässt man den Kranken die Pulver in Oblaten eingehüllt nehmen und den Mund fleissig ausspülen. Es ist immerhin schwierig, genau zu erklären, wie das Calomel in der Iritis wirke; wir sehen jedoch unter dessen Ge- brauche die Entzündung aufhören , und abgelagerte Exsudate durch Re- sorption schwinden. Es scheint, dass es die vermehrte Thäligkeit der Capillargefässe, von welchen die Exsudation abhängt, beschränke und die Plasticilät des Blutes vermindere. Ob es einen directen Einfluss auf die Resorption habe, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Aus allen Be- obachtungen geht jedoch hervor, dass die Iritis im Allgemeinen und beson- ders die syphilitische am erfolgreichsten durch die combinirte Anwendung antiphlogistischer Heilmittel und des Mercurs behandelt wird. Auch ört- lich kann der Mercur in Form der grauen Salbe in der Supraorbitalgegend angewendet werden; da jedoch die Einwirkung dieser Salbe meistens eine geringe Reizung veranlasst , so ist es besser, sie erst nach bereits gebrocherer Entzündung in Anwendung zu bringen, und mit etwas Opium oder Ol. Hyoscyami zu verbinden. Die heftigen Schmerzen beschwichtigt man am besten durch örtliche Anwendung eines narcotischen Linimentes (Hyoscyamus, Opium, Acetas Morphii). Die örtliche Anwendung der Bella- donna ist, obwohl die Erweiterung der Pupille von grossem Vortheile wäre , im acuten Stadium der Iritis nicht zu empfehlen ; denn sie verur- sacht eine Irritation und würde in den wenigsten Fällen eine Erweiterung der Pupille bewirken. Am wenigsten ist die Eintröpflung einer Belladonna- solution in das Auge gestattet. Nach bereits gebrochener Entzündung kann man die äusserliche Anwendung derselben mit Vortheil versuchen. In jenen Fällen, wo der Mercur nicht günstig einwirkt, von dem Kranken wegen Schwäche nicht vertragen wird , oder zu schnell Salivalion hervor- ruft, versuche man andere Mittel. Unter diesen verdient das von Carmi- chael empfohlene Terpentinöl die meiste Beachtung. Man kann es in allen Formen der Iritis, besonders in der durch Rheuma und Syphilis bedingten anwenden. Man gibt es zu 1 — 2 Drachmen täglich, des unangenehmen Geschmackes wegen am besten in Form einer Emulsion (z. B. Rp. Olei tereb. rectif. Unc. 1 Vitelli ovi unius, tere sirnul et adde sensim Emuls. amygdal. Unc. 4, syrup. cort. aurant. Unc. 2 Olei Cinnam. gult 3 — 4
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D. S. ter. d. d. cochl. cib. 2.) oder bloss in Verbindung mit einigen Unzen Syrup. cort. aurant. Die bisweilen verursachte Strangurie weicht dem Gebrauche eines Leinsamenthees, und einer Kampher-Mixtur, oder man setzt das Mitte) ein paar Tage aus. Auf Beförderung der Stuhlentleerung ist jederzeit Rücksicht zu nehmen.
Das Eiterauge erfordert in vielen Fällen keine besondere Berücksich- tigung. Bedeutende Hypopyen verschwinden mit dem Rückgange der Entzündung durch die Resorptionsthätigkeit der Natur. Die Anwendung von Blutentleerungen und von Calomel hat bei noch bestehender Entzün- dung meistens einen guten Erfolg. Man hat insbesondere die Radix polygalae Senegae bei eitriger Exsudation in das Innere des Auges em- pfohlen (Schmalz) und wirklich äussert sie der Erfahrung zu Folge bei bedeutenden Eileransammlungen eine sehr günstige Wirkung auf deren Re- sorption. Man gibt sie meistens in Pillenform und verbindet sie gerne mit auflosenden Mittelsalzen. Wenn das Individuum sehr geschwächt ist und die Resorption des Eiters wegen Atonie der Gefässe nicht eintreten will, nützt eine tonische Behandlung mit Roborantibus und China. Von der Er- öffnung der vordem Kammer zur Entleerung des Eiters lässl sich wenig erwarten. Ein kleiner Einstich genügt nicht zur Herausbeförderung des Eiters, eine grössere Hornhaulwunde setzt bei diesem Zustande das Auge der Gefahr einer Eiterinfiltration der Hornhaut und selbst einer Atrophie aus. Da übrigens selbst grössere Eitermassen durch Resorption schwinden, so ist die Paracentese der vordem Kammer nur in jenen seltenen Fällen angezeigt, wo die ganze vordere Kammer mit Eiter erfüllt, die Resorption desselben nicht mehr denkbar ist, wo der baldige Durchbruch desselben durch Berstung der Cornea droht, und der Kranke von heftigen Schmer- zen gequält wird. Die Operation wird am besten mit einem Staarmesser vorgenommen, mit welchem man ungefähr den vierten Theil des Umfanges der Cornea ablöst und den Kranken wie jeden Verwundeten behandelt.
b. Die chronische Iritis ist durch langsamen Eintritt und un- merkliche Zunahme der objectiven Erscheinungen bedingt. Der Gefäss- kranz um die Cornea ist unvollkommen und unterbrochen; die Verände- rung der Farbe beginnt am Ciliarrande der Iris; es werden Enlzündungs- producle gebildet, welche sich entweder in dem Gewebe der Iris, als auch in der Pupille ablagern. Diess geschieht ohne die gewöhnlichen Reac- tionserscheinungen , der Kranke äussert niemals Schmerz , oder höchstens sehr unbedeutenden, das Auge ist wenig geröthet, weder Lichtscheu noch vermehrte Thränensecretion vorhanden. Das Sehvermögen nimmt jedoch immer mehr ab, zuweilen unter den Erscheinungen des Mückensehens. Bei nicht genauer objectiver Untersuchung kann man die Krankheit leicht
Mey r , Augenheilkunde. 7
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für amblyopische Gesiehtsschwäche der Relina ansehen. Die Krankheit hat entweder den lymphatischen oder den venösen Charakter, und es hängt derselbe zum grössten Theile von der Individualität des Kranken ab. Während bei dem lymphatischen Charakter die Krankheitsphaenomene den bereits angeführten so ziemlich entsprechen , findet bei dem venösen Cha- rakter der Krankheit eine stärkere Entwicklung der äussern Augapfelvenen, Strotzen des sinus venosus, bläuliche Tünchung der Sclerolica, starke Entwicklung dos Pigmentes an der hintern Fläche der Iris Statt, welches zuweilen am Pupillarrande sichtbar hervortritt. Die Ursachen sind mei- stens unbekannt; zuweilen entwickelt sich diese Form aus der acuten Iritis; constitutionelle Leiden können dazu disponiren ; man beobachtete schon bei mehreren Personen derselben Familien eine besondere Geneigt- heit dazu. Wo immer eine chronische Iritis besteht, kann durch gering- fügige Veranlassungen leicht ein acuter Anfall hinzutreten. Bei der Be- handlung sucht man insbesondere den Blutandrang vom Auge abzuleiten und die Exsudation zu bekämpfen. Hierzu passen innerlich Mercurialia, das pulvis Plummeri, der Sublimat, das Jodkali, äusserlich das Ung. hydr. einer, mit etwas Belladonnaextract oder Opium in die Supraorbitalgegend eingerieben , zeitweise Einlräuflungen von saturirter Belladonnasolution in das Auge, und Ableitungen auf die Haut (Fontanell am Arme oder ein reizendes Pflaster). Wo eine Dyscrasie dem örtlichen Leiden zu Grunde liegt, ist auf diese in der Behandlung Rücksicht zu nehmen. Der Kranke muss sein Auge schonen, und nie im grellen Lichte viel arbeiten; er ver- meide insbesondere auch Verkühlungen.
4. Entzündung des Ciliarkörpers.
Die Entzündung des Ciliarkörpers ist, da er ein so gefäss- und ner- venreiches Gebilde ist, gewiss nicht sehr seilen, kommt aber gewöhnlich nicht für sich allein vor. Bei Iritis und Choroideitis ist in den meisten Fällen der Ciliarkörper mit betheiligl. Das Exsudat, welches diese Ent- zündung liefert, ist theils ein plastisches, wodurch der Ciliarkörper ge- schwollen und aufgelockert erscheint, theils ein seröses, welches zwischen ihm und Sclerotica, oder zwischen ihm und dem Glaskörper ergossen wird, und zu Ausdehnungen der Sclera Veranlassung gibt. Die Erscheinungen dieser Entzündung sind eine intensive Röthung um die Cornea herum, (die Injection erstreckt sich bisweilen auch auf die letztere) Trübung der hintern Cornealwand durch zu starke Spannung der Membr. Descemeli, heftige Lichtscheu, starker Supraorbitalschmerz , welcher in die Stirn, Schläfe, Wange und Zähne ausstrahlt, mehr oder minder bedeutende Be- einträchtigung des Sehvermögens. Durch Ansammlung der Exsudate
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wird die Iris bisweilen am Ciliarrande vorgebaucht, während der Pupillar- rand zurückgezogen und an die vordere Kapsel angelöthet erscheint. Der Verlauf der Krankheit ist ziemlich langsam. Die Behandlung ist jener der Iritis gleich.
5. Entzündung der Choroidea.
Bei dem Gefässreichlhume der Aderhaut , und der Lage derselben in unmittelbarer Nähe der Retina ist es einleuchtend, dass Congestiv- und ent- zündliche Zustände derselben nicht nur ziemlich oft vorkommen können, sondern auch von der höchsten Wichtigkeit hinsichtlich des Sehver- mögens sind.
Es kann sowohl eine active als auch eine passive Hyperaemie in der Choroidea eintreten . letztere noch häufiger, da wegen des Vor- herrschens der venösen Gefässe leicht eine Störung im Rückflüsse des Blutes eintreten kann. Dieser Zustand gibt sich durch Störung des Sehver- mögens zu erkennen, welche nach dem Grade der Hyperaemie mehr oder weniger ausgeprägt ist, und sich vorzüglich durch Nebel- und Mücken- sehen kund gibt. Nicht selten tritt auch, besonders im Dunkeln, Funken- sehen ein. Alle Umstände, welche Blutcongestion nach dem Kopfe her- vorrufen , verschlimmern das Uebel , daher die demselben Unterworfenen in höherer Temperatur, in gebeugter Stellung des Körpers oder bei abhän- giger Kopflage, nach Anstrengung und Erhitzung, nach dem Genüsse gei- stiger Getränke oder erhitzender, gewürzler Speisen, bei Gemüthsaffeclen etc. über bedeutendere Störung des Gesichtes zu klagen pflegen. Ein Ge- fühl von Schwere und Wüstigkeit im Kopfe, besonders in der Stirn- und Hinterhauptsgegend, Druck und Völle in den Augen, Unvermögen diesel- ben anzustrengen, Schwindel, Sausen in den Ohren und andere subjective Symptome sind gewöhnliche Begleiter. Die Hyperaemie ist vorübergehend, oder sie hält längere oder kürzere Zeit, wohl auch fortwährend an. Jede etwas länger dauernde Anstrengung der Augen , besonders im grelleren Lichte und während der wärmeren Tageszeit ruft diese Erscheinungen hervor. Schonung der Sehkraft, zweckmässige Diät und angemessenes Verhalten , zuweilen das Eintreten eines Blutflusses (Nasenbluten oder Haemorrhoiden) bringen Erleichterung.
Am Augapfel selbst beobachtet man höchstens einzelne der unter der Bindehaut verlaufenden Gefässe turgescirend , die Sclerolica weiss- bläulich durch die durchschimmernde blutreiche Choroidea, die Iris strot- zend, ihre Beweglichkeit etwas träger.
Dem genannten Uebel sind vorzüglich Personen unterworfen, welche häufig am Blutandrang zum Kopfe leiden , inbesondere , bei welchen die
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Circulation des venösen Blutes eine Störung erleidet; daher die mitHaemor- rhoiden oder Anomalien der Menstruation Behafteten (Frauen häufig in der climacterischen Periode) , diejenigen , deren Circulation durch Unterleibs- oder Herzkrankheiten unregelmässig vor sich geht, Leute, die ihre Augen mit kleinen, glänzenden Gegenständen anstrengen, die sich bei der Arbeit viel bücken müssen, welche bei künstlichem Lichte, oder schwacher Be- leuchtung viel lesen, schreiben, nähen, sticken, Feuerarbeiter etc. Leicht kann sich bei solchen Individuen die Hyperaemie der Choroidea zum Ent- zündungszuslande erheben, daher die Choroideitis grösstentheils bei jenen vorkommt, welche schon eine Zeit lang Symptome von Choroidealhyperae- mie darboten. Sie tritt entweder in acuter oder in chronischer Form, häufiger in letzterer auf.
Die chronische Choroideitis ist durch das minder stürmische Auftreten oder fast gänzliche Fehlen der gewöhnlichen Enlzündungssymp- tome, durch allmälige Zunahme der Erscheinungen und Veränderungen im Augapfel, so wie durch langsamen Verlauf ausgezeichnet, und ist eine gefährliche Erkrankung des Auges, wegen des insidiösen Auftretens, der Hartnäckigkeit ihres Bestehens und der Störung des Sehvermögens, welche sie herbeiführt. Ihre Symptome sind denen der Hyperaemie der Aderhaut ganz ähnlich, bestehen daher oft nur in subjecliven Empfindungen und all- mäliger Abnahme des Sehvermögens (Nebelsehen etc.), so wie überhaupt die chronische Entzündung aus dem Congestivzuslande allmälig sich her- ausbilden kann. Die Farbe der Sclera ist gewöhnlich etwas bläulich, der Augapfel, mit Ausnahme einiger wenigen ausgedehnten Gefässe, die in und unter der Bindehaut verlaufen , wenig geröthet , die Pupille etwas weiter, zuweilen unregelmässig, die Bewegungen der Iris träge oder auf- gehoben. Die Krankheit führt durch Absetzung und Veränderung der Entzündungsproducte verschiedene Folgen herbei, welche wir sogleich näher besprechen werden. Sie kann durch irgend eine, selbst leichte Veranlassung, sich zur acuten Entzündung steigern. Letztere ist durch den rascheren Verlauf, so wie durch die stärkere Ausprägung der entzünd- lichen Erscheinungen ausgezeichnet.
Die Symptome der Choroi de i tis acuta sind: Leichte Schwellung und Röthe, zuweilen Oedem der Lidränder, Hyperaemie der Conjunctiva palp. und bulbi; die Röthe ist ziemlich dunkel und zoigl ausgedehnte venöse Gefässe in der Bindehaut der Sclera, die Subconjunctivalgefässe im Um- fange der Cornea stark injicirt, um den Rand der Cornea meistens ein bläulich grauer Ring (der überfüllte circulus venosus Hovii), die Hornhaut etwas matt, die vordere Kammer normal oder etwas enger, die Iris lurges- cirend, nach vorne gebaucht, ihre Beweglichkeil aufgehoben, die Pupille
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weit, häufig- auch unregelmässig, hinter derselben beobachtet man eine rauchige oder grauliche Trübung. Das Auge ist lichtscheu, die Thränen- secrelion vermehrt, der Kranke hat heftige stechende Schmerzen im Aug- apfel, die sich nach der Ramification des fünften Hirnnerven auf die Um- gebung des Auges, Stirn, den Vorderkopf, selbst bis in's Hinterhaupt er- strecken ; er klagt hauptsächlich über das Gefühl von Spannung und Druck im Augapfel , als ob dieser für die Orbita zu gross würde. Das Sehvermö- gen ist sehr vermindert oder vollkommen erloschen , der Kranke jedoch von Lichterscheinungen (Funken-, Flammensehen) gequält, welche auch bei geschlossenen Lidern auftreten. Kopfschmerz, Gefühl von Druck und Schwere in der Slirngegend, Ohrenklingen, Schwerhörigkeit, etwas belegte Zunge, gestörte Esslust, Druck in der Magengegend, Brechneigung, Gefühl von Mattigkeit und Fieberbewegungen sind begleitende Erscheinungen.
Bei sehr stürmischer Gefässthäligkeit kann es zur Berstung einzelner Gefässe kommen, worauf das ergossene Blut sich entweder zwischen Cho- roidea und Sclera ansammelt, und letzlere ausdehnt, oder in der vordem Augenkammer als Hämophthalmus internus erscheint. Tritt Eiterung ein, so bildet sich durch Ergiessung desselben in die vordere Kammer Hypopyum, welches einen namhaften Grad erreichen kann. Sowohl die Blutergiessung als auch die Eiterung im Innern des Auges hat häufig ein Oedem der Con- juncliva oder auch der Lider zur Folge. Die Choroideitis kann sich mit einer Entzündung der Iris combiniren , in welchem Falle die Symptome der Iritis sich mit den bereits angeführten vereinen , die Pupille aber grösstenteils weiter bleibt, durch Exsudate jedoch unregelmässig und getrübt wird.
Hinsichtlich der Ursachen der Choroidealentzündung wurde bereits bemerkt, dass sie bei solchen Individuen am häufigsten vorkommt, welche schon mit Hyperaemie derselben behaftet sind. Reizungen und An- strengung des Auges, Diätfehler, Verkühlung u. s.w. rufen, wenn diese Ge- legenheilsursachen kräftig genug einwirken, die acute Entzündung hervor. Vor allem aber sind hier Verletzungen des Augapfels zu erwähnen, welche namentlich dann , wenn fremde Körper in's Innere des Auges gelangen und daselbst zurückbleiben , gerne Entzündung der Choroidea zur Folge haben. Man beobachtet sie auch nach operativen Eingriffen, z. B. nach der Depression des grauen Staares durch die Sclerotica. Vorausgegangene entzündliche Krankheiten, Typhus, das Puerperalfieber, unterdrückte Blut- flüsse und anderweitige Secrelionen lassen sich zuweilen als Ursachen nachweisen.
Wenn die chronische Entzündung der Choroidea einen auf Monate, selbst Jahre ausgedehnten Verlauf hat, so ist hingegen die acute viel
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rascher verlaufend, und wird entweder in kürzerer Zeit gehoben, oder führt schon nach einigen Wochen mannigfache Folgezustände herbei.
Diese Folgen beruhen auf der Absetzung der Entzündungsproducte an verschiedenen Stellen , auf der Metamorphose derselben und den Ver- änderungen, welche die verschiedenen Gebilde des Augapfels, sowie der ganze Bulbus erleiden. Sowohl an der äusseren als an der inneren Fläche der Aderhaut zeigen sich die Entzündungsproducte, vorzugsweise auf der letztern, weil sich daselbst das Capillargefässsystem befindet. Die Choroi- dealexsudate enthalten entweder eine vorwaltende Menge von Eiweiss, und bleiben sodann lange oder immer in einem flüssigen Zustande oder es sind faserstoffhältige Producte, welche organisationsfähig sind.
1. Die nahegelegene Retina muss natürlich sehr bald durch den Druck der Entzündungsproducte leiden , wodurch die Function derselben sehr gehemmt oder ganz aufgehoben wird, und so wie Gesichtsschwäche und amaurotische Blindheit schon als Symptome der Choroideitis bezeichnet wurden, so werden sie auch häufig als Folgen dieses Leidens beobachtet. Viele der congestiven und entzündlichen Amaurosen haben in vorausgegangenen acuten oder noch fortbestehenden chronischen Ent- zündungen der Aderhaut ihren nächsten Grund. Aber auch bei den zu- nächst zu erwähnenden Folgezuständen ist bedeutende Störung oder totale Aufhebung des Sehvermögens vorhanden.
2. Als eine Folge der Choroidealentzündung ist auch das Glaucom zu betrachten. Man begreift mit diesem Namen einen Complex von Er- scheinungen, welche durch Veränderungen der verschiedenen Gebilde des Augapfels in Folge von Choroidealentzündung bei gichtischen Individuen eintreten, wobei namentlich eine eigenthümliche meergrüne Trübung hin- ter der Pupille bemerkbar, und das Sehvermögen sehr geschwächt oder total aufgehoben ist. Die Symptome sind etwas verschieden, je nach dem Grade der Ausbildung des Glaucoms , und je nachdem ein oder das andere Gebilde des Bulbus vorzugsweise afficirt wird. Bei dem noch unvollkommen entwickelten Glaucome trifft man am Augapfel grösstenteils die Erschei- nungen der chronischen Entzündung der Choroidea mit bedeutender Ab- nahme oder bis zur Lichtempfindung aufgehobenem Sehvermögen an. Die Abnahme des Sehvermögens steht mit dem Grade der schwachen, concaven, meergrünen Trübung im Hintergrunde der Pupille in keinem Verhältnisse und ist häufig von Lichterscheinungen begleitet. Mehr oder minder hef- tige, reissende, bohrende Schmerzen im Augapfel, in der Supraorbital- und Scheitelgegend, zuweilen nach dem Verlaufe der Pfeilnaht oder im Hinler- haupte, denen die Erscheinungen einer Neuralgia ciliaris nicht selten vor- ausgehen, quälen in der Mehrzahl dei Fälle die Kranken. Witterungs-
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Wechsel, besonders die Einwirkung kalter und feuchter Atmosphäre , so wie das Liegen in Federbetten steigern gewöhnlich den Schmerz. Auch die Störung des Sehvermögens ist nicht zu allen Zeiten gleich; die Kran- ken zählen hellere und dunklere Tage. Der Fortschritt des Uebels ist bald schneller, bald langsamer; öfters eintretende intercurrirende Entzündungs- anfälle, welche grösstenteils durch Verkühlung oder Durchnässung her- vorgerufen werden, und welche auch mit andern gichtischen Affectionen, z. B. Gelenksleiden abzuwechseln pflegen, beschleunigen die vollkommene Entwicklung des Glaucoms. Deprimirende Gemüthsaffecte , insbesondere plötzlicher, heftiger Schrecken, haben daran bedeutenden Antheil , so dass nicht selten in Folge derselben plötzliche Erblindung eintritt. Das Glaucom ergreift zuerst ein Auge, und wenn es daselbst bis zu einem gewissen Grade fortgeschritten ist, auch das andere. Nicht selten sind auch jene Fälle, wo der Krankheitsprocess auf dem zuerst ergriffenen Auge durch einige Zeit sistirt wird , während er auf dem später ergriffenen Auge zur vollkommenen Entwicklung gedeiht.
Das ausgebildete Glaucom hat folgende Erscheinungen : Die Augen- lider von erweiterten Hautvenen durchzogen, an den Lidrändern, so wie den Winkeln zuweilen das schaumige Secret der Bindehaut und der Mei- bomischen Drüsen , an der Conjunctiva sclerae einzelne dunkelrothe, gewundene , erweiterte Gefässe , die Cornea von einem bleigrauen Ringe umgeben, malt, glanzlos, abgeflacht, die vordere Kammer kleiner, die Iris hervorgelrieben, ihres lebhaften Colorits verlustig, unbeweglich, die Pupille erweitert, in die Quere (wie die der Wiederkäuer) oder in die Länge ver- zogen, hinler ihr eine meergrüne Trübung, oder wie in den meisten Fällen ein weicher, grauer Linsenstaar mit Dehiscenz der Linsensubstanz , (daher Cataracta slellala, glaucomatosa) der Iris ganz anliegend, der Augapfel von härterer Consislenz, seine Beweglichkeit träge. Das Sehvermögen und auch die Lichtempfindung aufgehoben; (subjective Lichlempfindungen sind zuweilen vorhanden, und täuschen sowohl den minder geübten Arzt, welcher noch an das Bestehen von Lichtempfindungsvermögen glaubt, als auch den unglücklichen Kranken). Neuralgische Schmerzen, welche zu verschiedenen Zeiten ihre Anfälle machen, in der Stirne , Wangengegend und der leidenden Kopfhälfte auftreten , martern den Kranken , sie fehlen wohl auch bei manchen Individuen mit ausgebildetem Glaucome.
Die meergrüne Trübung im Hintergrunde des Augapfels , die man als wesentliches Symptom des Glaucomes betrachtet, ist eigentlich nur eine physicalische Farbe, und beruht darauf, dass die blutreiche, dunkel- blaue Aderhaut durch die noch halbdurchsichlige , grauliche Linse durch- schimmert und ein grünliches Colorit gibt. Sie macht daher bei bereits
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ausgebildetem Linsenstaare einer lichteren graulichen Trübung Platz. Da die Gefässe der Choroidea und des Ciliarkörpers einen bedeutenden Einfluss auf die Ernährung der Linse und des Glaskörpers haben, so ist die Bildung einer Cataracte im Verlaufe des Glaucoms begreiflich. Die Erweiterung und Unbeweglichkeit der Pupille beruht auf der Lähmung der Ciliarnerven, ihre oblonge Verziehung wahrscheinlich auf der hauptsäch- lichen Affection der langen Ciliarnerven. Durch Druck und Zerrung der- selben von Seite der Exsudate lassen sich auch die neuralgischen Schmer- zen, ihre Ausstrahlung und Richtung erklären, so wie die totale Amaurose durch Lähmung der Retina in Folge des Druckes, den sie erleidet, bedingt ist. Selbst bei vollkommen entwicheltem Glaucome treten zeitweise Enl- zündungsanfälle auf, welche sich durch wüthende, reissende und bohrende Schmerzen im Auge und den Umgebungen , durch Injection des Subcon- junctivalringes, vermehrte Secretion der Conjunctiva und der Thränen- drüse , Steigerung dieser Zufälle durch Nässe und Einwirkung der Zugluft charakterisiren , den armen Kranken die nächtliche Ruhe rauben, und sich schwer beseitigen lassen.
Das Glaucom ist vorzüglich dem reifen und höhern Alter eigen ; es kommt häufiger bei Frauen als bei Männern vor. Fast immer sind glau- comatöse Individuen gichtischen Zufällen unterworfen , oder waren früher mit der Arthritis behaftet. Häufig gehen unterdrückte Gichtanfälle in den Gelenken der Bildung des Glaucoms voraus. Man begegnet dem Uebel häufig bei der dürftigeren Classe der Israeliten , und kann demnach ver- muthen , dass Mangel der nöthigen Lebensbedürfnisse, Elend und Unrein- lichkeit einen mächtigen Antheil an der Entstehung des Glaucoms haben. Es bleibt nach vollendeter Ausbildung lange Zeit stationär, ohne dass man wesentliche Veränderungen in den Symptomen beobachtete. Leiden ande- rer Sinnesorgane, besonders Schwerhörigkeit und Taubheit gesellen sich bisweilen zur Erblindung. Ein nicht seltener Ausgang ist auch Atrophie des Augapfels, welche auf die zunächst zu besprechende Weise erfolgt.
3. Durch die Ansammlung der Entzündungsproducte an der innern Fläche der Chorioidea, durch die Metamorphose derselben und den Druck, den sie auf verschiedene Gebilde ausüben, wird die Ernährung des Aug- apfels sehr beeinträchtigt, es erfolgt seeundäre Atrophie. Die Choroi- dealexsudate lagern sich an der innern Fläche der Aderhaut als kleine, grauliche, discrete Puncte ab ; wo sie in grösserer Menge erscheinen, wie um den Umfang des Nerv, opticus, so wie am Ciliarkörper, bilden sie dickere Schichten, welche sich gerne incrusliren, und die sogenannten Verknöche- rungen und Concretionen im Innern des Augapfels bilden. Die erdige Ma- terie wird hier in Form von unregelmässig gestalteten Körnchen oder Mas-
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sen abgelagert ; bei weiterer Metamorphose des Blastems erscheinen dunkle, nicht genau begränzte Körper, von denen einfache oder sich verzweigende Aeste nach allen Seiten hin ausstrahlen, die somit den Knochenkör perchen schon ähnlich sind, und auf der höchsten Stufe der Entwicklung ihnen gleichkommen. Es bilden sich im Innern des Auges dann zusammen- hängende schalige Massen oder Platten, welche durch den Druck, den sie ausüben, eine allmählige Resorption des Glaskörpers herbeiführen. Derselbe wird somit weicher, flüssiger, und erscheint als trübe, bräunliche oder gelbliche Flüssigkeit. Man nennt diesen Zustand des Auges, die beginnende Atrophie nämlich, Synchysis, und sie äussert sich durch etwas vermindertes Volumen des Augapfels, verminderte Consistenz desselben, so dass er sich weich und matsch anfühlen lässt, Abplattung der Cornea und Floltiren der Iris von vor- nach rückwärts (Iridodonesis). Mit der Verkalkung und Ver- knöcherung der Exsudate geht häufig auch Fettbildung einher. Es werden Cholestearinkryslällchen im Innern des Auges (im Glaskörper, in der Linse, zwischen der Aderhaut und Sclerotica) abgelagert. Man bemerkt dann an der getrübten Linse kleine metallisch glänzende Schüppchen (Cataracta cholestearina) oder ähnliche bei der Bewegung des Auges zitternde Körper- chen im Glaskörper (Synchysis scintillans) . Der allmälige Eintritt der Atro- phie des Augapfels macht sich in solchen Fällen gewöhnlich bemerkbar. Bei der weitern Entwicklung des Krankheitsprocesses schwindet der Glas- körper völlig und an seine Stelle tritt das veränderte, verkalkte oder ver- knöcherte Exsudat. In dem Masse, als die Verknöcherung des Exsudates und Atrophie des Bulbus fortschreitet, verliert sich allmälig dessen Weich- heit und macht einer fühlbaren Härte Platz. Das Pigment der Chorioidea schwindet in Folge des Druckes, welchen das plastische Exsudat auf selbe ausübt, sie erscheint dann dünner, graulicher. Auch die Krystalllinse muss sich, wenn kalkartige Deposita in derselben auftreten, in Folge des gestör- ten Ernährungsactes verdunkeln, sie schrumpft bisweilen ein, oder verän- dert sich Lage für Lage mit ihrer Kapsel. Der daraus hervorgehende Staar erscheint entweder als Gypsstaar, oder durch Schrumpfung der Linsenfasern an ihren Segmenten als Cataracta dehiscens, stellata oder als Cholestearin- staar. Die Lichtempfindung ist bei solchen Staaren, wegen der krankhaften Processe in den innern Gebilden des Augapfels stets sehr undeutlich, oft ganz fehlend ; Operationen können daher niemals mit der Aussicht auf einen günstigen Erfolg angestellt werden. Wo nicht ein grauer Staar die Ansicht der tiefern Gebilde hindert, können sich die an der innern Fläche der Aderhaut gebildeten Exsudate durch eine schwache, gelblich-grüne Trü- bung in der Tiefe des Bulbus kund geben. Die Veränderung der Netzhaut besteht in einer allmäligen Verdünnung und Atrophie derselben; sie ist
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zuweilen strangförmig zusammengedreht, beim höhern Grade des Leidens fehlt jede Spur derselben. Die Sclera ist bei vorgeschrittener Atrophie be- deutend verdickt, besonders in ihrem hintern Umfange; sie zeigt nach dem Verlaufe der geraden Augenmuskeln Einschnürungen, welche sich auch in der Concretion selbst zuweilen wiederholen. Der gänzlich atrophische Bulbus hat daher seine normale Gestalt verloren, er wird abgeplattet und eckig; von der Cornea sieht man grösstenteils nur mehr ein Rudiment und auch diese verkümmerte, in die Quere verzogene Cornea ist in der Mitte narbig eingezogen, fühlt sich daselbst härtlich, zuweilen knochenhart an, und ist getrübt, so dass dadurch die Ansicht der hinter ihr gelegenen Gebilde ge- nommen ist.
4. Als Ausgang der Choroideitis ist auch der Hydophlhalmus po- sterior und die Bildung von Scleroticalstaphylomen zu betrachten. Die Ablagerung des albuminösen Exsudates erfolgt bisweilen in grösserer Menge, und bedingt eine allmälige Vergrösserung und Formveränderung des Augapfels durch Ausdehnung der Sclera. Geschieht die Ablagerung mehr gleichförmig zwischen Choroidea undSclerotica oder zwischen Choroidea und Retina, so tritt die Volumsvermehrung des Bulbus als Hydrophthalmus poste- rior auf. Die Vergrösserung und vermehrte Hervorragung rindet nicht bloss von Seite der Hornhaut Statt, sondern vorzüglich die Sclerotica ist allseilig umfangreicher, ringförmig ausgedehnt, verdünnt und daher bläulich. Die Iris ist bisweilen zurückgewichen, die Pupille sehr erweitert, die Irisbewe- gungen sehr träge, später tritt vollkommene Iridoplegie ein. Der Augapfel fühlt sich hart, prall und gespannt an ; stechende und reissende Schmerzen in demselben und dessen Umgebung treten besonders Anfangs auf, und gehen in ein Gefühl von Druck und Spannung im Auge über. Auch Licht- scheu, wohl auch Photopsie zeigt sich im Anfange des Leidens. Das Seh- vermögen ist schon frühzeitig beschränkt oder ganz aufgehoben. In der Tiefe des Augapfels bemerkt man eine rauchige, dunkelgraue Trübung. Im weitem Stadium nimmt das Volumen des Bulbus zu, so dass er von den Augenlidern nicht mehr bedeckt werden kann, wesshalb die äussern Augen häute sich entzünden und die Conjunctiva, so wie auch die Lider häufig von Oedem ergriffen werden. Der Augapfel wird auch in seiner Form geändert, sieht dunkelbläulich aus, die Beweglichkeit desselben ist vermindert oder ganz aufgehoben, der humor aqueus erscheint trübe, gelbgrünlich, die Linse und der Glaskörper verdunkeln sich, die Schmerzen werden heftiger und steigern sich selbst zu Delirien und Convulsionen, und endlich kann der verbildete Augapfel bersten.
Findet die Verdünnung und Ausdehnung der Sclerotica nur an ein- zelnen Stellen Statt, so bilden sich dunkelblaue wursl- oder kropfartige
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Hervorragungen, welche man als Staphylo me der Sei erotica bezeich- net. Die Grösse dieser Hervorragungen ist verschieden, so wie auch ihr Sitz. Am häufigsten erscheinen sie nach vorne zu im Umfange der Cornea. Sie wurden auch weiter nach rückwärts im Umfange des Sehnerven beobachtet, daselbst jedoch nicht während des Lebens diagnosticirt. Bildet sich die Verdünnung und Ausdehnung der Sclerolica nach vorne im Umfange des Ciliarkörpers, so hat das Staphylom eine mehr oder weniger ringförmige Gestalt und zeigt selbst deutliche Einkerbungen (Slaphyloma corporis cilia- ris). Je mehrere solche Hervorragungen der Sclerotica entstehen, desto mehr wird die Form des Bulbus verändert; derselbe wird höckerig, uneben, grösser in seinem Volum, so dass ihn selbst die Augenlider kaum mehr de- cken, in welchem Zustande man die Krankheit Cirsopthalmus oder Cir- sophthalmie nennt. Niemals jedoch sind die hervorragenden Wülste aus- gedehnte Venen, da bei der Punction derselben eine seröse Flüssigkeit oft im Bogen heraussprilzt. Es ist jedoch neben dem flüssigen Exsudate eine mehr weniger bedeutende Menge faserstoffiger Producte abgelagert, daher man sowohl an der innern Fläche der Sclera als der Choroidea Schichten geronnenen Faserstoffs angelöthet findet. Dadurch bilden sich leicht Ver- wachsungen im Innern des Auges; am innigsten ist die Verwachsung zwi- schen Sclera und Choroidea an der Stelle der Hervorragung. Die Cornea ist meistens etwas abgeflacht und oberflächlich getrübt durch stärkere Spannung ihrer Fasern. Die Sclerotica wird daselbst sehr verdünnt ange- troffen, es kommen auch wirkliche Durchlöcherungen derselben in Folge von Resorption ihres Gewebes vor, worauf die Choroidea nach auswärts getrieben wird und eine Hernia choroideae darstellt, da sie von der Binde haut bedeckt ist. Es kann bei Scleroticalstaphylomen durch zunehmende Ausdehnung auch zur Berstung kommen, wodurch sich flüssige Exsudate, Blut und zuweilen die Linse und ein Theil des Glaskörpers nach aussen entleeren. Auch Blutergiessungen im Innern des Augapfels erfolgen in solchen Fällen durch starke Ausdehnung und Spannung der Gefässe.
Die genannte Verbildung des Augapfels ist zuweilen schmerzlos; allein in manchen Fällen treten durch die starke Spannung der Augenhäule und durch die Zerrung der Ciliarnerven heftige Schmerzen ein, welche consecutive Rölhung und Injection der Conjunctiva bulbi, besonders des Subconjunctivalringes nach sich ziehen. Das Sehvermögen ist beim höhein Grade des Leidens, so wie, wenn Scleroticalstaphylome sich in der hintern Partie des Augapfels entwickeln, aufgehoben; kommen die Staphylome nur im Umfange der Cornea vor, so kann noch Sehvermögen, wohl nur im geschwächten Zustande, bestehen.
Zur Entstehung der Scleroticalstaphylome geben ausser der chroni-
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sehen Entzündung der Choroidea noch Quetschungen und Verletzungen des Augapfels Veranlassung, wodurch Berstung der Choroidea oder des Ciliarkörpers und Blutergiessung erfolgt. Auch Ablagerung krankhafter Producte im Innern des Auges kann eine solche Verbildung zur Folge haben. Ob die genannten Staphylome degeneriren können, ist noch nicht entschieden; die Melanosis bulbi jedoch kann ganz unter den äussern Er- scheinungen eines Cirsophthalmus auftreten, in welchen Fällen eine explo- ratorische Punction vielen Aufschluss verschaffen kann. Das Staphylom der Sclerotica kann auch mit Staphylom der Cornea und Iris, mit Glaucom, mit Amaurose, mit Cataract complicirt sein.
Die Prognose richtet sich bei allen bisher genannten Krankheitsfor- men nach dem Grade der Krankheit und der Dauer derselben, sie hängt auch von der Möglichkeit ab, die ursächlichen Verhältnisse zu beseitigen. Es ist in manchen Fällen der ungünstigen Verhältnisse des Kranken wegen sehr schwer, eine blosse Hyperaemie der Choroidea zu bekämpfen. Unge- wiss ist die Prognose bei acuter, ungünstig bei chronischer Choroideitis. Das bereits ausgebildete Glaucom gestaltet nicht einmal Aussicht auf Besser rung. Hoffnungslos ist der Fall, wenn bereits Atrophie des Augapfels ein- getreten ist.
Beseitigung der Ursachen und möglichste Ableitung von dem Auge sind die leitenden Grundsätze der Behandlung. Der mit Hyperaemie der Choroidea Behaftete strenge sein Auge so wenig als möglich an, oder ent- schlage sich gänzlich für einige Zeit seiner Beschäftigung. Grelles Licht werde durch graue oder blaue Gläser gemildert. Die Diät sei reizlos, be- stehe in wenig Fleischnahrung; zum Getränke diene Wasser, höchstens kann wenig slarkgewässerter Wein gestattet werden. Der Kranke vermeide jede Erhitzung und Anstrengung des Körpers, jede Beschäftigung mit kleinen glänzenden Gegenständen besonders beim Feuer. Da der Einfluss der Ge- mülhsaffecte auf diese Krankheiten entschieden ist, so sei man auch darauf bedacht und nehme den kräftigen Willen des Kranken in Ansprueh. Einem stärkern Blutandrange gegen Kopf und Augen begegne man durch Blut- entleerungen (Blutegel, blutige Schröpfköpfe), kalte Ueberschläge, kalte Begiessungen des Kopfes oder kalte Douche, durch antiphlogistische Pur- gantia, kühlende Gelränke, Nitrum, ziehende warme Fussbäder etc. Die freie Circulalion des venösen Blutes ist stets zu unterhallen, daher Ecco- prolica, Miltelsalze (Cremor tart. mit Nitrum), solvirende und purgirende Pillen, auflösende Mineralwässer (Mühlbrunnen, Kreuzbrunnen, Eger-Salz- quelle , Pillnaer Wasser) zweckmässig verordnet werden. Letztere Mittel passen vorzugsweise bei Unterleibskrankheiten und Stockungen im Leber- und Pforladersysteme. Dem Torpor des Darmkanals wird zuweilen durch
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kalte Clystiere abgeholfen. Bei Haemorrhoiden und Anomalien der Men- struation sei man darauf bedacht, dass diese heilsamen Blutungen wieder auftreten (Blutegel um den After, an die innere Fläche der Schenkel, Senf- teige daselbst, die warme Uterusdouche). Auf die Augen selbst wende man nichts an, als zeitweise kalte Ueberschläge. Dieselbe Behandlung erfordert die chronische Entzündung der Choroidea, bei welcher man sich noch kräf- tigerer Ableitungen auf die Haut (Fontanelle, reizende Pflaster, Vesicatore), besonders auf den Oberarm oder die Nackengegend bedient, und in die Um- gebung des Auges Ungt. hydrarg. ein. Drachm. 2 mit 6 — 8 Gr. Opium ein- reiben lässt.
Die acute Entzündung der Choroidea erfordert strenge Antiphlogose, ein rasches, entschiedenes Einwirken. Es gelingt zuweilen, durch Ader- lässe, oder eine genügende Anzahl von Blutegeln und blutigen Schröpf- köpfen, durch Purgantia anliphlogistica und reichliche Dosen von Calomel die Entzündung zu heben. Bei allen den genannten Entzündungsformen ist das Allgemeinbefinden des Kranken und der Zustand seiner Verdauungs- organe vorzüglich zu berücksichtigen. Daher bei Schwächezuständen to- nische Mittel unumgänglich nöthig sind. Insbesondere ist die China und das Chinin bei der chronischen Form der Choroideitis und bei passiver Hyperaemie ihrer Gefässe (Gesichtsschwäche, Muscae volilantes) als ein schätzbares Mittel zu empfehlen. Je remiltirender der Character der Krank- heit, desto schätzbarer ist die Rinde als Heilmittel. Mackenzie hat in eini- gen Fällen von Choroideitis das Kali arsenicosum 3mal täglich V8!I Gran in Pillenform mit Erfolg angewendet.
Beim noch nicht völlig entwickelten Glaucom gelingt es durch die gegen Choroideitis chronica empfohlene Behandlung öfters, den Krankheits- process aufzuhalten und wenigstens Ein Auge längere Zeit zu erhalten. Solche Kranke müssen sich vor Zugluft, Durchnässung und Gemüthsaffecten sehr in Acht nehmen, ihr Gesicht nicht kalt waschen und beständig eine Ableitung auf der Haut unterhalten. Der Gebrauch von Schwefelbädern gegen die Gichtzufälle ist zu widerrathen, da der Krankheitsprocess am Auge sich dadurch um so rascher entwickelt. Gegen die heftigen Schmerzen be- diene man sich der äussern Anwendung der Opiate. Beim ausgebildeten Glaucom ist oft nichts anders zu thun, als die Schmerzen durch Narcotica zu beschwichtigen. Bei intermillirendem Character der Schmerzen mit gleich- zeitigen Entzündungsanfällen ist das Chinin das wirksamste Mittel.
Wir kennen bisher kein Mittel, um der beginnenden Atrophie des Aug- apfels Einhalt zu thun und das Sehvermögen in diesem Falle zu erhalten. Mer- curialia mit tonischen Mitteln (Sassaparilla) werden hin und wieder empfohlen.
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Auch die Cur des Hydrophthalmus posterior gelingt höchst selten. Eine zweckmässig durchgeführte Sublimatcur, Jodpräparate, ätherisches Terpen- tinöl, die künstliche Erregung einer krankhaften Secrelion (Einziehung des Eiterbandes im Nacken) kann in einzelnen Fällen verursacht werden. Bei Staphylomen der Sclerotica werden die zeilweise eintretenden heftigen Schmerzen durch öftere Punctionen der hervorragendsten Stellen mittelst einer Staarnadel am schnellsten und sichersten gehoben. Auch lässt sich durch Einstiche mittelst eines Staarmessers und Entleerung einer grössern Quantität des Exsudates und des humor vitreus oft eine Formverbesserung des Augapfels herbeiführen. Ist die Verbildung umfangsreicher, so ist nur die partielle Exstirpation (Amputation) des Bulbus oder selbst dessen totale Exslirpation angezeigt, letztere vorzüglich, wenn man eine Degeneration des Bulbus vermulhen, oder bedeutende Blutungen nach der Amputation des Bulbus befürchten müsste.
6. Die Entzündung des ganzen Augapfels (Ophthalmitis).
Diese ergreift alle Gewebe desselben schnell und verbreitet sich auch auf die umgebenden Theile. Ihre Ursachen sind heftige Verletzungen des Augapfels und Pyaemie. Entsteht sie aus erslerer Ursache (Ophthalmitis phlegmonosa oder traumatica), so tritt sie unter folgenden Erscheinungen auf: Anfangs erscheint die Bindehaut oedematös geschwellt und gerölhet (Chemosis serosa) ; die wässrige Feuchtigkeit ist getrübt, die Iris entzünd- lich verändert, die Pupille contrahirt; die Krankheit kann leicht mit Iritis verwechselt werden. Die Linsenkapsel wird zuweilen getrübt; im Grunde des Augapfels und in der Orbila wülhet ein heftiger, klopfender Schmerz, der sich bis in die Schläfe und Stirn erstreckt und von dem Gefühle beglei- tet ist, als wäre der Augapfel für die Orbita zu gross. Das Auge ist gegen das Licht sehr empfindlich, es treten Lichlerscheinungen ein, verschwinden aber allmälig, da die Netzhaut durch Texlurveränderung alsbald unempfindlich wird. Im weiteren Verlaufe erscheint der Augapfel mehr aus der Orbita hervorgedrängt. Dieses Hervorquellen beruht nicht allein auf einem innern Ergüsse und Eiterung in demselben, sondern vorzüglich auf einer Er- giessung in die Augenkapsel. Der Bulbus ist sehr starr, indem der Schmerz und die Geschwulst jede Conlraction der Muskeln unmöglich macht. Bleibt die Linse und ihre Kapsel durchsichtig, so erscheint die Glasfeuchtigkeit in Folge einer Eiterergiessung grünlich. Zuletzt entsteht Eilerinfiltration und Absterben der Cornea, diese löst sich ab, das Auge läuft aus und der Bul- bus wird atrophisch. Zuweilen berstet die Sclerotica oder nur die Kapsel, der Augapfel bleibt ganz, wird aber auch dann atrophisch. Das Allgemein- leiden ist meistens sehr heftig und besteht in Angst, Schlaflosigkeit, Deli-
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rien und zuweilen Convulsionen. Vollständige Genesung ist sehr selten. Bisweilen nimmt das Leiden einen tödtlichen Ausgang durch Verbreitung der Entzündung auf die Gehirnhäute. Wenn das Uebel durch Pyaemie her- vorgerufen wurde, wie es nicht selten nach Phlebitis uterina bei Wöchne- rinnen geschieht (Ophthalmophlebitis) , so ist der Ausgangspunkt grössten- teils die Chorioidea. Es tritt unter den allgemeinen Symptomen der Venen- entzündung plötzlich vollkommene Blindheit ein, mit oder ohne schnell eintretende Lichtscheu und feurige Gesichtserscheinungen, unter Gefühl von Druck und Brennen im Auge. Die Bindehaut des Augapfels schwillt zu serösen Wülsten an, die Sclerotica ist in einzelnen Stellen dunkler ge- färbt, livide. Die Iris ist entzündlich entfärbt, unbeweglich, die Pupille klein, winklich, die hintere Wand der Cornea getrübt. Bisweilen erscheint Eiteransammlung in der vordem Kammer, in vielen Fällen auch Trübun- gen der vordem Kapsel durch Exsudationen. Die Schmerzen nehmen zu, der Bulbus wird unbeweglich und erscheint etwas grösser. Vor dem Tode schwinden meist alle genannten Erscheinungen ausser der Blindheit und Unbeweglichkeit der Iris. Die Krankheit endet sonst auch in Amaurose oder in Atrophie des Bulbus.
Die Symptome der traumatischen Ophthalmitis sind daher der durch Eiterresorption bedingten sehr ähnlich und weichen nur dadurch ab, dass bei der letztem die amaurotischen Erscheinungen den entzündlichen vor- hergehen.
Bei der Ophthalmitis traumatica ist die zu empfehlende Behandlung eine kräftige Antiphlogose; Aderlässe, Blutegel oder blutige Schröpfköpfe, Purganzen, so wie grosse Gaben von Calomel in Verbindung mit Opium haben bisweilen einen günstigen Erfolg. Im ersten Stadium der Krankheit sind kalte Ueberschläge, später, wenn einmal Zeichen der Eiterung eintre- ten, warme Breiumschläge die besten örtlichen Mittel. Letztere sind oft allein im Stande, die heftigen wüthenden Schmerzen zu lindern. Zuletzt kann man auch den serösen oder eitrigen Erguss entleeren, Indem man einen Einschnitt in die Bindehaut macht, und das Messer hinterwärts an der Seite des Augapfels zwischen diesem und der untern und innern Wand der Orbita hinführt , so dass man den Muskeln rect. infer. und internus vermeidet. In der Ophthalmophlebitis , welche nach Fiebern eintritt , hat man von der innern Anwendung der China gute Erfolge gesehen. Ins- besondere hat sie Wallace auch in solchen Fällen mit gutem Erfolge gege- ben, wo die Mercurialpräparate ohne Wirkung blieben.
Die Atrophie des Bulbus , welche nach eitriger Zerstörung desselben durch die eben beschriebenen Entzündungsformen , durch die Ophthalmo- blennorrhoe , oder nach bedeutender Verletzung und Ausfluss der Feuch-
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tigkeiten des Augapfels zurückbleibt, kann man Ophthalmophthisis nennen. Auf die dabei eintretende Schrumpfung- der Sclerotica haben die geraden Augenmuskeln einen grossen Einfluss. Sie ziehen den Bulbus mit sich in die Orbita zurück, wo nur das Fett einen geringen Widersland leistet, so dass das Auge oft die Form eines Hutpilzes erhält. Zugleich drücken sie in ihrem Verlaufe die noch übrigen Contenta des Bulbus zusammen , so dass sich in dem atrophischen Auge Einkerbungen , die dem Verlaufe der geraden Muskeln entsprechen, beobachten lassen. Die Sclerotica gewinnt in dem Masse, als sie sich zusammenzieht, durch Contraction ihres Faser- gewebes an Dicke. Die Atrophie eines Auges zieht nach längerer Zeit auch die Atrophie des entsprechenden Sehnerven nach sich, und hat zu- weilen Verkleinerung der Orbita zur Folge.
III. Entzündung der Thränenorgane.
Die Entzündung derThränendrüse, welche ihrer versteck- ten Lage wegen schädlichen Einwirkungen mehr entzogen ist , gehört zu den seltensten Krankheiten. Sie würde sich ausser der Functionsslörung dieses Organs und dem heftigen Schmerze in der besagten Gegend noch wegen der Volumszunahme durch ihren Einfluss auf die Stellung und Be- weglichkeit des Augapfels, so wie durch Spannung, Anschwellung und Rölhe des obern , wohl auch des untern Augenlides erkennen lassen. Sie kann in Zertheilung oder Abscessbildung endigen. Die Behandlung ist die gewöhnliche antiphlogistische. Abscesse in der Thränendrüse oder in der Gegend derselben , so wie Wunden derselben haben bisweilen eine Thränendrüsenfistel zur Folge, nämlich eine feine Öffnung am obern Augenlide, durch welche man in die Thränendrüse gelangt, und aus wel- cher von Zeit zu Zeit ein Thränentröpfchen hervordringt. Alle Versuche, eine solche Fistel zur Heilung zu bringen, sind meistens erfolglos , das Uebel übrigens geringfügig. Viel häufiger besteht eine Reizung der Thränendrüse, welche mit vermehrter Absonderung der Thränen ver- bunden ist Der Thränenfluss durch vermehrte Thränensecrelion , so dass die ableitenden Thränenwege sie nicht aufnehmen können, heisst Epiphora. Nur sehr selten ist die Epiphora eine primäre, selbstständige Krankheit, sondern meistens symptomatisch bei jeder Reizung der Verzweigungen des Trigeminus, daher bei vielen Ophthalmien, namentlich bei scrofulösen mit starker Lichtscheu verbundenen zu beobachten. Auch im Typhus ver- salilis, bei hysterischen und hypochondrischen Paroxysmen, und besonders nach acuten Exanthemen, wie Masern, Scharlach stellt sich Epiphora ein, die oft durch längere Zeit anhält. Die symptomatische Epiphora erfordert
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die Behandlung- und Beseitigung des zu Grunde liegenden Krankheitszu- standes; bleibt sie nach Hebung desselben längere Zeit zurück, so suche man die übermässige Empfindlichkeit und vermehrte Secretion durch Bähun- gen mit Aq. dest. Opii oder mit einer Lösung- von Sublimat mit etwas Opium- tinclur zu beschränken.
Die En tz ü n d ün g- des Th ränen s acks (Dacryocyslitis) ergreift entweder das umgebende Zellgewebe und die fibröse Hülle, welche den Thränensack nach aussen deckt, oder die Schleimhaut, welche ihn ausklei- det. Erstere wird auch die entzündlicheNasenwinkelgeschwulst (Anchylops) genannt. Nach vorausgegangener Spannung erhebt sich im innern Augenwinkel in der Gegend des Thränensackes eine harte, bohnen- grosse nicht genau begränzte, hochrothe Geschwulst, welche schnell zu- nimmt, sich über die Augenlider und die Wange verbreitet, wo sich zugleich eine erysipelatöse Rüthe zeigt. Der Kranke empfindet Anfangs grössere Spannung, später heftige, reissende, stechende, bohrende Schmerzen, die Thränencarunkel und membr. semilunaris sind angeschwollen und geröthet, die Aufsaugung der Thränen fast immer unterbrochen, daher Thränenträu- feln vorhanden, oft fieberhafte Zufälle zugegen. Die Entzündung endet in Zertheilung oder geht in Eiterung über. Im letztern Falle bildet sich ein Abscess, welcher nach aussen aufbricht und eine unebene eiternde Fläche mit ziemlich stark gewulsteten Rändern darstellt, welche man das Nasen- wi nkelgeschwür (Aegilops) nennt. Es kann aber durch die Eiterung auch die vordere "Wand des Thränensackes zerstört werden, so wie sich die äussere Entzündung des Thränensackes sehr häufig mit der Schleim- hautentzündung combinirt. Bilden sich durch verbreitete Zellgewebseiterung und Eitersenkung Hohlgänge und Fisteln nach dem untern Augenhöhlen- rande und der Wange zu, so ist diess als äussere incomplete Thränensack- fistel zu betrachten, welche jedoch bei Durchbohrung der vordem Wand des Sackes zu einer completen werden kann.
Die Entzündung der Schleimhaut des Thränensackes ist meistens seeundär, indem sich die Entzündung der Nasenschleimhaut oder die der Bindehaut auf sie fortsetzt. Eine ziemlich genau begränzte, bohnen- förmige Geschwulst in der Gegend des Thränensackes, Röthe der Haut, die sich nicht weit über die Geschwulst ausbreitet, spannende, stechende Schmer- zen, gestörte Ableitung der Thränen. daher Thräncnträufeln und Trocken- heit der Nase sind die gewöhnlichen Symptome dieser Entzündung. Diese kann sich auf die Schleimhaut des ganzen Thränenschlauches erstrecken, oder aber auf den Thränensack sich beschränken. Veranlassung dazu geben häufige catarrhalische Erkrankungen der Nasenschleimhaut, Quetschungen und Verwundungen der Thränensackgegend, Reizung der Schleimhaut
M e y p , Augenheilkunde S
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durch scharfe Stoffe, Entzündung- der Conjunctiva der Augenlider, Gesichts- rothlauf, gastrische Reize. Dyscrasische Leiden haben ganz gewiss einen Einfluss, indem bei scrofulösen und syphilitischen Individuen diese Entzün- dung häufiger vorkommt. Die grüsste Disposition bildet aber der chronische Schleimfluss des Thränensackes, welcher bei der geringsten catarrhalischen oder rheumatischen Reizung in acute Entzündung übergeht.
Die Ausgänge dieser Entzündung sind Zertheilung und Eiterung-. Hat sich unter den gewöhnlichen Erscheinungen ein Abscess gebildet, so ent- leert sich bei der Eröffnung desselben mit Thränen gemischter Eiter, worauf die Geschwulst fällt und nur die Gegend des Thränensackes noch aufgetrie- ben und geröthet zurückbleibt. Die Folgen dieser Entzündung sind ver- schieden und hängen von der normalen oder krankhaften Beschaffenheit des Thränenschlauches und der denselben umgebenden Knochen ab. Bleibt die Oeffnung- des Thränensackes nach der Entleerung des Eiters permanent, so ist diess als eine complete Thränensackfistel zu betrachten. Zuweilen entstehen ulceröse Zerstörungen des Thränensackes, wodurch auch die nahegelegenen Knochen entblösst und cariös werden. Andere Folgen sind Verwachsung der Thränenkanälchen, der Schleimfluss und die Erweiterung des Thränensackes, von welchen Uebeln später gehandelt wird.
Die Dacryocystitis erfordert ein antiphlogistisches Verfahren. Bis- weilen gelingt es, durch Anwendung kalter Ueberschläge (vorzüglich bei traumalischer Entzündung) oder lauer, bleihaltiger Fomente (Aqua Goulardi oder aqua saturnina) die Zertheilung herbeizuführen. Bei erysipelatöser Röthe und oedematöser Geschwulst gibt man dem Blei den Vorzug. Da die Entzündung eine grosse Neigung zur Eiterung hat, so wird man in den meisten Fällen sogleich zur Anwendung der Cataplasmata emollientia schreiten können, deren Wirkung man durch Leitung erweichender Dämpfe in die Nasenhöhle der leidenden Seite mittelst eines trichterförmig- zu- sammengerollten Papieres unterstützt. Selbst die Zertheilung wird durch Anwendung erweichender Mittel bisweilen noch herbeigeführt. Hat sich Eiterung gebildet, so überlässl man die Eröffnung des Abscesses der Natur, oder man eröffnet ihn mit einem spitzigen Bistourie, welches man in die Geschwulst einsenkt und die Oeffnung nach unten und aussen erweitert, wobei man gewöhnlich hinter dem Kranken steht. Man setzt nach eröffne- tem Abscesse die erweichenden Umschläge so lange fort, bis die Härte in der Umgebung der Oeffnung schmilzt, oder man wendet zu diesem Zwecke das Ungt. hydr. ein. oder ein erweichendes Pflaster (Empl. Cicuta, Hydrarg. Diach. comp, aa.) an. Die Behandlung der etwa eintretenden Folgezustände findet später ihre Erörterung.
115 IV. Entzündungen der Gebilde der Orbita.
Sie betreffen 'entweder das Zellgewebe oder die fibröse Hülle der Orbita.
Das Zell- und Fettgewebe der Orbita ist nur selten der Sitz einer phlegmonösen Entzündung und Eiterung. Sie ist höchst wichtig wegen des Gefäss- und Nervenreichthums der Orbita und wegen der Nähe der benachbarten Schädelhöhle. Sie charakterisirt sich durch einen sehr heftigen, tiefsilzenden Schmerz, der sich über den ganzen Kopf erstreckt, und von Spannung und dem Gefühle, als wäre die Orbita für den Aug- apfel zu klein, begleitet ist. Da die knöcherne Orbita nicht nachgeben kann, so wird der Augapfel durch die Anschwellung des Zellgewebes vorwärts getrieben und die Lider werden auseinander gedrängt, zugleich geröthet und ödematös. Der geringste Versuch, das Auge zu bewegen, verursacht lebhaften Schmerz, daher es der Kranke ganz starr hält. Durch die von Affection des Ganglion ciliare bedingte Erweiterung der Pupille und durch Druck auf den Bulbus wird das Sehvermögen bedeutend gestört. Diese Erscheinungen begleitet entzündliches Fieber, der Kranke delirirt häufig. Die Krankheit kann sich bis zu den Hirnhäuten fortsetzen und daher auch tödtlich endigen. Mit dem Fortschreiten der Krankheit steigern sich die Symptome zu einer bedeutenden Höhe; der Bulbus wird selbst vor die Augenlider herausgetrieben (Exophthalmus) ; die Retina verliert unter sol- chen Umständen die Empfindlichkeit gegen das Licht gänzlich, der Kranke fühlt klopfende Schmerzen und öfters Schüttelfrost; es erfolgt Eiterung in der Orbita, ohne dass eine Erleichterung eintritt, da die knöchernen Wände der Orbita nicht nachgeben können. Endlich bahnt sich der Eiter einen Weg entweder durch das Augenlid an einer Stelle des Orbitalrandes, oder unter dem Augenlide, in welchem Falle er eine Falle der Conjunctiva vor- wärts drängt und durchbohrt.
Die Krankheit combinirt sich auch mit einer Entzündung des Aug- apfels, welche an der Conjunctiva und Sclerolica beginnt und sich auf die Iris und die tiefern Gebilde fortpflanzt. Ihre Ausgänge sind ausser der Eiterung auch Verhärtung durch Infiltration des Zellgewebes und Amaurose durch Druck auf den Sehnerven.
Kommt ein solcher Fall frühzeitig zur Behandlung, so ist strenge Antiphlogose nothwendig. Reichliche Blutentleerungen, Ruhe und anti- phlogistische Diät, Abführmittel und grosse Dosen von Calomel bis zum Speichelfluss nebst Einreibung der Quecksilbersalbe mit Opium in die Sup- raorbitalgegend werden sich zuweilen wirksam zeigen. Sobald sich jedoch die ersten Spuren der Eiterung zeigen, suche man durch warme Breium-
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schlage dieselbe zu befördern. Ist irgendwo Fluctuation bemerkbar, so er öffne man den Abscess entweder durch die Conjunctiva zwischen dem Augen- lid und Augapfel oder durch das Augenlid selbst. Wenn die Symptome die Gegenwart von Eiter andeuten, ohne dass sich Fluctuation fühlen lässt, so mache man mit einer Lanzette einen Einschnitt in der Gegend, wo man die Eiterung vermuthet, mit der nöthigen Vorsicht, wichtige Theile nicht zu verletzen.
In andern Fällen ist der Sitz der Entzündung das Periostium der Orbita. Die Periostitis der Orbita (Periorbitis) entsteht in Folge von Verletzungen, von Verkühlungen, in Folge mancher Dyscrasien, vorzüglich der Scrofulosis und Syphilis, und auch durch Verbreitung der Entzün- dung von benachbarten Theilen. Ihre Symptome sind Anfangs ein heftiger reissender Schmerz in der Augenhöhle, der sich auch auf die benachbarte Stirn- und Schläfengegend verbreitet mit leichler Fieberbewegung. Später schwellen die Augenlider ödemalös oder erysipelatös an, die Conjunctiva bulbi wird geröthet und ödematös. Der Verlauf ist in der Regel langsam. Die Krankheit des Periostiums hat immer einen bedeutenden Einfluss auf die Knochen. Die Ausgänge des Leidens sind demnach 1. Zertheilung in seltenen Fällen und bei geringem Grade des Leidens. 2. Eiterung; es bil- det sich ein Abscess in der Orbita und durch Zerstörung der Gewebe kön- nen Adhaesionen zwischen den naheliegenden Theilen, insbesondere zwi- schen diesen und dem Augapfel eintreten. 3. Caries oder Necrose der Orbitalknochen. Die Symptome der letzteren sind: Eine fistulöse Oeffhung an irgend einer Stelle, welche callös oder fungös ist; die Haut um dieselbe ist hart, geröthet, deprimirl und in die Orbita hineingezogen, das Lid ver kürzt und dadurch bisweilen Ectropium oder Unmöglichkeit das Auge zu schliessen (Lagophthalmus) verursacht. Es besteht Ausfluss einer eitrigen Flüssigkeit in grösserer Menge, als dass sie von dem fistulösen Gange allein geliefert werden könnte. Mit einer Sonde kann man bis in die Orbita hin- eindringen und fühlt meistens ein blossgelegtes, rauhes, bisweilen beweg- liches Knochenstück ; zuweilen jedoch machen fungöse sich vordrängende Wucherungen die Wahrnehmung desselben bei der Sondirung unmöglich. Die Abstossung solcher Knochenstücke erfolgt zeilweise unter dem Eintritte heftigerer Schmerzen oder einer ziemlich intensiven erysipelatösen Entzün- dung der Lider oder der ganzen Gesichtshaut. Die Krankheit kann die untere oder innere Wand der Orbita zerstören, der Ausfluss kann in die Nasenhöhle oder in den Sinus maxillaris gelangen. Sie kann in der Tiefe der Orbita (am Keilbeine) bestehen, wobei das Auge amaurotisch ist, ohne dass äusserlich sichtbare Symptome des Leidens auftreten. Die Einwirkung auf den Augapfel besteht zuweilen in einer partiellen oder totalen Deslruc-
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tion desselben, die in manchen Fällen durch den Lagophthalmus herbeige- führt wird. Eine blosse örtliche Untersuchung macht die Bestimmung-, wes- sen Ursprunges der Krankheitsprocess sei, unmöglich. Die anamnestischen Data müssen hier entscheiden, so wie andere gleichzeitig am Körper be- stehende Affectionen. Die Prognose ist zweifelhaft, günstiger noch bei trau- matischer als bei dyscrasischer Ursache. Was die Behandlung betrifft, so muss bei Caries die ulceröse Zerstörung sistirt, bei Necrose die Exfoliation der abgestorbenen Knochenpartien befördert werden. Diese geht im Zeit- räume von einem bis mehreren Monaten vor sich. Dazu dient die Erweite- rung der fistulösen Oeffnung, die Einführung eines in Oel getauchten Lein- wandläppchens oder einer Charpiewicke ; fungöse Granulationen sind mit dem Lapis inf. zu zerstören. Jeden zweiten oder dritten Tag soll eine starke Lösung von Nitras arg. eingespritzt werden, oder man führe einen zuge- spitzten Höllenstein bis zum blossgelegten Knochen. Die Abstossung des Knochens ist nicht jederzeit sinnlich wahrnehmbar. Wir haben auch keine sichern Kennzeichen, dass der Knochen geheilt ist, indem sich die Fistel bei noch erkranktem Knochen schlicssen kann. Bei der Behandlung dieses Uebels ist es höchst wichtig, auf ein mitbestehendes Allgemeinleiden Rück- sicht tax nehmen. Bei scrofulösen Individuen passen daher Tonica, China, die Landluft etc. Die als speeifisch gerühmten Mittel (Asa foetida, aeidum phosphoricum) scheinen ohne Erfolg zu sein.
Fall. F. F., 26 Jahre alt, Hausknecht, war seit seiner Jugend stets gesund und ist ein ziemlich gut genährtes , kräftig aussehendes Individuum. Er trat den 16. Jänner 1851 in die Clinik ein. Die gegenwärtige Krankheit begann vor 6 Monaten und zwar nach Aussage des Kranken durch die Einwirkung der Zugluft und Verkühlung , da er im kalten Wasser stehend beschäftigt war. Er verspürte am Abend desselben Tages heftige ziehende und rcissende Schmerzen in der Umgebuug der linken Augenhöhle, in den benachbarten Knochen und in der Nase. Es trat Geschwulst und Röthe um das Auge herum hinzu , welcher Zustand gleichzeitig von Fieber begleitet, 4 Tage lang anhielt, worauf Geschwulst und Röthe sich verminderten, die Schmerzen aufhörten, jedoch eine eiterartige Secretion am innern Augenwinkel sich einstellte. Das Sehvermögen war bisher normal, die Eröffnung des Auges nicht gestört. Vor zwei Monaten bildete sich, abermals nach einer Verkühlung, von Neuem eine Geschwulst und Röthe um das Auge herum mit heftigen Knochenschmerzen, und nach 3 Tagen brach am obern Augenlide unter den Orbitalrande ein Abscess auf, aus welchen sich pu- rulente Materie entleerte. Seit dieser Zeit konnte Pat. die Augenlider nicht mehr öffnen, war jedoch von Schmerzen frei. Vor 14 Tagen gingen kleine Knochen- stückchen aus der Oeffnung ab. Bei seiner Aufnahme fand man die Lider des rechten Auges geröthet, abgeplattet, unbeweglich, am obern Lide gerade unter dem Rande des Daches der Orbita eine mit Fungositaeten besetzte und Eiter ergiessende Oeffnung, durch welche man mittelst der Sonde in einen von fun- gösem, leicht blutenden Gewebe ausgefüllten Gang gelangle, welcher zur obern Wand der Orbita führte, an der man eine rauhe etwas gelockerte Knochenstelle
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verspürte. Die Lidspalte verwachsen, bloss nach innen zu besteht eine etwa V" lange Spalte, und nach innen von ihr in der Gegend des innern Augenwin- kels eine feine Oeffnung, durch welche die Sonde in die Thränensackgegend führt, ohne jedoch in denselben gelangen zn können. An der Lidspalte fungöse Stellen. Der Bulbus, so viel sich durch die Lider hindurch fühlen liess, kleiner, minder consistent, in seiner Bewegung sehr gehemmt. Es wurden erweichende Umschläge angeordnet. Am 22. Febr. wurde der Kranke, nachdem einige Tage Kopfschmerz vorausging, plötzlich von Fieber mit heftigerem Kopfschmerz be- fallen; Stuhlverstopfung; am nächsten Tag stellte sich Gesichtserysipel ein, der Athem erschwert; Puls 120. (Venaesect. Unz. 10. Emuls. nitrat.; Klystier mit Küchensalz; Erweiterung der Oeffnung durch Einschnitte und Cataplasm. emoll.) Den 24. Besserung; Puls 98, Kopfschmerz gelinder, das Erysipel ausgebreitet. In den nächsten Tagen besserte sich der Zustand etwas, Puls 80, jedoch der Kopf- schmerz heftig, dabei leichtes Delirium. Am 27. Febr. Pat. hustet blutige, dick- schleimige Sputa aus, die Respiration etwas rauher, nach hinten und unten Cre- pitation ; das Erysipel geht in Abschuppung über; der Ausfluss aus der Oeffnung sehr gering; der Puls langsamer, schwächer. Am 28. Pat. transpirirte sehr stark, die Respiration ruhiger; beim tiefen Einathmen Schmerz an der untersten Stelle des thorax, Puls 82. Der Zustand besserte sich in den nächsten Tagen etwas , die Gesichtshaut war abschuppend, die Respirationsbeschwerden geringer, der Kopfschmerz minder heftig, Durst gelinder, der Puls verminderte sich stets an Frequenz und sank auf ^8 Schläge; der sehr rothe und trübe Harn machte viel Sediment von Harnsäure. Am 6. März. Bedeutende Erleichterung, Puls 60; Harn klarer; aus der Oeffnung entleert sich reichlicher Eiter. Am 10. März fühlte sich Pat. wieder vollk' ."• men wohl. Am 6. April traten abermals heftige Kopf- und Supraorbitalschm. xn ein, welche durch 3 bis 4 Tage anhielten. Am vordem Rande der Orbita igte ein bewegliches Knochenstück mit der Spitze durch die Oeffnung hervor, welches den 19. April durch die Natur abgestossen wurde. Am l. und 2. Mai bildete sich eine Anschwellung mit drückenden Schmerzen am innern Winkel, gegenüber dem Thränensacke, daselbst entstand eine kleine Oeffnung, aus der sich Eiter entleerte, welche hierauf durch einen Einschnitt erweitert wurde. Die Absonderung an der obern Oeffnung hörte fast ganz auf. Am 7. Mai verliess Pat. bedeutend gebessert das Krankenhaus.
V. Von dem Einflüsse der constitutionellen Erkrankungen (Dyscrasien) auf die Augenentzündungen. Die speeifischen
Ophthalmien.
Es wurde bereits erwähnt, dass Krankheiten des Gesammtorganismus einen unverkennbaren Einfluss auf die Entstehung und Gestaltung der Augenentzündungen äussern und jeder praktisch beschäftigte Augenarzt wird von dem Gesagten genügend überzeugt sein. Wir nennen daher jene Ent- zündungsformen, welche durch Dyscrasien entweder hervorgerufen oder un- terhalten werden, unechte oder speci fische Ophthalmien, im Gegensatze zu den reinen oder echten, welche weder in ihrem Verlaufe noch in ihren Erscheinungen von den angeführten Krankheitsbildern be-
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deutend abweichen, welche keine besondern Eigentümlichkeiten an sich tragen. Als Prototyp der letztem gellen insbesondere die traumatischen Entzündungsfo.rmen bei sonst gesunden Individuen.
Man hat in der neuern Zeit das Vorkommen specifischer Entzündungs- formen gänzlich geläugnet (Velpeau, Roser) und den Einfluss der Allgemein- leiden auf sie nicht gewürdigt; jedoch mit Unrecht. Denn 1. wenn eine constitutionelle Erkrankung sich durch bestimmte Erscheinungen in gewis- sen Geweben und Organen des Körpers äussert, was wir täglich beobach- ten, warum soll sie sich gerade nicht durch Krankheitsphaenomene am Auge äussern können, welches fast alle Gewebe des Körpers im Kleinen repräsentirt? 2. Wenn auch die Pathologie des Blutes noch nicht gehörig erforscht ist, so müssen wir doch annehmen, dass bei manchen Allgemein- leiden qualitative Veränderungen der Blutmasse stattfinden, welche ihrer- seits wieder auf die Bildung und Metamorphose der entzündlichen Exsu- date einen Einfluss haben können. 3. Wir sehen oftmals Entzündungen im Auge mancher Individuen auftreten, für welche sich durchaus keine andere Ursache, als die im Körper bestehende Dyscrasie auffinden lässt. 4. Auch lehrt uns die Beobachtung, dass solche Entzündungen am besten gehoben werden, wenn man auf das Grundleiden gehörige Rücksicht nimmt, dass wir zwar in einzelnen Fällen die Ophthalmie auch bloss durch ört- liche Mittel zu beseitigen im Stande sind, dass aber dadurch das Uebel nicht gründlich und dauernd gehoben wird, indem sehr häufig Recidiven eintre- ten, so lange das Individuum mit der Dyscrasie behaftet ist. 5. Endlich ha- ben selbst jene, welche die specifischen Opthalmien läugneten, eine Species derselben, nämlich die syphilitische, angenommen; was aber von dieser gilt, kann mit demselben Rechte von den übrigen gelten.
Die Eigenthümlichkeilen der specifischen Ophthalmien bestehen in Folgendem : 1. Was das Entstehen betrifft, so kann eine hochgradige Dys- crasie eine Entzündung im Auge veranlassen ohne jedes weitere Causal- moment; oder es kann durch irgend eine äussere Veranlassung eine Oph- thalmie entstehen, welche Anfangs die Charactere der genuinen Entzündung kürzere Zeit behauptet, bald jedoch durch den Einfluss des Allgemeinlei- dens auf bestimmte Weise modificirt wird. 2. Die specifischen Entzündun- gen haben eine entschiedene Neigung, gewisse Gewebe des Augapfels und seiner Umgebungen zu ergreifen. 3. Ihr Verlauf ist mehr weniger unregel- mässig und in den meisten Fällen sich in die Länge ziehend. 4. Die Ent- zündungsprodukle sind zwar die nämlichen, wie bei den reinen Entzündun- gen, jedoch wird die Metamorphose und weitere Entwicklung derselben durch das bestehende Allgemeinleiden in mancher Hinsicht modificirt, so dass gewisse Entzündungsausgänge vorzugsweise bei den specifischen Oph-
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thalmien beobachtet werden. 5. Speciiische Entzündungen haben bei noch nicht völlig getilgter Dyscrasie eine grosse Neigung zu Recidiven.* Sie wechseln oft mit krankhaften Erscheinungen derselben Dyscrasie an andern Theilen des Körpers ab. 6. Auf ihre Heilung hat die Besserung oder gänz- liche Tilgung des Allgemeinleidens einen bedeutenden, nicht zu verken- nenden Einfluss. Zur Diagnose der specifischen Entzündungen dient uns daher nicht nur die Form des Entzündungsproduktes oder die Materie des- selben, sondern Alles, Ursache, Form und Charakter der Entzündung, Sitz, Verlauf und Ausgang derselben und der allgemeine Zustand des Organismus.
Die wichtigsten specifischen Entzündungsformen, welche wir erörtern wollen, sind die durch die scrofulose, rheumatische, arthritische und durch die syphilitische Dyscrasie bedingten.
/. Die scrofulose Ophthalmie.
Wir begegnen dieser Entzündungsform so häufig, dass sie in Län- dern, wo die Scrofulosis zu Hause ist, beinahe ein Drittheil aller Augen- krankheiten ausmacht. Der Ausdruck Scrofulosis bezeichnet entweder die Gesammtheit von Phaenomenen, welche eine bestimmte Krankheit andeuten, oder die Eigenlhümlichkeit einer Constitution, bei welcher derlei Erkran- kungen häufig eintreten. In letzterem Falle sprechen wir von einer scro- fulösen Dialhese, im ersteren von der Scrofelkrankheit oder Scrofeldyscrasie. Die Lymphdrüsen , die Schleimhäute und die äussere Haut , die Lunge, Knochen und Gelenke haben die meiste Geneigtheit zu derartigen Erkran- kungen. Man unterscheidet ferner die erethische und die torpide Scro- fulosis. Bei der erstem sind die Individuen mager, gracilen Körper- baues, schlank, ihre Haut ist zart, dünn, die Wangen geröthel, die Circu- lation rapid, das Nervensystem reizbar, die Geisteskräfte meistens vorzeitig entwickelt. Bei der zweiten Form sind die Individuen aufgedunsen, haben eine dicke, angeschwollene Oberlippe , breites Kinn , ein blasses aufgedun- senes Angesicht, leiden an Hypertrophie der Lymphdrüsen, an Physconien der Eingeweide, an Muskelschwäche, verspäteter Entwicklung des Nerven- systems und seiner Centralorgane, daher an allgemeiner Trägheit aller psychischen und somalischen Functionen. Störungen der Verdauungs- organe treten durch geringfügige Ursachen ein. Jede der beiden Formen hat eine besondere Geneigtheit zu gewissen Augenleiden.
Von den Ursachen der Scrofeldyscrasie ist die nächste die Einwir- kung der Kälte, verbunden mit Feuchtigkeit, daher in manchen Gegenden, wie in England, dem nördlichen Theile von Frankreich und Deutschland diese Krankheit so häufig vorkommt. Eine andere Ursache ist nicht genü-
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gende und unzweckmässige Nahrung, Ueberfütterung und unregelmässige Diät. Sitzende Lebensweise, Mangel an Bewegung, Aufenthalt in schlech- ter Luft, insbesondere in feuchten, niedrigen, überfüllten Wohnzimmern üben einen bedeutenden Einfluss aus. Frühzeitige Anstrengung der Gei- steskräfte der Kinder hat sehr häufig mangelhafte Entwicklung des Korpers, Schwäche und scrofulüse Erkrankungen zur Folge. Mehrere der genann- ten Ursachen wirken insbesondere bei den ärmeren Einwohnern grosser Städte zusammen, und sind eine Hauptquelle der Frequenz dieses Uebels (z. B. in den Fabriksstädlen mancher Länder). Die Geneigtheit zu der Scrofulosis und namentlich zu der scrofulösen Augenentzündung tritt hauptsächlich im kindlichen Alter auf, doch nicht so sehr bei ganz kleinen Kindern, welche an der Mutterbrust genährt werden, da es diesen an der nöthigen Wärme und zweckmässigen Nahrung kaum mangelt. Am öftesten wird sie von dem Ende des Säuglingsalters bis zur Pubertät beobachtet ; letztere übt nicht selten einen günstigen Einfluss auf die Besserung oder Heilung des Uebels aus. Auch bei erwachsenen Individuen kommen scro- fulüse Entzündungsformen bisweilen vor, sind aber dann meistens aus der Kindheit oder dem Jugendalter verschleppt. Die scrofulöse Ophthalmie tritt am häufigsten im Frühjahre und Herbste auf.
Erscheinungen, welche derselben mehr oder weniger eigenthümlich sind, sind folgende: 1. Geneigtheit zu Affectionen der Bindehaut, der Augenliddrüsen und der Cornea. 2. Neigung zur Phlyctaenen- und Ge- schwürsbildung in der Conjunctiva und Cornea. 3. Hoher Grad von Lichtscheu, Augenlidkrampf, verstärkte Thränensecretion. 4. Aufgedun- senheit und erhöhte Venosität der Augenlider. 5. Eintritt der Exacerba- tion am Morgen; Nachlass der Erscheinungen Abends.
Die hauptsächlichsten Formen, unter welchen scrofulöse Augenleiden auftreten, sind :
a. Der Erethismus scrofulosus (Blepharospasmus scrofulosus) ist blosses Nervenleiden. Die Augenlider sind krampfhaft geschlossen; das Kind verhüllt die Augen mit den Händen, oder liegt auf denselben, das Gesicht bohrend in den Polster steckend wegen heftiger Lichtscheu , es schreit oft plötzlich auf, wegen eines heftig stechenden Schmerzes im Auge, der aber bald wieder verschwindet. Gelingt es, die Augenlidspalte zu öffnen, so stürzt ein Strom von scharfen Thränen hervor. Kann man die Bindehaut zu Gesichte bekommen, so findet man dieselbe entweder gar nicht gerö- thet, oder von einzelnen gewundenen Gefässen wie gestriemt. Diese Form ist besonders der erethischen Scrofulöse eigen. Sie beruht auf einer Hy- perästthesie der Verzweigungen des Augenastes vom N. quintus, und ist oft eine sehr hartnäckige Form des scrofulösen Augenleidens,
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b. Die scrofulöse Entzündung derBindehaut (Ophthalmia scrofulosa externa). Sie tritt meistens als Syndesmitis puslularis auf, zeigt daher in der Scleroticalbindehaut zerstreute rothe Gefässbündel , Phlyctae- nen an der Conjunctiva oder Cornea, heftiges Thränen, starke Lichtscheu.
c. Blepharoadenitis scrofulosa. Sie hat ihren Sitz in den Haarzwiebeldrüsen, seltener in den IVleibomischen, und zeigt nebst den Erscheinungen der scrofulösen Ophthalmie die bekannten Symptome der Blepharoadenitis ciliaris, Neigung zum Ausgange in Tylosis und Exulcera- tion der Lidränder. Die Neigung zur Bildung von Gerstenkörnern ist bei scrofulösen Individuen bedeutender; solche entstehen auch nicht seilen gleichsam als Krise gegen das Ende einer scrofulösen Entzündungsform, besonders im Frühjahre und Herbste.
d. Die Keratitis scrofulosa tritt entweder als Keratitis pustula- ris auf, oder als oberflächliche Hornhautentzündung mit stärkerer Infiltra- tion. Ist das Bindehautblättchen durch die Gefässentwicklung und reich- lichere Exsudation sehr getrübt und verdickt, so nennt man diese Entzün- dungsform gewöhnlich Pannus scrofulosus.
e. Die Blepharoblennorrhoea scrofulosa. Die Bindehaut der Augenlider ist stark geröthet, bedeutend infiltrirt, und sondert eine blen- norrhoische Flüssigkeit ab. Meistens schwellen die Augenlider sehr an, werden durch Infiltration in das Gewebe derselben verdickt , ihr Knorpel erweicht und aufgelockert und vergrössert. (Tarsomalacie.) In einzelnen Fällen gewinnt dadurch das obere Augenlid eine solche Länge und Breite, dass es wie ein Sack herabhängt und den Rand des untern Lides deckt. Meistens bei der torpiden Scrofulosis.
Es combiniren sich auch öfters manche der angegebenen Entzün- dungsformen, so z. B. die Blepharoadenitis mit Entzündung der Bindehaut oder der Hornhaut, die Blepharoblennorrhoea mit pannöser Entzündung der Cornea. Ausserdem kommen bei scrofulösen noch Hordeola, Entzün- dungen des Thränensackes, Affectionen des Zellgewebes oder der Knochen der Orbita nicht sehr selten vor.
Neben den scrofulösen Augenleiden bestehen sehr häufig andere scrofulöse Affectionen; am häufigsten Affectionen der Haut, Ekzem der Gesichts- oder behaarten Kopfhaut oder hinter den Ohren, Drüsenanschwel- lungen am Halse und Nacken, Knochenleiden, besonders an den Phalangen der Finger und Zehen, Anschwellung und Exulceration der Nasenschleim- haut, Ohrenfluss u. s. w. Die Scrofeldyscrasie kann übrigens auch bloss auf das Auge beschränkt sein ; es können nämlich, laut Erfahrung, Schäd- lichkeiten , die das Scrofelleiden begünstigen , nur am Auge einen frucht- baren Boden finden, während sie an andern Theilen des Körpers abprallen.
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Von den acuten Exanthemen ist zu bemerken, dass nach denselben, beson- ders nach den Masern und Scharlach, sehr häufig scrofulöse Augenleiden auftreten, und die früher latent gewesene Scrofeldyscrasie sich äussert.
Die Ausgänge der scrofulösen Augenentzündung sind mannigfaltig. Sie endigt entweder in vollkommene Gesundheit oder hinterlässt Nach- krankheiten am Augapfel oder den Lidern , welche das Sehvermögen mehr oder weniger beeinträchtigen. Nebst der Verdickung des Gewebes der Lider und Tylosis kann durch Verwachsen der Augenlider an der äussern Commissur in Folge von Excoriation und starkem Lidkrampf ein Entropium oder wenigstens eine Blepharophimosis erfolgen. An der Hornhaut bleiben oft ausgebreitete Trübungen , und nach Verschwärung derselben Narben, vordere Synechien , Verengerung oder selbst Verschliessung der Pupille, Staphylome etc. zurück; Krankheitszustände , deren Entstehung in der Lehre über die Hornhautgeschwüre und ihre Folgen umständlich bespro- chen werden wird
Die Prognose ist verschieden und hängt ab: 1. Von der Wichtig- keit des ergriffenen Gebildes. Ist bereits die Hornhaut ergriffen , und be- sonders, wenn sich schon tiefere Geschwüre derselben gebildet haben, so ist der Ausgang zweifelhaft. 2. Von dem Grade der bestehenden Dyscrasie. 3- Von der Ausbreitung der localen scrofulösen Affeclion. 4. Von äussern Umständen. Die Prognose trübt sich stets, wenn die Verhältnisse des Indi- viduums (Wohnung, Kost, Pflege etc.) von der Art sind, dass sie mehr der Krankheit, als der Heilung Vorschub leisten. Die Prognose hängt auch zum Theile von der Jahreszeit, von dem Alter des Individuums ab. Auch ist der Aufenthalt in Spitälern der Heilung von scrofulösen Ophthalmien aus bekannten Gründen nicht günstig.
Behandlung. Sie zerfällt in die des Allgemeinleidens und in die der örtlichen Affectionen. Vor Allem muss auf den Zustand der Verdau- ungsorgane und der Haut Rücksicht genommen werden, da diese gewöhn- lich Störungen darbieten, und eine Kräftigung des Organismus wohl nur erst nach Regulirung dieser wichtigen Functionen zu erwarten steht. Die Anwendung von Purganzen ist in vielen Fällen nöthig, um den Darmcanal von angesammelten Cruditäten zu reinigen. Man gibt nach Umständen das Calomel mit Jalapa oder ein milderes Purgans, bei Kindern das Hydro- mel infantum. Hierauf ist der länger fortgesetzte Gebrauch von alteriren- den und tonischen Mitteln von grossem Nutzen, unter diesen werden kleine Gaben Calomel mit Rheum oder von Calomel mit Antimon u. s. w. empfoh- len. Ein Decoct vom auflösenden und gelinde tonisch wirkenden Arzneien (Gramen, Taraxacum, Jacea, putam. nuc. Jugland) leistet gewöhnlich sehr erspriessliche Dienste. Bei dem Zustande von Schwäche, in welchem sich
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die Kinder sehr oft nach langwierigen, scrofulösen Affeclionen befinden, sind tonische Mittel angezeigt. Das beste unter diesen ist die China, be- sonders das schwefelsaure Chinin. Man gibt dasselbe nach vorhergegan- gener Reinigung des Darmcanals zu 1 Gran 3mal täglich in Pulverform oder in Auflösung mit einigen Tropfen verdünnter Schwefelsäure; bei sehr kleinen Kindern reicht % Gran pro dosi hin. Es hat in vielen Fällen einen überraschend guten Erfolg. Bei sehr blassen , aufgedunsenen Individuen passt die zweckmässige Anwendung von Eisenpräparaten (Carbonas ferri, tartras ferri etc.). Auch der Leberthran zu einem Löffel voll 2mal täglich, so wie der umsichtige Gebrauch von Jodkali ist gegen Scrofulosis, wie bekannt von Erfolg.
Von der grössten Wichtigkeit ist die diätetische Pflege und das Re- gimen. Die Diät der Scrofulösen soll nahrhaft, aber nicht stimulirend sein. Eine Mischung von Fleisch- und vegetabilischen Nahrungsmitteln hat sich für Scrofulöse stets am besten bewährt. Für erethistische Subjecte hin- gegen ist der tägliche Genuss von Fleischnahrung zu reizend. Schwache Verdauungsorgane vertragen auch nicht grosse Nahrungsmengen auf ein- mal; doch gestatte man nicht mehr als 3—4 Mahlzeiten täglich. Das beste Getränk ist reines Wasser , nur bei laxen , schwachen Iudividuen ist der massige Genuss eines leichten Hopfenbiers zuträglich. Zu vermeiden sind blähende, fette, schwer verdauliche Nahrungsstoffe, der Genuss von vielem Brole oder Kartoffeln.
Wenn die Haut blass , trocken, rauh ist, die Circulation und Secre- lionen in derselben unvollkommen vor sich gehen, so sind warme Bäder oder wenigstens warme Waschungen und Reibungen des Körpers sehr zweckmässig. Scrofulöse Kinder soll man warm kleiden, besonders in der kältern Jahreszeil, doch sollten sie täglich, auch bei kälterem Wetter Bewegung machen. Der Aufenthalt in gesunder Luft, besonders auf dem Lande, ist von so grosser Wichtigkeit, dass oft dadurch allein Hei- lung erfolgt.
Die örtliche Behandlung muss dem jedesmaligen localen Uebel ange- messen sein, und ist daher aus dem über die Behandlung der einzelnen Entzündungsformen Gesagten zu entnehmen. Besonderer Erwähnung be- darf noch der hohe Grad von Lichtscheu nebst dem Lidkrampfe. Die Menge der dagegen empfohlenen Mittel deutet schon an , dass er in vielen Fällen schwer zu bekämpfen ist. Nicht selten versucht man eine Reihe von Mitteln umsonst; auch schwindet er bisweilen plötzlich, ohne dass man etwas gegen ihn gethan hat. Die wichtigsten Mittel dagegen sind: Ein drastisches Purgans aus Calomel mit Jalapa; der Brechweinstein in kleinen Gaben , allein oder mit etwas Conium ; die Tinct. Conii maculati,
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oder das Coniin zu l/i0 Gran 3mal täglich. Aeusserlich empfahl man: Nar- cotica (Opium, Hyoscyamus oder Belladonna) in die Umgebung des Auges; (Lawrence empfahl ausgewundene in eine Abkochung von Mohnköpfen oder Chamillen getauchte Flanelllappen, so warm als man es erleidet, überzuschlagen. Lebert empfielt Umschläge mit einem Decoctum Herb. Hyoscyami aus 2 Drachmen auf 5 Unzen Wasser mit l/2 Drachme Borax) ; das Bestreichen der äussern Lidfläche mit Lapis inf. oder mit einer Salbe aus Merc. praec. alb. Gr. 3, Extr. Beilad. Gr. 8, But. rec. ins. Dr. 1; das Bestreichen der Lidränder mit Ungt. compositum; Umschläge mit Sublimat- oder Boraxsolution ; das Eintröpfeln von Tinct. bignon. catalp. 1 scrup. auf 1 Dr. destillirten Wassers; in vielen Fällen hat die Instillation einer schwachen Lösung von Nitras arg. (1 — 2 Gran auf 1 Unze Wasser) den besten Erfolg. Ableitungen auf die Haut durch das Ungt. Authenriethi auf die Nacken- oder Scheitelgegend hatte bisweilen Erfolg , steigerte aber auch in manchen Fällen die Reizbarkeit des Individuums noch mehr. Ueber- haupt ist der zu ausgedehnte Gebrauch von äussern Hautreizen , besonders bei Scrofulösen mit zartem Hautorgan nicht sehr vortheilhaft, indem die dadurch erregte Hyperaesthesie der Hautnerven sich auf die Augennerven verbreitet. Einen massigen Hautreiz kann man durch die Resina Elemi in der Nackengegend unterhalten. — Wo kein heftiger Lidkrampf besteht, kann man ein schleimiges Collyrium mit einem narkotischen Extracle an- wenden; bei Pustelbildung bediene man sich des Sublimats; bei stärkerer Secretion und Auflockerung der Conjunctiva der Adstringentia; bei Ble- pharoblennorrhoe mit Tarsomalacie leistet eine Alaunlösung mit etwas Tinct. Opii simpl. , so wie auch Einträuflungen mit einer Lösung von Lapis infern, gute Dienste. Die Blepharoadenitis, Keratitis etc. werden nach den bei diesen Krankheitsformen entwickelten Grundsätzen behandelt. Horn- hautgeschwüre erfordern eine besondere Aufmerksamkeit. Die Behandlung derselben , sowie der Folgezustände erhellt aus dem in dem betreffenden Abschnitte darüber Erwähnten.
2. Die rheumatische Ophthalmie.
Dieselbe ergreift grösstentheils die fibrösen und serösen Gebilde des Sehorgans und seiner Umgebungen, und wird durch Verkühlung, Einwir- kung der Zugluft, schnellen Temperaturwechsel veranlasst. Sie tritt im Frühjahre und Herbst und im Anfange des Winters häufiger auf. Die ge- wöhnlichste Entzündungsform ist jene, welche in dem fibrösen Gewebe haftet, das die Augenmuskeln umhüllt, die Sclerotica deckt, und 3ich an dieselbe im Umfange der Cornea anheftet. (Scleritis rheumatica). Ihre Er- scheinungen sind: Ein doppeltes Blutgefässnelz; das oberflächliche be-
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wegliche hat seinen Sitz in der Scleralbindehaut , das tiefe, rosenrothe aus feinen Gefässen bestehende in der oberflächlichen Lage der Sclera. Im Bindehautblättchen der Cornea erscheinen bisweilen ein oder mehrere Phlyctaenen ; die Thränensecretion ist verstärkt, die Lichtscheu bedeutend; das Sehvermögen etwas gestört (Nebelsehen); reissender, stechender, vager Schmerz im Auge, in dessen Umgegend und in der leidenden Kopfhälfte, oft auch im Nacken. Dazu gesellen sich nicht selten anderweitige rheu- matische Affectionen, vorzüglich rheumatische Gelenksschmerzen, so wie auch die Augenenlzündung mit derartigen Affectionen bisweilen abwechselt. Die Entzündung geht bei unzweckmässigem Verhalten gerne auf die Cor- nea und Iris über. Sie macht ziemlich oft Rückfälle. Die Prognose ist günstig, so lange die tiefern Gebilde (Iris) noch nicht ergriffen sind. Die Behandlung dieser Entzündung besteht bei höherm Grade des Leidens in örtlichen Blutentleerungen durch Blutegel , oder noch besser durch blutige Schröpfköpfe, in der innerlichen Anwendung von Nitrum zu 5 — 10 Gran pro dosi und in der Application narcolischer Mittel (Hyoscyamus, Opium, Acetas Morphii) in der Supraorbitalgegend. Auch die Pulveres Plummeri mit Extr. Aconiti, oder das Vinum sem. Colchici können innerlich gegeben werden. Wo sich Neigung zur Transpiration zeigt, lasse man Abends eine Schale warmen Lindenblüthenthee trinken. Beim Nachlasse der heftigem Entzündungssymplome ist die Application eines Vesicators auf den Nacken oder die Zitzengrube angemessen. Wenn die Entzündung die Iris zu ergreifen droht, gehe man bald zur Anwendung von Calomel über, (siehe Pag. 96). Die rheumatische Entzündung haftet auch zuweilen in den fibrösen Gebilden der Orbita (siehe Entzündung der Orbita).
3. Die arthritische Ophthalmie.
Diese schlägt ihren Sitz meistens in den tiefern Gebilden des Seh- organs, namentlich in der innern Fläche der Sclera , in der Choroidea und Iris auf. Bisweilen jedoch beobachtet man bei gichtischen Individuen auch eine äussere Augenentzündung mit eigenthümlichen Phänomenen. Die Ge- fässe der Conjunclivah aben eine entschiedene Neigung varicös zu werden, sind daher erweitert, geschlängelt, mit dunkelrothem Blute erfüllt. Sie errei- chen den Rand der Cornea nicht, sondern in der nächsten Umgebung der- selben erscheint ein bläulicher Ring (wahrscheinlich der ausgedehnte Sinus venosus). Die Augenlidränder sind dunkel geröthet , etwas angewulstet, und häufig tritt an der äussern Lidfläche ein acutes Oedem , ähnlich der Blasenbildung nach Einwirkung eines Vesicators auf. Zuckende Bewegun- gen des Orbicularrnuskels sind zuweilen zu bemerken, durch diese wird das von der Conjunctiva und den Meibomischen Drüsen gelieferte albuminöse
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Secret häufig- zu einer schaumigen Flüssigkeit geschlagen , die man unter dem Namen arthritischen Schmeer als pathognomonisches Symptom der arthritischen Ophthalmie bezeichnete, was aber nicht der Fall ist, da sie auch bei andern Entzündungen, bei der Trichiasis u. s. w. beobachtet wird. Die Kranken haben das Gefühl von Kälte und Wüstigkeit in der Stirn- gegend; heftige, reissende Schmerzen wülhen in der Supraorbitalgegend, und verbreiten sich nach dem Verlaufe der zwei ersten Aeste des Trige- minus. Sie exacerbircn insbesondere bei Witterungsveränderungen und in Federbetten. Das Auge hat ein mattes, abgelebtes Ansehen ; die Iris erscheint in der Regel atrophisch, dünn, graulich, entfärbt (Pigmentmangel), die Bewegungen derselben träge, die Pupille etwas erweitert. Arthrilische Anfälle an andern Theilen des Körpers wechseln mit dieser Entzündung ab. Wo die arthritische Entzündung tiefere Gebilde ergreift, hat sie ihren Sitz in der Iris, in der Choroidea oder in beiden zugleich. Sie hat dann die bereits oben bemerkten Phänomene und führt nicht selten zur glauco- matusen Erblindung. Die Prognose ist im Ganzen eine minder günstige, indem es selten gelingt, die Entzündung ganz zu beseitigen. Das Handeln des Arztes beschränkt sich vielmehr darauf, alle Schädlichkeiten so viel als möglich zu beseitigen, und dem Eintritte arthritischer Anfälle auf das Auge vorzubeugen. Nebst genauer Befolgung des für gichtische Individuen passen- den Regimens sorge man insbesondere für freie Leibesüffnung durch Mittel- salze oder auflösende Mineralwässer (Seidschütz, Pilnau, Carlsbad, Marien- bad). Warme Schwefelbäder dürfen nur mit der grössten Vorsicht gebraucht werden. Von grossem Nutzen und beinahe unentbehrlich bei Augenleiden gichtischer Individuen sind Ableitungen auf die äussere Haut durch warme, reizende Fussbäder, Frictionen, Anwendung reizender Pflaster und Salben, Anlegung künstlicher Geschwüre (Fontanelle). Blutentziehungen durch Blutegel oder blutige Schröpfköpfe sind bei höhern Graden der Entzündung des Auges angezeigt. Aeusserlich dienen zur Linderung der Schmerzen Opiatinfrictionen der Supraorbitalgegend. Augenwässer werden fast nie- mals vertragen, nur bei stärkerer Secrelion der Bindehaut und Excoriation der Lidränder und Winkel passt die Anwendung einer lauen aqua saturnina. Die Behandlung der Iritis und Choroideitis erfordert die Berücksichtigung der oben entwickelten Grundsätze.
4. Die syphilitische Ophthalmie.
Dieselbe tritt in der Mehrzahl der Fälle als Iritis syphilitica auf. Bisweilen tritt bei mit Syphilis behafteten Individuen in Folge einer äussern Veranlassung eine äussere Augenentzündung (Scleritis) ein, welche mit der rheumatischen Ophthalmie die grösste Aehnlichkeit hat, nach einigen
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Tagen jedoch auf die Iris übergeht, und charakteristische Zeichen der syphilitischen Iritis darbietet. Sie ist eine Theilerscheinung der secundären Syphilis und bedarf zu ihrer Entstehung- nicht immer eines besondern nachweisbaren Causalmomentes. In allen gut constatirten Fällen ging als primäre Affection immer ein syphilitisches Geschwür voraus. Die Symp- tome der Iritis syphilitica haben keine conslanten charakteristischen von denen der Iritis genuina abweichenden Eigenschaften. Grösstenteils aber ist der Thränenfluss und die Lichtscheu nicht sehr gross, ausser, wenn die Krankheit zugleich andere Organe ergreift. Die Cornea und der hurnor aqueus erscheinen in vielen Fällen etwas getrübt. Die Schmerzen wüthen vorzüglich zur Nachtszeit. Die Entzündung erstreckt sich bisweilen auf tiefere Gebilde des Auges, ihr Product ist selten Eiter; dagegen tritt die plastische Exsudation schnell und massenreich ein ; das Exsudat bildet sehr häufig kleine, bräunliche, zackenförmige Verlängerungen am Pupillar- oder Ciliarrande, oder gelbröthliche oder grauliche Knötchen, welche Beer mit dem Namen der Condylome belegte; sie sind jedoch kein constanles Symptom der Iritis syphilitica. Die Ausgänge sind die gewöhnlichen der Iritis , nicht selten Verengerung oder Verschliessung der Pupille. — In den meisten Fällen bestehen neben der Ophthalmie noch andere syphiliti- sche Affectionen, nämlich Geschwüre der Rachenschleimhaut, syphilitische Eruptionen an der äussern Haut (papulöses, schuppiges, pustulöses, vesi- culöses, am seltensten ein tuberculöses Exanthem), Condylome an den äussern Genitalien oder am After, syphilitische Knochenaffectionen. Die genaue Diagnose des Augenleidens wird daher aus der genauen Berück- sichtigung der Entstehung des Leidens, vorausgegangener Affectionen, aus dem Mitbestehen anderer syphilitischer Krankheitsformen geschöpft. Wo an der Iris die als sogenannten Condylome beschriebenen knötchen- oder zackenförmigen Exsudalionen zu beobachten sind, ist wenigstens der Grund der Erkrankung in der syphilitischen Dyscrasie zu vermuthen. Bei der Behandlung verdienen die entzündlichen und exsudativen Vorgänge am Auge die meiste Berücksichtigung. Sind diese Erscheinungen heftig, die Schmerzen bedeutend, so ist die Behandlung dieselbe, wie die der genuinen Iritis, und besteht in örtlichen Blutentziehungen, der innern Anwendung von Purganzen , und hierauf von Calomel bis zur beginnenden Mundaffec- tion. Sind die acuten entzündlichen Erscheinungen zurückgetreten, so muss die passende antisyphilitische Behandlung eingeleitet werden. Die Behandlung mit Sublimat in Piilenform oder mit Jod hat in der Regel den besten Erfolg. Auch das Terpentinöl leistet viel und wird von Mehreren empfohlen (Carmichael, Middlemore, Heibert). Eisüberschläge auf Kopf und Stirn bringen bei grossen Schmerzen vorübergehende Erleichterung ;
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mehr leistet dagegen die örtliche Anwendung der Narcotica. Das Ungt. hydr. ein. in Verbindung mit Belladonna-Extract oder Opium wird nach beseitigten entzündlichen Zufällen in der Supraorbitalgegend eingerieben.
Als eine besondere Form der syphilitischen Ophthalmie verdient noch die von Lawrence beschriebene gonnorrhoische Entzündung der Sclerolica beschrieben zu werden, da sie wirklich bisweilen vorkommt. Die Gefässe zwischen der Bindehaut und Sclera sind injicirt, der vordere Theil der letztem wird hellroth; dabei besteht heftiger Schmerz im Auge mit dem Gefühle grösserer Spannung, Lichtscheu und verstärkte Thränen- secretion. Die Iris wird bald glanzlos, ihre Farbe entzündlich verändert, die Pupille verengert und es treten Exsudate in ihr auf. Auch die Cornea wird neblich getrübt und das Sehvermögen mehr oder weniger gestört. Adhäsionen der Pupille bleiben nach einem höhern Grade dieser Entzün- dung häufig zurück. Diese Entzündungsform tritt bei Individuen auf, welche längere Zeil an Blennorrhoeen der Harnröhre gelitten haben. Rheu- matische Affeclionen der Gelenke begleiten sie häufig; die Entzündung besieht zuweilen zu gleicher Zeit in der Urethra, in den Augen und Gelen- ken, in andern Fällen werden diese Theile nach einander afficirt. Da die Krankheit sehr häufige Anfälle macht und oft lange Zeil hindurch das In- dividuum an verschiedenen Theilen davon befallen wird, so lässt sich ver- muthen, dass eine eigentümliche Constitution dem Entstehen des Uebels zu Grunde liege. Lawrence empfiehlt Blutentziehungen, Purgiermiltel und milde laue Fomente aus einer Abkochung von Mohnköpfen auf das Auge. Ist die Entzündung gemildert, so wendet er Plumers Pulver oder das Colchicum nebst Blasenpflastern und warmen Bädern an. Wenn das Individuum sehr geschwächt, die Lichtscheu heftig und überhaupt das Ner- vensystem sehr irritirt ist, ist von der innern Anwendung des schwefelsau- ren Chinins das Meiste zu erwarten.
5. Die exanthemaiische Ophthalmie.
Bei mehreren acuten Exanthemen (Masern, Scharlach, Blattern) tre- ten theils schon während des Verlaufes derselben , theils nach denselben Entzündungen am Auge auf, daher man primäre und seeundäre exanthe- maiische Ophthalmien unterscheidet. Sie haben ihren Sitz grösstenteils in der Bindehaut und mehr oder weniger die Charaktere der calarrhali- schen Augenentzündung.*)
Den Ausbruch der Masern begleitet fast constant eine stärkere enl-
*) Das eigentliche Bindehautexanthcm wurde bereits pag. 59 beschrieben.
Me y r , Augenheilkunde. Q
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zündliche Affection der Conjunctiva mit Lichtscheu und vermehrter Thrä- nensecretion. Sie tritt mit dem acuten Exantheme auch wieder zurück, und erfordert höchstens Schützung des Auges vor grellerem Lichte. Auch im Scharlach tritt nicht selten eine Bindehautentzündung auf, ähnlich der morbillösen ; bisweilen erstreckt sich aber hier die Entzündung tiefer , auf die Iris, den Ciliarkörper und die Choroidea und kann durch bedeutende Hyperaemie dieser Gebilde, wie auch durch Exsudation amaurotische Zu- fälle herbeiführen. Die Behandlung ist antiphlogistisch-derivirend.
Die wichtigste exanthematische Ophthalmie ist wegen ihrer schweren Folgen die variolöse. In der gelindern Form als ganz gewöhnliche Bindehautentzündung auftretend führt sie jedoch in schwereren Fällen zur Bildung von Blatterpusteln in der Conjunctiva und Cornea. Durch den Aufbruch derselben entstehen tiefere Geschwüre mit ihren schädlichen Folgen , so dass die variolöse Ophthalmie schon in vielen Fällen die Ur- sache unheilbarer Erblindungen (durch Bildung von Staphylomen , Phthisis und Atrophie des Bulbus) wurde. Man sucht die Eruption von Blatter- pusteln im Auge während des Verlaufs der Variola durch Bestreichen der Lidränder mit Mandelöl, Ungent. hydr. einer, oder durch Belegen mit einer dünnen Speckschichte zu verhüten. Bilden sich kleine Pusteln, so wende man ein Collyrium aus Sublimat mit etwas Opiumlinctur an. Bei bereits gebildeten Geschwüren ist sorgfältige Behandlung derselben nöthig.
6. Endlich ist noch des Einflusses zu gedenken, welchen der Scor- but auf bestehende Augenentzündungen ausübt. Man beobachtet solche scorbulische Zufälle im Auge vorzüglich bei Seeleuten, und in Gefängnissen und Arbeitshäusern. Die Zufälle bestehen in dunklerer, violetter Färbung der Bindehaut, schmutziger Rölhe derselben, erweiterten Gefässen , Trü- bung des humor aqueus, mattem Ansehen der Hornhaut und leichtem Ent- stehen von Geschwüren in ihr und der Bindehaut. Häufig treten Eechy- mosen in der Conjunctiva bulbi und Blutergiessungen in der vordem Kam- mer ein, welche letztere oft schnell wieder durch Resorption verschwinden. Die Erscheinungen erinnern sehr viel an diejenigen der nach der Durch- schneidung des Trigeminus entstehenden passiven Stase des Augapfels, und es scheint daher ein Leiden der Gefässnerven des Trigeminus den im Scorbute auftretenden Erscheinungen im Augapfel auch zu Grunde zu liegen. Die Therapie besteht in der Sorge für reine Luft und zweck- mässige Nahrung, in der Verabreichung vegetabilischer Säuren , von Ca- lamus aromaticus, Arnica, China. Als Augenwässer passen vorzüglich Lösungen von Acelas plumbi , und das reine Wasser mit dem Zusätze von etwas Essigsäure.
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VI. Gesell würe der Cornea und deren Folgen.
Die im Gefolge mancher Augenentzündungen und anderer Leiden auftretenden Geschwüre der Cornea verdienen, da sie für die Integ- rität des Sehorgans hohe Bedeutung haben , die grösste Berücksichtigung.
Zersetzung des Gewebes , demnach Substanzverlust der Cornea in grösserer oder geringerer Ausbreitung, ist der Begriff eines Hornhaut- geschwüres.
Die wichtigsten Arten der Hornhautgeschwüre sind: 1. Ablösungen des Epithels von der Faserlage in grösserer oder geringerer Ausbreitung; Resorptionsgeschwüre (Erosionen, Facetten, auch catarrhalische Geschwüre genannt). Solche Geschwüre haben einen reinen Grund, sehen wie kleine Grübchen oder abgeschliffene Stellen der Cornea aus, entgehen oft der Beobachtung , und werden am leichtesten wahrgenommen , wenn man die Cornea bei seillicher Ansicht durch Einfallen der Lichtstrahlen spiegeln lässt. 2. Erweichungsgeschwüre; der Grund und die Ränder des Geschwürs sind trübe, gelblichweiss , die Fasersubstanz der Cornea ist erweicht, aufgelockert, ein Theil derselben zerstört. Sie dringen mehr in die Tiefe des Gewebes der Cornea ein , und durchbohren dieselbe nicht selten (perforirende Hornhautgeschwüre). 3. Brandiges Absterben der Cornea (Necrosirung oder Sphacelescenz [Malacie] derselben) in Folge verminderter oder aufgehobener Ernährung. Sie sind den Er- weichungsgeschwüren ähnlich, nur ist der Verlauf rascher, und die Aus- breitung bedeutender.
Dem Orte des Entstehens nach unterscheidet man peripherische und centrale Hornhautgeschwüre.
Hornhautgeschwüre entstehen desshalb so leicht , weil der Process der Ernährung derselben langsam, ziemlich unthätig ist, und daher leicht gestört wird. Man beobachtet das Vorkommen von Hornhaulgeschwüren in folgenden Fällen :
1. Bei calarrhalischen Entzündungen der Bindehaut. Diese bewirken meistens durch Einwirkung des Secretes Abstossung des Epitheliums und daher seichte Geschwürchen (Erosionen), welche auch selten gefährlich sind. 2. Bei B len n orihoe e n. Sie führen theils durch Einwirkung des blennorrhoischen Secretes zur Ablösung des Epithels in grösserem Umfange , zur Anätzung und Erweichung der Faserlage der Cornea, theils bedingen sie durch den Druck des Bindehautwalles Störung in der Ernährung, und Absterben kleinerer oder grösserer Partien der Cornea; sie sind daher höchst gefährlich. 3. Bei scrofulöser Oph-
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thalmie. Die Geschwüre entstehen hier meistens durch Berstung von Pusteln und Phlyctänen, sind daher meistens rund, und entweder ober- flächlich und klar, oder tiefer, der Grund und die Ränder eitrig infiltrirt. 4. Bei Entzündung der Cornea, möge sie traumatischen oder rheu- matischen Ursprunges sein. In solchen Fällen zerfällt das zwischen den Fasern der Cornea angesammelte Exsudat zu Eiter, es bildet sich ein Horn- hautabscess, und dieser führt durch Eröffnung nach aussen oder nach in- nen zu einem Geschwüre. Am leichtesten geschieht diess, wenn die Ent- zündung heftig, der Erguss rasch ist, bevor sich neue Blutgefässe bilden können, besonders wenn das Individuum schwächlich ist. 5. Die Malacie der Cornea oder das brandige Absterben derselben erfolgt bei verminderter oder aufgehobener Ernährung der Cornea durch gehemmten Nerven- einfluss (Lähmung des Quintus) oder bei sehr geschwächten, schwer erkrankten Individuen, wo sich (z. B. beim Typhus, Cholera, Puerperal- fieber) am untern Segmente der Cornea grauliche erweichte Stellen und wirkliche Geschwüre ausbilden; Einfluss auf die Entstehung derselben hat hier der mehr oder minder gehemmte Augenlidschlag, so wie die Einwir- kung der atmosphärischen Luft auf das halb offen stehende Auge.
Das Entstehen der Hornhautgeschwüre begünstigt vorzüglich eine Schwäche im Gesundheitszustande des Totalorganismus, wodurch die Er- nährung eines Gebildes, wie die Cornea, leicht beeinträchtigt wird. Hier- aus erklärt sich das brandige Zerfallen der Cornea (absolute Atrophie der- selben) bei Störungen in der Ernährung, das häufige Auftreten der Hörn hautgeschwüre bei geschwächten, scrofulösen oder scorbutischen Indivi- duen, und die günstige Einwirkung von Reizmitteln, welche die Thätigkeit der Ernährung wieder anregen.
DerRegenerativ-Process, welcher zur Heilung der Hornhautgeschwüre erforderlich ist, geht, so wie das Wachsthum und die Ernährung der Cornea, gewöhnlich ohne Blutgefässe vor sich. In der Nähe der Wunde oder des Geschwüres erscheinen in grosser Anzahl kleine Partikelchen (nuclei oder Cytoblasten), welche die Zwischenräume des Gewebes ausfüllen, und tem- poräre Vereinigung bewirken. Daher tritt daselbst eine milchige Trübung auf. Das neue Material wird in Producte umgewandelt, welche dem Horn- hautgewebe sehr ähnlich sind, daher in solchen Fällen die normale Durch- sichtigkeit der Cornea wiederkehrt, oder welche die Eigenschaften der Elemente der Cornea nicht annehmen , sondern auf der Stufe des Narben- gewebes stehen bleiben. Wenn obiger Process zur Heilung nicht hinreicht, so geht die Entwicklung von Gefässen in der Tiefe der Hornhautsubstanz voraus, bei lieferen Geschwüren bilden sich auch im Limbus conjunctivae oberflächliche Gcfässe in grosser Anzahl. Zur völligen Heilung und Rege-
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neration der Cornea ist erforderlich, dass die Descemetischc Membran un- versehrt oder der Riss sehr klein ist , und ihre Wundränder sich sehr bald vereinigen ,• dass der Zustand der Ernährung- des Individuums ein günsti- ger sei, und dass der nöthige Grad von Reaction eintrete. Die sogenann- ten Epithelialgeschwüre heilen gewöhnlich leicht, und ohne Trübung, indem sich das Epithelium wieder vollkommen ersetzt; in einzelnen Fällen sind sie aber auch sehr torpid und lassen lange eine abgeschliffene Stelle der Cornea zurück.
Bei der Heilung der Geschwüre ist demnach der Charakter der- selben sehr zu berücksichtigen , welcher entweder entzündlich (Auftreten von Blutgefässen, Röthung des Auges, Thränenfluss, Lichtscheu, Schmerz) oder torpid ist, wobei die genannten Erscheinungen fehlen-, und das Ge- schwür in der Heilung nicht fortschreitet, sondern stationär bleibt oder weiter um sich greift.
Die Folgen der Hornhautgeschwüre sind verschieden, je nachdem sie entweder die Hornhaut durchbohren oder nicht. Im letzteren Falle wird der Subslanzverlust entweder durch vollkommen durchsichtiges oder durch Narbengewebe ausgeglichen. Die Narbe zeigt je nach der Masse des abgesetzten Productes entweder Depression oder Abplattung oder auch eine Hervorragung.
Ist die Substanz der Cornea bis auf die Wasserhaut zerstört, so wird letztere durch den humor aqueus in Gestalt eines Bläschens hervorgetrieben (Vorfall der Wasserhaut, Keratocele). Dieses Bläschen hält sich meistens nicht lange, sondern reisst ein, wobei die etwas relrahirten Zipfel desselben nach Art einer Halskrause die Oeffnung in der Cornea ausfüllen. In sehr seltenen Fällen kann die Keratocele permanent werden, und stellt dann eine kleine durchsichtige Erhabenheit dar, deren Umfang ein undurch- sichtiger Streifen umgibt.
Ist es zum totalen Durchbruche der Cornea gekommen, so fliesst durch die Compression , welche der Augapfel in Folge der Elasticität seiner Wandungen erleidet , der humor aqueus ab. Hierbei wirken auch die Augenmuskeln mit, da sie den Bulbus comprimiren können, wenn die Cornea an einer Stelle geborsten, der Widerstand daselbst aufgehoben ist. Die Iris, der Krystallkörper und der Glaskörper rücken vor. Die Iris legt sich meistens an die Oeffnung der Cornea an.
Von mancherlei Umständen hängt es nun ab, ob vollkommene Hei- lung, ob und welche Folgezustände zu erwarten sind.
Dem weitern Abfluss des humor aqueus werden durch mechanische Verschliessung oder Verstopfung der Ausgangsöffnung, weiterhin durch organische Verwachsung Schranken gesetzt. Zur mechanischen Verlegung
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der Oeffnung dient meistens die Iris allein, seilen mit ihr, oder allein die vordere Kapsel der Linse. Wenn eine feine Oeffnung- längere Zeit besteht, insbesondere die Hornhautsubstanz in einer etwas schiefen Richtung- durch- bohrt ist, und durch dieselbe permanent oder wiederholt das Kammerwasser aussickert, so nennt man den Zustand Hornhautfistel. Wird organi- sche Verschliessung durch Verwachsung der Geschwürsränder herbeige- führt, so kann sich die Iris und die vordere Kapsel wieder zurückziehen, falls noch keine innige Verwachsung dieser Gebilde unter einander einge- treten ist, die wässrige Feuchtigkeit sammelt sich wieder an , und die ein- zige Folge ist eine kleine Hornhautnarbe an der Stelle des Geschwüres In andern Fällen wird die Iris durch Exsudat an die Cornealöffnung ange löthet, und bleibt nach der Vernarbung derselben an die Cornea angewach- sen, welchen Zustand man vordere Syn echie nennt, die entweder je nach der Grösse des Hornhautgeschwüres mehr oder weniger ausgebreitet sein kann. Die vordere Synechie heissl eine partielle, wenn nur ein Theil der Iris mit der Cornea verwachsen, der übrige Theil frei ist, total jedoch, wenn der ganze Pupillarrand der Iris an die Cornea angewachsen ist. Es kann ferner nach Retraction der vordem Kapsel die Mitte derselben durch Exsudatauflagerung getrübt bleiben , und somit eine Cataracta capsulari\ centralis die Folge eines perforirenden Hornhautgeschwüres sein.
Ist die Oeffnung nach der Perforation der Cornea etwas grösser, so wird gewöhnlich ein mehr oder weniger grosser Theil der Iris in dieselbe hineingedrängt und hervorgetrieben, was man Vorfall der Iris (Pro- lapsus iridis) nennt. Frisch nennt man den Vorfall der Iris , so lange das Gewebe derselben noch nicht verändert ist. Kleinere und frische Irisvor- fälle können sich wieder zurückziehen , und die Oeffnung ohne Verwach- sung der Cornea mit der Iris verheilen. War jedoch der vorgefallene Thei der Iris grösser, oder in die Hornhaulöffnung eingeklemmt, so entzündet er sich, theils durch den Conlact mit der atmosphärischen Luft und den Secrelen des Auges, theils durch die Reibung der Lider; die biossliegende Partie der Iris schwillt an, wird dunkler, blass oder fleischrolh gefärbt, oft granulös, und bedeckt sich mit einer Schichte plastischen Exsudates, wel- ches mit dem von der Cornea ausgeschwitzten verschmilzt und eine blei- bende Verwachsung zwischen Cornea und Iris (Synechia ant.) herbeiführt. In die Hornhautnarbe sind sehr häufig Partikelchen vom Pigmente der Iris eingeheilt, und sie erscheint bräunlich oder schwärzlich gefleckt.
Der mit einer Exsudatschichte überkleidete Vorfall der Iris, welcher dadurch graulich wird, und wo das Gewebe der Iris namhaft verändert erscheint, heisst ein veralteter Vorfall der Iris. Er erhielt je nach der verschiedenen Form und Grösse von den Autoren die Namen Mückenkopf
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(Myokephalon), Nagelkopf (Clavus). Bisweilen erreicht der Irisvorfall durch massenreiche Exsudate eine namhafte Grösse, es entwickeln sich in dem- selben Gefässe, und er gewinnt ein rölhliches, fleischfarbenes, fungöses Ansehen, in welchem Zustande man ihn den wuchernden Irisvorfall (prolapsus iridis luxurians) nennt. Die vorgefallene Partie der Iris flacht sich nach und nach immer mehr ab , und es bleibt zuletzt ein bräun- licher oder bläulichgrauer Fleck an der Stelle der vordem Synechie ohne sichtbare Hervorragung, bisweilen mit Verdickung der Narbe der Horn- haut zurück.
Sowohl der Vorfall der Iris als auch die vordere Synechie bedingt * eine Verziehung und eine mehr oder minder bedeutende Verengerung der Pupille, welche dadurch oft einer Spalte ähnlich wird. Grössere Vorfälle der Iris können selbst eine totale Verschliessung der Pupille herbeiführen ; namentlich geschieht diess dann, wenn das Hornhautgeschwür in dem Centrum gelagert war und der ganze Pupillarrand der Iris mit der Horn- haut verwächst.
Nicht selten kommt es* in Folge von Hornhautgeschwüren zur Bil- dung von Staphylomen der Hornhaut. Zum Begriffe eines Hornhaul- slaphylomes gehört Hervorragung der in ihrem Gewebe veränderten, ge- trübten und mit der Iris verwachsenen Cornea. Man nennt ein solches Hornhautstaphylom auch das undurchsichtige (opacum), um es von einem andern Zustande zu unterscheiden, welcher durchsichtiges Hornhautstaphy- lom genannt wurde (S. Cornea conica pag. 88) *).
Man unterscheidet vor Allem :
1. Das Slaphyloma simplex, das einfache Staphylom, ein Zu- stand, der auf die Vordergebilde des Bulbus beschränkt ist, wobei das vor- treibende Agens der angesammelte Humor aqueus ist, die tieferen Gebilde, Sclerolica, Choroidea und Retina jedoch nicht afficirl sind, demnach noch Lichlempfindung vorhanden ist.
2. Das compl icirle Staphylom (St. complicalum), wo nicht nur Cornea und Iris afficirl sind, sondern der Krankheitsprocess sich auch auf die liefern Gebilde, die Sclerotica und Choroidea ausbreitet, die Lichtenl- wicklung aufgehoben und die Form des ganzen Augapfels mehr verändert
*) Es wurden früher unter dem Namen Staphylom überhaupt jene Krank- heitszuslände zusammcngefasst, welche eine Hervorragung am Augapfel dar- stellten. So gibt es Staphylomc der Cornea, der Iris, des Ciliarkörpers , der Sclerotica; als Staphyloma corneae pellucidum bezeichnete man die Cornea conica, so wie auch den Hydrophthalmus anterior, somit sehr heterogene Zu- stände mit dem Namen Staphylom.
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ist, das Vortreibende ist in diesem Falle der humor vitreus, so wie Exsudat- massen in der hintern Hemisphäre des Bulbus, die grösstentheils durch Ent- zündung der Choroidea geliefert wurden.
Das Hornhautstaphylom heisst ein partielles, wenn ein Theil der Cornea und Iris noch normal ist, mithin die krankhaften Veränderungen sich nur auf eine Partie der Cornea und Iris erstrecken, ein totales hin- gegen, wenn die Verbildung die ganze Cornea und Iris betrifft.
Hinsichtlich der Form unterschied man das kugelförmige (St. globo- sum) und das kegelförmige Staphylom (St. conicum). Allein diese Einthei- • lung ist desshalb nicht sehr wesentlich, weil, wie es aus dem Folgenden hervorgehen wird, die Verschiedenheit der Form von der Ausbreitung des Krankheitsprocesses abhängt und es auch zwischen dem conischen und ku- gelförmigen Staphylome mannigfache Abstufungen gibt.
Die Bedingungen zur Entstehung des Staphyloms sind Entzündung der Cornea und der Iris, der Contact beider Gebilde, so wie, dass die Quellen des humor aqueus nicht versiegt sein dürfen, sonst bleibt es bloss bei vorderer Synechie. Grösstentheils ist es geschwürige Destruc- tion der Cornea, welche zur Staphylombildung führt. Die Faserschichlen der Cornea müssen nicht nur in der Tiefe, sondern auch in grösserer Breite zerstört sein. Wenn dann die Iris sich an die Oeffnung anlegt, mit der Cornea verwächst, die Aussickerung oder der Abfiuss des humor aqueus verhindert ist und beide Gebilde, nämlich Cornea und Iris erweicht sind, so werden sie durch den neu abgesonderten humor aqueus, so wie durch die Contraction der Augenmuskeln allmälig nach vorne gedrängt. An der Oberfläche dieser Gebilde wird eine Exsudatschichle abgesetzt, welche nach und nach zu einer pseudomembranösen Schichte wird. Wenn sich ohne Perforation der Hornhaut ein Staphylom entwickelt, so muss die Entzün- dung der Cornea und Iris einen hohen Grad erreicht haben, wodurch beide Gebilde sich auflockern, anschwellen und durch temporäre Unterdrückung der Secretion des humor aqueus in Contact kommen; secernirt später der Ciliarkörper wieder wässrige Feuchtigkeit, so werden beide Gebilde nach vorwärts getrieben und ausgedehnt.
Wenn bei der Bildung des Staphyloms nur ein Theil der Cornea afficirt ist, ein grösserer Theil derselben von der Verbildung frei bleibt, so wirkt die vis a tergo nur auf die erkrankte Partie, es entsteht ein partielles Hornhautstaphylom, welches daher mehr oder weniger eine kegelförmige Gestalt haben wird. Ein solches Staphylom kann durch wiederholte Ent- zündungsanfälle, wodurch auch der übrige Theil der Cornea und Iris er- weicht, hervorgetrieben wird und diese mit einander verwachsen können, zu einem totalen werden.
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Von der Reichlichkeit, Raschheit undGleichmässigkeit der fibrös-albu- minösen Ausschwilzung, und ob diese nur an der Oberfläche oder auch in den vergröss'erlen Zwischenräumen der Hornhautlamellen abgelagert wird, hängt die Veränderung der Form und Wölbung des Bulbus ab. Das Staphy- lom der Cornea besteht aus folgenden Schichten: 1. Einer Epithelialschicht, welche ziemlich dick , oft runzlig und besonders in älteren Staphylomen von ausgedehnten Gefässen durchzogen ist; 2. aus einer pseudomembra- nösen Schichte, welche theils amorphe Materie, theils wirkliche Fasern ver- dichteten Zellstoffs enthält; hie und da sieht man nicht alterirte Horn- hautfasern; sie hat verschiedene Dichtigkeit und neu gebildete Gefässe; von der Wasserhaut finden sich nur noch Spuren. 3. Von der Iris sind nur grössere oder kleinere membranöse Stückchen oder Häufchen von Pig- mentkügelchen übrig, die in den Grübchen an der hinteren Fläche des Staphyloms zerstreut liegen ; diese dritte Schichte verdünnt sich Immer mehr und kann zuletzt gänzlich schwinden.
Das Staphylom der Iris ist nichts anders, als ein totaler mit einer mehr oder minder mächtigen Exsudatschichle überkleideler und hervorge- triebener Vorfall der Iris. Wenn es geschieht, dass derbere oder feslere Strei- fen oder Balken des Exsudates der vis a tergo mehr widerstehen, die dazwi- schen liegenden Partien dagegen nachgeben, so bekommt das Ganze eine Aehnlichkeit mit einer Brombeere und wird der Aehnlichkeit wegen Sta- phylo ma racemosum (Traubenstaphylom) genannt. Hat der ausge- dehnte Irisvorfall sammt seiner Bedeckung einen gewissen Grad von Festig- keit erlangt, so dass er nicht weiter ausgedehnt werden kann und erfolgt wegen der Fortdauer des Congestions- und Reizungszustandes der Ciliar- gefässe vermehrte Abscheidung von humor aqueus, so wird auch der vor- derste Theil der Sclerotica in Mitleidenschaft gezogen, es bildet sich ein complicirtes Staphylom aus. Dessgleichen kann auch aus einem einfachen Hornhautslaphylom ein complicirtes werden, wenn, wie diess bei gichtischen Individuen vorzugsweise geschieht, der Entzündungsprocess auf tiefere Ge- bilde (Choroidea) übergreift.
Das partielle Staphylom beschränkt oder hebt das Sehvermögen nur in so fern auf, als die Pupille durch dasselbe verzogen, verengt, gänzlich geschlossen oder durch die Trübung der Cornea bedeckt ist. Das totale Hornhaulstaphylom verursacht stets eine bedeutende Entstellung des Aug- apfels, ferner dadurch, dass es von den Augenlidern nicht gehörig bedeckt werden kann, und deren Reibung, so wie der Einwirkung fremder Körper ausgesetzt ist, eine bedeutende Reizung, welche sich sowohl per consensum dem andern etwa gesunden Auge mittheilen, als auch zur Entzündung, Ver- schwärung und Berstung^des Staphyloms selbst führen kann.
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Als Folge durchbohrender Hornhautgeschwüre hat man noch die Ab- plattung des Augapfels, die Phlhisis corneae und bulbi zu betrach- ten. Phthisis corneae ist jener Zustand, wo die Cornea grösstenteils oder ganz zerstört, durch Narbengewebe ersetzt und dieses abgeplattet ist. Die Iris ist dabei an das Narbengewebe fest angewachsen. Ein solcher Zustand bildet sich aus, wenn vor der Vernarbung dem humor aqueus der Abfluss durch längere Zeit gestattet war, und somit keine Hervortreibung stattfin- den konnte. Zur Phthisis bulbi (Schrumpfung und Verkleinerung des Aug- apfels) kommt es, wenn die Ernährung desselben sehr beeinträchtigt wurde, oder nach der Zerstörung der Cornea, durch Geschwüre oder grössere Wun- den der grösste Theil der Augenfeuchligkeiten entleert wurde.
Die Behandlung der besprochenen Zufälle erfordert zur Verhütung übler Folgen die grösste Aufmerksamkeit. Hornhautgeschwüre werden ihrem Cha- rakter gemäss behandelt, und zwar mit antiphlogistischen Mitteln, so lange sie den Charakter heftiger Reizung zeigen; wo diess nicht der Fall ist, sucht man durch örtliche Anwendung adstringirender Mittel (Alumen,Nitr. arg.) das Ge- schwür so schnell als möglich zur Vernarbung zu bringen. Hat letzteres den torpiden Charakter, so suche man durch örtliche Reizmittel (Nitr. arg., Lapis divin. mit tinet. Opii, oder das reine Laud. liq. Sydenh.) den nöthigen Grad von Reaction einzuleiten, mit Nitras arg. in Substanz sei man vorsichtig. Droht das Geschwür zu perforiren, so wende man, wenn es im Centrum der Cornea oder nahe demselben gelagert ist, örtlich Belladonna an, um die Pupille zu erweitern. Ist jedoch das Geschwür der Cornea an ihrer Peri- pherie befindlich, so ist die örtliche Anwendung der Belladonna nicht nur nutzlos, sondern wegen der dadurch herbeigeführten Retraclion der Iris sogar schädlich.
Wenn bereits Keratokele oder Vorfall der Iris eingetreten ist, so ist Vermeidung jeder Muskelanslrengung und stärkerer Bewegung, selbst ruhige Rückenlage , und Verklebung der Lidspalte nothwendig. So lange Zeichen von Entzündung da sind, muss antiphlogistisch, wenigstens nicht reizend, verfahren werden. Einträuflungen von Belladonna können sich nütz lieh bewähren, wenn der Vorfall der Iris nicht sehr peripherisch gelagert ist dadurch kann man auch einer ausgebreiteten Verwachsung vorbeugen. Alle Reposilionsversuche sind schädlich oder gefährlich, namentlich auch das Wegschneiden der vorgefallenen Irispartie, oder das Wegätzen mit Lapis inf. oder Butyr. antim. Bildet die vorgefallene Iris eine kolbige Blase, so punklire man dieselbe mit einer Nadel, und falls die Vernarbung nicht er- folgen sollte, touchire man die Stelle mit einem fein zugespitzten Lapis, oder trage mittelst eines Haarpinsels Tinet. Opii simpl. oder croc. auf. Wenn eine Hornhautfistel besteht, kann man mit Lapis inf. gelinde ätzen, jedoch
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immer mit grosser Vorsicht, weil man dadurch nur einen hinreichenden Grad von Reaction zur Verschliessung der fistulösen Oeffnung erregen will.
Resorplionsgeschwüre erfordern, wenn sie tiefer sind und länger be- stehen, die Anwendung der Opiumtinctur.
Wo immer die Bildung des Staphyloms im Anzüge ist, sei man dar- auf bedacht, den hydropischen Zustand zu heben und die Gewebe in den gehörigen Grad von Resistenz zu versetzen. Durch antiphlogistische Be- handlung, Anwendung adstringirender Mittel und zeitweise Punction der am meisten hervorgelriebenen Partie kann man diesen Zweck zuweilen erreichen. Ist die Pupille beim partiellen Staphylome gesperrt, zu einer feinen Spalte verzogen, oder durch unheilbare Hornhauttrübung verdeckt, so ist die Bildung einer künstlichen Pupille allein, oder zugleich mit der Abtragung des Staphyloms angezeigt, vorausgesetzt, dass die übrigen Be- dingungen dazu vorhanden sind.
Beim totalen Staphylom hat man die Compression, die Einziehung eines Seidenfadens durch die Basis, die Anwendung der Aelzmillel, die partielle oder gänzliche Abtragung empfohlen. Die Anwendung der Caustica ist schädlich, da sie meistens heftige Entzündung und Schmerz, wohl auch eitrige Schmelzung des Bulbus veranlasst. Nur die gänzliche Abtragung nach Beer's Methode ist zu empfehlen, und man verrichtet diese Operation, um den Kranken von den lästigen Zufällen der Reizung, die auch das etwa gesunde Auge treffen könnte, zu befreien, die Entstellung zu heben und das Auge zur Application eines künstlichen geeignet zu machen. Die Ab- tragung geschieht, indem man ein Staarmesser an der Seite der Basis des Staphyloms ein- und an der entgegengesetzten Seite aussticht, so dass man beim Fortschieben der Klinge die Hälfte oder zwei Drittel der Basis durch- schneidet. Den hierdurch gebildeten Lappen fasst man mit einer gutgezähn- len Pinzette, zieht ihn etwas an und schneidet mittelst einer nach der Fläche gekrümmten mit der Convexilät gegen den Bulbus gehaltenen Scheere den- selben ab. In diesem zweiten Momente muss der Gehülfe beide Augenlider fixiren, im ersten kann der Operateur selbst das untere Augenlid abziehen. Den Schnitt soll man nicht hinter dem erkrankten Theile führen, sondern noch einen kleinen Rand desselben zurücklassen, weil sich sonst der Bul- bus fast ganz entleeren und die leeren Häute keinen hinreichenden Stumpf desselben formiren würden. Wo nach dem Abtragen des Staphyloms die Linse vorwärlsgedrängt erscheint, bewirke man deren Austreten durch einen Kreuzschnitt in die vordere Kapsel, weil sonst die Wunde sehr schwer heilt. Die Wunde heilt durch Vernarbung. Es verlängern sich die Gefässe von der Peripherie der Cornea und bilden ein Gefässnetz, welches eine fibrös-albuminöse Flüssigkeil aushaucht, die auf der vordem Fläche der
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Hyaloidea sich ablagert und das Materiale zur spätem Vernarbung bildet. Wenn der Vernarbungsprocess langsam vor sich geht und die Exsudat- masse eine dünne Schichte bildet, können die Operirten durch die schwärz- liche Scheibe selbst Gegenstände eine Zeit lang undeutlich ausnehmen. Man lasse die Operirten nach der Operation mehrere Tage lang bei ver- klebter Lidspalte eine ruhige Rückenlage beobachten und jede stärkere Bewegung vermeiden. Sollte durch einen Druck die Choroidea vorfallen und durch Berstung der Gefässe derselben eine stärkere Blutung auftre- ten, so kann man diese durch Abschneiden der vorgefallenen Partie, An- wendung kalter Ueberschläge und möglichste Beobachtung der Ruhe am besten stillen.
Beim complicirten Staphylome kann man auf gleiche Weise durch Amputation des Bulbus die Form verbessern und die Reizung beseitigen. Hätte man jedoch bei bedeutender Ausbreitung der Verbildung und Varico- sität des Bulbus eine heftigere Blutung oder eine phlebitische Entzündung zu befürchten, so wäre die Exstirpation des ganzen Bulbus vorzuziehen.
Nach der Operation eines Staphyloms, so wie bei Atrophie und Phthise des Augapfels lässt sich die Difformität einigermassen durch Einsetzung eines künstlichen Auges (Prothesis ocularis) verbergen.
Künstliche Augen werden aus Glas, Fayence, Porzellan oder aus einer Goldplatte mit aufgetragenem Email verfertigt. Gläserne sind zwar wohlfeil, aber gebrechlich; emaillirte haben den Vorzug. Sie wurden in Paris von Hasard Mirauld verfertigt, gegenwärtig von Boissonneau, welcher sich zur Verfertigung einer Verbindung des Wismuths mit der Kieselsäure bedient. Ein künstliches Auge ist eine convex-concave Scheibe, welche nach aussen und oben die grösste Breite hat. Es muss dieselbe Wölbung wie die Hornhaut des gesunden Auges besitzen. Die Farbe der Iris soll der natürlichen Farbe derselben des andern Auges entsprechen , die Pupille in der Mitte stehen und den mittleren Grad der Erweiterung haben. Ein künst- liches Auge darf nur dann eingesetzt werden, wenn der Augapfelstumpf und sämmtliche Orbitalgebilde sich in einem reizlosen, entzündungsfreien Zu- stande befinden. Das obere Augenlid wird etwas in die Höhe, das untere herabgezogen und sein Rand leicht umgestülpt, man schiebt das mit Oel überzogene künstliche Auge in den Interpalpebralraum von unten nach oben ein, lässt dasselbe leicht und sanft hineingleiten, gibt rasch das obere und untere Augenlid frei, sie legen sich an das künstliche Auge und halten dasselbe fest, welches bei Beweglichkeit des Stumpfes noch grössere Täu- schung gewährt. Im Anfange verursacht das künstliche Auge immer einige Reizung der Schleimhaut und vermehrte Schleimabsonderung. Es muss daher zur Nachtszeit herausgenommen und der Stumpf gereinigt werden.
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Einlegen und Herausnehmen lernt der Kranke bald selbst. Man zieht das untere Augenlid ab, schiebt eine Stecknadel mit ihrem Kopfe unter den Rand des künstlichen Auges und hebt es etwas nach aufwärts, worauf es von selbst herausfällt.
Ein künstliches Auge hebt nicht nur die Deformität, sondern ver- hütet auch die Verkleinerung der Orbita, das Herabsinken der Augenbraue und das Abflachen des obern Theiles des Gesichtes, begünstigt das Ab- fliessen der Secrete des Auges, beseitigt das durch Abwesenheit und Klein- heit des Bulbus bedingte Entropium, so wie es der Reizung des Stumpfes durch einwärts gekehrte Cilien entgegenwirkt.
DRITTER ABSCHNITT.
Krankheiten der Form und Bildung.
Theils in Folge von Entzündungen, Iheils ohne dieselben durch andere pathologische Zustände bedingt ergeben sich an den Gebilden des Augapfels und dessen Nebentheilen mancherlei organische Veränderungen und Formfehler. In einigen Individuen werden auch Abnormitäten der Bildung von Geburt aus sowohl an den Augenlidern als auch am Augapfel beobachtet (angeborne Missbildungen). Je nach dem Baue und den Ver- richtungen der einzelnen Gebilde treten die organischen Fehler auf als Trübungen durchsichtiger Gebilde (Adiaphanoses), als Vere ngeru n- gen von Canälen, Verwachsungen einzelner Gebilde (Synechien und Atre- sien), als Veränderungen der Lage und Richtung gewisser Or- gane (Ectopien).
Zu dieser Krankheitsklasse gehören auch die durch abnorme Pro- duction entstehenden Neugebilde oder Ps eudop lasmen. Die Rich- tung der Organisation ist bei ihnen eine verschiedene, so dass entweder den normalen Geweben ähnliche (homologe Neugebilde) oder von densel- ben in ihrer Entwicklung'und Ausbildung verschiedene, helerologe Neuge- bilde oder Krebse entstehen. Sie kommen sowohl am Augapfel, als auch in dessen Nebengebilden vor und haben je nach ihrem Charakter und ihrem Einflüsse auf die Ernährung, Function, Form und Lage der einzelnen Ge- bilde verschiedene Folgen.
Einzelne der hieher gehörigen Krankheiten sind unheilbar; manche von ihnen sind durch Anwendung pharmaceutischer Mittel zu verbessern oder zu heilen ; zur Hebung der meisten jedoch ist das Einschreilen der operativen Kunslhülfc erforderlich.
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I. Angeborne Missbildungen.
Sie kommen theils an den Augenlidern, theils am Augapfel vor.
1. Zu den angebornen Bildungsfehlern der Augenlider gehören das Colobom und der Epicanthus. Das C o 1 o b o m der Lider besteht in einer durch die ganze Dicke des Augenlides hindurchgehenden länglichen Spaltung des Lides, analog der Hasenscharte. Die Scharte hat eine trianguläre Gestalt, indem die Zurückziehung der Spaltränder am Ciliarrande die grösste ist. Das Colobom kommt vorzugsweise am obern, fast nie am untern Lide vor. Das angeborne Colobom ist als Folge einer pathologischen Richtung der Bildung des Lides zu betrachten (Ammon), da in keiner Periode des Fötallebens die Augenlider eine solche Spaltung zeigen. Auch accidentell kann das Colobom der Augenlider in Folge von Verwundungen und Sub- stanzverlust durch Brand vorkommen. Geheilt wird es durch Anfrischung der Spaltränder mittelst einer Scheere und Vereinigung dieser Ränder mit- telst der umschlungenen Naht.
Eine bedeutende Difformität und Entstellung des Gesichts verursacht der Epicanthus, nämlich ein Hautwulst, welcher vom obersten Theile des Rückens der Nase ausgeht und sichelförmig den innern Augenwinkel zu beiden Seiten deckt, so dass die Lidspalte sehr verengt erscheint und die Cornea sich hinter der Falte fast verbirgt. Der Epicanthus ist immer angeboren und meistens mit fehlerhafter Bildung der Kopfknochen, beson- ders des Stirnbeines (Kürze und Depression des Nasenfortsatzes desselben) verbunden. Eine Besserung kann erzielt werden durch die Rhinorhaphie, eine Operation, welche in Abtragung einer halbmondförmigen Haulstelle über dem Rücken der Nasenwurzel und in Vereinigung der Wundränder durch die umschlungene Naht besteht.
2. Unter den angebornen Missbildungen des Augapfels sind die wichtigsten :
a. dieMonophthalmie oder derjenige Zustand, wo nur ein Auge vorhanden ist, welches seine Stelle und Lage behalten hat, während das zweite Auge ganz fehlt. Verschieden davon ist
b. die Cy cl opie, wo beide Augen in der Mittellinie des Angesichts einander sehr nahe gerückt oder in eines verschmolzen sind. Dabei fehlen einzelne Theile des Gehirnes, die Augenhöhlen, Nasenhöhlen und einzelne Knochen der obern Gesichlshälfte ; oft ist ein Rüssel über dem Auge vor- handen. Bisweilen zeigen sich in einem cyclopischen Auge zwei Horn- häute und zwei Linsen. Der Sehnerve kann einfach oder doppelt sein und im letztem Falle getrennt in die verschmolzenen Augen verlaufen. Sie gehört den Verschmelzungsbildungen an.
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c. Bei der Anophthalmie, dem gänzlichen Mangel beider Augen, findet man die Augenlider mehr oder weniger entwickelt und leicht ver- einigt oder ganz geschlossen. Die Augenhöhlen sind entweder ganz leer oder enthalten ein aus zelligem oder Fettgewebe bestehendes Rudiment.
d. Beim Microphthalmus ist der Facialtheil des Schädels ver- kümmert, die Orbitae sind wenig entwickelt, die Bulbi klein, die Hornhäute partiell getrübt, dabei Schwachsichtigkeit oder Blindheit vorhanden.
e. Wird die Bildung des Pigmentes verhindert, so tritt jene Hem- mungsbildung auf, welche man Albinismus oder Leucosis nennt. Die Haut solcher Individuen (Kakerlaken oder weisser Mohren) ist sehr zart, blass, die Haare fein, hell gefärbt, die Augenlidspalte zusammengezogen, die Sclerotica dünn, die Iris erscheint blassrosenroth und zeigt weissliche Streifen. Bei erweiterter Pupille sieht man in der Tiefe des Auges die Ge- fässhaut roth schimmern und in der Gegend der Papilla nervi opt. einen weisslichen Fleck. Solche Individuen sind sehr lichtscheu.
Wird das Pigment in der Iris nicht in gleichförmiger Weise abge- lagert, so können dadurch mannigfaltige Flecken und Streifen in dersel- ben entstehen, die zuweilen in regelmässiger Anordnung eine bestimmte Zeichnung darstellen, oder es ist der Pupillartheil auffallend anders gefärbt als der äussere Theil der Iris; es gibt selbst Fälle, wo die Iris an beiden Augen eine verschiedene Färbung darbietet.
f. Das Colobom der Iris ist jene Missbildung, wo die Iris einen Spalt zeigt, der mit seiner Spitze nach unten oder nach unten und innen gerichtet ist. Es erklärt sich dieser Fehler aus der Entwicklungsgeschichte der Aderhaut, welche von der Stelle, wo sie sich zu bilden beginnt, über die Netzhautblase allmälig wächst, und demnach einen Spalt zeigt. Die Iris bildet sich, indem der vordere Rand der Choroidea, nachdem die Spalte geschlossen ist, weiter nach innen vorwächst. Wird nun das Wachslhum der Choroidea an den Endspitzen gehemmt, und bildet sich die Iris vor dem Verschlusse der Spalte, so behält das Sehloch seine birnförmige Gestalt und in der Iris bleibt der Spalt zurück.
g. Die Irideremie ist der vollkommene Mangel der Iris, wenn nämlich die Ausbildung derselben gehindert wird. Beim totalen Irismangel sieht man den Grund des Auges dunkelbraun oder rubinroth, eigenthümlich glänzend. Sehr häufig besteht zugleich Cataract. Gewöhnliche Begleiter sind Lichtscheu, Myopie, bisweilen auch Amblyopie. Man beobachtete die- ses Uebel auch erblich in einzelnen Familien.
Als angeborne Bildungsfehler sind noch zu erwähnen eine fehler- hafte (excenlrische) Stellung der Pupille, welche dann meistens auch unre- gelmässig erscheint, eine angeborne Hornhauttrübung als Stillstand der
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Cornea auf einer niedern Bildungsstufe, die angeborne Pupillensperre, durch das Fortbestehen der Membrana pupillaris nach der Geburt, und der angeborne graue Staar.
Zu jenen Anomalien der Augen, welche auf fehlerhafter Brechung der Lichtstrahlen beruhen, gehört die Kurzsichtigkeit und Fernsichtigkeit.
Die Kurzsichtigkeit (Myopia) ist derjenige Zustand des Sehver- mögens, welcher durch eine Erhöhung des Refractionsv ermögen s hervor- gebracht wird, so dass nur Lichtstrahlen naher Objecte zu einem klaren Bilde auf der Netzhaut vereinigt werden, während die Bilder ferner Objecte vor der Netzhaut in dem Glaskörpersich vereinigen, und aufderRelinaalsZer- strcuungskreise erscheinen. Die gewöhnliche Sehweite ist zwischen 12 und 20 Zoll Entfernung. Die Myopie kann durch eine Abnormität in der Form, Consistenz oder Lage der brechenden Medien bedingt sein, oder von einem Fehler der Accomodation herrühren. Eine der häufigsten Ursachen ist eine grosse Convexität der Hornhaut, der Krystalllinse oder beider. Zu grosse Dichtigkeit der brechenden Medien kann gleichfalls Myopie bedingen. Manche Krankheiten des Auges, nämlich der Hydrophthalmus anterior und die Cornea conica, nicht vollkommen entwickelter grauer Staar sind häufig mit Kurzsichtigkeit verbunden. Accomodationsfehler führen dann Myopie herbei, wenn sich Individuen lange Zeit mit Gegenständen beschäftigen, welche ein Sehen in grösserer Nähe erfordern, z. B. Lesen, Schreiben, microsco pische Arbeiten, das Sehen in der Ferne jedoch vernachlässigen. Die Acco- modation des Auges für nahe Objecte, zu welcher ausser den im Innern des Auges vor sich gehenden Veränderungen auch die Thätigkeit der Augen muskeln, namentlich der recti interni, mitwirkt, scheint in solchen Fällen durch die lange Uebung zur Gewohnheit geworden zu sein und die dabei betheiligten Gebilde scheinen eine stärkere Ausbildung erlangt zu haben. Es kommt daher die Kurzsichligkeit vorzüglich bei Schülern und Studen- ten, Gelehrten, Männern höherer Stände, Schreibern u. s. w. vor, häufiger aus demselben Grunde bei Männern als bei Frauen. Insbesondere trägt zur Erzeugung von Kurzsichtigkeil das anhaltende Lesen beim schwachen Lichte viel bei; denn beim schwachen Lichte erweitert sich die Pupille; diese Erweiterung ist aber dem deutlichen Sehen naher Gegenstände sehr ungünstig; desshalb kostet es uns noch mehr Anstrengung, unsere Augen dieser geringen Entfernung anzupassen, als beim Tageslichte, und diese öfters wiederholte Anstrengung bewirkt leicht, ein Verharren des Auges in diesem Zustande der Kurzsichtigkeit, Vollsaftige Leute sind eher in den Jüngern Jahren zur Kurzsichtigkeit geneigt, weil auch der Augapfel in der Jugend mehr strotzend ist. Die Kurzsichtigkeil nimmt bei beiden Geschlech- tern mit dem Alter bedeulend ab. Nicht in allen Füllen jedoch wird das
M e y r , Augenheilkunde. 10
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Sehvermögen Kurzsichtiger im hohem Alter besser, sondern sie bleiben selbst dann kurzsichtig". Der unzeitige Gebrauch von Brillen veranlasst ebenfalls Kurzsichtigkeit. Die Hohlgläser haben nämlich die Eigenschaft, dass sie auch dem gesunden Auge entferntere Gegenstände in schärferen Umrissen, gleichsam reiner zeigen. Hält man also ein Hohlglas vor das Auge, so braucht es die zum deutlichen Sehen entfernter Gegenstände nöthige Veränderung entweder gar nicht oder nur im geringen Grade zu bewirken, bei häufig wiederholtem oder gar beständigem Gebrauche solcher Gläser verliert es allmälig die Fertigkeit, ja selbst die Fähigkeit, die zum Fernsehen nöthige Veränderung zu bewirken, es wird also kurzsichtig. Bisweilen entsteht die Kurzsichtigkeit in Folge einer Affection des Nerven- systems plötzlich; sie kann in solchen Fällen bald wieder vorüber gehen. Ware kannte zwei junge Leute, die nach dem Nervenfieber plötzlich kurz- sichtig wurden; Beer einen hypochondrischen Mann, der öfters bis auf 6 Zoll myopisch wurde; ein practischer Arzt theilte Hueck einen Fall mit, wo eine Wöchnerin durch eine schwere Geburt plötzlich kurzsichtig wurde.
Der Kurzsichtige sieht kleine Gegenstände deutlicher, weil dieselben, in grosser Nähe besehen, unter einem viel grösseren Gesichtswinkel erschei- nen. Auch sieht er bei schwachem Lichte kleine Gegenstände deutlicher, weil ein nahe gehaltenes Object mehr Lichtstrahlen in das Auge schickt, als wenn es ferne vom Auge sich befindet, er liest daher in der Dämmerung noch mit Leichtigkeit, wo ein Mensch mit gesunden Augen kaum zu lesen vermag. Kurzsichtige sehen helle, ausserhalb ihrer Sehweite liegende Ge- genstände oft doppelt und mehrfach, weil sich wegen der unregelmässigen Krümmungen der brechenden Medien gesonderte Zerslreuungskreise auf der Retina bilden, die nur bei richtiger Accomodalion ein einfaches reines Bild geben Durch eine kleine Oeffnung in einem Kartenblatle nehmen sie einen Gegenstand in grösserer Entfernung deutlicher wahr, als ohne diese Vorrichtung, daher sie auch, um entfernte Gegenstände deutlich zu sehen, die Augenlidspalte durch Blinzeln verengern. Die Schärfe des Gesichtes innerhalb der dem Auge zukommenden Glanzpunkte unterscheidet die wahre Kurzsichtigkeil vorzüglich von der Stumpfsichligkeit (Myopia spuria) *).
Die Kurzsichtigkeit lässt in manchen Fällen Heilung oder wenigstens Besserung zu. Ist starker Blutandrang zum Kopfe und zu den Augen vor- handen, wie diess bei jungen Leuten öfters der Fall ist, so wird eine wie- derholte örtliche Blutentleerung nebst dei Anwendung kühlender ableitender
*) Zur Entdeckung simulirter Kurzsichtigkeil hat ßoürjot-St. Hilaire einen eigenen Apparat erfunden (Revue med. Juillet 1839).
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Mittel einen guten Erfolg- haben. Uebt sich der Kurzsichtige consequent, gedruckte Schrift in grösserer und nach und nach zunehmender Entfernung zu lesen, übt er das Auge überhaupt in der Betrachtung fernerer Gegen- stände im Freien, so wird seine Sehweite allmälig verbessert. Auf diesem Principe der langsam sich steigernden Entfernung des Gedruckten vom Auge beruht ein eigenes für Kurzsichtige gebautes Lesepult, welches Berthold unter dem Namen des Myopodiorthoticon angegeben hat. Das Gesicht ruht auf einem festgestellten Nasenstege, der nach Massgabe der Umstände all- mälig höher geschraubt werden kann.
Ist die Kurzsichligkeit durch unzweckmässigen Gebrauch der Augen oder durch eine Krankheit entstanden, wodurch das Accomodations-Vermö- gen für die Ferne verloren ging, so ist der Gebrauch von Brillen nicht zweckmässig. Der Kranke enthalte sich von den Studien und allen Be- schäftigungen in grosser Nähe, er halle sich, wenn möglich, auf dem Lande auf, und übe sein Auge bei wohl geordneter Diät und Lebensweise, in der Betrachtung entfernterer Gegenstände.
Bei einem etwas höhern Grade der Kurzsichligkeit ist der Gebrauch von Gläsern (Concav-Brillen) angezeigt. Jedoch gebrauche der Kurzsichtige keine zu scharfen Brillen, und nur bei Betrachtung entfernterer Gegen- stände, nicht fortwährend. So kann auch durch den zweckmässigen Ge- brauch der Brillen die Myopie sich verbessern.
Man hat zur Heilung der Kurzsichligkeit auch die Myotomie der in- nern Recti empfohlen (Bonnet). Nur in jenen sehr seltenen Fällen, wo die Kurzsichligkeit auf einer zu starken Conlraction der innern geraden Augen- muskeln beruht, könnte diese Operation hülfreich sein. Auch wurde zur Heilung eines sehr hohen Grades von Myopie die Zerstücklung der Kryslall- linse vorgeschlagen (Kilchener), um durch Entfernung der Linse die zu starke Brechung der Lichtstrahlen zu vermindern.
Die Fernsichtigkeit (Presbyopia) ist derjenige Zustand, wo das Auge zwar die fernen Gegenstände deutlich sieht, aber das Vermögen, nahe Objecte deutlich zu sehen, entweder gar nicht, oder nur im geringen Grade besitzt, so dass z. B. eine massig grosse Druckschrift über 20 Zoll vom Auge entfernt werden muss, um deutlich gesehen zu werden, Je weiter ein Gegenstand vom Auge entfernt wird, desto weniger scharf wird der dadurch erhaltene Eindruck, es ist daher für den Fernsichligen eine slarke Beleuchtung nothwendig. Daher stellt er sich beim Lesen mit dem Rücken gerne gegen das Fenster, bringt bei künstlicher Beleuchtung das Buch gerne hinler das Kerzenlicht und hält die Hand, wie einen Schirm, über die Augen, um sie zu beschatten.
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Die nächste Ursache dieses Leidens beruht auf der zu langsamen Brechung- der Lichtstrahlen, so dass das Bild naher Objecte hinter die Netz- haut fällt. Es ist der zweiten Lebenshälfte und dem hühern Alter eigen. Zur Presbyopie geben Veranlassung: 1. Abflachung der Cornea in Folge mangelhafter Secretion der wässiigen Feuchtigkeit. 2. Veränderungen in der Consislenz und Verminderung der Convexitaet der Krystalllinse. 3. Verminderte Dichtigkeit der Feuchtigkeiten des Auges.
Die Accomodationskraft des Auges für nahe Gegenstände wird ge- schwächt oder gehl verloren. Die Presbyopie ist sehr häufig mit der Ve- getation ss chwäch e des Auges (Decrepiditaet) verbunden. Diese zeigt sich durch das malle Ansehen der Augen, Eingesunkensein der Bulbi, kleine, platte, häufig mit Greisenbogen versehene Cornea, Mangel des Pig- ments, daher graue oder grauliche Färbung der Pupille, mindere Lebhaftig- keit der Irisfarbe und trägere Bewegung der Augen.
Vernachlässigung der Uebung des Accomodationsvermögens für nahe Gegenstände ist oft eine Ursache der Fernsichtigkeit. Sie ist daher bei See- leuten, Bauern, Jägern, Soldaten u. s. w. häufiger zu beobachten. Auch durch den Verlust der Krystalllinse nach Staaroperationen oder Verletzun- gen ist Fernsichtigkeit bedingt. Sie tritt auch bei Schwächung oder Läh- mung der zur Accomodation nöthigen muskulösen Apparate ein, wie bei einer Lähmung des Oculomotorius, nach Einträuflung der Pupillen erweiternden Mitlei. Andere Ursachen der Fernsichtigkeit sind noch ein zu starker Para- lellismus derSehaxen, welcher durch ein Uebergewicht der äussern geraden Augenmuskeln entsteht, der unzweckmässige Gebrauch von Convexbrillen. Die Presbyopie kann auch angeboren sein, oder im jugendlichen Aller plötz- lich oder nach schweren Krankheiten entstehen. Bisweilen folgt auf eine Presbyopie die Myopie, oder umgekehrt, in welchem Falle aber die letztere keinen Bestand hat, sondern sich allmälig wieder verliert.
Wenn Individuen bemerken, dass ihre Augen fernsichtig werden, so sollen sie jede übermässige Anstrengung der Augen, und Alles, was die Sehkraft derselben schwächt, sorgfällig meiden und zeitlich genug zur An- wendung passender Gläser schreiten. Da die Sammellinse die Divergenz der Strahlen vermindert, so führt sie auch mehr Licht ins Auge, was der Weitsichtige besonders im vorgerückten Alter sehr benüthigel. Bei Deere- pidität und verminderter Vegetationskraft des Auges kann man der abneh- menden Lebenskraft durch Einreibung von verdünntem Branntwein, Kül- nerwasser oder Spiritus lavandulae in die Stirn- und Schläfengegend auf- zuhelfen suchen. Die für Fcrnsiehlige passenden Gläser sind die Con- vexbrillen.
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Da die Augengläser den wirksamsten Arzneimitteln an die Seile gestellt werden können, so ist es von der grössten Wichtigkeit, dass die ßrillenbedürttigen bei der Wahl derselben mit der grössten Sorgfalt und Aufmerksamkeit zu Werke gehen. Wer daher Augengläser ohne ärztliche Bcrathung wählt, kann leicht dadurch, dass er die dem Zustande seiner Augen nöthigen Rücksichten nicht kennt, oder vernachlässigt, an der zu- nehmenden Schwäche seines Sehvermögens selbst Schuld werden.
Die einfachen Brillen sind entweder Concav- oder Convexgläser. Den Zweck der Lichtbrechung erreichen die Optiker, indem sie nur eine Fläche entweder gewölbt oder concav schleifen, die andere flach lassen: Plancon- vex- oder Planconcavgläser, oder indem beide Oberflächen des Glases ent- weder convex oder concav sind(Biconvex- oderBiconcavgläser), oder indem die eine Fläche erhaben, die andere hohl geschliffen ist, und bei den einen die Convexität, bei den andern die Concavität vorwaltet, so dass die erste- ren in der Mitte dicker, die letzteren in der Mitte dünner sind, als gegen den Rand hin. Letztere Arten der Gläser heissen periscopische Brillen, sie besitzen mehrere Brennpunkte, wodurch sie den Vortheil haben, dass man auch die seitwärts gelegenen Gegenstände noch deutlich sieht, daher man sie heutzutage grösstenteils anwendet. Man hat auchCylindergläser, solche nämlich, deren Oberflächen Abschnitte von Cylindern darstellen. Sie sind jedoch seit ihrer Erfindung nicht sehr in Aufnahme gekommen, obwohl sie manche schätzenswerlhe Eigenschaften zu besitzen scheinen. Nach Ver- schiedenheit der Brennweilen sind die Gläser verschieden nummerirt. Die stärkste noch brauchbare Nummer ist 2, die schwächste 100. Je niedriger die Nummer, desto wichtiger für das Auge sind allmälige Abstufungen, daher man hier Zwischenglieder, also Gläser von 5%, 5, i3/^, 4%, 4% u.s. w. hat, während man bei den höhern Nummern mehrere Zwischenzahlen überspringt *). Aus dem Einflüsse der Dichtigkeit des Glases auf dessen Brechungskraft leuchtet ein, dass, wenn auch alle Optiker nach allgemein übereinstimmenden Kugelabschnitten schleifen würden, die Stärke der als gleich bezeichneten Nummern dennoch etwas verschieden sein kann. Daher bleibt für das Publikum das Numero des Glases nur ein beiläufiger Anhalts- punkt, wenn man sich immer bei einem und demselben Optiker bedient.
*) Plössl in Wien hat bei seinen Brillen folgende Nummern: 2, 2'/4, 2'/,, 2J/4, 3, 3'/4, 3'/2, a»/4, 4, 4 Vi, 4'/2, 4%, 5, 5»/,, 6, 6'/„ 7, 7%, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 20, 22, 24, 27, 30, 33, 36, 40, 48, 60, 80, 100. Prokesch in Wien verfertigt nicht die Nummern 17, 22, 33, statt 40 und 48 hat er 45, statt 100 gewöhnlich 90.
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Bei den plan- und biconvexen oder concaven Gläsern ist es von der grössten Wichtigkeit, dass das Centrum, die dickste oder dünnste Stelle, genau im Mittelpuncte der Fassung liege , und gerade der Pupille gegen- über zu stehen komme ; denn nur in und nächst dem Centrum geschieht die Strahlenbrechung so, wie man sie von diesen Gläsern zu erwarten be- rechtigt ist, durch den Randtheil angesehen, erscheinen die Gegenstände immer mehr oder weniger verzogen , schief und nicht in ihrer natürlichen Lage und Gestalt.
Um die passende Brennweite der Brillen zu finden, verfährt man auf folgende Weise : die Sehweile des myopischen oder presbyopischen Auges sei =v, die des gesunden =p, und es soll die Grösse v, wenn die Brenn- weite der Brille f ist , nach p rücken , so ist ~ = ; daraus f =
f p v
— — . Bei den Kurzsichtigen ist v — p negativ, und das f muss einer v — p
Zerstreuungslinse gehören, bei den Fernsichtigen umgekehrt. Zur Bestim- mung des Grades der Kurz- oder Fernsichligkeit hat man auch eigene In- strumente, Optometer genannt.
Bei der Wahl derBrillen beobachte man ferner folgende Regeln: 1. Man wähle kein zu scharfes Glas, sondern mache den Anfang mit schwa- chen, d. i. mit solchen, die eine grosse Brennweite haben. Man nennt solche Conservationsbrillen, obwohl es Conservationsgläser im eigentlichen Sinne nicht gibt. 2. Man benütze nicht blindlings alte , vorfindliche Bril- len. 3. Man nehme zum Probiren nicht zu feinen Druck. 4. Man wähle die Brillen nicht nach unmittelbar vorher stattgefundener Anstrengung der Augen. 5. Man probire nicht viele Gläser nach einander, weil dadurch das Auge ermüdet, und seine Sehweite auf einige Zeit geändert wird. 6. Man nehme Rücksicht auf die Beleuchtung des Ortes, wo man die Brille kauft, und auf die Entfernung der Objecte. 7- Man beobachte wohl, dass das Glas für jedes Auge besonders gewählt werden muss , weil sowohl die Sehkraft als auch die Sehweile beider Augen verschieden sein kann. 8. Dem Kurzsichligen darf das Glas die Gegenstände in der be- stimmten Entfernung, für welche er es gewählt, nicht kleiner zeigen, son- dern bloss schärfer begrenzt und reiner. 9. Dem Weilsichligen darf das gewählte Glas die Schrift nicht vergrössern, oder doch kaum merklich, sobald er sie in der gewünschten Entfernung vom Auge hält, die Buchsta- ben müssen reiner, schwärzer, schärfer begränzt, deutlicher erscheinen. 10. Auch das beste Glas ist immer nur für gewisse Beschäftigungen in bestimmter Entfernung und bei einem bestimmten Grade der Beleuchtung passend. 11, Ein Zeichen, dass das Glas zu stark ist, gibt das eigenthüm-
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liehe Gefühl von Anstrengung, von Ergriffe nsein des Auges selbst nach kürzerem und zweckmässigem Gebrauche der Gläser ab.
Während Weitsichtige in der Regel immer zu stärkeren Gläsern über- gehen müssen, geschieht es bei Kurzsichtigen bisweilen, besonders um das 30. Lebensjahr herum, dass sie zu einem schwächern Glase übergehen können. Bei diesen gelingt eine Verminderung und Heilung des Uebels bisweilen durch allmäliges Uebergehen zu immer schwächeren Gläsern.
Die Lorgnetten sind in sofern allerdings eine wohlthälige Erfindung, als sie Viele von dem beständigen Tragen convexer oder coneaver Augen- gläser abhalten , bequem jeden Augenblick vorgehalten und beseitigt wer- den können , so wie man ihrer bedarf oder nicht. Da sie nach Belieben mit einer oder der andern Fläche gegen das Auge gekehrt werden, so müssen sie auf beiden Seiten gleiche Krümmungen haben. Die einfachen sind aber geradezu verwerflich, weil sie nur ein Auge in Anspruch nehmen und dadurch Ungleichheit der Sehkraft und Sehweite herbeiführen. Die doppellen haben nur dann einen Nachlheil, wenn die Gläser die Fehler der Brillen haben, oder beim genauen Besehen der Gegenstände nicht ruhig vor dem Auge gehalten werden. Aus letzterem Grunde sind auch die sogenannten Lesegläser durchaus nicht zu billigen.
II. Trübungen durchsichtiger Gebilde.
A. Trübungen der Hornhaut.
Störung der Durchsichtigkeit der Cornea wird als Hornhautfleck bezeichnet, wenn dieselbe auf eine kleinere Stelle beschränkt ist, als Horn- hauttrübung im engern Sinne jedoch, wenn sie über die ganze Cornea ausgebreitet -erscheint. Dem Wesen nach unterscheidet man mehrere Arten von Hornhauttrübungen, nämlich:
1. Epitheliale Übungen und Wucherungen. Sie bilden sich aus beim Pannus, wenn das abgelagerte Exsudat nach dem Verschwinden der Gefässe in ein fibroides Gewebe umgewandelt wurde, welches der Hornhaut einen eigenthümlichen Silberschein ertheilt. Eine schwielen- ähnliche Verdickung des Epilheliums der Cornea erfolgt auch durch fort- dauernde partielle Reizung bei Trichiasis. Eine Anhäufung des Epitheli- ums und dadurch bedingte Trübung der Oberfläche der Cornea ist sehr häufig Folge von oberflächlichen Geschwüren , so wie sich nach Excoria- tionen in den dadurch entstehenden Verliefungen der Cornea Partikelchen von Schleim u. s. w. absetzen, welche daselbst incrustiren.
2. Trübungen in der Substanz der Cornea durch Ablagerung gerinn- fähigen Exsudates in Folge von Entzündung (Lymphtrübungen). Sie
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sind bei weitem die häufigsten , und haben hinsichtlich des Grades dersel- ben verschiedene Namen erhalten. Man unterscheidet halbdurchsichtige (Nebel- oder Wolkenflecke, Macula, Nephelium , Nubecula) und undurch- sichtige (Achlys, Margarita seu Perla, Albugo, Leucoma, Kreiden-Perlen- fleck). Sie sind bedingt durch Ablagerung faserstoffigen Exsudates zwi- schen die mehr weniger unversehrten Hornhautfasern, oder durch Ex- sudat, welches an die Stelle der zerstörten Gornealfasern trat, und in wahres Hornhautgewebe wieder umgewandelt wurde; Entzündungen und Verschwärungen der Cornea geben zu ihrer Entstehung Anlass. Puncl- oder fleckenartige Trübungen an der hintern Cornealwand entstehen durch Anlagerung von Exsudaten bei Hydromeningitis oder Iritis; biswei- len erscheinen daselbst auch bräunliche Pünctchen und Flecken.
3. Wurde nach Zerstörung der Hornhautfasern das Exsudat nicht in Cornealgewebe verwandelt, sondern blieb es als unveränderliches Faser- oder Narbengewebe stehen , so entsteht jene Trübung, die wir als Horn- hautnarbe bezeichnen. Die Form der Hornhautnarbe ist verschieden, sie hat ein weisslich glänzendes, riffartiges Aussehen, ziemlich scharfe Gränzen , ist jedoch sehr häufig von einem getrübten Hofe umgeben , der durch Exsudatabsetzung entstand. Bei der Hornhautnarbe hat man zu unterscheiden, ob dabei vordere Synechie bestehe oder nicht. Geschwüre und Abscesse der Hornhaut, sowie Verletzungen derselben (zufällige und operative) geben zur Entstehung der Hornhautnarben Veranlassung.
4. Eitrige Trübungen der Cornea entstehen, wenn bei Abscesse n derselben der Eiter sich zwischen den Faserschichten senkt und nicht völlig resorbirt wird; dabei besteht meislenlheils Destruction der Hornhautfasern.
5. Durch Mangel an Ernährung entstehen in der Cornea die soge- nannten atrophischenTrübungen. Hierher gehören : a. angeborne Hornhauttrübungen, welche wahrscheinlich durch Hemmung in der Entwicklung entstehen, und sich nach und nach wieder aufhellen, b. Der Greisenbogen (Arcus senilis, Gerontoxon), eine lichtgraue Trübung in Form eines Bogens im peripherischen Theile der Cornea; nach aussen hin ist sie vom Limbus conjunctivae stets durch einen durchsichtigen, schmalen Streifen getrennt. Der Greisenbogen kommt nur im hohen Alter vor; aus- nahmsweise schon um das 36. bis 40. «lahr ; meistens ist dabei Weitsichtigkeit, sehr häufig beginnende oder vollkommene Cataracl vorhanden. Der Grei- senbogen beginnt zuerst nach oben und nach unten, und besteht in vielen Fällen aus der Anwesenheit von unzähligen Oeltröpfchen in der Substanz des Hornhautgewebes (Fettenlarlung der Fasern). Er ist analog dem Er- grauen der Haare und dem Trübwerden der Linse,
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Hinsichtlich des Sitzes unterscheidet man bei Hornhauttrübungen centrale und peripherische.
Die nachtheiligen Wirkungen der Hornhauttrübungen sind:
1. Störung des Sehvermögens; diese ist um so bedeutender, je dich- ter der Fleck, je grosser derselbe, je mehr er dem Centrum der Cornea genähert ist, oder in demselben liegt, obwohl es Individuen gibt, welche ganz feine Trübungen in der Mitte der Cornea haben , ohne dass das Seh- vermögen gestört wäre.
2. Kurzsichtigkeit kann durch kleine Trübungen in der Mitte der Cornea entstehen , weil von einem nahen Gegenstände mehr Lichtstrahlen neben einem kleinen Hornhautfleck zur Pupille gelangen als von einem entfernteren.
3. Schielen entsteht sehr häufig, namentlich wenn die Trübung in der Kindheit und frühen Jugend entstand, wo die Augenmuskeln noch nicht die gehörige Kraft und Uebung erlangt haben , und somit das schwä- chere Auge leicht abweicht (siehe Strabismus). Ruete hat Unrecht , die Entstehung des Strabismus durch Centrallrübung der Cornea allgemein zu läugnen. Aus einem gleichen Grunde erfolgt durch Trübungen seit der frühesten Kindheit der Nystagmus (Oscilliren des Augapfels).
Bei der Stellung der Prognose hat man den Sitz der Trübung, ihre Ausbreitung, die Zeit ihres Bestehens, den Umstand, ob blosses Exsu- dat zwischen den Fasern der Cornea angesammelt sei, oder Narbengewebe dieselbe ersetzt habe, endlich den Zustand des Gesammlorganismus zu berücksichtigen. Wo zur Beseitigung der Trübung bloss einfache Resorp- tion des Exsudates nolhwendig ist, kann die Trübung gehoben werden, nicht jedoch, wenn nach der Zerstörung des Cornealgewebes Narbensub- slanz den Verlust ausglich. So können oberflächliche Trübungen bei übri- gens gleichen Umständen leichler gehoben werden, als tiefersilzende. Auf die Ausbreitung der Trübung kommt es nicht so sehr an, als auf ihr Alter. Frische Trübungen, welche halbdurchsichtig oder durchscheinend, aufge- lockert, bläulichgrau erscheinen, sind leichter und schneller zu heben, als solche, wo das Exsudat dichter und fester geworden ist, welche ein silber- oder schneeartig glänzendes Aussehen erhalten haben. Jugendliches Alter, und sonstiges lebenskräftiges Aussehen kann viel zum Verschwinden der Hornhauttrübungen beitragen.
Zu den Mitteln , welche gegen Hornhauttrübungen angewendet wer- den, gehören theils solche, welche eine allmälige Erweichung und Auflocke- rung und eine gesteigerte Resorption bewirken, theils solche, welche durch
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chemische oder mechanische Wirkung die Trübung mehr weniger rasch beseitigen. Erslere wirken fast alle dadurch, dass sie einen an Entzündung gränzenden Reizungszustand hervorrufen, durch welchen dann eine allmä- lige Erweichung, Verflüssigung und Resorption der feslgewordenen Exsu- date erzielt wird.
Zu diesen Mitteln gehören :
1. Fette Oele, wie das Wallnussöl, Mandelöl, Aalrutenleberöl, das Vipernfett , das frische Knochenmark , das Eieröl ; die ranzigen Oele, brenzliche Oele (Papieröl), ätherische Oele, z. B. das Oleum Juniperi; fer- ner das Oleum jecoris aselli, die Ochsen- oder Fischgalle.
2. Lösungen bitterer Extracte, das Extr. taraxaci, calendulae, cicutae, chelidonii maj. aloes aq. (10 — 15 Gr. in 2 Dr. aq. dest. gelöst) das Kali oder Natron, carb. (2 — 3 Gr. ad. aq. dest. dr. 2).
3. Resorptionbefördernde Mittel: die Tinct. Opii simpl. und comp., der Sublimat, Arg. nilr. Cadmium sulf., Salmiak, Borax, Murias barylae, Kali caust. , das Jod und Jodkali, der rothe und weiss« Präcipitat.
4. Mechanisch wirkende Mittel: der fein gepulverte Zucker, das Os sepiae pulver. , der Lapis pumicis pulv., das fein gepulverte Glas, Wein- stein, Borax, die Limatura stanni.
Man beobachte bei der Anwendung dieser Mittel folgende Regeln:
1. Man wähle Anfangs die schwächeren Mittel und gehe allmälig zu den stärkeren über.
2. Eben so wähle man Anfangs eine minder eingreifende , nämlich die flüssige Form, später die Salben- und nur selten die Pulverform.
3. Die wirksamen Bestandtheile müssen gleichmässig vertheilt sein. Man nehme bei der flüssigen Form nie weniger Menstruum , als zur voll- kommenen Auflösung des Mittels hinreicht. Auch ist es bei Augenwässern, welche Salze, Schleim, Auflösungen von Opium u.dgl. vereinigt enthalten, wichtig, dieselben so zu bereiten, dass eine Hälfte des flüssigen Vehikels mit dem Salze, die andere mit dem Schleime und den Tincluren gemischt, und erst hierauf beide Mischungen zu einer gemeinsamen zusammenge- gossen und filtrirt werden. Bei der Salbenform sind die beizumengenden Bestandtheile sehr fein zu reiben, und mit einigen Tropfen Wasser, oder mit Mandelöl abzureiben, ehe man sie dem gewärmten Excipiens beimischt. Diese Beimischung muss allmälig unter beständigem Reiben und bis zur völligen Erkaltung stattfinden. Zum Excipiens wählt man Schweinefett, Butter (frisch und ungesalzen) das Ungt. comm. oder Ungt. rosatum. Um dem Schweinefett mehr Consistenz zu geben , wird es mit etwas geschmol- zenem Wachse vermischt, dagegen der oft zu festen Cacaobutter durch
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beigemengtes Irisches Mandelöl eine weichere Consistenz verliehen wird. Man verschreibe nie eine grosse Menge, höchstens 1 oder 2 Drachmen als Excipiens, um das Ranzigwerden der Salbe zu verhüten, wesshalb man sie auch an einem kühlen Orte aufbewahren, und in sehr heisser Jahreszeit lieber die flüssige Form wählen soll. Auch Pulverformen sollen stets gut verrieben, und wenn mehrere Ingredienzen gebraucht werden, gut ver- mischt sein.
4. Der beste Zeitpunct zur Anwendung dieser Mittel ist Abends unmit- telbar vor dem Schlafengehen ; sind sie öfters binnen 24 Stunden zu ge- brauchen, so wende man sie nicht gleich nach dem Erwachen, nach der Mahlzeit oder nach einer Erhitzung an, ausser bei sehr torpidem Zustande, wo eine stärkere Aufregung nöthig erscheint.
5. Flüssige Stoffe werden zu 1 — 4 Tropfen bei der Rückenlage des Kranken mittelst eines feinen Pinsels oder Tropfglases durch den äussern Augenwinkel eingeträufelt. Von der Salbe wird ein Stückchen in der Grösse einer Linse mittelst eines feinen Haarpinsels oder des kleinen Fin- gers in den äussern Augenwinkel bei abgezogenem untern Lide eingestri- chen, und durch leichtes Reiben des obern Augenlides mit dem Finger an der Augapfelfläche verbreitet. Nach der Anwendung soll das Auge vor grellerem Licht- und Luftreize bewahrt, und nach einer halben oder ganzen Stunde mit lauem Wasser vorsichtig gereinigt und abgetrocknet werden. Pulver bringt man mittelst eines vorläufig benetzten feinen Pinsels auf das Auge, oder bläst sie mittelst einer Krähenfederspule in geringer Menge in's Auge ein.
6. Als Zeichen, aus denen man auf den gewünschten Grad von Re- action schliessen darf, gelten: massiger Thränenfluss, leichte Röthe und Schwellung der Lidränder oder der Bindehaut, erhöhte Empfindlichkeit gegen das Licht, mehr weniger lebhafter Schmerz, welche Zufälle jedoch nicht über eine Stunde anhalten sollen. Je nach dem Grade und der Dauer dieser Zufälle mag man dann beurtheilen , ob man die Dosis vermindern, oder ein milderes Mittel wählen , oder dasselbe nur jeden zweiten oder dritten Tag anwenden soll.
7. Da sich das Auge oft bei längerem Gebrauche an ein Mittel so gewöhnt, dass es von demselben nicht mehr afficirt wird, so ist es zweck- mässig, von Zeit zu Zeit entweder den Gebrauch eines Mittels auszusetzen, und den Kranken ohne Arznei zu lassen , oder die Form oder das Mittel selbst zu wechseln.
8. Manchmal leistet eine inzwischen vorgenommene seichte Scarifi- cation der Hornhauttrübung, so wie der ihr zulaufenden Gefässe, gute Dienste.
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9. Endlich ist bei der Cur der Hornhauttrübungen viele Geduld und Ausdauer von Seite des Arztes und der Kranken erforderlich.
Die Anwendung- des Galvanismus, der Electricität und der Acupunc- tur wurde gleichfalls gegen Hornhauttrübungen empfohlen.
Als operative Methoden gegen Hornhauttrübungen sind zu erwähnen :
1. Die Ausschneidung oder Abtragung der verdunkelten Partie (Abrasio corneae, Kerectomia), wenn man hoffen kann , dass die hintern Lamellen der Cornea ihre normale Durchsichtigkeit besitzen.
2. Unter gewissen Umständen lässt sich durch Anlegung einer künst- lichen Pupille ein mehr oder minder gutes Sehvermögen wieder herstellen. Das Nähere darüber siehe bei Pupillenbildung.
3. Die totale Resection der unheilbar verbildeten Cornea und die Transplantation einer durchsichtigen thierischen Cornea verspricht durch- aus keinen günstigen Erfolg, indem es sehr problematisch ist, ob eine solche Cornea wirklich anheilen würde , und indem es auch in den an Thieren gemachten Versuchen der Keratoplastik nicht gelang, nur einige Durchsichtigkeit der angeheilten Cornea zu erhalten.
B. Trübung des Krystallköiyers. Der graue Staar.
Der graue Staar (Cataracta) ist eine theilweise oder totale Trübung des Krystallkörpers, wodurch das Sehvermögen mehr oder weniger beein- trächtigt, oder selbst ganz aufgehoben wird. Man bezeichnet auch zum Unterschiede von andern Trübungen in der Pupille jene, die im Kryslall- körper ihren Sitz hat, als ächten grauen Staar, und man könnte somit die- sem den Namen Kryslallstaar beilegen.
Der Krystallkörper besteht aus der Kapsel und aus der Linse, daher sowohl die Erkrankungen der einen als auch der andern zur Staarbildung führen können.
Da manche Krankheitsprocesse zunächst an der Linsenkapsel ihre Producte absetzen, wodurch die normale Durchsichtigkeit derselben gestört wird, so ist die Einlheilung des grauen Staares je nach seinem Sitze in den Kapsel- und Linsenslaar, so wie in den Kapsellinsenstaar von pracli- scher Seile noch immerhin gerechtfertigt, obwohl die Existenz des Kapsel- staares als einer Trübung der Linsenkapsel selbst, von mehreren Schrift- stellern (Malgaigne, Ructe, Vogel, B. Langenbeck) geläugnet wird.
Wir bezeichnen als Kapselstaar eine durch Auflagerung auf die äussere oder innere Fläche der Linsenkapsel bedingte Trübung derselben. Die Linsenkapsel kann aber auch durch andere abnorme Zustände, z. B.
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durch Schrumpfung, ihre Durchsichtigkeit ganz oder zum Theile wäh- rend des Lebens einbüssen. Da die normale Beschaffenheil der Linse grösstenteils auf der Integrität der Kapsel Wandungen beruht, so wird jede namhaftere pathologische Veränderung derselben auch eine Trübung oder Störung der Ernährung der Linse herbeiführen : die Folge davon ist der sogenannte Kapsellinsenstaar (Trübung der Kapsel und der Linse). Man unterscheidet ferner den vordem und den hintern Kapselstaar, je nachdem die Trübung an der vordem oder an der hintern Kapselhälfle ihren Sitz hat; letzterer ist jedoch sehr schwer zu erkennen, und dürfte bloss im Anfange seiner Entstehung als solcher zu diagnosticiren sein, da eine Vegetalionsstörung an der hintern Kapsel noch rascher eine Trübung der Linsensubstanz nach sich zieht, wodurch die Ansicht der hintern Kap- selhälfle gehindert wird.
Die Kapselslaare werden grösstentheils durch Entzündungsprocesse veranlasst, welche ihren Sitz in der nächsten Umgebung der Linsenkapsel haben. Namentlich werden bei der Entzündung der Iris, des Ciliarkörpers und der Zonula Exsudate auf der vordem Kapselwand abgesetzt, welche mit dem Epilhelium derselben in eine innige Berührung treten, daselbst kleben bleiben und organisiren oder verschiedene Metamorphosen durch- machen können. Eben so kann bei einer Entzündung der Zonula und des Ciliarkörpers das flüssige Exsudat die Kapsel durchdringen , sich an der innern Fläche derselben niederschlagen und organisiren.
Je nachdem die Auflagerung auf die Kapselwand in geringerer oder grösserer Ausdehnung, in dieser oder jener Form erscheint, und je nach den Metamorphosen, welche solche Exsudate eingehen, entstehen verschie- dene Staarformen, welche im Laufe der Zeit verschiedene Namen erhielten. So beobachtet man den Streifenstaar, Perlenstaar, Balken- staar, Fensterstaar als Formen des vordem Kapselslaares. Erscheint die Ablagerung isolirt auf dem Centrum der Kapsel, so wird diese Form als Centralkapselstaar bezeichnet. Ist bei letzterem die centrale Auflagerung so bedeutend, dass sie die Form einer Pyramide darstellend in die Pupille hereinragt, so ist diess der Pyram i de ns taar. Die Cen- tralkapselstaare können übrigens ausser auf entzündlichem Wege noch auf andere Weise (durch Hemmung der Entwicklung) sich bilden.
Die Exsudate, welche sich auf die besprochene Weise an der Kapsel bilden, sind im Anfange weich, und bestehen wie die der naheliegenden Gebilde, aus feinkörnigen, amorphen Massen, die später zum Theile orga- nisiren, und dann meistens noch mit kohlensauren und phosphorsauren Erdsalzen u. s. w. imprägnirt sind. Solche plastische Exsudate können
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bei ihrem Rückbildungsprocesse gänzlich verkalken, worauf die Incrusta- tion der Kapsel oder die sogenannte Verknöcherung derselben beruht.
Die Entzündungen , welche zur Entstehung der genannten Slaare führen, sind fast immer von heftiger Lichtscheu und Enge der Pupille beglei- tet, daher häufig Pigmentzellen von der hintern Fläche der Iris abgestreift und mit den Exsudaten auf der vordem Kapselwand verleihet werden. Ein solcher Staar enthält dann einzelne schwärzliche Puncte oder Strei- fen, und wird Pigmentstaar (Cataracta pigmentosa oder choroidealis) genannt.
Aus demselben Grunde entstehen bei der entzündlichen Anschwel- lung der Gebilde, wodurch die Iris der vordem Kapselwand genähert wird, leicht an einzelnen Stellen oder im ganzen Umfange der Pupille Adhäsi- onen der Iris an die vordere Kapsel der Linse (Synechia posterior). Ein Staar, welcher diese Erscheinungen darbietet, heisst ein angewachse- ner Staar (Cataracta adcrela). Er ist stets ein Beweis eines vorausgegan- genen Entzündungsprocesses.
Verdunklungen der hinlern Kapsel sind auch grösstentheils durch innere Augenentzündungen bedingt. Wird die hintere Kapsel trübe, so wird es auch bald die Linse. Der hintere Kapselstaar wäre daher höchstens im Anfange seiner Entstehung, oder nach bereits geschwunde- ner oder entfernter Linse zu erkennen, und er stellt sich als eine strei- fige, concenlrische, coneave, von der Pupille ziemlich weit entfernte Trü- bung dar *).
Verdunklungen der ganzen Kapsel erscheinen als sogenannte häu- tige Staare; sie bestehen in einer Verbildung des ganzen Linsensystems in eine Membrane , die durch das Zusammenrücken der Kapselwände nach mehr oder weniger vollständiger Resorption der Linse entsteht; die Kapsel schrumpft dabei ein und wird kleiner.
Die Trübung der Linse, der Li n sen staar, wird durch mannigfache Krankheitsprocesse herbeigeführt, welche wir vorzüglich auf zwei reduciren können, nämlich auf die Erweichung und die Verhärtung der Linse.
1. Die Erweichung der Linse (Phacomalacie) besteht in der Zerstörung ihrer Elementarfasern , welche in eine weiche, breiige Masse verwandelt, und zuletzt entweder verflüssigt , oder anderweitig verändert werden. Es können somit wieder manche Staarformen als Folge dieses
*) Eine kreisförmige Trübung im timfange der hintern Kapsel soll zugleich mit Arcus senilis in manchejjt Augen sehr aller Individuen nach Ammon vorkom- men, ist aber nicht constant an alten Augen zu beobachten.
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Processes auftreten. Die Erweichung- der Linse erfolgt sowohl durch Ein- wirkung- der umgebenden Flüssig-keilen bei Störung- des Eig-enlebens der Linse, bei anomaler Mischung- derselben, vorzüglich jedoch durch Enlzün- dungsprocesse.
Er dringt nämlich bei Entzündung derZonula oder anderer Gebilde im Innern des Bulbus ein Theil des Exsudates in die Höhle der Linsenkapsel ein , und macerirt die oberflächlichen Linsenfasern , während der Kern der Linse noch einige Zeit erhalten wird. Man findet daher in der oberflächli- chen Lage der Linse ihre Fasern zerstört, und ausserdem viele Körnchen und Körnerhaufen. Die Erweichung der Linse beginnt immer auf der Oberfläche, daher der daraus hervorgehende weiche Staar häufig als sogenannte Cataracta corticalis auftritt.
Indem sich die Linse erweicht, theill sie sich manchmal durch Spaltung in mehrere Segmente nach dem Verlaufe der Curven der Linsenfasern; es entstehen dadurch mehr durchsichtige, daher dunkel erscheinende Spalten; diese Staarform bezeichnet man als Cataracta dehiscens. Indem diese Spalten sich vermehren, erhält der Staar öfters ein sternförmiges Ansehen, und wird auch Sternstaar (Cataracta stellata) genannt. Letztere Staar- form entwickelt sich häufig in glaukomatösen Augen; der Staar ist ein weicher Linsenstaar von graugrüner Farbe mit radienförmigen Streifen ; man nennt ihn dann auch Cataracta glaueomalosa; er entsteht jedesmal durch einen innern Entzündungsprocess. Nicht jeder grünlich aussehende Staar ist übrigens eine Cataracta glaueomalosa. Denn der weiche Linsenstaar besitzt bisweilen im Anfange seiner Bildung eine grüne Färbung, welche darauf beruht, dass die Linsensubstanz noch durchscheinend, die Aderhaut aber sehr hyperaemisch ist (Cataracta viridis). Solche Staarformen sieht man zuweilen nach Verletzungen des Auges sich entwickeln ; die grüne Färbung macht später der graulichweissen Platz, nachdem die Linsensub- stanz ganz undurchsichtig geworden, die Hyperaemie der Choroidea aber beseitigt ist.
Wenn die Erweichung der Linsensubstanz in einem noch höhern Grade stattfindet, so dass die Fasern derselben zerfliessen, so geht daraus der flüssige Staar (Cataracta fluida) hervor. Die Linse wird dunkel, käsig, und besteht nur noch aus einem kleinen, harten Kern, der in der Flüssigkeit schwimmt, und zuletzt sich ganz auflöst. Die flüssige Masse gleicht entweder der Milch oder dem Eiter, und es wird daher der Staar im ersten Falle der Milch staar, im letzteren Ei terstaar genannt. In solchen Fällen bildet sich zuweilen aus den Exsudaten ein vollständiger Sack, welcher eine gelbliche, breiige, manchmal übelriechende Masse enl-
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hält, die aus körniger Masse, Erdsalzen und aufgelöster Linsensubstanz besieht. Man nennt einen solchen Staar auch Cataracta cystica. Auch jene Staarform , welche sich durch die Gegenwart von Entozoen in der Linse entwickelt (Cataracta hydatoidea), gehört zu den weichen oder flüssi- gen Linsenstaaren.
Bei den weichen und flüssigen Staaren erfolgt nicht selten eine Auf- saugung der flüssigeren Bestandtheile. Es enthält dann die etwas ge- schrumpfte und corrugirte Kapsel einen Linsenrest als einen kleinen, gelbli- chen oder graulichen Körper, welcher zuweilen aus rhomboidalen Tafeln von Cholestearin, Fettkugeln und einigen granulirten Faserlagen besteht. Einen solchen Staar nennt man den t r o c k e n h ü 1 s i g e n S t a a r (Cataracta arida siliquata). Er kommt sowohl bei Kindern, als auch bei Erwachsenen vor. Wird aber die Linsensubstanz ganz aufgesaugt, so treten die beiden Kap- selwandungen an einander, schrumpfen ein, und stellen jene Staarform dar, welche wir den hau ti gen Staar (Cataracta membranacea) nennen.
Die Phacomalacie führt bisweilen zur Verkalkung der Linse. Man findet in diesen Fällen an der Stelle der durch Resorption entfernten Linse einen harten, spröden, gelblichen oder weisslichen Körper, welcher aus kohlensaurem und phosphorsaurem Kalk, etwas thierischer Materie und einzelnen Resten von Linsenfasern besteht, um welchen sich die geschrumpfte Kapsel schmiegt. Man nennt einen solchen Staar den Gypsstaar (Cata- racta gypsea). Er wird gewöhnlich als Product einer Entzündung der Cho- roidea betrachtet, und kommt demnach sowohl bei gichtischen Individuen, als auch nach Verletzungen vor. Auch tritt die Verkalkung zuweilen nach Dislocation des Linsensystems ein, wenn die Linse mit ihrer Kapsel sich lange in der vordem Augenkammer befindet.
Bei den letztgenannten Staarformen (Cataracta arida-siliquata , mem- branacea, gypsea) sind häufig die normalen Verbindungen der Linsenkapsel gelockert , theihveise oder ganz gelöst. Diess geschieht durch Ablagerung von Exsudaten auf die Zonula Zinnii, und durch das lange Bestehen des Staares. Ist der Staar nur zum Theil aus seinen Verbindungen gelöst, so zitiert er bei der Bewegung des Auges (Z i 1 1 e r s t a a r, Cataracta tremulans) ; nach totaler Lösung schwimmt er in der wässrigen Feuchtigkeit (Seh wi mm- staar, Cataracta natans).
2. Ein der Auflösung und Erweichung ganz entgegengeselzter Zu- stand der Linse ist ihre Atrophie mit Verhärtung (Phacosclerom), welche den harten Linsenstaar herbeiführt. Sie kommt zu Stande durch verminderte Ernährung (Marasmus des Linsensyslems). Die Faser- struclur wird hierbei nicht zerstört; die Linsenfasern sind normal, nicht mit fremden Stoffen besetzt, oft deutlicher und mehr von einander gelrennt,
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als in der gesurtden Linse. Die beginnende Verhärtung- verursacht jedoch eine Veränderung im Molecülarzustande der Linse, vermöge welcher ihre Refraction und1 Reflexion modiflcirt wird. Die dicht geschichtete Fasersub- stanz hat eine gelbliche Färbung; da im reflectirten Lichte die violetten Strahlen die stärksten sind, so erscheint die Cataracta in einer dunkleren gelblichen oder' bernsteinartigen Farbe. In seltenen Fällen ist die Färbung des harten Linsenstaares' eine sehr dunkelbraune ; man nannte solche Staare, wo die Pupille beinahe schwarz erscheint, Calaractae nigrae, schwarze graue Staate, und erklärte ihre Bildung durch Einsaugung von Pigment (Jüngken, Pauli), durch Ablagerung von Manganoxyd (Rossi, Langenbeck) oder von Melanose der Linsensubstanz (Jäger, Rosenmüller). Es scheint die dunkle Farbe vorzüglich durch die möglichste Verdichtung des Linsengewebes bei Verhornung ihrer1 Fasern hervorgebracht zu sein.
Man findet beim harten Linsenstaare die Linse klein, hart , abgeplat- tet, oft nur locker in ihren Sectoren zusammenhängend, gelb, trocken. Die Trübung beginnt hierbei im Kern der Linse und schreitet allmälig gegen die Peripherie vor, daher auch der Name Cataracta nuclearis (Kern- staar). In dieser tritt später auch Coagulation ein ; eine Schichte grauer, breiiger, slruclurloser Masse umhülltdann die Linse. Man nennt solche Staare, deren Kern hart, die Corticalsubstanz jedoch weicher ist, auch halbharle Staare oder Staare von gemischter Consislenz. Diese Schichte des Coa- gulums wird jedoch bei längerer Dauer des Staares dünner und allmälig ganz aufgesaugt, und der Linsenkern berührt fast unmittelbar die Kapsel.
Nachdem wir bisher die mannigfachen Slaarformen besprochen , und dieselben so viel als möglich auf ihre pathologischen Verhältnisse zurück- geführt haben, lässt sich folgendes Schema zur leichleren Uebersichl auf- stellen :
I. Aechter grauer Staar, Krystallstaar.
Varietäten: Centralkapselslaar, Pyramidenstaar, Streifenstaar,
Vorderer Kapselstaar ( Fensterstaar, 1. Kapselstaar \ ] Perlenstaar,
Balkenstaar, Pigmenlslaar, angewachsener Staar.
Hinterer Kapselstaar,
Häutiger Staar.
Meyr, Augenheilkunde. 11
Weicher Linsenstaar
2. Linsenstaar
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Varietäten j Cataracta dehiscens, „ stellata, „ glaucomatosa, „ viridis, „ corticalis. Milchstaar, Eiterstaar, Balgstaar, Hydatidenstaar,
1 Cataracta nuclearis, nigra.
3. Kapsellinsenstaar: Varietäten: Cataracta gypsea,
„ arida siliquata,
„ tremulans, „ natans.
4. Secundärer Staar oder Nachstaar,
Flüssiger Staar
Harter Staar
II. Unächter grauer Staar.
Cataracta lymphatica (Lymphstaar),
„ lymphatieo-grumosa (Blutstaar). Um einen ausgebildeten grauen Staar gut zu diagnosticiren, was auf die Prognose und Behandlung den grössten Einfluss hat, muss man auf fünf Punkte Rücksicht nehmen und zwar :
1. Auf den Sitz desselben, ob wir es mit einem Kapsel- oder Lin- senstaar zu thun haben. Die differenliellen Eigenschaften der Kapsel- und Linsenstaare sind folgende :
Kapselstaare. Linsenstaare.
Die Trübung bildet meistens Her- Die Trübung bildet keine Hervor-
vorragungen über die Oberfläche des ragung, entsteht häufig ohne eine Krystallkörpers ; Entstehen grössten- Entzündung, theils durch Entzündung.
Die Oberfläche uneben, daher die Die Oberfläche mehr eben, die
Trübung ungleich, ihre Farbe weiss- Trübung gleichmässig grau, bläulich lieh, kreidenartig, unregelmässige oder gelblich, oft regelmässige Strei- Streifen oder Flecken zeigend. fen zeigend.
Schlagschalten*) fehlend. DerSchlagschatten meistenswahr-
zunehmen.
*) Der Schlagschatten ist jener Schatten, welchen der Rand der Iris auf den getrübten Krystallkörper wirft, und er ist von dem schwarzen Pupillarrande
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Die Iris minder oder gar nicht Die Iris beweglich, ohne Adhae-
beweglich, häufig an einzelnen Stel- renzen mit der Kapsel, len mit der vorderen Kapsel adhae- rent.
Die Diagnose der einzelnen Varietäten des Kapsel - und Linsenstaars ergibt sich aus dem früheren. Jedoch könnte die Cataracta corlicalis sein leicht mit dem Kapselslaare verwechselt werden. Es erscheint der Rinden- staar als oberflächliche vollständige oder unvollständige Trübung der Linse, gebildet durch mehr oder weniger regelmässige Streifen und Flecken, welche, durch die durchsichtige Kapsel betrachtet, einen eigenthümlichen perlmutlerartigen oder jaspisarligen Glanz darbieten. Von dem Kapselstaar unterscheidet sich die Cataracta corticalis ant. dadurch, dass die Flecken und Streifen an der vordem Fläche der Linse weder Erhabenheiten noch Vertiefungen zeigen, durch die malte glanzlose Farbe und die gleichmässige Beschaffenheit der Kapsel, so wie durch das Fehlen von Verwachsungen mit dem Pupillarrande und durch Berücksichtigung der Entstehung.
Die Diagnose von Trübungen an der hintern Kapsel und der teller- förmigen Grube ist meistens mit grossen Schwierigkeiten verbunden. In manchen Fällen kann das Purkinje -Sanson'sche Experiment Aufschluss geben. Hält man nämlich vor ein mit klaren Medien versehenes Auge ein brennendes Licht, so sieht man drei Bilder im Auge. Das erste, grösste und deutlichste ist aufrecht und ein Spiegelbild der Hornhaut, das zweite kleinere hinler ihm befindliche steht verkehrt und ist ein Spiegelbild der hin- tern coneaven Kapselwand, das dritte hinterste, aufrechte und schwache Bild kommt von der vordem convexen Kapselwand. Bewegt man das Licht vor dem Auge, so bewegt sich das mittlere Bild in entgegengesetzter Richtung, während die beiden aufrechten dem Lichte folgen. Ist nun die vordere Kapselwand getrübt, so sieht man nur das erste, aufrechte Bild; ist die Linse oder die hintere Kapselwand verdunkelt, so sieht man die beiden auf- rechten Bilder; fehlt die vordere Kapselwand und die Linse, so sieht man das vordere aufrechtstehende und das mittlere umgekehrte Bild, dagegen alle drei Bilder, wenn die Trübung im Glaskörper oder noch liefer liegt.
2. Auf die Consistenz. Wir unterscheiden in dieser Beziehung harte, weiche und flüssige Staare. Es gilt diess namentlich von den Lin-
wohl zu unterscheiden. Zu seiner Bildung ist nolhwendig, dass sich zwischen Iris und Cataract noch ein freier Raum befindet, daher bei einem grössern Staare, der den hintern Pupillarraum mehr ausfüllt, wie beim vordem Kapselstaar, oder bei einem grossen, weichen Linsenstaar der Schlagschatten gewöhnlich nicht bemerkt wird.
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senstaaren, da blosse Kapselstaare durchgehends eine etwas härtliche oder eine zähe Consistejiz besitzen. Die Unterschiede sind folgende:
Harter Staar. WeicherStaar.
Die Trübung- schreitet vom Cen- Die Trübung schreitet von der
trum gegen die Peripherie der Linse Oberfläche gegen das. Centrum der
fort. Die Circumferenz oft noch et- Linse fort. Die Circumfenenz, immer
was durchsichtig. getrübt.
Die Farbe mehr dunkel, gelblich, Die Farbe bläulich weiss oder
bernsteinfarbig. graulich.
Das Volumen der Linse etwas Das Volumen der Linse grösser, kleiner, daher die hintere Kammer daher die hintere Kammer klein oder geräumiger, der Schlagschatten deut- aufgehoben, der Schlagschatten feh- lich, die Iris leicht beweglich, das lend, die Iris minder, beweglich, das Sehvermögen im massigen Lichte noch Sehvermögen ganz aufgehoben» etwas vorhanden.
Langsame Entwicklung; Ent- Schnellere Entwicklung; Ent- stehen durch gehemmte Ernährung, stehen öfters durch Entzündung oder Atrophie der Linse. Verletzung, so wie bei Dyscrasien.
Vorkommen im höhern Alter. Vorkommen im Jüngern und mitt-
leren Lebensalter.
Der flüssige Staar theilt mehrere der angegebenen Eigenschaften mit dem weichen Staare, als dessen höhere Potenzirung er auch erscheint. Bei der flüssigen Beschaffenheit der Linsensubstanz senken sich die dichteren Bestandteile mehr nach abwärts, und drängen den untern Theil der Iris selbst mehr nach vorne. Dadurch erscheint der obere Theil der Pupille freier, die Trübung daselbst viel weniger gesättigt, als in der untern Hälfte: der Staarkranke kann Gegenstände ausnehmen. Diess findet jedoch nur beim ruhigen Stehen oder Sitzen oder in der ruhigen Rückenlage mit etwas erhöhtem Kopfe Statt. Bei heftiger Bewegung und veränderter Stellung steigen vom Boden der Pupille gleichsam Wolken auf, die Trübung geht in eine gleichmässige über, das Sehen ist ganz aufgehoben. Bei dem flüs- sigen Staare sowohl, als als auch bei jenen Slaarformen , welche mit par- tieller oder totaler. Auflösung der Linsensubstanz verbunden sind, wie bei der Cataracta arida-siliquata, membranacea, beobachtet man an der Iris zu- weilen ein Schwanken von vor- nach rückwärts (Iridodonesis).
3. Auf die Reife (Malurität) des Staares. Wir nennen einen Staar reif, wenn der Krankheilsprocess , welcher der Staarbildung zu Grunde liegt, bereits abgelaufen ist, und die Trübung nicht mehr zunimmt. Ob ein Staar reif oder unreif sei, lässt sich weder aus dem Umfange der Trü-
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bung, nach daraus bestimmen, dass beim reifen Staare das Sehvermögen ganz aufgehoben sei. Es gibt nämlich Staare , welche auch vollkommen entwickelt, nur -in einem kleinen Theile des Krystallkörpers ihren Sitz haben; z. B. der Cenlralstaar. Ferner ist das Sehvermögen bei manchen Staaren trotz ihrer vollständigen Entwicklung nie ganz aufgehoben , wie beim Centralstaar, bei einem kleinen harten Linsenslaai, wobei der Kranke unter Umständen, wo sich sich die Pupille erweitert, daher in der Dämme- rung, nach Einlräuflung von Belladonna selbst noch Gegenstände unter- scheidet; andererseits kann bei einem nicht reifen Staare das Sehvermögen durch gleichzeitig bestehende Anaesthesin der Netzhaut ganz aufgehoben sein. Wir beurtheilen demnach die Maturität des Staares zum Theile aus dem Mangel jener Symptome, welche einen dem Staare zu Grunde liegen- den Krankheitsprocess andeuten, zum Theile auch aus der Angabe des Kranken, dass während einer geraumen Zeitperiode keine weitere Abnahme des Sehvermögens erfolgte.
4. Auf die Verbindung des Staares. Es kann aber die nor- male Verbindung des Krystallkörpers bei dem grauen Staare t'heil weise oder ganz gelockert, oder es kann der graue Staar abforme Verbindungen eingegangen (haben. Durch Entzündungsproeesse in der Zonuia , so wie in der Tiefe des Bulbus werden bisweilen die Anheftungen des Staares an die Zonuia theilweise gelöst, und der Staar igeräth in eine zitternde, schwan- kende Bewegung (Cataracta treinulans, Zitterstaar). Wird diese Verbindung ganz aufgehoben, so schwimmt ein kleiner Staar bisweilen in der wässrigen Feuchtigkeit (Schwimm staar, Cataracta natans), oder er begibt sich in die vor- dere Kammer. Derlei Erschein imgen begegnen wir zuweilen bei derCataracla arida-siliquata, beim häutigen Staare, beim Gypsstaar. Auch durch Verlet- zungen des Augapfels kann der Staar oder der ungetrübte Krystallkörper entweder ganz oder zum Theile aus seinen Verbindungen gerissen werden. Abnorme Verbindungen geht der Staar mit der Iris ein (Cataracta adereta, Synechia posterior) , und zwar entweder an einer oder mehreren Stellen des Pupillarrandes oder im ganzen Umfange desselben. Zu diesen Ver- wachsungen des Staares geben Entzündungen der Iris Anlass, und es sind daher meistens Kapseistaare , welche solche Verwachsungen darbieten. Man erkennt die Verwachsung theils durch die Autopsie , Wozu man sich einer Lupe bedienen mag, theils durch folgende Erscheinungen: Die Pu- pille ist etwas unregelmässig, meistens einen oder mehrere Winket bildend, die Bewegung der Iris etwas gehemmt oder ganz aufgehoben , jedenfalls aber ungleichmässig. An der vordem Fläche der Kapsel beobachtet man weissliche Stellen oder Unebenheiten. Zuweilen ist die Verwachsung nur unbedeutend, nicht genau zu erkennen, ihr Bestehen lässl sich jedoch
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entweder aus einer vorausgegangenen Iritis , oder aus Pigmentfleeken des Staares vermuthen. In einem solchen Falle ist die Einträuflung einer ßelladonnasolution behufs einer genaueren Diagnose vorzunehmen. Die darauf eintretende Pupillenerweiterung wird durch ihre Unregelmässigkeit und Unvollsländigkeit auffallen , und lässt auch einen grösseren Theil der vordem Kapselwand überblicken.
5. Auf die allenfalls bestehende Complication. Der graue Staar kann frei von jeder Complication , oder er kann mit örtlichen oder allgemeinen Leiden complicirt sein. Zu letzteren gehören die ver- schiedensten acuten und chronischen Krankheitsformen. Von ihrem Ein- flüsse auf die Operation wird später die Rede sein. Die örtliche Compli- cation kann in mannigfachen Krankheiten der Augenlider und des Bulbus, theils entzündlicher, theils nicht entzündlicher Natur bestehen. Diese Lei- den können entweder in ursächlichem Zusammenhange mit der Entwick- lung des grauen Staares stehen , oder unabhängig neben demselben beste- hen , und in letzterem Falle entweder schon vor dem grauen Slaare ent- standen oder erst nach der Bildung desselben hinzugetreten sein. Auch sie haben einen Einfluss auf die Prognose und Behandlung des Staares. Die wichtigsten localen Complicalionen sind die mit Glaucom, mit Synchy- sis und mit Amaurose.
Der Staar, welcher das Glaucom begleitet, ist gewöhnlich ein wei- cher, grosser, zuweilen sternförmig zerklüfteter Linsenstaar. Er liegt der Iris sehr nahe und drängt sie nach vorwärts. Seine Farbe ist graulich weiss, bisweilen in's Grünliche spielend. Die Diagnose sichern die übrigen Erscheinungen des Glaucoms , die sehr schwache oder gänzlich mangelnde Lichtempfindung, die charakteristischen Schmerzen u. s. w.
Die Complication mit Synchysis oder beginnender Atrophie des Augapfels gibt sich durch eine weichere Consistenz des Bulbus, zuweilen durch bemerkbare Volumsveränderung desselben , durch ein Schwanken der Iris, durch sehr mangelhafte oder gänzlich fehlende Lichlempfindung zu erkennen. In solchen Fällen ist eine Ophthalmia interna der Staar- bildung vorausgegangen. Die Staarformen , bei welchen diese Complica- tion vorzukommen pflegt, sind der trockenhülsige Staar, der Cholestearin- staar, der Gypsstaar, der Eiterstaar, der Balgstaar, und manche durch Ver- letzung entstandene Staarformen.
Die Complication mit Amaurose ist von der grössten Wichtigkeit. Die Amaurose, welche den grauen Staar begleitet, kann entweder Coeffect derselben Krankheitsursache mit dem grauen Staare sein , wie z. B. bei einem durch innere Entzündungsprocesse, oder durch Verletzung entstan- denen Staare. Derlei Slaare, z. B. die Cataracta gypsea, arida-siliquata
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adultorum, erhalten sodann zuweilen auch den Namen Cataracta amaurotica. Die Amaurose .kann sich aber auch in Folge der Cataracta entwickeln, wenn nämlich letztere sehr lange Zeit besteht. Die Netzhaut, längere Zeit des Lichtes als ihres natürlichen Stimulus beraubt, verfällt in eine immer mehr zunehmende Anaesthesie (Amaurose durch Mangel an Uebung, Amau- rose par paresse der Franzosen). Eine vollkommene Amaurose gibt sich als Complication des grauen Staares durch das völlig mangelnde Lichtem- pfindungsvermögen leicht zu erkennen, welches auf die bereits bekann ^ Weise zu eruiren ist ; nicht so ist es jedoch mit der unvollkommenen Amaurose, welche bisweilen trotz der genauesten Untersuchung des Auges und der sorgfältigsten Erhebung der anamnestischen Daten nicht zu er- kennen ist.
Der ausgebildete graue Staar könnte mit manchen andern Krankhei- ten verwechselt werden. Es kommen nämlich auch andere Trübungen in und hinter der Pupille vor, welche mit dem Krystallstaare einige Aehnlich- keit haben. Hierher gehören vor Allem organisirte Exsudate, welche die Pupille ausfüllen, der sogenannte Lymphstaar (Cataracta lymphatica). Er unterscheidet sich von dem ächten grauen Staare dadurch, dass der Sitz der Trübung in der Pupille, nicht hinter derselben ist, dass sie eine graulich weisse, unregelmässige, streifige oder faserige Oberfläche zeigt; dass die Pupille meistentheils verengt und sehr unregelmässig, die Iris un- beweglich ist. Aus der Anamnese wird sich ergeben, dass eine acute oder chronische Entzündung der Iris vorausging. Der Pig m en t man gel ist ebenfalls durch eine Trübung hinter der Pupille bezeichnet, welche dem grauen Staare ähnlich sieht. Doch ist der Sitz dieser Trübung etwas tiefer, bei seitlicher Ansicht durch die Pupille deutlicher hervortretend , das Seh- vermögen nicht ganz aufgehoben , das Auge hat den Ausdruck der Decre- pidität, das Individuum ist in den Jahren vorgerückt. Es gibt auch Fälle, wo man nicht sicher ist, ob man es mit einem grauen Staare oder mit einem Glaucome zu thunhat, insbesondere, wenn die Erscheinungen des letztem nicht in ihrer vollen Entwicklung auftreten. Man muss den Fall als Glaucom betrachten, wenn mehrere Erscheinungen des Glaucoms zugleich im Auge vorhanden sind , wenn die Abnahme des Sehvermögens nicht dem Grade des Trübung entspricht, sondern noch bedeutender ist, wenn die Pupille erweitert, die Bewegung der Iris träge ist, wenn der Kranke öfters von den dem Glaucome eigenthümlichen Schmerzen gequält wird , und die Merkmale der arthrilischen Dyscrasie an sich trägt. Uebri- gens ist , wie schon oben erwähnt wurde , nicht jede grünlich aussehende Cataract für ein Glaucom zu halten. Trübungen im Hintergrunde des Augapfels, wie bei Exsudationen an der innern Fläche der Choroi-
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dea, beim beginnenden Fungus medullaris retinae können nur bei ober- flächlicher Betrachtung ,m,it dem grauen Staare verwechselt werden, /da sie s,ich durch ihren Sitz in der Tiefe, durch ihr eigentümliches schillerndes Aussehen, so wie .dadurch unterscheiden, dass ein amaurotischer Zustand dieselben gleich Anfangs begleitet. Der schwarze graue Staar könnte end- lich leicht mit der Amaurose verwechselt werden, weil hei demselben die Pupille nich,t wesentlich getrübt ist. Indess ist sie bei demselben nicht rein schwarz, sondern zeigt eine Trübung, die ,einem Rost- oder Tinten- flecke einiger Massen ähnlich ist, deren Sitz sich in der .Gebend -des Kry- stallkörpers befindet, .die J[ris jLst vollkommen beweglich, das Lichlem,ptiu- dungsvermögen vorbanden , und bei dem .angestellten Sanson'schen Ver- suche wird das hinterste, verkehrte Bild fehlen. Cloquet, Wenzel, Vel- peau, Roux haben Fälle von Cataracta nigra mit Erfolg operirt.
Die Genesis desgranen S.taares ist in nicht vielen Fällen ge- nau nachzuweisen, und erheischt noch exaete Forschungen. In aetiologi- scher Beziehung ist zunächst zu bemerken, dass der graue Staar sowohl angeb.oren, als auch später entstanden sein kann.
Der a.ngeborn e St aar, Fo,e ta Ist aar (Cataracta congenita) be- ruht auf einer gehemmten Entwicklung" des Linsensystems. Nach H,uschke nimmt die Kapsel ihren Ursprung yon der Cornea, welche sich geg## Ende des 2. Monates der Schwangerschaft umschlägt, und nach Art einer Haut- drüse eine Einstülpung bildet. Einige Zeit später erweitert sich der Grund dieser Einstülpung, der Hals verengt sich mehr und mehr und schliefst sich am Ende vollständig, und das kleine Organ, das nichts anders ist als die Kapsel, trennt sich von der .Cornea. Erfolgt nun diese Schliessung nicht vollständig, so bleibt häufig in der Mitte der vordem Kapsel eine Trübung zurück, welche man als den Cenlralstaar der Kinder kennt. Auch die Cataracta pyramidalis ist zuweilen angeboren. Sehr häufig jedoch ist der Cenlralstaar die Folge einer nach der Geburt eintretenden Ophthalmie. Auch andere Staare können durch gehemmte Entwicklung hervorgehen. Sobalu1 die Iris gebildet jsl, ist ihre vordere Oeffnung, die Pupille, mittelst einer durchsichtigen aber gefässreichen Haut v/erschlossen , die sich bis gegen die Geburt hin erhält, ßiess Haut, die Pupillarmembran, ist eigent- lich nur der vordere Theil eines Sackes, der nach inner durch das {Sehloch hindurch auf die Linsenkapsel sich fortsetzt, and diese gänzlich umhüllt, pieser gefässreiche Sack , den man KapselpupiÜarsack genannt hat , bildet sich ebenfalls allmälig gegen die Geburt hin zurüelf und verliert sich voll- ständig. Da er die Linse gänzlich umhüllt, und nach vorn hin zu der Pu- pille gehend an dem Rande derselben sich befßstigt, so scheint seine Ent- stehung mit dem Zurückweichen der Linse in gewisser Beziehung zu stehen.
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Werden diese ,ge fässreichen Gebilde nun in den Zustand der Congestion oder selbst der Entzündung versetzt, was ^namentlich bei dyscrasi sehen Kindern sehr leicht -möglich ist, so können dadurch leicht Ablagerungen auf der «Kap- sel und Trübungen der Linse veranlasst werden. Auch idurch zu frühzeitige 0.bjUteratiion der Gefässe kann Staarbildung verursacht werden, »namentlich soll sich eine Cataracta capsularis posterior .centralis und schichten weise Trü- bung der Linse aufwiese Weise bilden. {Amnion.) Gewisse angeborne Staare wenden später durch partielle oder totale Resorption der Lin&etnsub«tauz zu einem häutigen Slaare oder zur .Cataracta arida-siliquata. Die ,ange>b»or- ne# Slaare sind gewöhnlich imit dem unsitäten Herumrollen des Augapfels (Nystagmus) verbunden , welche Erscheinung überhaupt da eintritt, wo ein tadLv&uurn in der frühesten Kindheit erblindete, oder blind geboren wurde. Eine an(g,ehome tCataract ist auch sehr häufig mit einem höhern oder .ge- ringem ,Grade von Microphlhalmus, oder mit andern Biklungshemmungen verbunden.
Uniter den Ursachen , welche nach der Geburl die Staarbildung zur Folge haben, ist vor Allem
1. Diie Ve rletzung de s Lins ensystem s zu erwähnen. Blosse Wunden der, Kapsel sollen sich, ohne den grauen Staar nach sich zu ziehen, wieder schüessen. Jedoch lehrt die Erfahrung, dass selbst nach leichten Ver- legungen des Krystallkörpers sich sehr schnell, oft in wenigen Stunden, der graue Staar vollkommen ausbilde. (Vergl. Seite ,3(0.) Eine Verletzung kann die Staarentwicklung zur Folge nabeln entweder durch Zerreissung der Kapsel und Eindringen des humor aqneus in die Höhle derselben, wodurch die LLOsensubstanz getrübt und macerirt wird, oder durch Zerreissung der normalen Anheftungsstellen des Krystallkörpers an die benachbarten Ge- bilde (hej blosser Erschütterung), oder durch die später eintretende Entzün- dung. J)Le Staarform , die sich am häufigsten durch die Verletzung bildet, ist der weiche Linsenstaar. Durch beginnende Aufsaugung der Linsensub- stanz, deren Möglichkeit .durch Eröffnung der Kapsel gegeben ist, spalten sich öfters die Seetoren der Linsenfasern (Cataracta dehiscens) und der Staar schwindet von selbst auf dem Wege der Resorption (Cataracta eva- nida)- Auf ähnliche Weise, wie die Verletzungen wirken zuweilen die Corw-ulsionen der Neugebornen oder der Kinder vor dem ersten Zahnen ; es entstehen krampfhafte Zusammenziehungen der Augenmuskeln, welche bei 4er Zartheit der innern Gebilde eine Zerreissung des Aufhängebandes der Linse oder der Kapsel vielleicht zu Folge haben können. Wenigstens bilden sich nach Convulsionen der Kinder graue Staare oft sehr schnell aus.
2. Eine ziemlich häufige Ursache des grauen Slaares ist der Ent- zündung6process. Diess gilt insbesondere von jenen Ophthalmien,
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welche sieh bis auf oder in die Nähe des Linsensystems erstrecken , und ihre Producle auf demselben ablagern. Es wurde bereits bemerkt, dass die meisten Kapselstaare Producte einer Entzündung der Iris, des Ciliarkör- pers oder der Zonula sind. Aber auch andere Entzündungen des Auges, namentlich die chronischen Phlogosen tieferer Gebilde, z. ß. der Choroidea, haben durch Störung der Ernährungsvorgänge die Staarbildung zur Folge. Wird nämlich durch den Entzündungsprocess ein flüssiges Blastem in die Augenfeuchligkeiten ergossen, so wird dasselbe, weil es weniger als die Linsensubstanz concentrirl ist, mit grosser Energie in den Raum zwischen Linsenkapsel und Linse übergeführt. Es laugt dann die Salze der Linsen- substanz, denen das Albumin seine Löslichkeit verdankt, aus, so dass sich das Albumin niederschlägt. Meistenteils bilden sich weiche und flüssige Staare durch den Entzündungsprocess aus. Wir beobachten häufig genug Staare, bei welchen noch Symptome der Entzündung vorhanden sind, dem sie ihr Entstehen verdanken.
3. Das höhere Alter ist eine so gewöhnliche Ursache des harten Linsenstaares , dass wir denselben überhaupt am häufigsten unter allen Slaarformen antreffen. Jedesmal tritt im höhern Alter eine Trübung der Linse ein, welche jedoch das Sehvermögen manchmal nur sehr wenig be- schränkt. Die Ursache ist in der im höhern Alter verminderten Ernährungs- thätigkeit, vielleicht auch in Obliteration einzelner Gefässe begründet. Der Greisenstaar (Cataracta senilis) ist daher als die nalurgemässe, letzte Metamor- phose des Linsensystems eigentlich zu betrachten. Bei einzelnen Individuen erfolgt diese Trübung frühzeitig, während selbst hochbejahrte sich hoch des besten Sehvermögens erfreuen. Es kann nämlich das Linsensystem für sich nach zu rascher Consumtion seiner Lebenskräfte im Zustande der senilen Decrepidität, bei noch bestehender Lebenskräftigkeit anderer Theile des Körpers sich befinden. Daher kommen senile Cataracten bei Menschen von jedem Lebensalter (mit Ausnahme der frühesten) mit oder ohne Zei- chen von senilem Marasmus in den übrigen Körpertheilen vor.
4. Die Coexistenz der Calaract mit manchen Dyscrasien regte die Frage über den Einfluss der letzteren auf die Staarbildung an, welche wohl noch nicht positiv entschieden ist. Dyscrasische Krankheilszustände, welche im Gesammtorganismus bestehen, können auf mehrfache Weise die Staarbildung veranlassen: 1. Durch Entzündung, welche sich in den man- nigfachen Gebilden des Augapfels bei ihnen häufiger entwickelt. 2. Durch directe Ablagerung pathologisch erzeugter dyscrasischer Stoffe. Alle Krank- heiten, welche sich durch eine hervorstechende Säurebildung auszeichnen, wie z. B. Gicht, Rheumatismus, Scrofeln, haben leicht Staarbildung zur Folge. Das Globulin, welches in der Krys-talllinse vorkommt, bildet mit
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der Milchsäure eine weisse unlösliche Verbindung, wodurch sich die leicht entstehende Trübung" des Krystallkörpers erklären lässt. Der sogenannte Gichtstaar ist in den meisten Fällen nichts anders als ein mit dem Glaucome verbundener Staar; jedoch ist nicht jede Cataract bei einem Arthritischen ein wahrer Gichtstaar, sondern kann auch eine gutartige, operationsfähige Cataract sein. Es ist ganz unstatthaft, einen scrofulösen oder syphilitischen Staar als eigene Species anzunehmen. 3. Manche hectische , atrophische und Consumtionskrankheiten scheinen auf den Nutritionsprocess im Linsen- syslem einen bestimmten, störenden, hemmenden Einfluss zu nehmen. Zu diesen Krankheiten gehören die tuberculöse Phthise, die Zuckerharnruhr und die carcinomatöse Dyscrasie, bei welchen man öfters Slaarbildung beob- achtet, ohne jedoch die Art seiner Entstehung genau erklären zu können.
5. Die stärkere und anhaltende E i n wirk ung des Lichtes mag allerdings als ein Moment der Staarbildung betrachtet werden, indem es eine chemische Veränderung in der Linse hervorzubringen im Stande ist. Man ist einiger Massen berechtigt, diesen Einfluss als einen ursächlichen zu betrachten, da der graue Staar häufiger bei Personen auftritt, welche viel in dem Sonnenlichte arbeiten, z. B. bei Landleuten, dessgleichen auch bei Feuerarbeitern.
6. Auch gewisse mineralische Dämpfe haben schon den grauen Staar und zwar in sehr kurzer Zeit producirt. Die Häufigkeit des Staares bei den Arbeitern der Salzbergwerke leitet Frerichs von der Einwirkung der salzsauren Dämpfe her.
Von allen andern Ursachen weiss man nichts Bestimmtes. Die Dispo- sition zur Slaarbildung ist eine ziemlich allgemeine. Man glaubt, dass sie durch den Missbrauch geistiger Getränke, durch Unregelmässigkeiten der Circulation gesteigert werde. Es gibt auch eine Familienanlage zum grauen Staare, da man denselben bei allen oder mehreren Gliedern einer Familie bisweilen beobachtete. Worin aber diese besteht, weiss man nicht genau. Walther hält diese Cataracten in gewissem Sinne für Foelalstaare; es scheint ihm die fötale Ausbildung des Linsensystems mangelhaft und nur so weit entwickelt zu sein, dass zwar seine Durchsichtigkeit zu Stande kommt, doch nur für eine kürzere Zeit bestehen kann. Es gibt auch eine durch climatische und geographische Verhältnisse bedingte Staaranlage. Doch sind die Beobachtungen hierüber für jetzt noch sehr unvollkommen. Es scheint in feuchten Gegenden , wo besonders kühle, feuchte Abende mit heissen Tagen abwechseln, der graue Staar etwas öfter vorzukommen. Dass in den Polargegenden, so wie in heissen, wüsten Gegenden der graue Staar häufiger vorkomme, und durch den Lichtreflex bedingt sei, ist eine unbegründete Annahme,
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Der graue Staar kommt häufiger in Augen mit hell gefärbter Iris als in solchen mit dunkel gefärbter vor. Weit mehrere graue Slaare befallen das höhere Lebensalter als jüngere Individuen. Insbesondere ist das Pha- coseierom der höhern AUersepoohe eigen. Weiche und flüssige Staare kommen bei Kindern und jüngeren Individuen bis -zu dem 40. Lebensjahre vor. Der linsenstaar ist viel häufiger als der Kapselstaar, ungefähr «im Verhältnisse wie 5:1.
Der graue Staar bildet sich unter Erscheinungen, welche besondere Aufmer.k-samk.eit verdienen, da die beginnende Cataract oft sehr schwer zu erkennen ist,, »und mit andern himmelweil verschiedenen Affectionen leicht verwechselt werden kann. Das Sehen wird trübe, neblich, besonders für entferntere Gegenstände; -es scheint dem Kranken, als sei ein Schleier vor den sichtbaren Gegenständen ausgespannt. Man beobachtet hinter der Pupille in .der Gegend des Kryslallkörpers eine schwache Trübung, sonst jedoch im Auge keine weitern Alienationen , die Bewegungen der Jris gehen regelmässig vor sich. Die Gesichtsschwäche ißt in der Mehrzahl der fülle veränderlich; das Sehvermögen ist besser unter Umständen, wo sich die Pupille erweitert, daher in der Dämmerung, bei bewölktem Him- mel, bei Beschattung des Auges, nach Einträuflung eines Pupillen erwei- ternden Mittels. Daher gehen cataractös Erblindete aueh meistens mit gesenktem Kopfe einher, und suchen ihr Auge auf jede Weise zu beschat- ten. Auch steht der Grad des Sehvermögens mit der Trübung im genauen Verhältnisse. Weniger constant und seltener vorkommend ist beim begin- nenden grauen Staare das Sehen von schwarzen Punclen , grauen Fäden, Netzen , Schlangen , Gitterwerk u. s. w. (Myodesopsie.) Die wenigsten Cataraclösen haben früher an Mückensehen gelitten. Von grösserer Bedeu- tung für den beginnenden grauen Staar ist die Chromatopsie , das Sehen von verschiedenen Farben in der Umgebung eines leuchtenden oder glän- zenden Gegenstandes. Der Flammenkegel einer brennenden Kerze er- scheint mit den Farben des Regenbogens umgeben, das Licht bildet somit einen hellen, schimmernden Kreis. OÜ sieht der Kranke auch kleine be- sonders glänzende Gegenstände verdoppelt (Diplopia monoeularis) oder noch häufiger vervielfacht (Polyopia). Diese Erscheinungen hängen ab von der veränderten Strahlenbrechung bei ihrem Durchgange durch das getrübte, lichtleitende Medium. Nicht selten sind auch jene Fälle, wo in Folge der geänderten Strahlenbrechungsverhältnisse das Adaptationsver- mögt n des Auges sich ändert. Kranke, welche früher fernsichtig waren, werden bei beginnender Cataract zuweilen kurzsichtig, und sehen besser mittelst concav geschliffener Brillen. Wenn auch die Trübung im Linsen- systems noch nicht sehr augenfällig ist, so würde sich doch bei dem vor-
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genommenem Sanson'schen Versuche eine mindere Deutlichkeit des Hintern verkehrt stehenden Bildes bemerken lassen ; mit dem1 Fortschreiten der Trübung jedoch dasselbe kaum wahrgenommen werden können.
Die beginnende Cataract könnte mit der beginnenden Amaurose ver- wechselt werden. Diese ist jedoch weil häufiger eine mit' der allgemeinen Conslitutionsbeschaffenheit und deren Leiden verbundene Krankheitsform ; bei ihr ist keine wirkliche, sondern nur eine scheinbare Trübung im' Auge vorhanden, und diese nicht von graulicher, sondern von rauchiger Beschaf- fenheit, und hinler dem Krystallkürper gelegen , steht auch in keinem ad- aequaten Verhältnisse zur Beschränkung des Sehvermögens. Die Bewe- gung der Iris ist gewöhnlich träge oder aufgehoben, die Phasen des besse- ren und schlechtem' Sehens hängen nicht von dem Verhältnisse der Pupil- lenweite, sondern von dem Wechsel des körperlichen Befindens ab. Man- che- Symptome, wie Myodesopsie , Photopsie u. s. w. kommen mehr bei amaurotischen Zuständen vor; der Blick ist hier mehr starr. In zweifelhaften Fällen kann das Sanson'sche Experiment nähere Aufschlüsse geben.
Selten entsteht die Cataract zugleich auf beiden Augen, meistens zuerst auf einem, und wenn sie in diesem sich vollkommen entwickelt hat, schreitet die Bildung derselben auch auf dem andern Auge vorwärts. Ge- wisse Cataracten, wie die durch Verletzungen oder Entzündungen beding- ten, entstehen meistens nur auf einem Auge, das andere Auge bleibt von der Staarbildung frei. Die Trübung macht bei der Staarbildung gewöhn- lich nur langsame Fortschritte, es dauert zuweilen 1 Jahr oder noch längere Zeit, bis der Slaar vollkommen entwickelt ist. Es gibt Menschen, welche Jahrelang auf einem Auge staarblind sind, ohne es zu wissen, und welche es erst dann entdecken, wenn sie das gesunde Auge gelegentlich schliessen, oder wenn dasselbe durch Entzündung u. s. w. zum Sehen unbrauchbar wird. Solche glauben dann, der graue Staar habe sich bei ihnen plötzlich entwickelt. Der graue Staar jedoch, der durch Entzündungen entsteht, kann in viel kürzerer Zeit zur Reife gelangen. Am schnellsten entwickeln sich Staare nach Verletzungen , indem schon einige Stunden nach densel- ben die Cataract vollkommen gebildet sein kann.
Die Prognose hängt bei dem grauen Staare von den verschieden- sten Umständen ab, so dass sich keine allgemein gültigen prognostischen Grundsätze aufstellen lassen. Ein reiner Linsenstaar lässt meistens eine bessere Prognose zu, als ein Kapsel- oder Kapsellinsenslaar; der freie Siaar eine bessere, als die angewachsene Cataracta. Complicationen des grauen Slaares trüben immer die Prognose, und zwar desto mehr, je wich- tiger die Complication ist. Staare, welche sich unter entzündlichen Er-
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scheinungen, Kopfschmerzen u. s. w. bildeten, die nach bedeutenden Ver- letzungen entstandenen gestatten eine minder günstige Vorhersage, als solche, die sich langsam auf dem Wege des Marasmus ausbildeten. Uebri- gens sind bei der Stellung der Prognose noch die Constitution und der Gesundheitszustand des Individuums, seine Vulnerabilität, körperliche und geistige Ruhe, und manche äussere Verhältnisse zu berücksichtigen , lauter Umstände, welche in der Lehre über die Behandlung des grauen Staares näher besprochen werden.
Dass eine bis zu einem gewissen Grade verdunkelte Linse sich wie- der aufhellen könne, ist bei dem isolirten Zustande, in welchem sich das Linsensystem befindet , kaum jemals wahrscheinlich. Alle behaupteten Heilungen der bereits ausgebildeten oder schon mehr vorgeschrittenen Staare müssen daher mit Misstrauen aufgenommen werden. Indessen kann durch die blosse Naturlhätigkeit eine Beseitigung der Cataract erfolgen und zwar 1. Durch spontane Resorption. 2. Durch spontane Reclination. Die spontane Resorption einer Cataract erfolgt zuweilen, wenn die Kapsel geöffnet wurde oder geborsten ist; daher die traumatischen Staare sehr häufig von selbst wieder verschwinden. Dasselbe kann bei weichen und flüssigen Staaren durch Bersten der Kapsel und Aufsaugung des flüssigen Inhaltes derselben erfolgen. Die spontane Reclination erfolgt seltener, wurde jedoch in einzelnen Fällen beobachtet. Nach einem sehr langen Bestehen des grauen Staares nämlich lockern sich bisweilen die normalen Verbindungen desselben, und der Slaar legt sich um oder sinkt von der Pupille herab, wenn der Erblindete vielleicht eine stärkere Bewegung vornahm.
Die erzählten Fälle von geheiltem grauen Staare sind auf solche Na- turheilungen zu reduciren, und auf Entzündungen, welche eine beginnende Trübung erzeugten, jedoch durch die Behandlung glücklich gehoben wur- den. Namentlich können Entzündungen der Iris oder anderer Gebilde, welche häufig Kapselstaar zur Folge haben, durch eine zweckmässige innere und äusserliche Anwendung von Mercurial- und Jodpräparaten beseitigt und die bereits begonnene Trübung wieder rückgängig gemacht werden. Auch ist es möglich, dass eine noch incomplete Calaract, welche durch einen pathologischen Zustand des Gesammlorganismus (Rheuma, Arthritis) bedingt ist, nach der Heilung dieser Krankheilen wieder zurückgehe. Wo immer jedoch die Bildung des grauen Staares schon deutlich beobachtet werden kann, ist es nutzlos und sogar schädlich, das Individuum einer ernsten Behandlung zu unterziehen. Indessen scheint es, dass man bei altern Individuen die Vegetation des Auges durch gelind erregende Mittel, wozu sich WTaschungen der Slirngegend mit Wasser, dem etwas Korn-
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brannlwein oder Eau de Cologne zugesetzt ist, eignen, stärken und die Sehkraft dadurch länger zu erhalten im Stande ist.
Die Anwendung der Electricität, des Galvanismus und des Eleclro- magnetismus zur Heilung der ausgebildeten Cataracten ermangelt ebenfalls jeder erfahrungsmässigen Begründung. Das Crussell'sche Verfahren, wel- ches als ein nicht operatives angegeben wurde, besteht eigentlich in einer sehr verletzenden Operation , indem eine Nadel bis in den Krystallkörper eingeführt, und hierauf der galvanische Strom eingeleitet wird. Es entste- hen dadurch leicht sehr heftige Entzündungen, wesshalb dieses Verfahren keine Empfehlung verdient.
Es bleibt demnach, um dem Kranken wieder zu dem verlornen Seh- vermögen zu verhelfen, nichts übrig, als die Beseitigung des mechanischen Hindernisses des Sehens, und diess geschieht nur durch die Slaaroperation.
Die Slaaroperation ist angezeigt, wenn der Staar reif ist, wenn er durch seine Grösse die Sehfunction namhaft stört, und mit der Iris in keiner zu festen und ausgebreiteten Verbindung steht.
Man wartet die Reife des Slaares zur Operation ab, weil dann wenig- stens kein Krankheitszusland (entzündlicher) mehr vorhanden ist, welcher die Operation gefährlich machen könnte. Diess gilt freilich nicht von allen Staaren, und man könnte eine Cataract, welche durch den Alterungsprocess der Linse entstanden ist, noch vor der Reife operiren. Indessen gewährt doch die Reife noch den namhaften Vorlheil, dass der Slaar mil den Ne- bentheilen lockerer zusammenhängt, daher leichler aus der Sehaxe zu be- seitigen ist, dass der Kranke die Annäherung des Instrumentes gegen sein Auge nicht wahrnimmt, und daher weniger scheu auszuweichen bestrebt ist. Auch ist gewöhnlich die Consistenz eines reifen Staares grösser, was die Operation öfters erleichtert. Endlich ist bei noch nicht reifem Slaare meistens noch einiges Sehvermögen vorhanden; ginge nun in Folge eines üblen Ausganges der Operation auch dieses verloren, so könnte desswegen dem operirenden Arzte ein Vorwurf gemacht werden.
Beim Centralstaar wird keine Operation gemacht, weil er das Seh- vermögen nicht bedeutend stört, und es daher zwecklos und unnöthig- wäre, das Auge den Gefahren der Operation auszusetzen.
Es fragt sich, ob man einen Slaar operiren soll, wenn er nur auf einem Auge besteht, und das andere gesund ist. Es gibt Staare, welche in der Regel das ganze Leben unilateral bleiben, z. B. die von Verletzung. Es ist nicht nölhig, solche zu operiren, wenn das andere Auge gesund ist; es würde in dem Falle, als die Operation einen günstigen Erfolg hat, der Kranke jedenfalls eine ungleiche Sehweite beider Augen haben , was sich wohl in einzelnen Fällen ausgleicht, in andern hingegen den Operirfen
bei dem Sehen mit beiden Augen mehr stört', als wenn er nur mit' dem gesunden Auge die Gegenständ!* betrachtet. Indessen kailn man die Ope- ration vornehmen, wenn es dertfrarttie wünscht, und wenn der1 Staat sonst von guter Beschaffenheit ist, weil dann der Kranke für den unglücklichen Fall, dass* er* sein' gesundes Auge verlieft, mit dem operirten sehen karin. Bestand jedoch der Staar vielk Jahre lang, so ist oft die Operation Wegen der entstandenen Anaesthesie der Netzhaut1 ohne Erfolg. Bei den Staarem, welche einmal auf einem Auge ausgebildet, oder schon während ihrer Maturätionszeit auch in dem zweiten Augpe zu entstehen pflegen, wird die gänzliche Erblindung des Kranken verhüthet, wenn das erblindete Auge zu einer Zeit operirt wird, wo er mit dem andern noch sieht. Contraindicirt ist die Staaroperation:
1. Wenn der Staar mit den benachbarten Gebilden (Iris) in zu aus- gedehntem Umfange verwachsen ist, daher bei totaler hinterer Synechie, weil hier zu starke Quetschung und Zerrung der bedachten Gebilde, und verheerende Ophthalmien zu fürchten wären.
2. Wenn die übrigen Gebilde des Auges zu Entzündungen disponirt, oder damit behaftet sind, wenn das Auge zugleich an umfängreicher Horn- hauttrübung, Pannus, unheilbarem Entropium oder Ectropium höheren Gra- des leidet ; bei Complication mit Synchysis , Hydrophthalmus post. , Glau- com, Amaurose, Athrophie. Indessen sind schon Staare mit Erfolg operirt worden, wo auf dem andern Auge ein Glaucom , eine Amaurose oder eine Atrophie bestand. Entzündungen des zu operirenden oder des andern Auges bilden nur eine temporäre Contraindication , so lange nämlich, bis die Entzündung gehoben ist. Dessgleichen soll eine bestehende Trichiasis und Dystiehiasis oder ein Entropium früher durch Operation gehoben" wer- den. Bei einer Synchysis kann man in einzelnen Fällen die Zerstücklung des Staares durch die Cornea noch versuchen. Eine incomplete Amaurose, welche nur durch das sehr lange Bestehen einer Cataracta bedingt ist, bil- det auch keine absolute Gegenanzeige, da die Netzhaut nach entferntem Staare wieder einige Kraft gewinnen kann. Manche organische Krankhei- ten des Auges contraindiciren auch nicht die Staaroperation im Allgemei- nen, sondern haben nur auf die Wahl der Methoden einen besondern Ein- fluss; z. B. Hornhaulflecken , Synechia anterior und posterior, Blepharo- phymosis, das Schielen etc.
3. Bei einem Leiden des Gesammlorganismus , welches den Erfolg der Operation gefährden oder vereiteln würde, z. B. Syphilis, oder bei Krankheiten, welche ein nahes Lebensende in sichere Aussicht stellen, z.B. die Tubereulose im letzten Stadium, Wassersucht, Magenkrebs. Viele krankhafte Zustände des Tolalorganismus können durch zweckmässige
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Behandlung; vor der Operation gehoben werden; andere Krankheitszu- slände, z.B. rheumatische, gichtische Anlage, scrofulöse Diathese sind bisweilen zwar nicht vollständig- zu heben, doch lässt sich durch zweck- mässige Vorbereitung, so wie durch eine umsichtige Wahl der Operalions- melhode der schädliche Einfluss derselben auf den Erfolg der Operation vermindern.
Wenn auf beiden Augen ein reifer grauer Staar vorhanden ist, so kann die Operation gleichzeitig auf beiden vorgenommen werden, wenn ihre Vulnerabilität nicht zu gross, und der Kranke sehr ruhig ist. Die eintretende Reaction ist in der Mehrzahl der Fälle keine heftigere, als wenn nur ein Auge operirt wird, und der Kranke braucht sich der Operation undNach- behandlung nur einmal zu unterziehen, was bei solchen Kranken, welche aus weiter Ferne zureisen, wohl in Anschlag zu bringen ist. In manchen Fällen ist es jedoch besser, nur ein Auge zu operiren, und es hat diess den Vortheil, dass man während und nach der Operation auf einzelne Umstände auf- merksam gemacht werden kann, welche man bei der zweiten Operation am andern Auge zum Vortheile des Kranken benützen kann , z. B. bei der Wahl der Methode, der Nachbehandlung.
Man verrichtet die Staaroperalionen meislentheils im Frühjahre , in der ersten Hälfte des Sommers und im Anfange des Herbstes. Indessen kann man zu jeder Jahreszeit operiren , wenn nur die Witterung günstig und nicht sehr veränderlich ist. Jedoch wähle man bei Staarblinden, wel- che eine grosse Empfindlichkeit gegen atmosphärische Einflüsse besitzen, die günstigere und von Schwankungen freiere Jahreszeit. Jedesmal nehme man auf die herrschende Krankheitsconslilution Rücksicht. Hinsichtlich der Tageszeil ist eine nicht ganz frühe Morgenstunde die geeignetste.
Auch kann die Slaaroperalion in jedem Lebensalter unternommen werden. Das hohe Greisenalter bildet so wenig, als das kindliche Aller eine Gegenanzeige. Es ist nicht räthlich, bei angebornen Cataracten zu lange Zeil mit der Operation zu warten , weil sonst eine zu bedeutende Schwäche der Retina eintreten könnte, weil ausserdem eine Anfangs wei- che Cataract durch Resorption sich in eine Irockenhülsige, nicht mit so gutem Erfolge zu operirende verwandeln kann. Man vermeide jedoch die Dentitions- und Puberlälsepoche. Bei Schwangern soll die Operation nur in früheren Monaten der Schwangerschaft vorgenommen werden. Bei Weibern ist ferner die climaclerische Periode und die der Menstruation für die Operation nicht zu wählen.
Die Vorbereitung zur Staaroperation ist eine für jede Operalions- methode gültige, und eine specielle für besondere Methoden nüthige. Er- stere besteht darin , dass ein etwas ängstlicher Kranker so viel als möglich
M e y r , Augenheilkunde )2
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beruhigt wird. Man stelle ihm eine möglichst günstige Prognose , hüte sich aber, ihm zu versprechen, dass er sogleich nach beendigter Operation gut sehen werde. Die Hinweisung auf andere glücklich operirle Personen hat gewöhnlich eine günstige Wirkung. Ein allenfalls bestehender Krank- heitszustand, z. B. Husten, Diarrhoe u. s. w. so wie eine Erkrankung des Auges, z. B. ein Augencatarrh muss früher durch geeignete Behandlung beseitigt werden. Bei Individuen, welche mit Rheumatismus oder Gicht behaftet sind, ist es nützlich, einige Zeit vor der Operation eine Ableitung auf einen Oberarm (z. B. durch eine Fontanelle) vornehmen zu lassen Auch kann man solchen Staarblinden, welche mit Haemorrhoiden oder son- stigen Unterleibskrankheiten behaftet sind, eine geraume Zeit vor der Ope- ration den Gebrauch einer Mineralquelle (Marienbad, Carlsbad) empfehlen.
Am Vorabende vor der Operation geniesse der Kranke nur ein leich- tes Mahl; man trage Sorge für gehörige Leibesüffnung, und gestatte am Tage der Operation nur ein leichtes Frühstück, Individuen, welche daran gewöhnt sind, etwas Kaffee.
Der zu Operirende sitzt auf einem niedrigen Stuhle ohne Rücken- lehne, der Operateur vor ihm etwas höher, so dass seine Brust dem Kopfe des Staarblinden gegenübersteht. Ganz kleine Kinder müssen in ein Tuch eingewickelt von Jemanden im Schoose gehalten werden. Das Operations- zimmer sei licht, und nicht weit von der Lagerstätte des Kranken entfernt Das Licht falle von der Seile ein. Sieht das nicht zu operirende Auge, so wird es verbunden, weil sonst der Kranke ängstlich und unruhig wer- den könnte. Jedoch auch, wenn beide Augen cataraetös sind, ist es besser, das nicht zu operirende zu verbinden, weil sich nach Schliessung des einen Auges die Pupille des andern erweitert, was die Operation oftmals erleichtert.
Der assistirende Gehülfe muss mit dem Vorgange der Operation sehr vertraut sein, um jede nöthige Hülfe leisten zu können. Er fixirt den Kopf und das Auge des Kranken, indem er den Mittelfinger der dem zu operirenden Auge gleichnamigen Hand an das obere Augenlid, den Ciliarrand desselben mit der Spitze überragend, anlegt, demselben den Zeigefinger beigesellt, und so das Augenlid hebt, dem obern Orbitalrande nähert, und an denselben sanft andrückt, ohne jedoch auf den Bulbus zu drücken. Mit der andern Hand erfasst er den Kopf des Kranken unter dem Kinne , und drückt ihn massig an seine Brust an. Der Operateur, welcher das Instrument mit der dem zu operirenden Auge entgegengesetz- ten Hand führt, legt hierauf den Zeigeringe»- der nicht operirenden Hand an die mittlere Gegend des Ciliarrandes vom untern Augenlide, und zieht das Augenlid sanft herab. Bei unruhigen Kranken, welche den Bulbus
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fortwährend nach einwärts wenden, kann er den Mittelfinger im innern Winkel ansetzen, die übrigen Finger werden eingeschlagen. Die Narcoti- sirung der Kranken wird zum Behufe der Staaroperation nur bei Kindern vorgenommen, welche duch unruhiges Widerstreben den operativen Ein- griff hindern würden. So wird das Auge auf die zweckmässigste und schonendste Weise fixirt *). Um der operirenden Hand Sicherheit zu geben, stützt der Operateur denOhrfinger derselben an den benachbarten Jochknochen an. Das Instrument wird schreibfederartig, nicht krampfhaft fest gehalten. Der Staar wird durch die Operation entweder ganz aus dem Auge, oder nur aus der Sehaxe entfernt, oder er wird in einen resorptionsfähigen Zustand versetzt. Wir haben daher drei verschiedene Methoden, den grauen Staar zu operiren, die Extraction, die Depression und die Discission desselben. Beide letztere können durch die Sclera oder durch die Cornea vorgenommen werden.
1. Die Extraction des grauen Staar es.
Sie ist ohne Zweifel die vollkommenste Operationsmethode, da der Staar gänzlich aus dem Auge entfernt wird, und der Natur nichts erübrigt, als die Hornhautwunde zur Heilung zu bringen.
Zur Extraction eignen sich jene Cataracten, welche leicht und ohne Beleidigung anderer Gebilde aus dem Auge entfernt werden können , da- her ganz oder grösstenteils harte von jeder abnormen Adhaesion freie Linsenstaare oder vordere Kapselstaare ohne Verwachsung, so auch der in die vordere Kammer vorgefallene Staar. Die übrigen Gebilde des Auges müssen frei von jeder Krankheitsanlage oder wirklichen Krankheit sein, welche die Operation erschweren und gefährlich machen könnten.
Die Extraction ist contraindicirt :
1. Bei ziemlich weichen und flüssigen Staaren , dessgleichen bei allen, welche an die Iris, wenn auch nur in sehr geringem Umfange ange- wachsen sind.
2. Von Seite der übrigen Gebilde des zu operirenden Auges, wenn es so gebaut oder mit Krankheiten behaftet ist, wodurch die Operation sehr erschwert, gefährlich oder ohne namhafte Verletzung wichtiger Gebilde unmöglich gemacht würde. Hierher gehören eine sehr enge Lidspalte, eine ziemlich tiefe Lage der Augen (wegen schwierigerer Bildung des
*) Die zur Fixirung des Auges in älterer Zeit erfundenen Ophthalmostaten, deren man auch in neuester Zeit wieder einige angegeben hat, gewähren nie die gehörige Sicherheit, können jedoch bei empfindlichen und ängstlichen Indi- viduen leicht zu grösserer Unruhe und dadurch zu manchen Nachtheilen Veran- lassung geben.
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Hornhautlappens), auch sehr hervorragende Augen (Glotzaugen) (weil der Hornhautlappen minder leicht anheilt, und ein Glaskürpervorfall zu fürch- ten wäre), eine sehr kleine platte Hornhaut , Enge der vordem Kammer (wegen leichterer Verletzung der Iris) ; eine habituell enge Pupille , weil dann der Staar schwerer austritt; von Krankheiten, welche vor der Ope- ration entweder gar nicht oder nur zum Theile beseitigt werden können, gehören hierher : ein partielles Ankyloblepharon oder Symblepharon (Nach- theile einer zu engen Lidspalte), die Augenlidschwiele, Neigung zu calar- rhalischen und blennorrhoischen Entzündungen der Bindehaut, weil eine derartige Augenentzündung bei noch nicht völlig getheilter Hornhaulwunde höchst gefährlich werden, und eitrige Infiltration oder gänzliches Absterben des Hornhautlappens herbeiführen kann; Hornhaulflecken und Narben, ausgebreiteter Greisenbogen , vordere Synechie, Nystagmus, Synchysis (wenn sie nur im geringen Grade besieht , und der übrige Zustand des Auges eine Vornahme der Operation noch gestaltet).
3. Von Seite des Individuums, wenn dasselbe sehr ängstlich und un- ruhig ist (daher bei Kindern , abgesehen von der grösstenteils weichen Beschaffenheit des Staares derselbe nicht leicht extrahirt werden kann), wenn es zum Erbrechen oder zu Convulsionen disponirt, oder mit chronischem Husten u. s. w. behaftet ist, wenn es vermöge seiner Körperbeschaffenheit nicht eine ruhige Rückenlage beobachten kann, wie diess z. B. bei den Buckligen der Fall ist.
4. Von Seite äusserer Umstände: bei zu heisser Witterung (daher im Hochsommer), bei grassirenden epidemischen Krankheilen, in Spitälern beim Vorkommen des Hospitalbrandes, weil der Erfahrung zu Folge in solchen Epochen die Hornhaulwunde nicht so gut verheilt und sehr leicht eine den Erfolg der Operation sehr in Frage stellende blennorrhoische Entzündung eintreten kann ; weil insbesondere auch in sehr heissen Tagen die Operirten nicht die nöthige Zeit eine ruhige Rückenlage beobachten können.
Man braucht bei dieser Operation einen sehr verlässlichen Gehülfen. Eine specielle Vorbereitung ist nicht nolhwendig.
Die zur Operation erforderlichen Instrumente sind: ein Rosas'sches oder Beer'sches Staarmesser*), eine sichelförmige Staarnadel , ein feines
*) Das Staarmesser vom Hr. Professor Rosas unterscheidet sich von dem Beer'schen, dass es eine etwas kürzere Klinge hat, schneller an Breite zunimmt, dass der Rücken scliarf schneidend ist, und dass die Klinge von der Spitze aus an beiden Seitenflächen allmälig dicker wird, jedoch so, dass der stärkste Punkt der Wölbung unmittelbar in die Spitze übergeht. Es hat den Vortheil , dass es
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Augenhäkchen, eine Fischer'sche Pinzette, ein Daviel'scher Löffel und eine kleine nach der Fläche gekrümmte, oder eine Daviel'sche (nach der Fläche und Kante gekrümmte) Scheere ; ausserdem der nöthige Verband- apparat.
Die Extraction des Staares wird entweder mit dem Hornhaulschnitt nach unten, oder mit dem Hornhautschnill nach oben vorgenommen.
Die Operation wird in drei Momenten verrichtet. Der erste begreift den Hornhautschnitl. Dieser muss hinreichend gross sein, nämlich die Hälfte des Hornhautrandes umfassen. Ist er grösser, so erschwert er das Anheilen des Lappens und begünstigt einen Vorfall der Iris oder des Glaskörpers; ist er zu klein, so wird die Cornea beim Austritte des Staares gequetscht und derselbe nicht vollständig entfernt. Ein kleiner Slaar kann auch durch einen etwas kleineren Hornhaulschnitt entfernt werden. Er inuss ferner halbmondförmig sein, damit der Hornhaullappen sich genau anlege und schnell und schön anheilen könne. Der Einstichspunkt zur Bildung des Hornhautschnittes ist für das Beer'sche Staarmesser V*'" ober- halb des Querdurchmesseis V4 — x/%"' vom äussern Hornhautrande entfernt; für das Rosas'sche Staarmesser ist der Einstichspunct im Querdurchmesser bei derselben Entfernung vom Hornhautrande. Man stiehl nun das Messer im Momente der Ruhe des Auges vorsichtig und schnell ein, indem man es unter einem rechlen Winkel an die zu durchbohrende Stelle ansetzt, um nicht etwa zwischen die Hornhautlamellen zu gelangen, und die vordere Kammer gar nicht zu eröffnen. Ist man in die vordere Kammer gedrungen, wovon der aufgehobene Widersland und die rein erscheinende Spitze der Klinge überzeugt, so wendet man das Heft so weil gegen die Schläfe, dass die Fläche der Klinge mit der Iris parallel ist, und schiebt sie möglichst schnell durch die vordere Kammer, den Bewegungen des Bulbus geschickt folgend. Man wende dabei weder den Rücken , noch die Schneide der Klinge mehr nach vorwärts. Der Ausstichspunkt ist für das Beer'sche Staarmesser etwa %'", für das Rosas'sche 1/s'" unter dem Querdurchmesser, '/8 — Vj'" vom Cornealrande entfernt. Hai man ausgestochen, so halte man einen Augenblick inne, bis sich die aufgeregte Muskelthäligkeit ge- legt hat, und vollende dann den Hornhautlappen durch blosses Vor- schieben der Klinge mit Schonung der Sclerolica , Iris, des unlern Augenlides, der Conjunctiva, der Thränenkarunkel und der äussern Nasen-
leichter durchdringt, dass man den Ein- und Ausstichspunkt etwas tiefer wählen und durch blosses Vorwärtsschieben der Klinge den Hornhautschnitt ganz been- digen kann, so wie auch die Spitze und die ganze Klinge an Festigkeit gewinnt, wesshalb das Umbiegen oder Abbrechen der Spitze nicht zu befürchten ist.
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haut. Man hüte sich dabei, weder mit dem Messer nach abwärts zu drücken, noch den Bulbus zu stark vorwärts zu zerren. Ist es nicht möglich, den Hornhautschnitt durch blosses Vorschieben der Klinge ohne Verletzung der genannten Gebilde zu beendigen , so müsste man das Messer unter einem vorsichtig berechneten Drucke zur Vollendung des Schnittes zurückziehen. Man vollende den Schnitt sehr langsam, um dem sehr schnellen Austritt des Staares, welcher gewöhnlich von einem Glaskörpervorfall begleitet ist, und dem Abstreifen der Bindehaut vorzubeugen, und lüfte den Lappen nach vollendetem Schnitte so wenig als möglich. Der Gehülfe lässt hierauf das obere Lid sogleich herab, und man heisst den Kranken die Lidspalte, gleich als wollte er schlafen, schliessen, trocknet behutsam seine Wange und gönnt ihm einige Ruhe.
Der zweite Operationsact besteht in der Spaltung der vordem Kapsel- hälfte, welche ohne namhafte Lüftung des Hornhautlappens , ohne Zerrung und Verletzung der Iris ausgeführt werden soll. Zu diesem Behufe legt man den Hals der mit der Spitze nach abwärts gehaltenen sichelförmigen Staarnadel unter dem Hornhautlappen an , führt sie, die Hornhautwunde gleichsam suchend, zwischen die "Wundränder in die vordere Kammer, und durch massige Senkung des Heftes in die Pupille ein , wendet hierauf die Spitze der Nadel gegen die vordere Kapsel, und bringt derselben durch einen von innen und oben nach aus- und abwärts gerichteten Zug einen schiefen Schnitt bei, wendet hierauf die Spitze der Nadel zur Verminderung der Verletzung der Iris etwas nach oben und vorne und führt die Nadel lang- sam am äussern Ende der Hornhautwunde wieder heraus. — Bisweilen geschieht es, dass während des ersten Actes durch den stärkern Druck der Augenmuskeln oder durch die Wendung einer Schneide des Messers nach rückwärts die Kapsel berstet; worauf sich die Staarlinse sogleich nach dem Hornhautschnitte durch die Pupille herausdrängt; in diesem Falle fällt der zweite Operationsact natürlich weg.
Der dritte Operationsact besteht in der Herausbeförderung des Staares. Wenn dieser nicht gross, und die Hornhautwunde hinlänglich ist, tritt er durch blosse Wirkung der Augenmuskeln heraus ; er folgt auch oft dem Zuge der Nadel. Sollte diess nicht der Fall sein, so kann man durch einen mit der Fläche der Nadel behutsam auf das Auge ausgeübten Druck die Muskelthätigkeit etwas anzuregen und den Austritt des Staares zu beför- dern suchen. Ist der Staar bereits durch die Pupille gedrungen , hebt er etwas den Hornhaullappen, und zögert noch sein Austritt, so kann man ihn mit der Spitze der Nadel erfassen und langsam hervorziehen. Ueber- haupt ist bei diesem Operationsacte viele Geduld nöthig, und man schade ja nicht durch vorzeitiges zu energiches Eingreifen,
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Nach dem erfolgten Austritte des Staares lasse man das Auge schlies- sen, eröffne es jedoch nach einem Momente der Ruhe wieder, um sich über die Beschaffenheit der Pupille zu überzeugen. Bisweilen ist dieselbe noch unrein durch zurückgebliebene Staarstücke, welche sich beim Durchtritte des Staares durch die Pupille losstreiften. Sind es nur unbedeutende Par- tien, so kann man sie, insbesondere bei etwas unruhigen Individuen, der Resorption überlassen ; sind es grössere Stücke, und insbesondere bei Allen, wo die Resorption schwächer ist, entfernt man sie mittelst des Daviel'schen Löffels, welchen man die Concavilät nach vorne gewendet, vorsichtig hin- ter diese Stücke einführt und sie über die innere Hornhautfläche herab- streift. Mit demselben Instrumente beseitigt man auch die in der vordem Kammer oder am Rande des untern Lides während der Passage des Staares über dieser Stelle zurückgebliebenen Slaarfragmente. Ist die Pupille sehr er- weitert und unregelmässig, so reibt man bei geschlossener Lidspalte gelinde mit dem Daumen über dem Augenlide, um die Iris zur regelmässigen Con- Iraclion anzuregen, und es wird durch dieses zuweilen wiederholt vorge- nommene Verfahren die Pupille gerade gerichtet. Hierauf schliessl man des Auge, wobei man Sorge tragen muss, dass der Hornhaullappen gut an- liegt und das untere Augenlid nicht etwa unter den Rand desselben gerälh; desshalb lässt man das obere Lid herab, damit es den Hornhaullappen massig andrücke und lässt sodann das untere Lid behutsam über densel- ben hinaufgleiten. Der Verband wird auf die später anzugebende Weise angelegt.
Ungünstige Ereignisse während dieser Operation sind:
1. Eine krampfhafte Bewegung des Auges; hilft freund- liches Zureden nicht, so berühre man die Cornea hastig mit der Klinge des Messers, worauf sich der Krampf gewöhnlich auf einige Augenblicke legt. Erfolgt eine solche Bewegung während der Schnittführung, so suche man durch vorsichtige Führung des Messers oder durch Anlegen des Millelfin- gers am innern Augenwinkel grösseren Nachtheilen zu begegnen. In ein- zelnen Fällen wird es nölhig sein, von der Operation abzustehen und in einer spätem Zeit eine andere Methode in Anwendung zu bringen.
2. Ein fehlerhafter Einstich; er kann zu hoch oben, zu tief unten, zu weit vom Hornhaulrande entfernt oder zu schief sein. Man gebe dem Messer, so lange als es noch möglich ist, eine bessere Richtung, oder suche durch eine zweckmässige Wahl des Ausstichspunkles den Fehler zu ver- bessern, z. B. bei einem zu hoch oben gemachten Einsliche kann man liefer unten ausstechen, damit der Hornhautlappen nicht zu gross werde. Ist man zwischen den Lamellen der Cornea vorgedrungen, so erkennt man
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diess aus dem nicht gehobenen Widerstände und der unrein erscheinenden Spitze ; man ziehe das Messer zurück und gebe ihm die gehörige Richtung.
3. Frühzeitiger Abfluss der wässrigen Feuchtigkeit; wenn der Kranke plötzlich das Auge nach innen wendet und der Operateur nicht folgt, wodurch das Messer die Hornhautwunde nicht genau ausfüllt, oder wenn man das Instrument unvorsichtiger Weise etwas zurückzieht. Die Iris legt sich dann an die Klinge des Messers an ; um Letzteres ohne Verletzung der Iris durch die vordere Kammer zu schieben, legt man die Spitze des Mittelfingers der assistirenden Hand auf die Cornea behutsam auf und streicht an derselben nach abwärts, wodurch man die Iris zur Re- traction anzuregen sucht.
4. Verletzung der Iris durch zu schiefen Einstich, Wendung der Schneide des Messers gegen die Iris, oder nach frühzeitigem Abfluss des Humor aqueus. Hat man zu tief eingestochen, so ziehe man die Spitze des Messers etwas zurück und gebe ihm eine bessere Richtung.
5. Abstreifen der undurchschniltenen Bindehaut von derSclera; in diesem Falle suche man erslere mit dem Staarmesser zu durch- schneiden, geht diess jedoch ohne bedeutenden Druck nicht an, so durch- trenne mau sie mit der Daviel'schen oder der kleinen Louis'schen Scheere- Man hüte sich auch, im zweiten Operationsacte die etwa abgestreifte Binde- haut mit der Staarnadel in die vordere Kammer hineinzuschieben.
6. Ein zu kleiner Hornhautlappen; ist er zu kurz, so kann man ihn nach aufwärts mit der Louis'schen Scheere oder besser mit dem Staarmesser erweitern; indessen sei man damit nicht zu voreilig, da selbst durch einen kleinen Hornhautschnitt der Slaar öfters austritt. Ist der Horn- haullappen zu schmal, d. h. zu weit innerhalb des Hornhaulrandes geführt, so ist er unverbesserlich und man müssle von der Operation abstehen.
7. Ni cht erfolge n der Austritt des St aar es. Ist die Ursache davon eine bedeutende Verengerung der Pupille, so massige man den Lichteinfluss, beruhige den Kranken und warte ab. Erweitert sie sich dem- ungeachtel nicht, so räth man an, den Pupillarrand mit der doppelköpfigen Scheere von Maunoir zu spalten. Vielleicht wäre in einem solchen Falle die Ausziehung des Slaares mit einem feinen Häkchen anzuempfehlen. Ist eine zu innige Verbindung der Linse mit der hinlern Kapsel und dieser mit dem Glaskörper die Ursache des nicht erfolgenden Austrittes, so ist es rath- samer, von der Exlraction abzustehen, die Hornhaulwunde wieder verheilen zu lassen und zu einer andern Zeit eine andere Operations-Methode vorzu- nehmen, als das Auge einer zu grossen Gefahr auszusetzen.
8- Vorfall der Iris. Man reibe das obere Augenlid behutsam mittelst des Daumens seiner an die Stirne angelegten Hand und öffne hier-
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auf bei massigem Lichte schnell das Auge. Bisweilen wird die Iris wie ein Beutel von dem austretenden Staare vorgeschoben ; sie zieht sich jedoch über denselben wieder zurück, wobei man mit dem Daviel'schen Löffel behülflich sein könnte.
9. Ausfluss des Glaskörpers. Erfindet Statt bei unruhigem Verhalten des Kranken, durch unvorsichtigen Druck von Seite des Gehül- fen, wodurch die Glashaut gesprengt wird, oder durch Verletzungen der Hyaloidea (durch einen Kapselschnitt, der über ihren Rand hinausgeht, durch Eindringen der Nadel nach rückwärts bis in die tellerförmige Grube, durch einen Hornhautschnitt, der bis in den Scleralfalz hineingehl), durch unzeitige Sehversuche. Bei slarkgewölbten Augen und bei flüssigerer Be- schaffenheit des Glaskörpers tritt diess Ereigniss leichler ein. In diesem Falle kann man durch das Verfahren nach Anlyllus-Melhode dem Austritte des Glaskörpers vorbeugen, indem man nach vorsichtig beendetem Hornhaut- schnitte die Augenlider schliesst, dann mit Daumen und Zeigefinger die Lidspalte etwas öffnet und durch behutsamen, gelinden, wechsclweisen Fin- gerdruck den Austritt der Cataracta begünstiget. Fällt der Glaskörper vor, so lasse man sich nicht verleiten, das vorgefallene Stück desselben abzu- schneiden, weil man bei diesem Versuche wegen des Zusammenhangs der Zellen der Glasfeuchligkeit immer ein neues Stück hervorziehen und end- lich den ganzen Glaskörper entfeinen würde, sondern man schliesse schnell das Auge, verklebe es sorgfältig und bringe den Operirten in ruhige Rücken- lage. Der vorgefallene Theil des Glaskörpers wird nach und nach in dem Masse, als die Cornea anheilt, abgeslossen. Der Verlust einer geringen Menge des Glaskörpers hat zuweilen keine schädliche Folge; indessen kann die Fernsichtigkeil des Operirten immer etwas grösser ausfallen. Ging eine grössere Menge des Glaskörpers verloren, so sinkt meistens der Aug- apfel ein und wird atrophisch.
Die Extraclion mit dem Hornhautschnitte nach oben dürfte in einzel- nen Fällen, z. B. bei leichten Entropium des untern Lides, bei leichten Nar- ben der Hornhaut an ihrer untern Stelle sehr wohl anwendbar sein ; die Nachlheile derselben sind jedoch, dass sie bei etwas tieferliegendem Auge, beim Mangel eines verlässlichen Gehülfen sehr schwierig ist und der Horn- hautlappen, namentlich bei sehr feiner, zarter Hornhaut leichter abfällt oder wenigstens nicht gut anheilt.
Kleine Staare, z. B. der trockenhülsige Kapsellinsenstaar und der häutige Staar Erwachsener, können durch einfache Spaltung der Cornea extrahirl werden. Nach früher vorgenommener künstlicher Erweiterung der Pupille bringt man der Cornea millelsl des Beer'schen Pyramiden- oder eines Staarmessers einen 2 — 3 '" langen Stich bei, führt ein feines
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Häkchen oder eine feine Pinzette durch die Wunde ein und zieht mittelst derselben den Staar heraus.
2. Die Dislocation des Staares.
Der Zweck dieser Operation ist bloss die Entfernung- der Linse aus der Sehaxe, was entweder durch blosses Herabdrücken, oder durch Umle- itung oder Seitwärtslagerung des Staares geschieht. Sie ist überhaupt ange zeigt, wenn der Staar vermöge seiner Consistenz nicht zur Zerstücklung geeignet ist, die Extraction jedoch durch irgend einen der oben genannten Umstände contraindicirt ist.
Die Depression des Staares kann durch die Sclerotica oder durch die Cornea vorgenommen werden ; die erstere Methode ist wegen der Leich- tigkeit des Verfahrens und wegen des viel sichereren Erfolges der letzlern vorzuziehen.
Zur Depression bedient man sich einer modificirten Schmidt'schen Depressionsnadel, deren Lanze einen schiefen Rhombus darstellt. Sie ist nach der Fläche gekrümmt, ihre Seilenränder sind schneidend, die an dem Hefte befindliche Marke entspricht der Convexität. Die Depression kann auch mit einer geraden Staarnadel verrichtet werden.
Die Operation durch die Sclera wird auf folgende Weise verrichtet : Der Operateur hält die Nadel so,dass die convexe Fläche nach aufwärts, die concave nach abwärts gerichtet ist (um leichter durch die Sclerotica einzudringen und der Verletzung mehrerer Ciliargefässe oder Nerven auszuweichen), und dass die Spitze der Nadel senkrecht an die Sclera angesetzt wird (behufs des leichteren Durchdringens), wesshalb das Heft etwas gesenkl werden muss. Der Einstichspunkt ist 1/2'u unter dem Querdurchmesser des Auges (um den langen Ciliargefässen und Nerven auszuweichen und andererseits den nölhigen Stützpunkt nicht zu verlieren) J — V/2" vom Hornhaulrande entfernt (näher dem Hornhautrande könnte man die Iris vom Ciliarligamenle lostrennen und den Ciliarkörper an einer empfindlicheren Stelle treffen, weiter von der Cornea entfernt könnte man die Retina verletzen). Man vermeide ferner beim Einstiche jedes sichtbare Conjunclivalgefäss. Unver- meidlich verletzt werden die Conjunctiva, Sclerotica, der hintere Theil des Ciliarkörpers und der Glaskörper. Mit diesen Vorsichlsmassregeln wird die Nadel im Momente der Ruhe des Auges sehnell in der Richtung der con- vexen Fläche der Nadel so tief eingestochen, bis die kleine tellerförmige Vertiefung der Sclerotica, die sich jedesmal beim Ansetzen der Nadel am Auge bildet, verschwunden ist. Hierauf wird das Heft der Nadel gehoben, und so gewendet, dass ihre Flächen mit der Iris parallel sind, demnach die Marke gegen den Operateur gekehrt ist, die convexe Fläche nach vorwärts,
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die concave nach rückwärts sieht und man zwischen der Iris und dem Staare in die Pupille gelangt. Ist die Spitze der Nadel in der Pupille ange- langt, so führt man sie zum innern obern Rande derselben, wendet hierauf eine Schneide der Nadel schief gegen den Staar und eröffnet durch zwei schiefe sich kreuzende Schnitte, welche durch Hebelbewegungen der Nadel (das Hypomochlion ist die Einstichsslelle in der Sclera) ausgeführt werden, die vordere Kapsel, oder man umgeht den Staar mit der Spitze der Nadel. Hierauf wird die concave Fläche der Nadel auf den Slaar in der Nähe sei- nes innern, obern Randes angelegt und dadurch, dass man das Heft nach vor-, auf- und einwärts gegen die Glabella hebt, der Staar nach unten und aussen in den Glaskörper in den Raum zwischen dem äussern und untern geraden Augenmuskel gedrückt. Man hält dann einige Augenblicke inne, dreht das Heft der Nadel etwas um seine Achse, um die Lanze von der Cataract los zu machen und so das Wiederaufsteigen desselben beim Sen- ken des Heftes zu verhüten. Bleibt die Pupille rein, erfolgt demnach kein Wiederaufsteigen des Staares, so kann man zur Sicherheit noch die hintere Kapsel durch einen Kreuzschnitt zerschneiden, und führt dann die Nadel auf demselben Wege, nur in umgekehrter Ordnung aus dem Auge zurück.
Wenn sich beim Versuche zur Depression die Staarlinse zerbröckelt, so zerstückle man dieselbe noch mehr auf die bei der Discission anzuge- bende Weise und überlasse sie der Resorption. Diess geschieht überhaupt häufig, wo man es mit einer Cataract zu thun hat, deren oberflächliche Schichten weich sind, in welchem Falle man diese Partien zerstückelt und vertheilt, den festern Kern der Linse aber deprimirt. Die Depression ist da- her in vielen Fällen keine reine, sondern eine mit Discission verbundene.
Wenn eine Verwachsung des Staares mit der Iris besteht, so kehrt man die convexe Fläche der Lanze gegen die Iris und bringt die Lanze über oder unter die Verwachsungsstelle, welche man hierauf durch Heben oder Senken des Heftes zu trennen sucht.
Ungünstige Ereignisse während der Operation sind:
1. Blutauslretung unter die Conjunctiva rings um den Einstichspunkt; sie ist von keiner besonderen Bedeutung, da sich das ergossene Blut bald resorbirt. Wichtiger ist
2. Eine Blutergiessung in die Augenkammern (Folge der Verletzung der Iris oder eines grössern oder kleineren Ciliargefässcs). Ist die Blutung gering oder erfolgt sie nur langsam, so beende man schnell die Operation ; ist sie bedeutend, so muss man von der Operation abstehen und antiphlo- gistisch gegen den Haemophthalmus verfahren.
3. Anspiessen des Krystallkörpers; man erkennt es aus der unrein erscheinenden Nadelspitze und aus den deutlichen Bewegungen der Slaar-
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linse beim Versuche vorwärts zu dringen. Man ziehe in diesem Falle die Nadel zurück und gebe ihr eine bessere Richtung.
4. Verletzung- der Iris oder Cornea, wenn man die Spitze der Nadel zu sehr nach vorwärts hält. Man gebe ihr auch dann eine bessere Richtung.
5. Vorfall der Staarlinse in die vordere Kammer. Der von seiner Umgebung gelöste Staar rollt öfters bei der Depression durch die Pupille nach vorwärts. Man ziehe ihn mit der Spitze der Nadel zurück und depri- mire ihn. Wo aber das Zurückziehen desselben nicht mehr möglich ist, ist die Extraction des vorgefallenen Staares durch den Hornhaulschnitt anzurathen.
6. Wiederaufsteigen der Cataracl nach beseitigtem Drucke der Nadel. Die Ursache kann sein eine noch bestehende Adhaesion, die man dann zu lösen hat, eine unvollkommene Depression oder eine Verwicklung der Na- del im Staare; man ziehe sie im letzteren Falle etwas zurück, um sie vom Staare los zu machen und deprimire ihn neuerdings.
Die Depression des grauen Staares durch die Cornea wird als die unvollkommenste Methode beinahe nur dann gemacht, wenn man bei einer beabsichtigten Discission durch die Cornea auf eine zu zähe Kapsel oder auf einen zu harten Linsenkern slösst ; ferner wenn man einen harten Staar zu operiren hat, dessen Extraction contraindicirl und die De- pression durch die Sclerotica wegen anderweitiger sogleich zu erwähnender Umstände nicht räthlich ist. Man vermeidet die Verletzung der Sclerotica bei Individuen, welche zu Rheumatismen und Gicht disponirt, oder mit einer Vorlagerung behaftet sind (wegen des leicht eintretenden Erbrechens), auch bei Neigung zu Neuralgien im Auge und in der Umgebung desselben. Sie wird mit einer feinen Depressionsnadel ausgeführt. Man führt sie, die convexe Fläche nach auf- und einwärts, die coneave nach ab- und auswärts gekehrt durch die Mitte des äussern untern Quadranten der Cornea ein, gelangt in die Pupille und verrichtet auf die oben angegebene Weise die Eröffnung der vordem Kapsel und Niederdrückung des Staares. Um die Iris nicht zu verletzen und die Operation leichter verrichten zu können, wird die Pupille am Vorabende oder einige Stunden vor der Operation künstlich erweitert. Würde die Calaract wiederholt aufsteigen; so müsste man den obern Rand derselben mit der coneaven Fläche umgreifen und den grauen Staar nach vorne umzulegen trachten, so dass die vordere Fläche nach unten, die hintere nach oben hinler die Iris zu liegen kommt.
3. Die Discission des grauen Staares.
Die Discission hat zum Zwecke, den grauen Staar zu zerstückeln, damit er auf dem Wege der Resorption aus dem Auge entfernt werden
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kann. Sie ist daher angezeigt, wenn der Slaar weich oder flüssig und die Resorptionsthätigkeit des Auges sowohl als des übrigen Organismus genug kräftig ist. Contraindicationen bilden eine zu zähe Kapsel, feste Consistenz des Staares, eine Erschöpfung der Lebenskraft der übrigen Gebilde des Auges durch vorausgegangene Entzündungen oder Anstrengungen, Deere- pidität des Individuums.
Die Discission wird bisweilen, bei Cataracten gemischter Consislenz, mit der Depression verbunden geübt.
Die Discission durch die Cornea ist meistens weniger beleidigend und der Operateur kann jederzeit das Instrument gut beobachten ; die durch die Sclerotica hat den Vorzug, dass man den Staar leichter und sicherer zerschneiden und Stücke desselben in die vordere Kammer bringen kann.
Als Instrument gebraucht man eine sichelförmig gekrümmte Slaar- nadel, deren beide Ränder scharf, der concave minder als der convexe gekrümmt ist. Die Marke am Hefte entspricht dem concaven Rande.
a. Die Discission durch die Cornea wird geübt:
1. Wenn der Staar flüssig oder in hohem Grade weich ist, wenn er gar nicht oder höchstens an einer kleinen Stelle nach innen an die Iris angewachsen ist.
2. Wenn sich die Pupille hinreichend erweitern lässt.
3. Wenn die Cornea vollkommen gesund und gegen Verletzungen nicht sehr empfindlich ist, wie diess bei scrofulösen und syphilitischen In- dividuen der Fall wäre, daher man bei solchen die Discission durch die Cornea vermeidet.
4. Zur Nachhülfe nach einer bereits früher vorgenommenen Discission, um die Resorption des Staares zu beschleunigen.
5. Beim Nachstaar, wenn derselbe als Cataracta membranacea gerin- geren Umfanges auftritt.
Die Operation ist conlraindicirt bei dichterer Consistenz des Staares, hinterer oder vorderer Synechie, bei habituell enger Pupille, und bei grösserer Vulnerabilität der Cornea, wie diese namentlich nach voraus- gegangenen Entzündungen derselben, bei sehr zarler Hornhaut und be scrofulöser oder syphilitischer Dyscrasie besteht.
Die specielle Vorbereitung zu dieser Operation besteht in der Er- weiterung der Pupille durch Einträuflung einer saturirten Belladonna- Solution.
Als Instrument benutzt man eine nicht sehr breite sichelförmige Staarnadel.
Die Staarnadel, deren Spitze gegen den Mittelpunkt der Pupille ge- richtet ist, wird im Momente der Ruhe des Auges durch die Mitte des äussern
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untern Quadranten der Cornea in einem der Convexität der Nadel entspre- chenden Bogen eingestochen, wobei man die Nadel so hält, dass ihre eine Fläche nach aus- und aufwärts, die andere nach ein- und abwärts gerichtet ist. Man führt sodann die Nadel durch die Pupille bis zum innern obern Rand des Staares und zerschneidet denselben durch hebelfurmige Bewe- gungen der Nadel in mehrere Stücke. Die Schnitte werden von oben und innen nach ab- und auswärts, dann in umgekehrter Richtung von unten und innen nach auf- und auswärts geführt. Die Anzahl der zu führenden Schnitte richtet sich nach der Consistenz des Staares; bei einem flüssigen Staare genügt oft ein einziger Einschnitt in die Kapsel, um den flüssigen Inhalt derselben in die vordere Kammer zu entleeren. Beim Staare von durchaus weicher Consistenz werden einige Staarslücke in die vordere Kammer gebracht (weil sie sich daselbst leichter resorbiren), indem man die Nadel mit einer ihrer Flächen hinter das in die vordere Kammer zu bringende Stück bringt und dann das Heft massig gegen die Schläfe drängt. Das Zurückziehen der Nadel geschieht auf demselben Wege, nur in umge- kehrter Ordnung.
Ueble Ereignisse während der Operation sind:
1. Krampfhafte Verengerung der Pupille. Man massige den Liehl- einfluss, und sollte die Pupille trotzdem sich nicht erweitern, so müsste man sich mit der Discission der mittleren Kapselgegend begnügen.
2. Frühzeitiger Abfluss der wässrigen Feuchtigkeit; sie verursacht meistens Verengerung der Pupille, und wenn diese bedeutend ist, kann man genöthigt werden, zur Verhütung einer grössern Verletzung von der Operation abzustehen.
3. Bedeutende Zähigkeit der Kapsel, harter Linsenkern; man depri mire in diesem Falle.
b. Die Discission des grauen Staares durch die Sclerotica wird gewählt, wenn die Cataract mehr zerschnitten werden muss, wenn sie in normwidrigen Verbindungen steht, wenn die Pupille eng, die Cornea getrübt oder der Augapfel von convulsivischen Bewegungen befallen ist, dessgleichen bei unruhigen Kindern. Man vermeidet diese Operations- methode bei Verbildung der Conjunctiva, Sclerotica und Choroidea am äussern Augenwinkel, bei Choroidealhyperaemie oder Neigung zur Ent- zündung der Choroidea, bei Synchysis, bei Individuen, die mit rheumati- schen und gichtischen Allgemeinleiden, mit einer krankhaften Affection der Baucheingeweide oder mit Vorlagerungen behaftet sind, weil bei sol- chen der Erfahrung zu Folge die Verletzung der Sclerotica leicht schädliche Folgen nach sich zieht.
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Der Einstichspunkt ist derselbe, wie für die Depression des Staares durch die Sclerolica. Die Nadel wird so gehalten, dass eine Fläche nach auf- die andere nach abwärts sieht und die Spitze senkrecht an die Sclera angesetzt wird (wesshalb das Heft etwas nach rückwärts gewendet werden muss), aus den pag. 186 entwickelten Gründen. Man stiehl die Nadel in einem Bogen durch die Sclerolica in den Augapfel ein, wendet hierauf das Heft nach vorwärts und dreht es so, dass die Flächen der Nadel mit der Iris parallel stehen und die Spitze nach aufwärts gerichtet ist. Man führt sodann die Nadel vorsichtig zwischen Iris und Cataract in die Pupille und wendet sie dabei weder zu sehr nach rückwärts (zur Vermeidung des Anspiessens des Krystallkörpers, wodurch die Zerstücklung desselben erschwert würde), noch zu sehr nach vorne (zur Vermeidung der Verletzung der Iris oder der Cornea). Am innern obern Pupillarrande angelangt, wendet man die coneave Schneide der Nadel gegen den Staar und bringt ihm durch Hebelbewegungen (Hy- pomochlion ist der Einstichspunkt in der Sclerotica) sich kreuzende Schnitte von innen und oben nach ab- und auswärts und in entgegengesetzter Rich- tung bei ; durch die zwei ersten Kreuzschnitte wird die Kapsel gespalten und eröffnet.
Hat man den Staar hinlänglich zerschnitten, so vertheile man die Stücke, indem man einzelne derselben (die grösseren) in die vordere Kam- mer zu bringen sucht, wo sie der Einwirkung des humor aqueus mehr aus- gesetzt in kürzerer Zeit resorbirt werden. Die Nadel wird hierauf auf dem- selben Wege in umgekehrter Ordnung aus dem Auge zurückgezogen.
Wenn eine Verwachsung des Staares irgendwo besteht, so wird sie auf die bei der Depression des Staares durch die Sclerotica besprochene Weise gelöst.
Ausser den bei der Depression des grauen Staares durch die Sclero tica angeführten ungünstigen Ereignissen mit Ausnahme der beiden letz- teren kann man hier noch auf eine zu zähe Kapsel oder auf einen zu harten Linsenkern stossen; im ersteren Falle suche man durch einen mit der Na- del angebrachten Zug nach aussen die Kapsel zu zerreissen, wie diess bei dem häutigen Slaare oder bei der Cataracta arida siliquata bisweilen nöthig wird. Findet man die Linse oder wenigstens den Kern derselben zu hart, so deprimire man die Cataract sogleich mit derselben Nadel, die man zur Discission anwendete.
Was den Werth der angeführten Operalionsmethoden betrifft, so ist die Sicherheil der schnellen Erreichung des Operationszweckes bei der Ex- traction die grösste. Sie hat auch desshalb, obwohl dem Auge eine grosse Wunde beigebracht wird, vor den andern Methoden den Vorzug, weil bei derselben tiefere Gebilde des Augapfels nicht verletzt werden, und der
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Staar vollkommen entfernt wird, somit der Natur ausser der Heilung der Wunde nichts mehr zu thun übrig- bleibt. Da jedoch bei der Discission und Depression die Cataracta erst von der Natur aufgesaugt oder incapsulirt werden muss, was immer mit einer mehr oder minder heftigen Reizung, öfters mit einer entzündlichen Reaclion verbunden ist, so ist die Nachbe- handlung hierbei eine viel lästigere, und das Resultat der Operation kann oft in späterer Zeit nach derselben (nach mehreren Wochen) zu nichle wer- den. Allerdings ist die Extraction eine viel schwierigere Methode, welche viele Geschicklichkeit und Behutsamkeit erfordert; diess benimmt ihr aber nichts von ihrem Werthe, und wenn das Absterben des Hornhaullappens wohl ein sehr gefährliches Ereigniss ist, wodurch das Sehvermögen unwie- derbringlich verloren geht, so lässt sich doch diesem Zufalle durch genau gestellte Indication und eine sorgfältige Nachbehandlung in den meisten Fällen vorbeugen. Die geringste Verletzung findet bei der Discission durch Keratonyxis Statt. Hier wird nur eine kleine 8tichwunde in der Cornea an- gelegt, die Kapsel und die Linse selbst gerade so viel, als eben beabsichtigt wird, zerschnitten, kein anderes Gebilde weder verwundet, noch aus seiner Lage gebracht. Doch auch diese kleine Verletzung zieht bei manchen In- dividuen, deren Hornhaut vulnerabel ist, eine heftige Reaction, bisweilen eitrige Infiltration und Atrophie des Auges nach sich. Es sind daher die Gründe, welche man zum Vortheile der einen oder der andern Methode anführt, grösstenteils nur theoretische. Die Heftigkeit der consecutiven Zufälle steht mit der Extension oder Intensität der Verletzung oft durchaus nicht im Verhältnisse, und für die Praxis ist es am gerathensten, bei der Wahl der Operationsmelhode alle Umstände, deren wir bei der Angabe der einzelnen Methoden gedachten, genau zu berücksichtigen, und weder die eine noch die andere Methode ausschliesslich zu üben.
Gleich nach der Operation verdunkle man zur Verhütung jedes grelleren Lichleinflusses, mit Vermeidung aller Sehversuche, das Opera- tionszimmer und lege den nöthigen Verband an. Auch das nicht operirte Auge wird verbunden. Man lasse den Opcrirlen die Augenlider wie zum Schlafen schliessen, und erhalte sie durch Anlegung schmaler englischer Klebpflasterstreifen in gehöriger Berührung *), befestige über die Augen zwei doppelt zusammengelegte, schmale, halbmondförmige leinerne Com- pressen mittelst einer Stirnbinde, und bringe den Kranken zur Ruhe. Wird er aus dem Operationszimmer in ein anderes geführt, so gebe man ihm dazu ein grosses viereckiges Tuch über den Kopf. Nach der Extraction wird
*) Bei operirten Kindern legen wir gar keine Klebpflasterstreifen an, son- dern verduukeln nur das Bett und Zimmer.
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der Operirte sogleich in eine ruhige Rückenlage mit elwas erhöhtem Kopfe gebracht, nach der Discission und Depression gestaltet man ihm durch mehrere (4—6) Stunden in einein Schlafsessel ruhig zu sitzen, wenn der Kranke nicht früher eine Rückenlage annehmen will. Man beseitige alle Umstände, welche die Heilung verzögern oder eine Entzündung hervor- rufen ; man sorge für Abhaltung jedes schädlichen Licht- und Luftreizes, für Vermeidung jeder Erschütterung des Auges und der Congestionen zum Kopfe durch ein entsprechendes Regimen, zweckmässige Diät und Therapie. Man sorge für reine temperirle Luft und lüfte zuweilen das Zimmer, ohne einen schädlichen Luftzug zu erregen. Der Kranke soll in den ersten Ta- gen durchaus keine selbstsländigen Bewegungen vornehmen, sondern sich dabei helfen lassen ; er darf mit Rücksicht auf Aller, Geschlecht, Consti- tution und Gewöhnung nur karge Nahrung (Brühen) geniessen, keine Speisen jedoch, welche gekaut werden müssen. Der Genuss von Schnupf- und Rauchtabak unterbleibe. Zur Erzielung der Leibesöffnung dienen Cly- sliere. Das operirte Auge werde mehrmal im Tage ohne Enlblössung des Bulbus bei massigem Lichte besehen, die verschrumpflen Heftpflaster elwas angefeuchtet, die Lidspalte vom Thränen- und Schleimsecrele gereinigt. Die Zeit der Eröffnung des Auges richtet sich nach mehreren Umständen; gewöhnlich findet sie am 5. oder 6. Tage nach der Operation Statt. Dabei sitze der Kranke mit dem Rücken gegen ein schwach erleuchtetes Fenster, jedes von der Seite einfallende Licht werde abgehallen; die Pflaslerslrei- fen werden mit einem in laues Wasser getauchten Schwämmchen behutsam abgelöst, die Lidspalle von den anklebenden Krusten gereinigt, man zieht dann die Lider sanft auseinander, besehe das Auge, halte dem Kranken einen kein grelles Licht reflectirenden Gegenstand, z. B. die Hand, vor, und überzeuge sich von dem Zustande des Sehvermögens. Die Augen wer- den hierauf mit feinen trockenen Leinwandläppchen bedeckt: der Operirte kann täglich einige Stunden ausser dem Bette zubringen. Dasselbe Ver- fahren befolgt man die nächstfolgenden Tage und gewöhnt den Operirlen nur allmälig an stärkeres Licht. Man gibt ihm einen grünen Augenschirm, und verbessert allmälig die Diät und das Regimen.
Nach der Ext r actio n beobachtet man gewöhnlich einen Anfangs in kürzeren, dann in längeren Intervallen erfolgenden Abfluss einer serösen Feuchtigkeit, welcher einen vorübergehenden stechenden oder drückenden Schmerz in der Wunde hervorruft; diese Erscheinung hört nach erfolgter Vereinigung der Wunde, somit nach 24 — 48 Stunden ganz auf, so dass dann die Lidspalte trocken und beinahe fest verklebt erscheint.
Wo keine Gegenanzeige durch Neigung zu Rheumatismen, Neural- gien, erysipelatösen Entzündungen besteht, wie diess bei zartem Hautorgan
Meyr, Augenheilkunde. ^ Q
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öfters der Fall ist, wende man nach der Staaroperation kalte Ueberschläge an, indem man gut ausgewundene, feine, nicht schwere Leinwandcompressen auf das Auge legt, und dieselben sehr oft erneuert, so dass sie mehr durch Kälte als durch Nässe wirken und nie warm werden. Eine grosse Sorgfalt hierbei ist von unberechenbarem Vortheile. Wilterungsverhällnisse müssen dabei berücksichtigt, und sobald der Operirte über reissende Schmerzen klagt, die Ueberschläge sofort beseitigt werden. Tritt keine heftigere Reac- tion ein, so ist keine Blutentleerung nöthig. Ein massiger, drückender Schmerz an den Augenwinkeln ist oft nur durch Ansammlung der Thrä- nenfeuchtigkeit innerhalb der geschlossenen Lidspalte bedingt. Vorsichti- ges Lüften der Pflaster schafft sogleich Erleichterung. Ist jedoch die Reac- tion heftiger, der Schmerz anhaltend, sind die Augenlidränder gerölhet und leicht angeschwollen, der Puls etwas beschleunigt, voll und stark, so ha- man den Eintritt einer Entzündung zu gewärtigen. Die Entzündung istt nach Staar Operationen von doppelter Art. Sie tritt entweder als eine heftige Entzündung der Conjunctiva auf, welche sich leicht zu einer Blennorrhoe steigert. In diesem Falle schwellen die Lidränder an, und an den Winkeln zeigt sich eine stärkere Schleimsecretion. Man nehme dann vorsichtig die Pflaster weg, reinige behutsam das Auge, lege neuerdings die Pflasters treifen nicht sehr fest an und mache Ueberschläge von kaltem Wasser oder adstringirenden Augenwässern (Aqua saturnina). Wo die Entzündung heftiger ist, muss auch eine örtliche Blutentziehung ge- macht werden. Eine solche Entzündung ist nach der Extraction in den ersten Tagen insbesondere gefährlich, da sie die Anheilung des Hornhaut- lappens verhindert, und eitrige Infiltration und Absterben desselben herbei- führen kann. Eine andere Art der Entzündung ist die Iritis. Sie kann nach jeder Staaroperationsmelhode eintreten und äussert sich durch (bisweilen oedemalöse) Anschwellung der Lidränder, verstärkte Thränensecretion und anhaltende siechende oder reissende Schmerzen im Auge und in der Um- gebung desselben, Kopfschmerz, beschleunigten harten Puls. Sie erfordert ein kräftiges antiphlogistisches Verfahren, die Anlegung von Blutegeln, (6 — 8 Stücke an die Schläfengegend oder hinter dem Ohre), bei kräftigen Individuen und höherem Grade der Entzündung einen Aderlass von 8 — 10 Unzen, innerlich das Calornel mit oder ohne Opium oder Hyoscyamusexlraet, äusserlich narcotische Einreibungen. Die Iritis kann auch später, den 7., 8. Tag nach der Operation eintreten, und ist dann meistens durch grelleren Lichteinfluss, durch Fehler in der Diät oder dem Regimen, nach der Zer- stücklung des Staares auch durch Anschwellung der Staarstücke und Druck derselben auf die Iris bedingt. — Bei sehr sensiblen Individuen treten bis- weilen grössere Schmerzen ohne namhafle Enlzündungserscheinungen auf;
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diese werden meistens durch innerlich gereichte Narcolica (Opium, Acelas Morphii, Aqua Laurocerasi) beschwichtigt.
Nach der Extraction kann es geschehen, dass der Hornhaullap- pen entweder gänzlich abstirbt, oder dass er unregelmässig anheilt. Im er- sten Falle ist das Resultat der Operation zu nichte gemacht; die Ursache ist meislenlheils eine blennorrhoische Entzündung der Bindehaut, Verschie- bung des Hornhaullappens, Vorfall des Glaskörpers. Wenn der Hornhaut- läppen nicht vollkommen anheilt, so bildet sich eine schlechte Narbe, der untere Rand der Cornea steht mehr von der Sclerotica ab. Der Grund die- ser schlechten Vernarbung kann in sehr grosser Schwäche des Auges lie- gen (bei decrepiden Alten) oder in zu schwächender Nachbehandlung (zu lange Zeit und ohne Noth forlgesetzte kalte Ueberschläge), in unvollkomme- nem Anliegen des Hornhautlappens. Da selten Hülfe möglich ist, wenn solche Erscheinungen eintreten, so suche man vielmehr durch Vorsicht beim Verbände und durch zweckmässige Nachbehandlung diesen Uebeln vorzubeugen. Auch kann nach der Extraction, so lange die Hornhautwundo noch nicht verheilt ist, ein Vorfall der Iris oder des Glaskörpers ein- treten, wenn die Iris durch schweren Austritt des Staares oder durch Nar- colica etwas erschlafft (gelähmt) ist, wenn in Folge eines Brechreizes, Hu- stens, schwerer Oeffnung eine krampfhafte Spannung der Augenmuskeln eintrat, oder wenn das Auge wiederholt geöffnet wurde. Man vermuthel einen Vorfall der Iris, wenn plötzlich ein drückender Schmerz, wie von einem fremden Körper im Auge entsteht und derselbe bei der Bewegung des Auges zunimmt. Die Folge ist gewöhnlich vordere Synechie mit ge- ringerer oder grösserer Pupillenverziehung. Der Vorfall des Glaskörpers hat meistens Verlust des Sehvermögens und Atrophie des Auges zur Folge.
Durch Lähmung der Iris oder Verlust eines Theiles derselben bei der Extraction kann auch eine abnorme Vergrösserung der Pupille eintreten, ohne dass sie das Sehvermögen bedeutend beeinträchtigte.
Nach der Zerstücklung des Staares wird die Resorption dessel- ben der Natur überlassen. Dieselbe erfolgt bald rascher, bald langsamer Sie tritt schneller ein, je geringer die Consistenz des Staares, je jünger der Staarblinde und je kräftiger bei ihm die resorbirende Thäligkeit ist, je er- giebiger die vordere Kapselwand zerschnitten und zerstört wurde. Wenn Slaarstücke zu flottiren anfangen oder in die vordere Kammer fallen, so ist diess ein günstiges Zeichen der baldigen Resorption. So lange die Resorp- tion auf die erwünschte Weise vor sich gehl, hat man nichts zu thun, als den Kranken jedem Reize zu entziehen, da sein Auge sich stets in einen» inilirlen und zur Entzündung geneigtem Zustande befindet. Regelung der Diät und des Regimens, Vermeidung jedes grelleren Lichteinflusses und
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jeder Erhitzung- und Anstrengung- sind es, worauf die Sorgfalt, gerichtet werden muss. Bisweilen geschieht es, dass Staarstücke in der Pupille stecken, daselbst anschwellen, sich einklemmen und auf die Jris einen sol- chen Reiz ausüben, dass eine Entzündung derselben und durch Reflex heftige Schmerzen entstehen. In solchen Fällen suche man durch Anwendung von Belladonna die Pupille zu erweitern, durch antiphlogistische Behand- lung jedoch einer Entzündung vorzubeugen.
Geht jedoch die Resorption nur mangelhaft und träge vor sich, so kann man die Naturthätigkeit unterstützen. Diess geschieht 1. dadurch, dass man die Pupille erweitert, somit der wässrigen Feuchtigkeit freiere Einwirkung auf die zerstückelte Linse gestattet, 2. indem man bei schwäch- lichen decrepiden Individuen den Kräftezustand durch bessere Nahrung, reine Luft und roborirende Mittel zu heben sucht; 3. indem man die Dis- cission wiederholt und zwar entweder durch die Sclerotica oder durch die Cornea. Die Wiederholung der Operation ist aber erst gestallet, wenn jede Reizung vorübergegangen ist.
Nach der Depression wird der Staar entweder aufgesaugt ode incapsulirt. Dieser Process, welcher stets mit einem Irritationszuslande des Auges verbunden ist, weil die Slaarlinse wie ein fremder Körper wirkt, ritt oft erst 14 Tage bis 3 Wochen nach der Operation ein. Leicht ent- stehen dann unter nur etwas ungünstigen Einflüssen Entzündungen, die das Resultat der Operation häufig in Frage stellen. Es gilt daher hier dasselbe, was schon bei der Discission erwähnt wurde. Nach der Depression kann auch ein Wiederaufsteigen des Slaares erfolgen, in Folge einer heftigen Bewegung oder Anstrengung des Kranken. In diesem Falle ist nach gänz- lich beseitigter Reizung die Operation zu wiederholen. Amaurose in Folge des Druckes des Staares auf die Retina wird wohl in sehr seltenen Fällen eintreten. Meistens wird eine lentescirende innere Ophthalmie (Choroi- deitis), wo die wesentlichen Entzündungssymplome undeutlich sind, die amaurotische Blindheil veranlassen. Antiphlogistische Behandlung könnte daher vielleicht in einzelnen Fällen helfen.
Ein missliches Ereigniss ist auch das Erbrechen, welches nach den Nadeloperalionen durch die Sclerotica nicht selten eintritt, und durch Rei- zung der Ciliarnerven, die mit dem Sympathicus in Verbindung stehen, sich erklären lässt. Nicht immer hat es einen nachteiligen Einfluss auf den Erfolg der Operation, wenn es auch mitunter ausserordentlich häufig eintrat. Erhöhte Rückenlage, Aqua Laurocerasi, Brausepulver, die Polio Riveri und in hartnäckigen Fällen Klysliere, die mit einigen Tropfen Opium- tinetur versetzt sind, sind die Mittel, die man dagegen anwendet.
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Selbst nach der gelungensten Slaar Operation ist das Sehen kein voll- kommenes, da dem Auge ein brechendes Medium, die Linse, mangelt. Diese muss daher durch ein biconvexes Brillenglas ersetzt werden. Der Focus der Staarbrillen ist von 3 bis zu 6 Zollen. Früher kurzsichtig Gewesene sehen nach der Operation oft besser, als früher, und bedürfen gar keines Glases. Immer darf der Gebrauch der Staargläser erst geraume Zeil nach der Operation gestattet werden, wenn das Auge durch den Reiz der Con- cenlration der Lichtstrahlen nicht mehr Gefahr läuft, sich zu entzünden. Man wartet daher, bei übrigens günstigen Umständen, 2 bis 3 Monate nach der Operation ab, ehe man zu ihrer Anwendung schreitet.
Nachstaare oder secundäre Staare sind Trübungen im Kry- stallkörper, welche nach einer Staaroperation wieder auftreten. Abgesehen von den Trübungen, welche durch Exsudate in der Pupille in Folge von Iritis (Lymphstaar, unächter Staar) bedingt werden, gehören dem Nach- staare folgende Fälle an : a. Die vordere und hinlere Kapselwand schrum- pfen nach der Extraction und Depression zuweilen ein, legen sich aneinander und hüben sich ; zwischen ihnen befindet sich oft eine körnige Masse ; b. Zu- rückgebliebene Linsenfragmente schwellen an, ballen sich zusammen und füllen den Pupillarraum fast gänzlich aus. c. Nach der Depression des grauen Staares kann die Staarlinse wieder aufsteigen und neuerdings eine calaraclöse Trübung darstellen. Bisweilen lagern sich beim Nachstaar in die geschrumpfte Kapsel Choleslearinkrystalle und Pigmentkürner ein, wo- durch die Trübung einen Fellglanz annimmt.
Was die Wiedererzeugung der Krys lallli n se betrifft, so findet, wenn die Kapsel gesund ist, sowohl nach der Extraction als nach Nadeloperalionen, die Ablagerung einer der Substanz der Linse einiger- massen ähnlichen Masse, insbesondere an dem Bande der Linsenkapsel Statt, welche man den Krystallwulst nennt. Da sich aber in demselben nie die microscopischen Bestandteile der Linse nachweisen lassen, so ist der Krystallwulst als nichts anders, als ein Exsudat zu betrachten.
III. Synechien und Atresien.
Verwachsungen kommen sowohl an den Augenlidern, als am Aug- apfel, so wie auch an den Thränenorganen vor. Zu den Verwachsungen an den Augenlidern gehört das Ankyloblepharon und das Symblepharon. Unter den Verwachsungen am Augapfel sind die wichtigsten die vordere und hinlere Synechie, welche bereits besprochen wurden, so wie die Atresie der Pupille.
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1. Verwachsungen der Augenlider,
a. Unter Anky 1 o bl ephar on versteht man die Verwachsung bei- der Lidränder. Dieses ist entweder partiell, wenn die Verwachsung nur an einer mehr oder weniger ausgedehnten Stelle, an einem oder dem an- dern Winkel stattfindet, oder total, wenn sie sich der ganzen Länge der Lidspalte nach erstreckt. Das Ankyloblepharon kann einfach, oder mit einem andern Bildungsfehler complicirl, häufig mit Verwachsung der Lider mit der Bindehaut des Augapfels (Symblepharon) verbunden sein ; in letzte- rem Falle ist der Augapfel unter den Lidern und diese selbst nicht frei beweglich.
Das Ankyloblepharon ist entweder angeboren oder erworben. Das erworbene wird durch alle jene Ursachen herbeigeführt, welche eine Ver- wundung oder Excorialion beider einander gegenüberstehenden Lidränder veranlassen; z. B. Abtragung beider Lidränder desselben Auges (Operation der Trichiasis), Verbrennungen und Aetzungen beider Lidränder durch scharfe Substanzen oder corrodirende Secrele. Häufig wird durch scharfe Secrete und gleichzeitig bestehenden Lidkrampf (bei scrofulösen Ophthal- mien) eine Excoriation der Lider am äussern Winkel und dadurch eine partielle Verwachsung derselben herbeigeführt, wodurch die Augenlidspalle oft beträchtlich verkürzt wird, ein Zustand, den man Phimosis palpebrarum nennen kann. Solche enggeschlitzle Augen kommen auch als angeborner Bildungsfehler vor.
Bei dem partiellen Ankyloblepharon führt man durch die noch be- stehende Lidspalte ein schmales spitziges Bistourie, dessen Spitze durch ein Wachsknüpfchen gedeckt ist, ein, schiebt es bis zur Stelle, wo der Can- ihus angelegt werden soll, fort, durchsticht daselbst das ganze Lid, und durchtrennt die Sperrhaut mit sägenden Messerzügen. Ist die Verwachsung bloss an einer Stelle durch einen dünnen ligamentösen Strang gebildet, so kann dieser nach vorläufiger Unterbindung an seinen beiden Enden mittelst eines Seidenfadens durchtrennt werden. Besteht bei dem totalen Ankylo- blepharon gar keine zugängige Oeffnung, so lässt man in der Mitte der Lid- ränder eine längliche Falte aufheben, schneidet diese am gehörigen Orte sehr vorsichtig ein, und verfährt hierauf wie bei dem partiellen Ankylo- blepharon. Die grüsste Schwierigkeit besteht in der Verhütung der Wie- derverwachsung der getrennten Lidränder. Zu diesem Zwecke nützen die gewöhnlichen Vorschläge, das Wacherhalten des Kranken, das Bestreichen der Ränder mit Oel, Butter, einer Tutiasalbe, das Einlegen wie immer ge- formter Blättchen, meistens nichts. Da die Verwachsung immer von dem •
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Augenwinkel ausgeht, so ist Ammon's Verfahren das zweckmässigsle, wel- ches darin besieht, dass man eine Falle der Bindehaut mit der äussern Haut an dem Augenwinkel durch feine Nähte vereinigt. Wenn zugleich die Augenlider mit dem Bulbus in grösserer Ausdehnung verwachsen sind, so lässt sich sehr wenig für die Herstellung des Sehvermögens hoffen ; indes- sen kann in einzelnen Fällen durch das beim Symblepharon angegebene Verfahren einige Besserung erzielt werden.
b. Das Symblepharon ist eine Synechie des Augenlides mit dem Augapfel. Gewöhnlich ist dasselbe nur partiell, kann aber in grösserer oder geringerer Ausdehnung bestehen. Meistens erstreckt sich die Ver- wachsung bis an die Uebergangsfalten der Bindehaut, so dass man eine biegsame Sonde nicht um die Verwachsungsstelle herum führen kann. Die Verwachsung ist gewöhnlich von fibröser oder pseudomembranöser Be- schaffenheil. Ist die Cornea dabei betheiligl, so ist das Epilhelialblättchen derselben sehr verdickt und gelrübl. Das sogenannte Symblepharon totale oder posterius, wo die Bindehaut vom Ciliarrande sogleich zum Bulbus übergehl, gehört nicht hieher, da es vielmehr auf totaler Atrophie oder einem Defecte der Bindehaut (Xerophthalmus) beruht. Das Symblepharon ist bisweilen mit andern Bildungsfehlern, am öftersten mit partiellem oder totalem Ankyloblepharon complicirt. Es hat eine Beschränkung der Aug- apfel- und Augenlidbewegungen und bisweilen eine mehr oder minder be- deutende Störung des Sehvermögens zur Folge, welches in jenem Falle, wo die Verwachsung sehr ausgedehnt und zugleich mit Verwachsung der Augenlider untereinander verbunden ist, ganz aufgehoben ist; jedoch un- terscheiden derlei Kranke noch Farben. In einzelnen Fällen kann das Sym- blepharon zum Schielen Veranlassung geben.
Ob es ein angebornes Symblepharon gebe, isl noch zweifelhaft. Das erworbene wird durch Excorialionen, Exulcerationen, von eiternden, mit bedeutenden Substanzverluste verbundenen Wunden, durch Eiterung und Caries in der Orbita, besonders aber in Folge von Verbrennungen der Bindehaut durch brennende Substanzen, glühende Metalllheilchen, Pulver- explosionen, ätzende Säuren elc. herbeigeführt. Die gewöhnliche Ent- zündung, wenn sie auch einen sehr hohen Grad erreicht, entwickelt in den Schleimhäuten nicht leicht den adhaesiven Character.
Eine blosse Trennung der Verwachsung wäre bei dem Symblepharon leicht, doch tritt sicher eine neue Verwachsung ein. Man hat daher beson- dere Methoden der Operation ersinnen müssen. Bei einem auf eine Stelle beschränkten Symblepharon ist Ammon's Verfahren erfolgreich, welcher durch zwei halbmondförmige oder auch ein V formirende durch die ganze Dicke des Augenlides geführte Schnitte die adhaerirende Stelle lostrennte.
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dieses Stück am Augapfel silzen Hess, und über ihm die Ränder der Exci- sionswunde durch die Nahl vereinigte; das am Augapfel silzen gebliebene Stück wird nach bereits erfolgter Vernarbung der Augenlidwunde wegge- nommen. Weniger Erfolg möchte Dieffenbach's Verfahren haben, welches darin besteht, dass er nach geschehener Trennung den Lidrand nach hin- weggenommenen Cilien nach innen kehrt, ein künstliches Entropium bildet, die beiden mit ihren Wundflächen einander zugekehrten Hälften des Augen- lides zusammennäht und sie aneinander wachsen lässt. Nach Vernarbung der Wundfläche am Augapfel werden sie wieder getrennt und das Entro- pium wieder gehoben. Die beste Methode besteht darin, dass man durch die Basis des Symblepharons einen massig dicken Bleidraht mittelst einer Heftnadel einführt, seine beiden Enden zusammendreht und durch immer festeres Zusammendrehen die allmälige Abschnürung der Verwachsungs- slelle bedingt. Ist diese ausgebreiteter, so ist das Verfahren einige Male zu wiederholen, bis die ganze Verwachsung gehoben ist. Die dicken La- gen plastischen Exsudates auf der Cornea werden theils mit dem Slaar- messer abgelragen, theils die Aufhellung derselben durch zweckmässige Mittel (Jodpräparale, Opiumtinclur) möglichst herbeigeführt.
2. Die Atresie der Pupille und die künstliche Pupillenbildung.
Unter Pupillensperre (Alresia pupillae) begreift man jene Fälle, wo die Pupille entweder total geschlossen oder dergestalt verengt oder verdeckt ist, dass sie zum Sehen unbrauchbar wird. Sie ist entweder an- geboren oder erworben.
1 . Die an ge hörne Pupillensperre ist jener Bildungsfehler, wo die Pupillarmembran ungewöhnlich lange Zeil nach der Geburt noch fort- besteht. Bisweilen bleibt nicht die ganze Pupillarmembran, sondern nur Reste derselben zurück, welche den Pupillarraum zum grossen Theile ausfüllen.
2. Die erworbene Pupillensperre ist durch folgende Krank- heitszuslände bedingt:
a. Durch ein sehr ausgebreitetes Centralleucom der Hornhaut, so dass keine Lichtstrahlen durch die Pupille ins Innere des Auges hinein gelan- gen können.
b. Durch vordere Synechie, wenn die Iris dadurch so verzogen ist, dass die Pupille eine längliche Spalte darstellt, deren Schenkel kaum von einander abstehen, oder sich ganz berühren.
c. Sehr häufig wirken diese beiden Ursachen vereint, so dass näm- lich die Synechie die Pupille verzieht und verengert, der noch bestehende Theil derselben aber durch den Hornhaulfleck verdeckt wird. Derlei Alre-
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sien sind meislenlheils Folgen von im Gefolge der Ophthalmoblennorrhoe aufgetretenen- durchbohrenden Hornhautgesehwüren, oder sie entstehen nach ausgedehnteren Verletzungen der Cornea.
d. Durch mittelbare Verwachsung der Pupillarränder unter einander in Folge von exsudativer Iritis, meistens füllt das Exsudat die Pupille als ein Pfropf aus (Cataracta lymphatica) ; selten sind die Pupillarränder un- mittelbar mit einander verwachsen.
e. Totale hintere Synechie, wenn ein Kapsel- oder Kapsellinsen- slaar (häufig Gypsslaar) im ganzen Umfange mit der Iris verwachsen ist.
f. Sehr seilen sind jene Fälle, wo die Pupille in Folge von Atrophie des Auges (Synchysis) bis zur verschwindenden Kleinheit zusammensinkt (Synizesis oder Subsidenlia pupillae).
Die Pupillensperre veranlasst entweder gänzliche Erblindung oder einen hohen Grad der Beschränkung- des Sehvermögens. Lichlempfindung pflegt jedoch, wenn kein anderer Krankheilszusland die Atresie complicirl, noch zu bestehen.
Bei der Pupillensperre kann man in der Regel durch eine chirur- gische Operation (künstliche Pupillenbildung, Coremorphosis), de- ren Erfindung Cheselden's Verdienst ist, dem Kranken zu einem Sehvermö- gen wieder verhelfen.
Die zu dieser Operation erforderlichen Bedingungen sind: 1. dass die Herstellung des Sehvermögens auf keine leichlere Weise möglich isl ; a 2. dass ein hinreichend grosser Theil der Cornea noch durchsichtig und der ihr gegenüberliegende Theil der Iris normal, wenigstens nicht bedeu- tend erkrankt sei; 3. dass die übrigen Gebilde des Auges so beschaffen sind, dass die Operation weder erfolglos noch gefährlich würde ; 4. ist das andere Auge gesund, so ist die Pupille am kranken nur dann zu bilden, wenn man sie in der Mitte der Iris oder an deren inneren Hälfte anlegen kann, denn eine Marginalpupille an dem einen Auge würde, wenn das andere gesund ist, das Sehen mehr stören, als wenn der Operirle nur mit dem gesunden allein sehen würde, oder wenigstens zur Entstehung von Schielen Anlass geben. Die Operation müsste demnach bei Abwesenheit dieser Bedingungen, bei Amaurose oder beginnender Atrophie des zu ope- rirenden Auges unterbleiben; Entzündungen und andere zu hebende Krank- heiten wären früher zu beseitigen.
Der beste Ort zur Anlegung einer Pupille ist die mittlere Irisgegend ; dieser folgt die innere, dann die äussere, die unlere und endlich die obere, (weil bei normalem Stande des Augapfels das obere Augenlid die neue Pupille bedecken würde). In dem Falle, wo man nur nach oben eine Pu- pille anlegen könnte , dürfte durch die Durchschneidung der Sehne des M.
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rectus superior, wodurch der Augapfel in Folge des Uebergewichtes der Wirkung des M. reclus inferior nach abwärts gerichtet würde, die neu an- gelegte Pupille zum Sehen brauchbarer werden (s. Myotomie). Die Grösse der neuen Pupille soll die normale Weile der gesunden Sehe etwas übertreffen. Die Lagerung des Kranken und die Assistenz des Gehülfen ist wie bei der Staaroperation.
Es gibt drei Hauptlypen der künstlichen Pupillenbildung, nämlich, die Irisspaltung (Iridolomia), die Ausschneidung eines Stückes der Iris (Iri- dectomia) , endlich die Loslrennung eines Theiles derselben vom Ciliar- bande (Iridodialysis).
Die Iridotomie gewährt nur bei der von Verziehung der Iris durch vordere Synechie herrührenden Pupillensperre wesentlichen Vorlheil, wenn man hoffen darf, dass eine zur Offenhallung des neuen Sehloches hinrei- chende Retraclion der Wundränder eintritt. Cheselden sliess ein mit ste- chender Spitze versehenes Messerchen an dem zur Einführung der Nadel bei der Depression des Slaares üblichen Orte durch die Sclerolica in die hinlere Kammer ein, und schnitt die Iris in horizontaler Richtung ein. Adams schob in die neugebildele Pupille, um das Schliessen derselben zu verhüten, ein Stück der zerschnittenen Linse. Trotz dem ist diese Methode schwierig und unvollkommen, da sich die angelegte Pupille meistens wieder schloss.
Die Iridotomie durch die Cornea hat zwei Varianten, jenen nämlich, wo man mit demselben Instrumente die Cornea durchdringt und die Iris spaltet, und den, wo zuerst ein Hornhaulschnitt gebildet, und hierauf mit einem geeigneten Instrumente die Iris gespalten wird. Letzteres Verfahren wurde von Janin und Maunoir geübt. Janin machte mit dem Staarmesser einen Hornhaulschnitt, wie zur Extraclion, und vollbrachte mit einer ge- krümmten Scheere einen senkrechten Einschnitt in der Iris. Zugleich wur- de der Krystallkörper, auch wenn er gesund war, ausgezogen.
Maunoir's Verfahren besieht darin , dass er mit dem Staarmesser an der der neu anzulegenden Pupille entgegengesetzten Stelle einen Horn- haulschnitt (2/3 der Peripherie der Cornea) anlegt, hierauf bei verengter Pu- pillle die kleine, an beiden Blättern geknöpfte Knieschecre einbringt, diese öffnet, und die Pupille nach einer oder der andern Seite hin erweitert: bei geschlossener Pupille jedoch das spitzige Blander einfach geknöpften Knie- scheere durch die Iris in die hintere Kammer slösst, und der Iris einen V för- migen Schnitt beibringt, dessen Spitze gegen das Centrum, die Grundfläche gegen den Cüiarrand der Iris hinsieht. Durch Conlraction der Irisfasern soll dieser so gebildete Lappen nach aussen gerollt, und so eine mehr oder weni- ger rautenförmige Pupille erzeugt werden. Diese Methode kann nur in weni- gen Fällen günstige Resultate liefern, und passt daher nur bei vorderer Syne-
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ehie mit starker Verziehung der Pupillarränder und geringerer Trübung der Cornea, oder bei unmittelbarer Verwachsung der Pupille nach einer Slaar- extraclion, übrigens nur bei ruhigen Patienten, und wenn man die Pupille nach aussen oder innen anlegen kann.
Die Iridectomie wird immer durch die Cornea vollzogen. Der Erfinder dieser Methode ist Wenzel, welcher mit einem Staarmesser gleich- zeilig einen etwas grösseren halbmondförmigen Lappen in der Cornea, und einen kleineren, diesem parallelen in der Iris bildete, indem er den Schnitt gleichzeitig durch Cornea und Iris führte, somit das Staarmesser in der hin- leren Kammer vorschob ; der Irislappen wurde mit einem Häkchen gefasst, hervorgezogen und abgeschnitten. War eine Calaract vorhanden, so wurde dieselbe sogleich ausgezogen ; nicht selten folgte die zerschnittene gesunde Linse der Iris von selbst. Da demnach bei dieser Methode der Kryslall- körper immer verletzt wird, und die gleich Anfangs entstandene Blu- tung im Auge die weitere Vollführung der Operation erschwert, so ist sie höchstens da zu üben, wo man es bei Reinheit einer grösseren Parlhie des Hornhautrandes, zugleich mit einer Calaract zu thun hat , sonst verdient die Iridectomie nach Beer unbedingt den Vorzug. Letztere Methode ist angezeigt: 1. Wo bei Cenlralleucom und vorderer Synechie die Cornea an der Seile, wohin die neue Pupille fallen soll, nicht über den Rand der normalen Sehe hinaus getrübl, die vordere Synechie nicht gross, und die Linse gesund ist; 2. bei der angebornen Pupillensperre, wenn sie längere Zeit nach der Geburl fortdauert, *) 3. bei der unmittelbaren Alresie der Pu- pillarränder. Sie wird auf folgende Weise verrichtet: Nach zweckmässiger Lagerung des Kranken wird mil dem Staarmesser in jener Gegend, an wel- cher die neue Pupille angelegt werden soll (um die Iris nicht zu weit her- vorzerren zu müssen) ein Hornhautschnilt gemacht, welcher ein Viertel, höchstens ein Drittel der Peripherie derselben einnimmt, genau am Horn- hautrande geführt werden muss, damit die neue Pupille durch die zurück- bleibende Narbe nicht beeinträchtigt und das Hervorziehen der Irisparthie erleichtert werde. Auch müssen die Hornhautlamellen gerade und nicht etwa schief durchschnitten werden, damit die Iris besser gefasst und her- vorgezogen werden kann. Nach diesem ersten Momente (Bildung des Hornhaullappens) übergibt der Operateur die Handhabung des unlern Au- genlides dem Gehülfen, welcher es, ohne dem Operateur hinderlich zu sein, herabzieht. Der Operateur fassl entweder einen zuweilen vorfallenden
•) Da bei angeborner Pupillensperre die Operation in der frühesten Kind- heit kaum gemacht wird, und später die Pupillarmembran meistens von selbst einreisst, so dürfte hier die Operation selten zu unternehmen sein.
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Theil der Iris mit einer feinen Pincelle, und schneidet ihn mit der Seheere ab, oder falls diess nicht geschieht, führt er ein feines Häkchen mit nach abwärts gerichteter Spitze behutsam unter der Cornea ein , erfasst die Iris am Pupillarrande, oder bei geschlossener Pupille an deren mittlerer Parlhie, zieht sie aus der Hornhautwunde hervor, und schneidet den hervorgezoge- nen Theil mit einer in der andern Hand in der Nähe des Auges in Bereit- schaft gehaltenen kleinen Louis'schen Seheere, deren Convexität gegen den Bulbus gekehrt ist, möglichst schnell ab.
Die unangenehmen Zufälle , welche dabei eintreten können , sind1 1, Ein zu schiefer Hornhautschnilt; hier müsste man von der Operation abstehen. 2. Eine zu kleine Hornhautwunde; man erweitere sie mit dem Messer. 3. Bas Ausreissen der gefassten Iris; man fasse sie mittelst einer feinen Fischer'schen Pincelle. 4. Verletzung des Krystallkörpers; man voll- ziehe dessen Extraction , um einer Cataract vorzubeugen. 5. Vorfall des Glaskörpers, welcher schnelle Anlegung des Verbandes erfordert. 6. Fiel die Pupille zu klein aus, so erweitere man sie sogleich.
Die Iridodialyse wurde zuerst von Scarpa und J. A. Schmidt ge- übt. Sie führten eine gekrümmte Nadel durch die Sclerolica in die hintere Kammer ein , Jeileten diese bis zur Stelle, wo die Iris vom Ciliarligamenle losgetrennt werden soll , drangen daselbst mit der Spitze der Nadel in die vordere Kammer, und rissen die Iris durch einen kräftigen Nadelzug vom Sirahlenbande los. Dio Schwierigkeil und der ungenügende Erfolg ver- drängten jedoch diese Methoden, und man übte auch die Iridodialyse durch die Cornea. Nach Langenbeck wird ein 1 — 1 V2 Linie weiter Einstich in die Cornea gemacht, die Iris am Ciliarligamente mit einem Häkchen erfasst, losgerissen und das hervorgezogene Stück in die Hornhaulwunde einge- klemmt (Iridoencleisis). Um jedoch das Zurückziehen der Iris, die langsa- mere Vernarbung der Cornea und heftigere Entzündungszufälle zu verhü- then, ist es besser, die hervorgezogene Parthie der Iris sogleich abzuschnei- den (Iridectomedialysis).
Letztere Operation ist angezeigt , wenn man nur eine Marginalpu- pille anlegen kann, demnach bei einem Centralleucom, welches über den Pu- pillarrand allenthalben hinausreichl , bei mittelbarer Atresie der Pupille durch Lymphstaar, oder bei totaler hinterer Synechie. Sie wird auf fol- gende Weise verrichtet: Man stösst ein gewöhnliches Staarmesser oder Pyramidenmesser durch die Mitte der Cornea, gleichviel, ob sie daselbst durchsichtig ist oder nicht, mit etwas nach jener Gegend, an welcher die neue Pupille anzulegen ist, hingeneigter Spitze, durch, gibt hierauf den Flächen des Messers eine mit der Iris parallele Wendung, führt es frei in der Augenkammer bis zum abzulösenden Irisrande vor, und zieht es hier-
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auf, indem man die Schneide am untern Wundrande etwas schleifen lässl, schnell aus dem Aug-e zurück. Der Hornhaulslich bekommt dadurch eine schiefe Richtung [nach der Stelle der anzulegenden Pupille, wodurch das Hervorziehen der abg-elöslen Irisparthie aus der Wunde der Cornea wesent- lich erleichtert wird. Der Hornhautslich ist senkrecht anzulegen, wenn die Pupille nach aussen oder nach innen, quer, wenn sie nach oben oder unten gebildet werden soll, und soll höchstens 2 — 2l/2''' begreifen. Die Führung des Messers geschehe mit jener Hand, weiche von der Stelle der neuen Pupille weiter entfernt ist (z. B. mit der linken, wenn am rechten Auge die Pupille nach innen angelegt werden soll). Hierauf übernimmt der Gehilfe die Fixirung des untern Lides, der Operateur ergreift mit der Hand, welche früher das Messer führte, ein feines Augenhäckchen, mit der andern eine kleine Louis'sche Scheere, führt ersteres, mit nach abwärts ge- haltener Spitze und sich mehr an den obern Wundwinkel der Cornea hal- tend, in die vordere Kammer ein, und vor der Iris bis zum abzutrennende!] Ciliarrande, hakt daselbst die Iris ein, und sucht sie durch langsames Zie- hen vom Ciliarrande loszureissen. Das g-efassle Irisslück wird durch die Wunde der Cornea hervorg-ezog-en, (wobei man die grösste Sorgfalt anwen- den muss, um sich mit der Spitze des Häckchens nirgends einzuhaken, da- her man dessen Spitze stets gerade nach abwärts gerichtet und sich an den obern Wundwinkel der Cornea hallen soll), und mit der in Bereitschaft ge- haltenen Scheere knapp an der Coinealwunde abgeschnitten. Auf die Ein- klemmung der gefassten Irisparthie beschränkt man sich, wenn man kein hinreichend grosses Stück hervorziehen kann. Die ungünstigen Zufälle, welche bei diesem Verfahren eintreten können, sind dieselben, wie bei der Irideclomie und erheischen dieselbe Hülfe.
Da die Iridodialyse eine viel eingreifendere Operation isl, und keine so günstigen Resultate liefert, als die Iridectomie, so isl in den Fällen, wo man die Wahl zwischen diesen zwei Methoden hal, der letzteren der Vor- zug zu geben.
Die Anlegung des Verbandes und die Nachbehandlung ist bei der Pupillenbildung dieselbe, wie nach Slaaroperationen. Einer zu heftigen Reaclion beugt man durch die Anwendung- kalter Ueberschläge, nach Um- ständen durch Blutenlleerungen vor. Als ungünslig-e Zufälle nach der Ope- ration sind zu betrachten: 1. Eine heftige Entzündung (Kerato-Iritis), gegen welche die antiphlogistische Behandlung einzuleiten isl. 2. Mangelhafte Resorption des ergossenen Blutes (Bildung einer Cataracta grumosa). Re- sorplionsbefördernde Mittel , nach Umständen auch Hebung- des Kräftezu- Standes hönnen hier vielleicht abhelfen. 3. Bildung einer Cataract ; sollte sie sich nicht selbst resorbiren, so kann man sie durch zweckmässige Ope-
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ration (Discission oder Depression) beseitigen. 4. Entslehen einer Amau- rose, meistens als Folge einer innernOpthalmie, odei als weitere Entwick- lung- einer schon früher bestandenen Amblyopie; diese so wie 5. die Atro- phie des Auges, grösstenteils Folge einer eingetretenen Choroidealent- zündung, erfordern eine geeignete Behandlung.
3. Verengerungen und Verwachsungen an den Thränenorganen.
Die Ausführungsgänge der Thränendrüse können nach Verwundun- gen, Aetzungen oder Verbrennungen der Bindehaut verwachsen, oder als Folge des Bindehautlrachoms verschrumpfen und obliteriren (Xerophthal- mus). Als Thr an enz e llgeschwu Ist (Dacryops) bezeichnet man eine im äussern Theile des obern Augenlides befindliche, in die Orbita hinein- reichende Geschwulst, welche sich wie eine Balggeschwulst anfühlt und beim Weinen vergrössei t. Sie soll dadurch entstehen, dass ein oder meh- rere Ausführungsgänge der Thränendrüse, statt in die Bindehaut zu mün- den, in eine Zelle des im Umfange der Thränendrüse befindlichen Zellge- webes sich öffnen. Die Heilung dieses Zuslandes gelingt wohl nie radical, und wir sind darauf beschränkt, durch eine Palliativoperation (öftere Punc- tion der Geschwulst) den Kranken zu erleichtern.
Die Thränenröhrchen können durch Schleim oder steinige Concre- mente, die sich in ihnen erzeugten, verstopft, sie können verengt, oder durch Verwachsung geschlossen sein. Behufs der Erforschung dieser Zu- stände führt man eine feine, geknöpfte Anel'sche oder die feinere Meje- an'sche Sonde (man bedient sich häufig zur Sondirung auch eines Pferde- haares oder einer Schweinsborste) in die Thränenpuncle ein, während man das Augenlid mit dem Finger etwas abzieht. Am untern Thränenpuncte dringt man zuerst verlical, dann horizontal, am obern zuerst von unten nach oben, dann schräg nach ab- und einwärts in den Thränensack. Un- nöthiges und zu vieles Sondiren der Thränenröhrchen ist schädlich. Die Verengerung der Thränenröhrchen kommt entweder als harte, callöse Verschrumpfung (Folge von Verletzungen, Entzündungen, vorzüg- lich der Ophthalmia variolosa) oder als Folge sarcomatöser Aufwulstung der sie auskleidenden Schleimhaut vor, in welchem Falle die Thränenwärzchen als rolhe, hervorragende Stellen erscheinen. (Folge von Entzündung der Augenlider und des Thränensackes). Durch entzündliche Anschwellung der Lider im innern Winkel, namentlich durch Hordeolum, kann ein Thrä- nenröhrchen so comprimirt werden , dass der Thränenpunct ganz aufgeho- ben ist, und für verwachsen gehalten werden kann. Die Verwachsung der Thränenpuncle und Thränenröhrchen kann angeboren und erworben, im letzteren Falle durch Verletzung, Verbrennung, Entzündung und Eile-
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rung entstanden sein. Der angeborne Mangel der Thränenröhrchen isl wohl immer mit Mangel des ganzen Thränenableitungsapparates verbunden.
Die genannten Zustände, so wie auch die zunächst zu erörternden Abnormitäten des Thränenschlauches verursachen eine Störung oder gänz- liche Hemmung des Thränenabflusses in die Nase, und in Folge dessen häufig Th ränenträufeln (Stillicidium lacrymarum, Dacryostagon). Jedes längere Zeit währende Thränenträufeln nimmt endlich ab , ohne dass die normale Wegsamkeit der genannten Gebilde hergestellt wäre, wahrscheinlich durch vermehrte Resorptionskraft der Bindehaut. Bei gänzlicher Atresie der Thränenkanälchen mache man keinen Versuch mehr, sie zu heben, da er ohnehin nutzlos wäre, ausser wenn die Ver- schliessung nur häutig und ganz oberflächlich wäre. Bei der Verenge- rung durch Anwulstung der Schleimhaut suche man diesen Zustand durch Einträuflung adstringirender und gelinde reizender Augenwässer (der Lö- sungen von Sublimal, Lapis divinus, Höllenstein, Sulfas Zinci mit oder ohne Opiumlinclur) zu heben. Einspritzungen sind minder zweckmässig. Gegen callöse Verschrumpfung vermag die Kunst nichts.
Auch eine fehlerhafte Richtung der Thränenwärzchen kommt beim Ectropium und bei alten Individuen mit bedeutender Hauterschlaffung vor; die Thränenpuncle sind weit und nach auswärts gesunken, wobei entweder Thränenträufeln vorhanden ist, oder nicht. Eine Erweiterung eines oder beider Thränenröhrchen beobachtet man auch zuweilen in Folge narbiger Schrumpfung des dieselben umgebenden Zellstoffes.
Von grosser Wichtigkeit sind Verengerungen und Verwach- sungen des Thränenschlauches. Sie bedingen verschiedene krank- hafte Zustände, und kommen entweder als Folge der Entzündung desThrä- nensackes, oder auf nachstehende Weise zu Stande:
Theils nach chronischen Entzündungen der Conjuncliva palp. oder und zwar vorzüglich der Nasenschleimhaut, theils auch allmälig ohne vor- ausgegangene Erkrankung entwickelt sich in der Schleimhaut des Thränen- schlauches ein krankhafter Zustand, welcher in einer Auflockerung und Erschlaffung, so wie in stärkerer Schleimsecretion derselben besteht. Ob sich auch Granulationen in ihr entwickein, ist nicht entschieden ; jedoch er- leidet es keinen Zweifel, dass Verdickung der Schleimhaut durch Bildung unreifen Bindegewebes mit transitorischen Zellen auch hier Statt finden könne. Solche Granulationen , wie wir sie in der Lidbindehaut so häufig antreffen, scheinen in der Schleimhaut der ableitenden Thränenwege nicht vorzukommen. Die Symptome dieses Zustandes, welchen man D acryo- cystoblennorrhoea chronica (auch chronische Entzündung des Thrä- nensackes) nennt, sind folgende: In der Gegend des Thränensackesisl eine
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flache, nicht genau bekränzte, teigichte, elwas ödematöse , unschmerzhafte Geschwulst zu bemerken, welche Morgens kleiner ist, bei Tage mehr an- wächst, und durch den Fingerdruck eine massige Quantität einer trüben, flockigen Flüssigkeil entleert. Die Thränenkarunkel, halbmondförmige Haut und die Lidbindehaut sind bisweilen leicht aufgelockert, und ihre Secrelion vermehrt, so dass das Leiden, zumal wenn die Geschwulst sehr klein ist, oder eben entleert wurde, leicht verkannt und für Bindehaulcalarrh gehalten wird. Die Kranken klagen dabei über Ueberfliessen der Augen, selten über Trockenheit der Nase. Bei trockener warmer Witterung bessert sich der Zu- stand, bei feuchter Witterung tritt wegen der hygroscopischen Beschaffen- heit der Schleimhaut eine Verschlimmerung ein.
Das Uebel wird unter günstigen Umständen gehoben, oder es gehl in die höhern Grade des Leidens über, als welche man die Hernia (Atonia) sacci lacr. und die Dacryocysloblennostasis bezeichnet. Indem nämlich die Auflockerung und Verdickung der Schleimhaut zunimmt, wird das Lumen des Thränenschlauches, welcher grösstenteils von starren Knochenwänden eingeschlossen ist, verengt; das Secret stockt in demselben, gewinnt durch Aufsaugung der flüssigeren Theile an Consislenz, und füllt die Höhle des Thränenschlauches aus. Nur der obere Theil desselben, der Thränensack, wird ausgedehnt, dessen vordere Wand nämlich durch die Fasern des fib- rösen Gewebes und des Orbicularmuskels hervorgelrieben, es erfolgt eine organische Erweiterung desselben, welche eine genau umschriebene, boh- nenförmige, der Haut gleichfarbige, weiche, unschmerzhafle, der Richtung der Thränenrinne folgende Geschwulst darstellt, die sich durch den Finger- druck entweder durch die Thränenröhrchen oder durch den häutigen Na- sencanal enlleeren lässt. Durch die Ausdehnung des Thränensackes ver- mindert sich auch die Contractilitäl der Wandungen desselben, er wird aio- nisch, weshalb der eben beschriebene zweite Krankheilsgrad Atonia sacci lacr. oder Hernia sacci lacr. genannt wird. Er kann leicht in Ent- zündung und Verschwärung übergehen, oder sich zum dritten Grade stei- gern. Wenn nämlich bei forldauernder chronischer Entzündung die Thrä- nenröhrchen oder der Nasencanal verwachsen, so dass ein auf die Ge- schwulst angebrachter Druck keine Flüssigkeil entleert, so häuft sich der von der kranken Schleimhaut secernirle Schleim im Thränensacke an, und nimmt eine dicke gallertartige Consislenz an. Es bildet sich am innern Au- genwinkel eine bohnenförmige Geschwulst, Avelche die Grösse eines Tau- beneies erreichen kann, sich elastisch und prall anfühlt, und unschmerz- hafl isl; die sie bedeckende Haut isl geröthel und nimmt nach und nach eine bläuliche Färbung an. Die Nase der leidenden Seile isl gewöhnlich hocken, der Kranke hat das Gefühl einer lästigen Spannung, oder forldau-
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ernden Druckes in der Nase. Dieser Grad des Leidens, die Dacryocy- stoblennostasis (Hydrops sacci lacr.) geht sehr häufig- in Entzündung und Eiterung- über, und hat dann Thränensackfistel oder Erkrankungen der Knochen zur Folg-e. Er könnte mit einer Balggeschwulsl der Thränensack- g-eg-end und mit einer varicösen Ausdehnung- der Ang-ularvene verwechselt werden. Der Unterschied von ersterer besteht darin, dass Atherome immer viel freier beweglich sind, als die Thränensackschleimgeschwulsl, nicht so fest und tief sitzen , und mit dem Finger umg-ang-en werden können. Eine varicöse Ausdehnung- der Ang-ularvene würde sich durch ihre Lage zu er- kennen g-eben.
Die Schleimhaut des Thränenschlauches ist bei diesen Leiden blass oder livid g-eröthet, mit zahlreichen diverlikelartig-en Ausstülpung-en gegen das erweiterte Maschennetz des fibrösen Ueberzug-es hin, zuweilen mit po- lypenartigen Excrcscenzen versehen ; der Thränenschlauch ist an einer Stelle oder in grösserer Ausdehnung- sehr verengt, oder ganz verwachsen. Solche Uebel müssen jedoch von der Zusammenpressung des Nasencanals durch Eindruck der Nasenknochen, durch Tophus, Exostose oder Caries des Thränenbeins oder des Oberkiefers, durch Entartung der Muschelbeine, durch grosse Nasenpolypen oder durch Krankheiten und Ausdehnungen der Hyghmorshöhle wohl unterschieden werden. Zuweilen ist nur die Ge- gend um die untere falten- oder klappenarlige Verdickung der Schleimhaut, welche um die Oeffnung des Kanals in der Nasenhöhle sich vorfindet, ge- schlossen.
Wenn , insbesondere bei dyscrasischen Individuen oder in Folge un- zweckmässiger Behandlung (zu stark reizende Mittel oder fortgesetzte me- chanische Beleidigung) die Schleimhaut des Thränensackes exulcerirt, so entstehen theils Verwachsungen des Thränenschlauches, theils wird der Thränenknochen entblösst und entweder cariös oder von Necrose ergriffen. Andererseits hat oft ein primäres Knochenleiden eine Entzündung und Ver- schwärung des Thränensackes zur Folge. In diesem Falle schliesst sich die in den Thränensack führende Oeffnung nicht, und eine dauernde Fi- slelöffnung ist daher immer entweder durch Caries des Thränenbeines oder durch bedeutende Verengerung oder Verwachsung des Thränenschlauches bedingt. Es kann jedoch auch, wie aus gut constatirten Fällen hervorging, eine Caries des Thränenbeines ganz ohne äussere Fistel auftreten, und ihr Secret hinter dem Thränenschlauche in die Nasenhöhle entleeren. Bei sehr vernachlässigten Fällen der Art findet man die äussere Oeffnung der innern nicht entsprechend, und mehrere Fistelgänge nach dem untern Augenlide und nach der Wange herabgehend und hier erst naeh aussen mündend (com- ponirte Thränensackfistel). Bisweilen bleibt die Fistel nach gehobenem
Meyr, Augenheilkunde. J4
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Krankheitszustande desshalb, weil ihre Mündung- und der Fistelkanal bereits callüs geworden ist (callöse Fistel, Haarfistel). Die Mündung- der Thränen- sackfistel ist oft von Fungositäten (Luxuriation des Zellgewebes) umgeben.
Die Ursachen dieser genannten Krankheiten sind vorzüglich wieder- holte catarrhalische Reizungen, besonders die der Nasenschleimhaut, selte- ner die der Bindehaut. Grossen Einfluss auf die Entstehung und Unterhal- tung des Uebels haben Dyscrasien, besonders Scrofulose, Syphilis und Tu- berculosis, auch dürften Störungen im Geschlechtsleben bei Weibern von Einfluss sein. Bei Weibern zwischen dem 20. und 40- Lebensjahre besteht eine grössere Disposition. Meistens erkrankt nur Ein Schlauch, häufiger der linke, da derselbe gewöhnlich enger sein soll, als der rechte.
Die Behandlung richtet sich nach der Verschiedenheit der krankhaf- ten Erscheinungen, und die verschiedenen operativen Methoden wurden früher als Operation der Thränensackfistel begriffen.
Eine sorgfällige Erforschung des Zustandes ist von der grössten Wich- tigkeit und bildet die Basis des ärztlichen Handelns.
Beim chronischen Schleimflusse des Thränensackes hat man darauf zu sehen, dass durch fleissiges Ausdrücken der Geschwulst die längere An- sammlung des Schleimes verhütet , und die krankhafte Thätigkeit der Schleimhaut gehoben werde. Letzteres geschieht durch Einträuflung adstrin- girender und gelinde reizender Collyrien in den innern Winkel, worauf der Kranke einige Minuten lang auf dem Rücken liegen bleiben soll. Man wählt dazu Lösungen von Kupfer- und Zinksalzen, von Sublimat oder Ni- tras arg., denen man bei Luxuriationen der Schleimhaut die Opiumtinctur zu V2 — 1 Scrupel zusetzt. Vor der Anwendung dieser Mittel ist der Thrä- nensack jederzeit durch Druck zu entleeren. Erweichende Dämpfe in die Nase geleitet, leisten dabei erspriessliche Dienste, so wie durch angemes- sene diätetische Pflege, Aufenthall in reiner Luft, und gehörige Berücksich- tigung eines etwa vorhandenen Allgemeinleidens die Cur bedeutend unter- stützt wird.
Wenn bei einer Hernia sacci lacrymalis die angeführte Behandlungs- weise zu keinem günstigen Resultate führt, so ist die Geschwulst von innen und oben nach aussen und unten mit Schonung des innern Zwischenban- des der Augenlider und der Thränenkanälchen , mittelst eines Bistouries oder einer Lanzette aufzuschlitzen, nach der Entleerung des Sackes eine kleine Charpiewicke täglich einmal einzulegen, und der Sack durch Einspritzung mit lauem Wasser zu reinigen. Besieht bereits nach voraus- gegangener Abscessbildung eine FistelöiTnung, so ist dieselbe durch eine eingelegte Wicke, Darmsaite, oder selbst mit dem Messer und der Hohl- sonde zu erweitern. Tst die Fistelöffnung jedoch zu weit vom Thränen-
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sacke entfernt, so eröffnet man letzteren auf die bekannte Weise. *) Die weitere Behandlung- richtet sich nach dem verschiedenen krankhaften Zu- stande. Man hat daher genau zu erforschen, wie der Thränenschlauch be- schaffen, ob er verengt oder verwachsen sei. Man erfährt diess durch vor- sichtige Sondirung desselben. Gelangt man bei Verengerung desselben mit einer Fischbeinsonde nicht in die Nasenhöhle, so erreicht man dieses Ziel öfters durch eine feinere Silbersonde. Uebrigens darf man nach 1 oder 2 fruchtlosen Versuchen mit der Sonde nicht sogleich an eine Ver- wachsung denken, indem es öfters erst nach mehreren Tagen gelingt, die Sonde durch die verengte Stelle durchzuschieben. Kann man nach wie- derholten Versuchen durchaus nicht in die Nasenhöhle gelangen, so ist mit aller Wahrscheinlichkeit eine Verwachsung anzunehmen. Ueber den Zu- stand des Thränenbcins überzeugt man sich gleichfalls durch Untersuchung mit der Sonde, mittelst welcher man bei Necrose oder Caries desselben die entblösste, rauhe Knochenstelle fühlt, falls sie nicht durch Fungositäten ge- deckt ist.
Findet man den Thränenschlauch bedeutend verengt, und dadurch die Thränenleitung erschwert oder ganz gehemmt, äo suche man die nor- male Wegsamkeit dieses Kanals durch allmälige Erweiterung wiederherzu- stellen.
Das nähere Verfahren dazu besteht in Folgendem: Man reinigt den eröffneten oder bereits offenen Thränensack durch Einspritzung von lauem Wasser (mittelst der Anel'schen Spritze), legt eine Wicke in die Thränen- sackwunde und bedeckt selbe mit einem halbmondförmig zugeschnittenen Klebpflasler. Am nächsten Tage schreitet man zur Erweiterung durch Darmsaiten, welche in den Feuchtigkeiten des Kanals anschwellen und ihn so durch sanften Druck auf seine Wandungen erweitern. Man wählt dazu die gewöhnlichen, schlechtem Darmsaiten vor den starkgedrehlen italieni- schen, weil jene weicher sind, und daher nicht so schnell wie diese an- schwellen. Man beginnt mit der dünnern, (der E-Saite der Violine) rollt ein Stück von dem Bündel ab, welches von der Augenbraue bis zum Kinne reicht, und bezeichnet sich dieses durch einen Bug. Das vorläufig zwischen den Zähnen gekaute Ende wird in die Wunde eingeführt, und dann all- mälig in den häutigen Nasenkanal und durch diesen in die Nasenhöhle fort-
*) Hat man einen leeren Thränensack zu eröffnen, so halte man sich an den uniern Rand der Orbita, und an die Sehne des Orbicularmuskels (lig. inter- palpebrale) und steche mit dem der Nasenwurzel zugekehrten Rücken des Messers hinter dem Rande der Ürbita und unter der Sehne des Orbicularis in die Thrä- nensackrinne.
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geschoben. Gewöhnlich rollt sich dieses Stück in der Nasenhöhle zusam- men oder gelangt auch in den Rachen. Neben der Saite legt man eine kleine Wicke ein, um einen hinreichenden Raum zur Anlegung des krum- men Rohres der Anel'schen Spritze zu gewinnen, bedeckt sie mit einem halbmondförmig zugeschnittenen englischen Klebpflasler, und befestigt den Rest des Bündels, in eine Compresse gehüllt, an der Stirne des Kranken. Nach Verlauf von 1 — 2 Stunden soll der Kranke sich Mund und Nasen- öffnung der gesunden Seite verhallen, und durch die Nasenöffnung der kranken Seite stark schnauben, wodurch er nebst Nasenschleim das untere Ende der eingeführten Saite aus der Nase hervorlreibt , so dass man es bequem fassen und an die Wange festkleben kann. Täglich wird die Wicke und das Pflaster entfernt, der Thränensack durch Ausspritzung gereinigt, ein neues gleich langes Stück der Saite abgerollt und durchgezogen. Die Saite kann man auch mit Arzneimitteln bestreichen, um auf den Zustand der Schleimhaut umstimmend zu wirken , zu welchem Zwecke man eine Blei- oder Präeipitatsalbe, oder die Opiumlinctur wählt. Bei jenen Kran- ken, welche sich zum Tragen des Bündels an der Stirn nicht verstehen wollen, kann man täglich ein kurzes, der Länge des häutigen Nasencanales entsprechendes Stück Saite mit hakenförmig umgebogenem obern Ende ohne oder mit der Wicke einlegen. Vortheilhafl kann man nebstbei Ein- träuflungen von adstringirenden Augenwässern oder das Einstreichen ähn- lich wirkender Salben in den innern Augenwinkel täglich Abends vorneh- men lassen.
Bei fleissig forlgesetztem Gebrauche dieser Mittel geht man von der E-Saile zur A-, und von dieser zur D- Saite über. Ist hierdurch der Thrä- nenschlauch hinreichend erweitert, was man dadurch erkennt, dass die ein- gespritzte Flüssigkeit in vollem Strome bei nach vorne geneigtem Kopfe des Kranken aus der Nase hervorfliesst, so ist es zweckmässig, um die Neigung der Krankheit zu Rückfällen zu heben, nach der 4 — 6 Wochen fortgesetzten Saitenkur noch durch 3 — 6 Monate, wohl auch ein Jahr lang die von Scarpa anempfohlene Bleiwicke, deren Länge und Dicke dem indi- viduellen Falle angemessen sein muss, tragen zu lassen. Die Länge der- selben beträgt gewöhnlich 1 — 1% Zoll. Diese Bleiwicke, welche durch Druck und durch adstringirende Wirkung des Bleies auf die Schleimhaut des Thränenschlauches günstig einwirkt, ist alle 2 — 3 Tage auszuziehen, um den Thränenschlauch durch Einspritzung zu reinigen. Der Kranke lernt bald selbst den Bleinagel sich einzulegen und trägt ihn auch gerne, weil er keine lästigen Beschwerden veranlasst. Man steht nach und nach von dem Gebrauche der Bleiwicke ab, und findet man, dass kein Thränen- l räufeln mehr besieht, die Nasenhöhle der kranken Seile feuchl bleibt, und bei
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der Einspritzung- das Wasser in vollem Strome aus der vorderen Nasen- öffnung fliesst, so lässt man endlich auch die Charpiewicke weg", und been- digt die Cur. Schliesst sich die Fistel des Thränensackes wegen Callösität ihrer Mündung nicht von selbst, so scarificirt man letztere, oder bringt die Haar- fistel durch Betupfen mittelst eines zugespitzten Höllensteins oder einer glühenden Nadel zur Verschliessung.
Beim dritten Krankheitsgrade verfährt man auf dieselbe Weise, wenn nicht Verschliessung der Thränencanälchen oder Verwachsung des Thrä- nenschlauches besteht. Besteht letztere bloss nach unten in sehr geringer Ausdehnung, so kann man versuchen, dieselbe durch eine Troikarsonde, deren Spitze zur Vermeidung sonstiger Verletzung mit einem Wachskügelchen bedeckt sein soll, zu durchbohren, und die Wegsamkeit des Thränenschlau- ches auf die bereits angegebene Weise herzustellen.
Bei vollständiger Verschliessung des Nasenkanals hat man empfohlen, den Thränen durch die Durchbohrung des Thränenbeins einen neuen Weg zu bahnen. Jedoch hat man gegenwärtig diese Methode mit Recht ver- lassen, indem sich nicht nur eine solche Oeffnung schwer oder gar nicht erhalten lässt, da sich Knochen wunden durch Callus schlössen, sondern auch die Verletzung dieses Knochens um so bedenklicher erscheint, als die besprochenen Leiden sehr häufig durch conslitulionelle Erkrankungen unter- halten oder bedingt sind. Es wird daher in solchen Fällen so wie bei Unweg- samkeit der Thränenkanälchen nichts anders übrig bleiben, als die entstel- lende und belästigende Thränenschlauchschleimstockung zu heben. Diess erreicht man am besten durch Verödung des Thränensackes. Um diese zu bewirken, öffnet man den Thränensack in seiner ganzen Ausdehnung, und wendet auf die ganze innere Fläche desselben den Höllenstein mit Nach- druck an, indem man die Ränder der Oeffnung mit den Schenkeln einer Pincette von einander entfernt. Statt des Höllensteins kann man sich auch des Aetzkalis, der Wiener Aetzpaste, der Spiessglanzbutter oder selbst des Glüheisens bedienen, um Obliteration des Sackes durch Verwachsung seiner Wände zu erzielen. Es bleibt zwar ein Thränenträufeln zurück, allein diess ist ein geringes Uebel gegen die vorigen Beschwerden. Die von Eini- gen vorgeschlagene Exslirpalion der Thränendrüse könnte nur dann Erfolg haben, wenn es erwiesen wäre , dass die Bindehaut nicht auch Thränen- secret liefert. *)
*) Die verschiedenen Methoden der Operation der Thränensackfistel lassen sich in folgende zusammenfassen:
I. Herstellung des natürlichen Weges. Diess wird erreicht: 1. durch Injectionen, welche entweder durch den untern oder durch den obern Thränenpunkt, oder dureh den Nasenkanal gemacht werden.
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Bei der Behandlung der Caries des Thränenbeins, wenn sie Ursache einer bleibenden Thränensackfistel ist, existirt keine specielle Indication zur Anwendung1 von Erweiterungs- und andern Heilmitteln für den Thrä- nenschlauch. Das Wichtigste bleibt die örtliche Behandlung der Caries, (Erweiterung der fistulösen Oeffnung durch Wicken oder Saiten zur Beför- derung des Eilerabflusses, fleissige Reinigung und Injection stimulirender Flüssigkeiten (vorzüglich Lösungen von Nitras argenli) und die Heilung der ursächlichen constitutionellen Krankheiten, worunter Scrofulosis und Syphilis
2. durch den Catheterismus, welcher entweder a. durch die Thränen- kanälchen (Anel'sche Methode) oder b. durch den Nasenkanal (Laforest's Me- thode) ausgeübt wird. Zu letzterem Zwecke hat Gensoul einen eigenen Catheter angegeben.
3. durch Erweiterung der natürlichen Wege, welche wieder a. durch die natürlichen Oeffnungen , nämlich die Thränenpunkte (Mejean'sehe Methode mit- telst Sonde nnd Fäden) oder den Nasenkanal (Laforest'sche Methode) vorgenommen wird; oder b. durch eine künstlich gemachte Oeffnung, worauf der Thränenschlauch entweder durch temporäre Dilatation zu seinem normalen Lumen gebracht wird (die Petit-Scarpa-Richter'sche Methode, welche oben detaillirt wurde), oder eine permanente Dilatation durch Einlegung von Stäbchen (Ware) oder Röhrchen (Dupuytren) erzielt wird. Letztere Methode, die Anfangs viel Aufsehen machte, ist desshalb nicht zu empfehlen, weil der Erfolg der Operation nicht nachhaltig ist, da das Röhrchen leicht aufsteigt und entfernt werden muss , in die Nase fällt, sich verstopft, die knöchernen Wände des Kanals durchbohrt und in andere Höhlen gelangt, durch seinen Druck lästige Zufälle, heftige Entzündungen und Knochenkrankheiten veranlasst.
4. durch Cauterisation, welche von Heister und Harveng geübt wurde.
II. Bahnung eines neuen Weges, und zwar:
1. in der Richtung des früheren (Wathen),
2. durch Ausschneiden des Thränenbeins (Gerdy),
3. durch die Hyghmors-Höhle (Laugier),
4. durch Perforation des Thränenbeins (Woolhouse).
III. Ve r schlie ssung und Obliteration der natürlichen Wege, wie sie oben angegeben wurde (Nannoni, Bosche).
IV. Exstirpation der Thränendrüse (Acrel, Velpeau, Textor). Diese Operation kann schon deshalb keinen Erfolg haben, weil dadurch die Thränen- sackschleimslockung nicht gehoben wird, das Thränensecret übrigens auch von der Conjunctiva zum Theile geliefert wird.
V. Die Compression, welche auf den Thränensack mitielst eines eigenen Compressoriums (Stahlplatte mit einer Pelotte, die um die Stirn e befestigt wird), ausgeübt wird; da hiermit die Compression bloss den Thränensack trifft, nicht jedoch den Nasencanal, so ergibt sich von selbst, dass sie ungeachtet des Vor- theils, den die Compression bisweilen auf chronische Entzündungen ausübt, von keinem dauernden Erfolge sein kann.
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die wichtigsten sind. Bei Tuberculose hat Oleum jecons aselli nebst einer örtlichen reizlosen Behandlung der Fistel bisweilen complelle Heilung- ohne Affection des Thränenschlauches zur Folge, Bei Syphilis nützt eine anti- syphilitische Behandlung.
IV. Ectopien.
Hieher gehören die Lageveränderungen an den Augenlidern, an den Thränenorganen und am Augapfel. Wir betrachten hier vorzugsweise die der Lider, und zwar das Ectropium, das Entropium und die Trichiasis.
1. Jener Formfehler der Augenlider, wobei das Lid umgestülpt und dessen Conjunctivalfläche nach aussen gekehrt ist, wird als Ectropium (Plärrauge, Aus war tskehr ung der Lide r) bezeichnet. Es kann sowohl am obern, als auch am untern Augenlide vorkommen, und ist ent- weder partiell, wenn nur ein Theil des Augenlides, oder total, wenn das ganze Lid von dem äussern bis zum innern Winkel die bezeichnete fehler- hafte Richtung angenommen hat. Der Grad des Leidens ist ein verschie- dener; denn während im niedern Grade bloss der Rand des Augenlides umgekehrt ist , kann sich im höhern Grade die Auswärtsstülpung auf die ganze Ausdehnung des Knorpels erstrecken, und im höchsten Grade findet man das ganze Augenlid so umgekehrt , dass bloss dessen Conjunctival- fläche, von der Hautfläche jedoch nichts mehr sichtbar ist.
Das Ectropium kommt häufiger am untern, als am obern Augenlide vor; bisweilen sind beide Lider afficirt. Es hängt von verschiedenen Ursa- chen ab.
1. Eine der häufigsten Ursachen des Eclropiums ist Substanz Ver- lust und Zusammenziehung der Haut des Augenlides in Folge von Narbenbildung. Zu dieser Narbenbildung geben Veranlassung Zerstörun- gen der Haut durch Verbrennungen, Aelzungen, tiefer dringende Wunden mit Substanzverlust, Abscesse und Geschwürsbildungen. Brandige Zerstö- rung eines Theiles der Lider nach phlegmonöser oder erysipelatöser Ent- zündung derselben, nach der Pustula maligna palpebrarum, Exstirpationen umfangreicher Geschwülste aus den Lidern (Balggeschwülste, Teleangiec- tasien), narbige Einziehungen der Haut nach vorausgegangener Exulceration der Liddrüsen bei manchen Formen von Blepharoadenitis haben solche Haul- verkürzung und dadurch bedingtes Ectropium nicht seilen zur Folge. Der Haulkrebs führt durch Zerstörung und nachherige narbige Verziehung an der Haut der Lider sowie der benachbarten Wangen, Schläfen- und Stirn- gegend öfters ein Ectropium herbei. Hieher gehört auch das Ectropium in Folge von Necrose oder Caries der Orbita oder des Jochbeins. Das Ectro-
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pium ist im letzteren falle durch narbige Einziehung der Haut an der fistu- lösen Stelle bedingt, und daher ineislenlheils ein partielles von verschiede- ner Form; so entsteht z. B. durch Necrose des Jochbeins ein dreieckig gestaltetes Ectropium an der äussern Hälfte des untern Lides.
2. Erschlaffung oder Lähmung des 0 rb icul aris bedingt ein Ectropium des untern Lides, welches durch eigene Schwere herabsinkt und sich umstülpt.
3. Erweich ung und Auflockerung des Tarsus, eine Folge mancher langwieriger Entzündungen der Conjunctiva, besonders der Oph- thalmia senilis , bewirkt ebenfalls am untern Lide eine Auswärtsslülpung, wozu beim sogenannten Ectropium senile noch die Erschlaffung desSchliess- muskels beiträgt.
4. Verdickung und Hypertrophie der Conjunctiva be- wirkt jene Art des Ectropiums, welche man Ectropium luxurians oder sar- comalosum zu nennen pflegt. Die Verdickung der Conjunctiva ist meistens die Folge chronischer Entzündungen derselben , daher das Ectropium als Folge der chronischen Blennorrhoe beobachtet wird. Aber auch die acute Ophthalmoblennorrhoe kann bei stärkerer Schwellung und Infiltration der Bindehaut der Lider namentlich bei Kindern eine Auswärtsslülpung zur Folge haben, welche entweder bloss symptomatisch auftritt, und dann durch Abziehen des Augenlides vom Bulbus leicht hervorgerufen wird, oder nach beseitigter Blennorrhoe als organisches Leiden zurückbleibt. Geschwülste der Conjunctiva (Fibroide etc.) bewirken nicht seilen ein Ectropium.
5. Zerstörung der äussern Commissur der Augenlider in Folge von Wunden oder von Verschwärung hat ein partielles Ectropium gleichfalls nur am untern Lide zur Folge.
6. V er gross er ung u n d H er vor drä ng ung d es B u lb us aus der Orbila kann eine Umslülpung der stark gespannten Lider hervorbrin- gen, und zwar um so leichler, wenn die Bindehaut dabei gewulstet und serös infillrirt ist.
Das Ectropium kann eine bedeutende Deformität veranlassen, beson- ders jenes, welches durch Hautverkürzung bedingt ist und einen hohen Grad erreichen kann. Secundäre Folgen des Ectropiums sind Schwellung, Rölhung und Auflockerung der Conjunctiva, welche ein sammtartiges oder sarcomalöses Aussehen gewinnt. Bei langer Dauer verdickt sich das Epi- thelium derselben, nimmt den Character der Cutis an, und kann so die äusseren Einflüsse leichter ertragen. Der Augapfel ist beim Ectropium fortwährend den schädlichen Einflüssen exponirt, wird daher leicht gereizt und entzündet, die Thränenleitung ist gestört, daher die Befeuchtung und Reinigung der Hornhaut minder vollkommen vor sich geht , woraus sich
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daher Trübungen, Epithelialverdickungen und Geschwüre der Cornea mit ihren Folgen ergeben, die man bei Ectropien von langer Dauer gewöhnlich antrifft.
Die Hebung eines Eclropiums erfordert die Berücksichtigung der Ursache.
Das Ectropium, welches durch Verkürzung der Haut bedingt ist, kann nur durch ein operatives Verfahren beseitigt werden. Die Operationsme- thode ist sehr verschieden, und richtet sich ganz nach dem speciellen Falle, daher das Verfahren der Einsicht des Operateurs überlassen ist. Mehrere der Methoden können , da sie die Bildung eines neuen Augenlides zum Zwecke haben, als Blepharoplaslik bezeichnet werden. Die wichtigsten derselben sind :
1. Fricke's Blepharoplastik. Sie passt vorzüglich für das obere Augenlid. Nach der Trennung der abnormen Adhäsionen oder der Exstirpation der narbigen Stellen der Haut wird das Augenlid gehörig reponirt. Ist die Repo- sition wegen Luxuriation der Conjunctiva nicht möglich, so wird dieBindehaut- wucherung vorerst mit dem Messer oder der Scheere entfernt, wobei man sich zur Fixirung der Conjunctiva eines Doppelhakens bedienen kann. Die zurück- bleibende Wundfläche der Haut wird durch einen Ersatzlappen,der aus der seit- lichen Stirn- oder Schläfengegend genommen wird, bedeckt. Man bestimmt die Länge des zu bildenden Hautlappens durch Messung von der Stelle, wo der Lappen umgeschlagen wird (im Niveau des äussern Augenwinkels , einige Linien davon entfernt) bis zum innern Ende der Wundfläche. Der Lappen muss eine zungenförmige Gestalt von der nöthigen Breite haben, um sowohl die Wundfläche am Augenlide als auch die nach Durchtrennung der Haut- brücke (der Hautstelle zwischen dem Substanzverlust und dem Ersatzlap- pen) entstehende gehörig decken zu können. Man gibt bei der Messung gewöhnlich 1 Linie zu auf Rechnung der Conlractilität der Haut. Ist der Hautlappen bestimmt und mittelst einer zugespitzten Kohle verzeichnet, so umschneidet man ihn , präparirt ihn mit Schonung der unterliegenden Muskeln los, und sorgt dafür, dass der Stiel des Lappens (die der Umschla- gungsstelle zunächst gelegene Parthie , durch welche er mit der übrigen Haut zusammenhängt) breit genug ausfalle, damit die Ernährung des Lap- pens besser vor sich gehe. Nachdem die Blutung gestillt und das coagu- lirte Blut entfernt ist, wird der Lappen nach vorhergegangener Durchtren- nung der Hautbrücke in die Wundfläche eingelegt, angepasst, und rund herum durch blutige Hefte befestigt. Wenn sich die Wundränder nach durchtrennter Hautbrücke nicht genug zurückziehen, um den Lappen ein- legen zu können, kann man einen schmalen Streifen der Hautbrücke abtra- gen. Die Wunde in der Schläfengegend, nach entferntem Lappen, soll
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durch Granulation auf gewöhnlichem Wege heilen , daher die Wundränder daselbsl durch Heftpflaster etwas genähert werden.
Obwohl diese Operation in einzelnen Fällen einen guten Erfolg hatte, so ist doch das partielle oder totale Abslerben des verpflanzten Lappens sehr zu fürchten, daher die Nachbehandlung mehr oder weniger antiphlo- gistisch und dahin gerichtet sein muss, die Wundränder stets in unmittel- barer Berührung zu erhallen, die Basis und den Stiel des Lappens vor jedem Drucke zu bewahren. Die Hefte werden nach 2 — 3 Tagen beseitigt, und der noch etwa möglichen Trennung der Wundränder durch Anlegung von Heflpflasterstreifen vorgebeugt. Die vollkommene Heilung tritl binnen 10—18 Tagen ein.
2. Jäger's Operationsmethode passt für das Ectropium und den Lagophthalmus in Folge von Haulverkürzung. Vor der Operation muss der Unterschied der Länge des Tarsalrandes des Augenlides der kranken und gesunden Seite durch Messung bestimmt werden, um zu wissen , wie viel von dem Rande des auswärts gekehrten Lides weggeschnitten werden muss, um ihn auf die Länge des gesunden zurückzuführen. Der Rand des Lides wird hierauf mit einer Pincette gefassl, und nach abwärts gezogen, um die Narbe zu spannen, durch welche das Lid an den Rand der Orbila adhärirt. Mittelst eines Scalpels wird ein querer Einschnitt in der Mitte zwischen dem Rande des Lides und dem Supraorbitalbogen gemacht. Dieser Schnitt beginnt und endigt in der gesunden Haut, und wird durch die ganze Dicke des Augenlides geführt, so dass nach abgezogenem Lide der Augapfel durch die Wunde sichtbar wird. Die Länge des Schnittes richtet sich nach dem speciellen Falle. Um die Verletzung des Augapfels zu verhülhen,kann eine Hornplalte zwischen ihn und das Augenlid eingeführt werden. Aus der Mitte des schmalen Streifens des Augenlides , welcher die Lidspalte von der künstlich gemachten Oeffnung trennt, wird ein nahezu V förmiges Stück ausgeschnitten , (mittelst Pincette und Scheere) um den Querdurchmesser des Lides zu verkürzen. Mittelst eines geraden, doppelschneidigen Scalpels wird hierauf das Integument von dem Rande des Stirnbeins losgetrennt, indem das Scalpel unter dem obern Wundrande eingeführt und die Haut nach aussen und innen zu in genügender Weise losgetrennt wird, ohne die ur- sprüngliche Wunde des Augenlides zu erweitern, die Haut zu durchbohren, oder das Periost zu verletzen. Hierdurch wird die Haut und der die Supra- orbitalgegend deckende Muskel von den unterliegenden Theilen losge- trennt, und kann somit mehr nach abwärts gebracht werden. Die Wunde, welche durch Ausschneidung eines Stückes aus dem Streifen des Augen- lides entstand, wird durch die umschlungene Naht (2 Nadeln) vereinigt. Die Inlegumente der Supraorbitalgegend und der Winkel der Orbita, die
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vom unterliegenden Knochen losgetrennt wurden, werden nach abwärts gedrückt, um die Ränder der queren Wunde des Lides zu vereinigen, was durch Anlegung von Knopfnähten geschieht. So wird der Augapfel bedeckt durch das Integument, welches theils von der Supraorbitalgegend, theils von den Winkeln der Orbita herabgezogen wurde; die Augenbraue er- scheint etwas deprimirl und beschreibt keinen so grossen und convexen Bogen, wie vor der Operation. Wird die Operation am untern Lide ge- macht, so wird zuerst ein dreieckiges Stück, wie bei der Adams'schen Me- thode entfernt und hierauf das Integument von dem Orbilalrande auf die der früher angegebenen ähnliche Weise losgetrennt, um den senkrechten Durchmesser des Lides zu verlängern. Durch schmale Pflasterstreifen wer- den die blutigen Nähte unterstützt. Die Wunden werden mit etwas Charpie bedeckt und graduirte Compressen an Grösse der Circumferenz der Orbita entsprechend, werden an der Supraorbital- oder Wangengegend angelegt, je nachdem am obern oder untern Lide operirl wurde, lieber die graduir- ten Compressen kommen lange Pflasterstreifen , um die Inlegumente gegen das Augenlid zu ziehen. In der Nachbehandlung ist nichts zu unterlassen, um die Heilung per primam intentionem zu erzielen.
3. S an son 's Methode ist angezeigt bei Eclropien des untern Li- des in Folge von Hautverkürzung. Der Zweck der Operation beruht auch hier auf Verlängerung des senkrechten und Verkürzung des queren Durch- messers des Lides. Mittelst eines kleinen bauchigen Scalpels wird die Narbe durch zwei gleichlange Hautschnitle umschrieben, welche unten sich in einem spitzen Winkel vereinigen. Der so umschriebene dreieckige Lap- pen wird von der Spitze aus mittelst Pinzelte und Scalpel so weit vom unterliegenden Gewebe lospräparirt, dass das Augenlid sich reponiren lässt. Hierauf werden die Wundränder, welche sich unter der Spitze des hinauf- geschobenen Lappens befinden, durch die umschlungene Naht (2 bis 3 Na- deln) vereinigt, und der Lappen selbst an die anglänzenden Wundländer durch Kopfnähle befestigt. Die zusammengedrehten Enden der Fäden von der umschlungenen Naht werden an die Stirngegend durch Pflasterstreifen befestigt und so das Augenlid hinaufgezogen.
4. Dieffenbach's Methode ist gleichfalls eine Blepharoplastik zu nennen, und passt vorzüglich für das untere Augenlid. Die Narbe und degene- rirte Haut wird gänzlich exslirpirt,so dass eine dreieckige Wundfläche entsteht, welche die Basis gegen den Rand des Augenlides hat. Ist der Tarsus noch vor- handen, so wird er sorgfältig geschont ; wenn aber das ganze Augenlid zerstürl ist, so wird der Rest der Conjunctiva vom Rande der Orbita getrennt und etwas nach aufwärts gegen den Bulbus präparirt. Vom äussern Ende der Basis der dreieckigen Wunde wird ein Hautschnitt gegen die Schläfe geführt, dessen
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Länge die benannte Basis etwas überschreiten soll. Vom Schläfenende dieses horizontalen Schnittes wird ein zweiter nach abwärts, wenn am un- tern, nach aufwärts, wenn am obern Lide operirt wird, und zwar in paralle- ler Richtung mit dem äussern Rande der dreieckigen Wunde von gleicher Länge mit demselben geführt. Der so umschriebene Hautlappen wird mit dem unterliegenden Zellgewebe lospräparirt, nach gestillter Blutung so auf die Wundfläche verpflanzt, dass er sie vollkommen deckt, und in dieser Lage durch Hefte befestigt. Das erste Heft wird am innern Winkel ange- legt, der obere Rand des Lappens wird an denTarsalrand, und wenn dieser verloren ging, an die Conjunctiva durch 4 Hefte befestigt, der innere Rand mit der Haut. Die Wunde an der Schläfen- oder Wangengegend wird mit Charpie bedeckt und über das Ganze werden Heftpflasterstreifen angelegt.
Die erwähnten Methoden können auf verschiedene Weise modificirt und combinirt werden je nach den Umständen des speciellen Falles.
Wenn das Ectropium mit Caries der Orbita complicirt ist, so mache man keinen Versuch zur Hebung des Ectropiums auf operativem Weg«, bis nicht die Krankheit der Knochen gehoben ist. Hierauf wird gewöhnlich wegen des Substanzverlustes und der narbigen Verziehung der Haut eine der früheren Methoden (Transplantation der Haut) nothwendig werden. Zuweilen geschieht es jedoch, dass, obwohl das Ectropium bedeutend ist, ein sehr kleiner Theil der Haut nur durch die Narbe verzogen ist. In einem solchen Falle umschnitt Ammon den adhaerirenden Theil der Haut durch eine Incision, liess ihn am Knochen adhaerent, löste die benachbarten Inte- gumente rund herum so weit ab, dass das Augenlid seine normale Lage annahm und der Kranke das Auge schliessen konnte. Hierauf schloss er die äussere Wunde über der alten Narbe durch die umschlungene Naht.
Beim Ectropium durch Erschlaffung oder Lähmung des Orbicularis ist diese durch geeignete Mittel zu heben, z. B. durch spirituöse Ein- reibungen.
Bei Erweichung und Auflockerung des Tarsus ist die Operation von Adams angezeigt, welche in der Ausschneidung eines hinreichend grossen V förmigen Stückes aus der ganzen Dicke des Augenlides besieht. Der Operateur ergreift mit der linken Hand die anatomische Pinzette, fasst den Augenlidrand an den Wimpern, zieht denselben massig gegen sich an, um durch Entfernung des Augenlides vom Bulbus die Anlegung der Pin- zette zu erleichtern; ein Arm derselben berühre die innere, der andere die äussere Lidfläche, in einer schiefen, am rechten Auge von aussen und oben nach innen und unten, am linken Auge von innen und oben nach aussen und unten verlaufenden Richtung. Hierauf schiebt der Operateur das Augen- lid zwischen die hinreichend geöffneten mit der Richtung der Pinzette ein
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spitzwinkliges und gleichseitiges Dreieck beschreibenden Blätter der Scheere so weil hinein, dass die Spitzen der Scheere die Enden der Pin- zette etwas überragen, und spaltet das Augenlid in seiner ganzen Dicke bis zur Spitze der Pinzette. Ist diess geschehen , so trägt der Opera- teur den entstandenen Lappen längs des Randes der Pinzette gleichfalls durch einen einzigen Schlag der Scheere ab. Die Blutstillung wird durch kaltes Wasser und durch gelindes Reiben der Wundränder bewerkstelligt. Die Wundränder werden durch die umschlungene Naht vereinigt. Man be- dient sich zu diesem Zwecke der Carlsbader Insektennadeln, deren Spitzen hierauf durch eine Kneipzange abgezwickt, oder mit Wachs- oder Kork- kügelchen bedeckt werden, oder man wendet Stifte mit abnehmbaren Lan- zen an. Die Nadeln werden von aussen nach einwärts so aingeführt, dass sie alle Gewebe der Augenlider bis auf die Bindehaut durchdringen. Die erste Nadel wird so nahe als möglich am Augenlidrande angelegt, und um dieselbe ein provisorischer Faden herumgeführt, mittelst welchem ein Ge- hülfe das Augenlid nach aufwärts zieht. Dieser Faden wird nach beendigter Hasenschartennaht langsam ausgezogen, und die Enden des zur unschlunge- nen Naht verwendeten Fadens an der Stirne mittelst eines Klebpflaslerstrei- fens befestigt, um dadurch das Augenlid nach aufwärts zu ziehen. Nach 36 — 48 Stunden wird eine Nadel nach der andern vorsichtig entfernt, der zur Umschlingung verwendete Faden aber noch eine Zeit lang liegen ge- lassen, um durch dessen gleichzeitige Hinwegnahme nicht Gefahr zu laufen, die noch schwache Narbe zu zerstören.
Beim Ectropium durch Verdickung und Wucherung der Bindehaut muss dieser Zustand beseitigt werden. Diess geschieht sowohl durch An- wendung der Aelzmittel (Lapis inf.), als auch durch Bestreichen der Luxu- riation mit Opiumtinctur, welche letztere bei dem nach Ophthalmoblennor- rhoe zurückgebliebenen Ectropium herrliche Dienste leistet. Sind die Luxu- riationen der Conjunctiva zu bedeutend, so fasse man sie mit einem Dop- pelhaken und trage durch zwei ellyptische parallel mit dem Lidrande ge- führte Schnitte ein hinreichend grosses Stück ab. Es ist immer viel besser, die Excision der Bindehaut von innen nach aussen gegen den Lidrand hin vorzunehmen, weil man dann nicht Gefahr läuft, zugleich einen Theil der Augapfelbindehaul abzutrennen, wodurch zur Entstehung eines Symble- pharons Veranlassung gegeben würde. Bewirken Geschwülste der Conjunc- tiva ein Ectropium, so müssen sie entfernt werden. Dazu passt sehr oft das bereits beschriebene Adams'sche Verfahren, eine Operation, welche wegen ihrer Brauchbarkeil und ihres günstigen Erfolges bei mancherlei Formfehlern des Augenlides, so wie zur Exstirpation mancher Geschwülste desselben (Krebsknoten, Teleangieclasien etc.) einen hohen Werth unter
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den Augenlidoperationen hat, und als Typus mancher Verfahrungsweisen in speciellen Fällen von Ectropium und Lagophthalmus angesehen wer- den kann.
Ist das Ectropium durch Zerstörung der äussern Commissur bedingt, so kann es nur durch Vereinigung derselben mittelst der Knopf- oder um- schlungenen Naht gehoben werden.
2. Unter Entropium versteht man die Einwärlskehrung des Augen- lides. Es kann sowie das Ectropium entweder partiell sein und nur einen Theil des Augenlides am äussern oder innern Winkel betreffen, oder total, wobei es sich auf den ganzen Lidrand erstreckt. Der Grad desselben ist verschieden, so zwar, dass im geringeren Grade nur der Lidrand etwas nach einwärts gestülpt ist, während im hühern Grade ein grösserer Theil des Augenlides sammt der Hautfläche desselben dem Bulbus zugekehrt ist. Häufiger kommt das Entropium am untern Lide vor.
Zu den Ursachen des Entropiums werden gerechnet :
1. Haut er schlaffun g. Ungeachtet man bei diesem Formfehler die äussere Haut öfters erschlafft findet, so scheint doch dieser Umstand nur dann das Entropium zu bedingen, wenn sich die Erschlaffung auf den Tarsaltheil des Augenlides erstreckt. Gewöhnlich ist jedoch zugleich eine andere Ursache des Entropiums vorhanden; denn man trifft Fälle von sol- cher Erschlaffung der äussern Lidhaut an, dass letztere sackförmig herun- terhängt, ohne dass desshalb ein Entropium bestände.
2. Krampf des M. orbicularis kann ein vorübergehendes En- tropium bedingen. In Fällen jedoch, wo der Krampf sehr lange dauert, wird das Entropium theils durch Veränderung des Tarsus, theils durch be- reits eingeleitete Verkürzung des Muskels bleibend. Die Paralyse des M. levator palp. super, kann nur dadurch ein Entropium bedingen, dass der Orbicularis bei veralteter Paralyse des Levalors das Uebergewicht erhält.
3. Muldenförmige Verkrümmung und Einwärtsrollung des Tarsus. Es kann dieser Zustand theils durch Ophthalmien mit bedeuten- der Photophobie und Lidkrampf, theils und zwar vorzüglich durch den trachomatösen Process hervorgerufen werden.
4. Verwachsung der Augenlider an der äussern Com- missur. Das Entropium, welches nach lange dauernden scrofulösen Ent- zündungen erfolgt, ist grösstentheils durch diese Ursache, so wie durch Verkrümmung des Tasus und Krampf des Orbicularis bedingt. Es ent- stehen nämlich gerne Excoriationen an dem äussern Winkel und an den Lidrändern; der zugleich bestehende Krampf des Schliessmuskels (in Folge der Lichtscheu) begünstigt das Verwachsen der exeorirten Lidränder (die Blepharophimose) so wie die Verkrümmung des Tarsus.
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5. Die häufigste Ursache des Entropiums ist Verkürzung- und Schrumpfung der Conjunctiva. Chronische Bindehautentzündun- gen, und hauptsächlich das Trachom führen diesen Zustand auf die bereits erörterte Weise herbei.
6. Atrophie des Augapfels. Die Augenlider werden durch die Thätigkeit des Schliessmuskels nach einwärts gestülpt. Mehrere der ge- nannten Ursachen wirken oft gleichzeitig zur Bildung eines Entropiums.
Das Entropium ist ein sehr lästiger, und obwohl es keine solche Ent- stellung wie das Ectropium bewirkt, ein durch seine Folgen sehr gefähr- licher Zustand. Diese Folgen beruhen auf der beständigen Reizung des Bulbus durch die nach einwärts gerichteten Cilien. Zwar sucht die Natur öfters durch gesteigerte Secretion den Reiz zu mildern, indem die Wimpern erweicht, in Schleim eingehüllt und so gebogen werden, dass ihre Spitzen nicht gegen den Bulbus gerichtet sind. Immerhin aber entstehen, falls das Entropium einige Zeit besteht, chronische Entzündung der Bindehaut, Ver- dickungen derselben, Trübung des Epithelialblättchens der Cornea, Pannus, Geschwüre der Cornea und es kann das Sehvermögen dadurch ganz aufge- hoben oder der Bulbus durch Atrophie zerstört werden.
Das Entropium kann nur in einzelnen Fällen durch Kunslhülfe geho- ben werden. Ist das Entropium bloss durch Erschlaffung der Haut bedingt, so genügt die Verkürzung derselben zur Hebung des Uebels. Hierzu be- diente man sich der Aetzmittel, z. B. der concentrirlen Schwefelsäure. Da jedoch bei Anwendung derselben (mittelst eines Holz- oder Glasstäbchens) der Substanzverlust der Haut niemals genau berechnet werden, der Bulbus leicht Gefahr leiden kann, da die daraus resultirende Narbe niemals so schön und das Verfahren selbst schmerzhafter ist, als bei der Operation mit dem Messer, so gebührt dem CelsischenV erfahre n der Vorzug, Letz- teres besteht in der Abtragung einer hinreichend grossen mit dem Lidrande parallelen Falte aus der äussern Fläche des Augenlides, und in der Ver- einigung der entstandenen Wundränder durch zwei bis drei Knopfnäthe. Die Hautfalte wird mittelst der Beer'schen Krückenzange so gebildet, dass der Orbicularmuskel nicht mitgefasst wird, massig angezogen, und durch einen Schlag der hinter die Enden der Krückenzange knapp angelegten geraden oder Kniescheere abgetragen, so dass der Schnitt nicht zackig aus- falle. Die Heftnadeln werden am obern Augenlide von oben nach abwärts, am untern von unten nach aufwärts eingeführt. Hätte man eine zu kleine Hautfalte gefasst, so würde das Entropium nur unvollkommen gehoben, durch Abtragung einer zu grossen Haulfalte könnte Ectropium entstehen. Beim Entropium von Krümmung und Einwärlsrollung des Tarsus ist die Adams-Crampton'sche Operations methode von Erfolg,
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welche die Geradrichtung des verkrümmten Lidknorpels bezweckt. Der Operateur erfasst den Rand des zu operirenden von einem Gehülfen stark nach auswärts gezogenen Lides mit den Daumen und Zeigefinger der rech- ten Hand, zieht ihn gegen sich an, und schiebt ihn zwischen die geöffneten Blätter der Krückenzange, so dass das eine auf die innere, das andere auf die äussere Fläche des Augenlides zu' liegen kommt, und schliesst sodann die Zange, ohne das gefasste Augenlid zu quetschen. Hierauf spaltet er mit der geraden oder Kniescheere das Augenlid in der Gegend des äussern und innern Winkels (bei letzterem mit Schonung des Thränen- kanälchens) in einer Länge von 1 % — 2'". Das IVIittelstück schlägt er durch Neigung der Ringe der Krückenzange gegen die Stirne oder Wange um, und vereinigt die Winkel der gemachten Spalten durch einen knapp an dem Rande der Krücke behutsam geführten Schnitt, welcher durch die Bindehaut des Lides tief in den Knorpel eindringen soll. Ist dadurch die normale Richtung des Augenlides möglich geworden, so wird eine hinrei- chend grosse nahe am Ciliarrande gelegene aus der äussern Haut des Mit- telslückes gebildete Falte abgetragen, und die dadurch entstandenen Wund- ränder werden durchKnopfnähte vereinigt(wie bei derCelsischenMethode). Die zusammengedrehten Seidenfäden werden nach Erforderniss auf- oder ab- wärts geschlagen und mittelst Heftpflasterstreifen an die Stirne oder Wange befestigt, je nachdem am untern oder obern Augenlide operirl wurde. Wäre das Mittelstück gänzlich durchschnitten worden, so müssten die Wundrän- der zur Erhaltung des Lappens schnell durch die Knopf- oder umschlun- gene Naht vereinigt werden. Nach der Operation werden kalte Ueberschläge gemacht, welche nur bei eintretendem Ödem des Augenlides ausgesetzt wer- den müssen. Wenn die Hefte sich aufzulockern beginnen (2. oder 3. Tag), so wird ein Heft nach dem andern am Knoten durchschnitten und ohne Zerrung der Wundstelle beseitigt *).
*) Jaesche verfährt bei Trichiasis und Entropium auf folgende Weise: Er macht an der innern Fläche des von einem Gehülfen gut nach oben gezogenen Lides s/4 — 1 "' über dem Tarsalrande einen demselben parallelen, oberflächlichen Schnitt, welcher die Stelle, an welcher die fehlerhaft gerichteten Wimpern sitzen, zu beiden Seiten etwas überschreitet. Nachdem er hierauf eine 5 — 6'" breite mit dem beschriebenen Schnitt gleich lange Falte, deren unterer Rand tl/j — 2"' über dem Tarsalrande sich befindet, aus der äussern Lidhaut geschnitten hat, sticht er ein spitzes, mit der Fläche dem Auge zugekehrtes Messer in dem einen Ende des Bindehautschnittes ein, am untern Rande der Hautwunde aus, und führt es bis zum andern Ende des erwähnten Schnittes, so dass der auf diese Art vom Knorpel getrennte Theil des Lidrandes nur an den Seiten mit dem Lide in Verbindung bleibt. Endlich zieht er die obere, etwas schräg von vorne und oben nach hinten und unten gerichtete Schnittfläche des vierseitigen Segmentes
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Das Entropium, welches durch Krampf des Orbicularis bedingt ist, erfordert die Hebung- des Krampfes auf die geeignete Weise, wobei vor- züglich auf die Ursache desselben Rücksicht genommen werden muss. Sollte der langwierige Krampf eine organische Verkürzung des Muskels herbeigeführt haben, so könnte man die subcutane Durchschneidung seiner Sehne am innern Augenwinkel versuchen.
Rührt das Entropium bloss von Verwachsung' der Lider an der äussern Commissur her, so ist die Durchlrennung derselben angezeigt, welche mit- telst eines am äussern Winkel eingestochenen mit der Schneide nach aussen gekehrten schmalen Bistouries bewerkstelligt wird. Zur Schonung des Bul- bus kann man sich dabei auch einer Hohlsonde bedienen. Der Wiederver- wachsung wird am besten vorgebeugt, wenn man am neugebildeten äussern Winkel die Bindehaul hervorzieht und mit der allgemeinen Decke durch 1 oder 2 blutige Hefte vereinigt.
Das Entropium durch Atrophie und Schrumpfung der Bindehaut kann durch keine Operationsmethode gehoben werden. Es bleibt daher in einem solchen Falle nichts übrig, als die einwärts gekehrten Cilien durch fleissi- ges Ausziehen oder durch Abtragung des Haarzwiebelbodens zu entfernen. So kann auch bei Atrophie des Augapfels und dem dadurch bedingten En- tropium der Reiz nur durch Ausziehen der Cilien, Operation der Trichiasis oder durch Einlegung eines künstlichen Auges entfernt werden.
3. Jener Zustand, wo die Augenwimpern eine fehlerhafte Richtung gegen den Bulbus angenommen haben, heisst im Allgemeinen Trichiasis. Die Cilien können durch fehlerhafte Biegung oder durch fehlerhafte Kei- mung gegen den Bulbus gerichtet sein. Erstere erfolgt häufig dann, wenn hei Ophthalmien mit starkem Secrele und heftigem Lidkrampfe die Wimpern erweicht und nach einwärts gekrümmt weiden. Am häufigsten trifft man solche Cilien am äussern Winkel an, insbesondere bei scrofulösen Ophthal- mien. Die fehlerhafte Keimung producirt eine abnorme Richtung der Cilien, wenn die Zwiebel derselben verdrängt werden. Krankheilen, welche eine solche Stellung der Cilien bewirken, sind die chronische Blepharoadenilis (Tylosis) durch Absetzung von Exsudat in und um die Haarzwiebeldrüsen,
des Lidrandes durch Zusammennähung der Ränder der Hautwunde gegen die vordere Fläche des entblössten Lidknorpels hinauf, und gibt so, indem Verwach- sung mit dem Knorpel eintritt, den fehlerhaft gerichteten Wimpern eine bessere Richtung. Die Operation im untern Lid macht Jaesche auf dieselbe Art, bemerkt aber, dass erst weitere Erfahrung entscheiden müsse, ob das beschriebene Ver- fahren bei totaler Trichiasis anwendbar sei , da der mit dem übrigen Körper nur durch schmale Brücken in Verbindung stehende Lidrand bei der grossen Aus- dehnung der Trennung, leicht dem Absterben ausgesetzt sein könnte.
Me yr , Augenheilkunde, | 5
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und das Trachom durch Schrumpfung und narbige Einziehung der Binde- haut und des Tarsus. Im höhern Grade bewirkt letztere Krankheit ein En- tropium, so dass man sagen kann, zwischen Trichiasis und Entropium be- stehe nur ein Gradunterschied. Bisweilen keimt eine abnorme Reihe von Cilien weiter nach einwärts am Lidrande hervor. Diese sogenannten Pseu- docilien sind äusserst dünn, blass und fein, und man sieht sie nur deutlich, wenn man den Lidrand an die Cornea andrückt, und an dieser die zarten Härchen spiegeln lässt. Diesen Zustand nennt man Dislichiasis. Es liegt die Vermuthung nahe, dass es nur verkümmerte Cilien sind, indem durch den Druck auf die Bulbi derselben eine Atrophie letzterer herbei- geführt wird. Es gibt auch einen Zustand, wo mehrere Haare in büschel- förmiger Richtung aus einer Stelle des Lidrandes, oder aus der Thränen- karunkel hervorkeimen (Trichosis bulbi).
Die Trichiasis führt durch fortdauernde Reizung des Augapfels jene Folgezustände herbei, die wir bereits bei dem Entropium angedeutet haben. Eine sorgfällige Untersuchung ist um so wichtiger, als manche sehr hart- näckige Augenenlzündungen oft in einigen einwärts gekehrten Cilien, welche leicht übersehen werden, ihren Grund haben.
Die Behandlung richtet sich nach dem Grade des Uebels und der Be- reitwilligkeit des Kranken, sich dem einen oder dem andern Verfahren zu unterziehen. Sind die Wimpern nur durch Schleim verkrümmt oder ver- bogen, so brauchen sie nur ausgezogen zu werden. Die Augenlider müssen vorerst vom Schleim gereinigt und wohl abgetrocknet werden ; sodann zieht man das kranke Lid vom Bulbus ab, erfasst eine Wimper nach der andern so nahe als möglich an ihrer Wurzel mit der Beer'schen Cilienpin- zelle und zieht dieselbe durch einen raschen Zug, in der Richtung, in wel- cher sie keimt, heraus. Erscheint die Dislichiasis oder Trichiasis partiell, nur auf wenige Cilien beschränkt, so ist wohl im Allgemeinen das öftere Ausziehen derselben das Beste, ausser der Kranke kann dasselbe nicht oft genug vornehmen lassen oder selbst vornehmen, oder will ein für alle Male davon befreit sein. Man kann 20 und mehr Cilien in Einer Sitzung aus- ziehen, ohne dass man eine zu heftige Reizung zu fürchten hätte. Erfolgt letztere dennoch, so kann man kaltes Wasser oder ein mucilaginöses Augen- wasser anwenden lassen. Nach oftmals wiederholtem Ausziehen werden die nachwachsenden Cilien immer dünner und sparsamer, bleiben wohl auch ganz aus.
Bei totaler oder ausgebreiteter partieller Trichiasis, so wie bei dem durch Bindehautverkürzung bedingten Entropium ist die Operation der Trichiasis nach Jäger 's Methode angezeigt. Der Operateur schiebt die Jäger'sche Hornplatle mit der linken Hand, so dass der Daumen auf die
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convexe, der Zeige- und Mittelfinger auf die concave Seite derselben zu liegen kommen, unter das vom Bulbus mit der rechten Hand massig- abge- zogene Augenlid, so dass die Concavitäl der Platte dem Bulbus zugekehrt ist, und spannt es durch einen vom Daumen auf die Platte ausgeübten Druck hinreichend an. Sodann umschneidet er das abzutragende Stück des Lid- randes, indem er mit dem Scalpelle einen 1 V2 '" vom Ciliarrande entfernten mit demselben parallel laufenden Schnitt bogenförmig am rechten Auge von aussen, am linken von innen beginnend und eben so endigend (mit Schonung der Thränenkanälchen) durch die Haut und den Orbicularmuskel führt. Man muss sich in Acht nehmen, den Tarsus nicht zu durchschneiden, daher man der grössern Sicherheit wegen den Schnitt immer in zwei Mes- serzügen vollführen kann, deren einer die Haut, der zweite den Orbicular- muskel durchlrennt. Die Blutung wird durch in kaltes Wasser getauchte Schwämme geslilll. Hierauf übergibt der Operateur die Handhabung der Platte demjenigen Gehülfen, der den Kopf des Kranken fixirt, welcher den Daumen auf die concave, den Zeigefinger auf die convexe Seite der Platte legt und das Augenlid gehörig spannt. Der Operateur erfasst mittelst einer Pinzelle am rechten Auge das innere, am linken das äussere Ende der um- schniltenen Haut- und Muskelpartie, und trägt sie mittelst der kleinen Louis'schen Scheere nach dem andern Ende zu ab. Um die Cilien voll- kommen zu entfernen, soll der Schnitt der Scheere den Ciliarrand des Lides in seiner Mitte spalten ; desshalb muss man in dem Masse, als man die Scheere weiter schiebt, die Ringe derselben fortwährend heben, um ihre Spitze fortwährend an das Augenlid anzuschmiegen und somit sicherer die äussere Lefze des Lidrandes vollkommen abzutragen. Da bei der Trichiasis die Wimpern in verschiedener Richtung hervorkeimen, und der Lidrand meistens abgerundet oder verbildet ist, so gelingt es nicht immer, alle Cilien durch den mit der Scheere geführten Schnitt zu entfernen, daher die zurück- bleibenden nachträglich exslirpirl weiden müssen. Ein Verband ist nach der Operation nicht nölhig; man schütze das Auge vor grellem Lichte und mache üeberschläge von kaltem Wasser. Wurde die Operation an beiden Lidern desselben Auges vorgenommen, so sei man durch zeilweises Aus- einanderziehen der Lider darauf bedacht, dass sie nicht mit einander ver- wachsen. Die Wunde heilt gewöhnlich vollkommen binnen 24 — 30 Stun- den. Flarer's Methode besteht darin, dass man zuerst die Cilienwurzeln durch einen Schnitt, den man von der Augenlidkante aus 1 Linie tief zwi- schen dem Orbicularmuskel und der äussern Fläche des Tarsus führt, ab- trennt, hierauf 1 Linie vom Lidrande entfernt die Haut und den Orbicular- muskel durchschneidet, und den so gebildeten Lappen mit der Scheere abträgt.
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Zu den Ectopien gehören auch die Lageveränderungen des Augapfels und zwar die Vorlagerung desselben, welche jedoch passender bei der Be- sprechung der Geschwülste der Orbila ihre nähere Erörterung findet.
V. Pseudoplasmen.
Zu den Aftergebilden (Pseudoplasmen) rechnen wir jene organi- sirten Neubildungen, welche vorzugsweise durch qualitative Abweichung des Bildungs- und Ernährungsaktes entstehen und wachsen.
Sie entstehen entweder nach Entzündungen durch Umwandlung der Enlzündungsprodukle, oder ohne vorausgegangene Entzündung entweder in den Zwischenräumen der Elementarlheile der Gewebe oder in und aus den letzteren selbst. Von andern verwandten Krankheiten lassen sich oft die Aftergebilde nicht scharf sondern, und sie, so wie die Hypertrophien und Entzündungen gränzen zuweilen an einander.
Die Blasteme für die Aftergebilde stammen aus der allgemeinen Er- nährungsflüssigkeil und bestehen aus Proteinverbindungen, namentlich Fibrin und Albumin, welche jedoch mannigfache, noch nicht erkannte Me- tamorphosen eingehen. Auf die Richtung der Organisation übt nebst der Art des Blastems selbst einerseits die assimilirende Kraft der einzelnen Ge- webe, andererseits die typische Kraft des Gesammtorganismus Einfluss aus. Die Aftergebilde zeigen anatomisch untersucht die verschiedensten Form- elemenle, Molecule, Kerne, verschiedenartige Zellen und Fasern. Die An- ordnung derselben ist jedoch in den einzelnen Pseudoplasmen eine mehr weniger bestimmte und lässt selbe von einander unterscheiden.
In Bezug auf die Abgränzung von der normalen Umgebung unter- scheidet man streng abgegränzle und infiltrirte Pseudoplasmen. Die in praclischer Beziehung wichtigste Einlheilung derselben ist jedoch die in gutartige und bösartige. Gutartige Aftergebilde sind jene, welche aus kei- ner Cachexie kervorgehen und auch keine eigenthümliche Blulcrase veran- lassen. Sie sind gewöhnlich rein örtliche Krankheiten und ihr nachtheiliger Einfluss besieht in Verdrängung und Verschiebung der Gewebe, Störung der Function mancher Organe und zuweilen in Schmerzerregung. Bös- artige Aftergebilde sind jene, welche entweder der Ausdruck eines dyscra- sischen Allgemeinleidens sind, oder früher oder später ein solches nach sich ziehen. Sie werden mit dem Namen Krebse bezeichnet.
Die Diagnose, welches Aftergebilde man vor sich habe, ist oft sehr schwierig; ja in manchen Fällen ist selbst die Bestimmung, ob dasselbe ein gutartiges oder ein bösartiges sei, fast nicht möglich, da es ganz gewiss
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Uebergänge zwischen beiden Gassen gibt. Weder durch die microscopische noch die chemische Analyse gelingt es in einzelnen Fällen ins Klare zu kommen. Es" müssen daher alle Krankheilserscheinungen so genau als mög- lich aufgefasst, die Anlage des Individuums, die Gelegenheitsursachen, wenn solche bekannt sind, und der Erfolg der eingeleiteten Therapie sorg- fällig berücksichtigt werden ; am Aflergebilde selbst ist der Sitz, die Grösse, Gestall, Farbe, Consistenz und Elasticilät desselben, die Beschaffenheit der Oberfläche, die Art der Verbindung mit den umgebenden Geweben, die Be- grenzung, der Grad der Empfindlichkeit oder Schmerzhaftigkeit, das Wachs- thum desselben und die Rückwirkung auf die benachbarten Lymphdrüsen, endlich die Veränderung, welche es durch die Einwirkung äusserer Ein- flüsse, wenn es ihnen ausgesetzt ist, erleidet, genau zu erforschen, um zu einer möglichst richtigen Diagnose zu gelangen.
Wir begegnen den Aftergebilden sowohl am Augapfel selbst, als auch in den Umgebungen desselben.
Ä. Gutartige Aftergebilde.
1. An den Augenlidern kommen cor:
a. Das Chal az ion o der Hagel kor n. Es ist eine rundliche oder höckerige, unschmerzhafte hanfkorn- bis erbsengrosse Geschwulst, welche von dem Tarsus ausgeht, einer chronischen Entzündung und Auflockerung desselben, gewöhnlich jedoch einer Erkrankung einer Meibomischen Drüse ihr Entstehen verdankt. Bei manchen Individuen besteht eine besondere Geneigtheit zur Bildung von Hagelkörnern; es entwickeln sich öfters meh- rere an einem und demselben Lide oder gleichzeitig an beiden Augenlidern. Die Bildung eines Chalazions setzt kein Hordeolum nolhwendig voraus ; es kann sich durch allmälige Ausdehnung eines Drüsenschlauches oder Folli- kels und Umwandlung zu einem Balge am Auge eben so bilden, wie Balg- geschwülste an andern Theilen des Körpers; indessen kann auch die Ent- zündung der Drüse oder ihres Ausführungsganges zur Verhallung des Secreles Anlass geben, welches durch die pathologischen Verhältnisse bald mehr, bald weniger verdünnt erscheint, wodurch sich die verschiedene Consistenz ihres Inhaltes erklärt. Die Chalazien entstehen gewöhnlich etwas entfernt vom Lidrande, sitzen unter dem M. orbicularis, und zwar der Haul- oder der Conjunclivalfläche näher, letzteres seltener (Chalazion externum und internum). Sie sind meistens Anfangs etwas fest, im Verlaufe wird ihr Inneres weich, der äussere Theil mit dichter Zellhaut bedeckt, mit Ausnahme jener Stelle, von wo sie ausgehen, oder wo sie an den Tarsus fest angehef- tet sind. Sind sie klein und ihr Conlentum sehr weich, so ist der Tarsus
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durch ihren Druck kaum elwas verdünnt, die Baut des Augenlides ist vor- gedrängt, zeigt daher bei geschlossenen Lidern eine deutliche und begränzte Geschwulst, über welche die Haut verschiebbar ist, die Geschwulst selbst lässt sich aber über dem Tarsus nicht verschieben. Wächst die Geschwulst, so sieht man bei umgestülptem Lide, dass der Knorpel absorbirl ist, und man beobachtet an jener Stelle eine feine Oeffnung oder ein Grübchen; die Lid- bindehaul ist daselbst dunkel geröthel, wird endlich auch an jener Stelle zerstört, der flüssige Inhalt der Geschwulst entleert sich, die fesleren Be- standteile bleiben jedoch zurück und veranlassen starke. Reizung. Bei kleineren Chalazien kann man versuchen, durch Anwendung von Mercurial- odcr Jodsalben, durch das öftere Bestreichen der Geschwulst mit einer Jod- linclur eine allmälige Resorption herbeizuführen. Derlei Mittel müssen je- doch lange Zeit (durch Monate) fortgesetzt angewendet werden. Zuweilen schwinden derlei Geschwülste nach jahrelangem Bestehen von selbst wie- der. In manchen Fällen verursachen die genannten Mittel eine stärkere Reizung-, entzündliche Anschwellung und Vereiterung der Geschwulst. Beobachtet man diesen Erfolg, so lasse man erweichende Cataplasmen ge- brauchen, da durch Suppuration das Chalazion ebenfalls entfernt wird. Wo die pharmaceutischen Mittel ohne Erfolg bleiben, so wie bei grösseren Ha- gelkörnern, ist es besser, die partielle Exstirpation derselben vorzunehmen. Man spaltet mit einem kleinen bauchigen Scalpel die Haul über dem Chala- zion in querer Richtung, präparirl sie so weit als möglich über die Ge- schwulst zurück, trennt letztere so viel als möglich von den umgebenden Gebilden los, und schneidet sie zuletzt mit dem Scalpelle oder mit einer nach der Fläche gekrümmten Scheere von dem Knorpel ab, wobei die Höhle eröffnet und der Inhalt entleert wird. Dieser ist grösstenteils ein weisser dem dünnen Eiter oder der Milch ähnlicher Saft, bisweilen auch halbflüssig, consistenler. Die Wundränder der Haut werden, wenn das Chalazion gross war, mittelst 1 — 2 Heften, wenn es klein war, bloss durch Heftpflasterstreif- chen vereinigt. Der zurückbleibende Theil schwindet gewöhnlich durch Piesorption, selten durch Eiterung. Wucherungen der Bindehaut, welche zuweilen an der Stelle des Hagelkorns sich bilden, verschwinden nach ge- linden Aetzungen mit Sulfas cupri oder Höllenstein.
b. Warzen (veruccae) kommen an den Augenlidern sowohl an den freien Rändern, als auch an der Haulfläche derselben vor. Sie sind Ver- längerungen und Hypertrophien der Epidermis, und zeigen sich theils als dünne, gestielte, theils als platte mit einer breiten Basis aufsitzende. Bis- weilen sind sie isolirt, in andern Fällen sehr zahlreich, beinahe in einander fliessend. Häufiger beobachtet man sie beim weiblichen Geschlechte, vor- züglich in der climacterischen Periode. Gestielte Warzen können mit einem
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Seidenfaden unterbunden oder mittelst eines Schlages der Scheere abgetra- gen werden. Gegen isolirle, kleine an der Oberfläche gefurchte und mit der Haut fest- zusammenhängende Warzen kann man Lisfranc's Verfahren versuchen, welches darin besteht, dass man sie jeden Abend mit einer Lage schwarzer Seife bedeckt ; die bedeckte Fläche fällt am nächsten Tage ab. Man entfernt sie auch durch vielfaches Scarificiren und starkes Einreiben mit befeuchtetem Hüllenstein, worauf die Stelle der Luft ausgesetzt bleibt, und der feste Schorf in einigen Tagen wegfällt. Harte, breitere, in mehrere Läppchen getheilte und bläulich aussehende Warzen werden am besten vollständig mit dem Messer exstirpirl und wenn die Degeneration die ganze Dicke des Lides ergriffen hat, ist die Ausschneidung eines V förmigen Stückes nach Adams Methode (siehe Ectropium) geeignet.
Sichel beschreibt eine veruccöse Affection der Augenlider und ihrer Umgebung in Folge einer lymphatischen Dialhese. Sie sind sehr klein, ge- rundet, glatt, rosenfarbig, wenig von der Haut verschieden, ihre Spitze weisslich, im Centrum eine nabeiförmige Vertiefung. Sie bilden Gruppen von 8 — 20 und sind immer an einem Lide, häufiger am obern. Sie bestehen in einer Alteration der Schmeerdrüsen der Haut, kommen öfter bei Erwach- senen vor, und verschwinden auf den Gebrauch innerlicher Mittel. Sichel gibt zeitweise Purgantia, dann das Chlorbarium, massig nährende Kost- Besteht zugleich eine Reizung oder Entzündung, so gibt er früher Aethiops antim. mit Magnesia carbon., bei Stuhlverstopfung oder Störung der Ver- dauung mit etwas Rheum ; bei Atonie Tonica oder Eisen. Die Behandlung dauert gewöhnlich 2 — 3 Monate.
An den Augenlidrändern kommen noch einige andere kleine Ge- schwülste vor. Es erscheinen bisweilen hirsc- bis hanfkorngrosse durch- scheinende Bläschen, welche einen wasserklaren Inhalt haben. Sie bersten bisweilen und erscheinen dann an derselben Stelle wieder. Zu deren Eni fernung genügt die Punklirung mit einer Nadel und die Abtragung der kleinen Cysten mit der Scheere.
c. Die Milien sind kleine gelbe Knötchen, welche an der äussern Fläche des Augenlides zwischen Epidermis und Corion sitzen. Sie bestehen aus einer Hülle und einem dicklichen, atheromatösen, bisweilen kalkartigen Contentum, und sind als umgewandelte Talgdrüsen der Haut zu betrachten. Man schlitzt den Balg auf, und nach Entfernung des Inhaltes cauterisirt man die Stelle leicht, um die Exfoliation der Cyste zu bewirken.
d. Die B al gge seh wülste der Augenlider sind mehr oder weniger rundliche, unschmerzhafte, unter der Haut verschiebbare Geschwülsle, welche sich prall anfühlen lassen. Ihre Grösse ist verschieden, von der einer Hasel- nuss bis zur Wallnuss- oder Hühnereigrösse Die Haut darüber ist nicht
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verändert, bei beträchtlicher Grosse der Geschwulst jedoch stark gespannt und bläulich geröthet. Sie silzen häufiger unter dem Orbicularmuskel, drängen bisweilen die Fasern desselben auseinander und ragen dann mehr hervor, beeinträchtigen wohl auch durch ihre Grosse die Bewegung der Lider. Man hat sie häufiger am obern Augenlide, besonders oberhalb des äussern Endes desselben wahrgenommen, und sie hängen meistentheils mehr oder minder mit der ßeinhaut zusammen. Ihr Inhalt ist entweder ein weissgrauer, schmieriger, nicht riechender Brei, der mit Epilhelialschuppen und Cholestearinkrystallen gemischt ist (Atherome), oder eine seröse, der Farbe nach dem Honig ähnliche Flüssigkeit (Meliceris). Auch treten an den Augenlidern solche Balggeschwülste auf, welche ausser einem weissbreiigen, flüssigeren, sich fett anfühlenden Inhalte an der innern Fläche mit Haaren und Drüsen besetzt sind. Sie kommen bei Jüngern Individuen vor, und entwickeln sich sehr langsam. Die Ursachen ihrer Entstehung sind gröss- tenlheils unbekannt. In einzelnen Fällen können sie sich aus den Talg- drüsen der Haut entwickeln, in andern scheint eine Verletzung (Conlusion) und ein Biulextravasat zu ihrer Entstehung den Anlass gegeben zu haben. Man kann bei kleineren Balggeschwülslen die Einreibung einer Mercurial- oder Jodsalbe versuchen; gewöhnlich haben jedoch diese Mittel keinen Erfolg, und es ist daher die Ausschälung der Cysten das beste Verfahren zu ihrer Entfernung, und der Anwendung des Haarseils, der Aelzmittel und Punclion vorzuziehen. Man spaltet über denselben die Haut, trennt die Cyste so viel als möglich von den umgebenden Theilen los, und sucht sie wo möglich ganz herauszubringen, indem man sie mit einem spitzen Hacken erfasst. Die Hautwundränder werden durch einige blutige Nähte vereinigt. Zurückgebliebene Reste des Aftergebildes werden meistens durch eintre- tende Eiterung entfernt. Die Nachbehandlung ist antiphlogistisch. Zuwei- len entsteht nach Ausschälung solcher Geschwülste eine erysipclatöse Ent- zündung, welche wegen der Nähe des Gehirnes nicht immer gefahrlos ist. Eine kräftige antiphlogistische Behandlung (Eisüberschläge mittelst einer Schweinsblase) ist in solchen Fällen zu empfehlen.
e. Die T e lean giec ta sie n der Augenlider kommen entweder als ebene Flecken oder als ereclile Geschwülste (Gefässschwamm) vor. Am häufigsten sind sie angeboren (naevus maternus); bisweilen jedoch ent- stehen sie durch accidenlelle Ursachen. Sie können zu bedeutenden Haemor- rhagien Anlass geben. Am öftesten sitzen sie an der äussern Fläche der Lider, kommen aber auch am Lidrande und zwar mehr an der innern Lefze desselben vor, wo sie von der Bindehaulfläche ausgehen. Oefter beobach- tet man sie bei Kindern und Weibern, als bei Erwachsenen und Männern. Man hat verschiedene Behandlungsmethoden empfohlen. Die Compression
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kann an den Augenlidern nur dann ausgeübt werden, wenn sich diese Ge- schwülste gegen den harten Rand der Orbita comprimiren lassen. Ist die Geschwulst klein und isolirt, so ist in manchen Fällen die Unterbindung gestaltet. Man empfahl ferner die Zerstörung mit dem Aetzkali oder selbst mit dem Glüheisen, nur müssen dann alle Rücksichten beobachtet werden, um die benachbarten Theile zu schonen. Die Einimpfung der Kuhpocke an der Spitze und Basis der Geschwulst hat in einigen Fällen guten Erfolg gehabt. Man hat ferner die Geschwulst mit kleinen Setaceis durchzogen. Carron du Villards empfiehlt, durch die Geschwulst Insektennadeln durch- zustechen, diese aufzubiegen und ihre Enden in einen metallischen Knoten zu vereinigen, welchen man durch Annäherung einer Flamme etwas erhitzt, wobei man aber auf die Geschwulst einige Tropfen Oel gibt. Rognetla schlug die vielfältige subcutane Incission vor; derselbe empfahl auch die Galvanopunctur. Ist die Geschwulst grösser, aber nicht sehr ausgedehnt, so kann man ein dreieckiges Stück des Augenlides, wo die Geschwulst sitzt, nach Adams Methode entfernen, und die Wundränder durch die um- schlungene Naht vereinigen. Der Schnitt muss jedoch im gesunden Theile geführt werden, sonst entsteht eine bedeutende Blutung.
Man hat auch, jedoch sehr selten, Geschwülste an den Augenlidern beobachtet, wo mit der Gefässerweilerung und Neubildung auch Bildung von fettem Zellgewebe bestand (teleangiectasia lipomalodes).
f. Auch Speckgeschwülste (Slcatome) beobachtete man ober- halb der Augen oder an dem Augenlidrande. Es sind diess rundliche oder unregelmässig höckerige Geschwülste von ausgezeichnet drusigem Bau und starkem Leim- und Eiweissgehalt. Sie wachsen sehr langsam, selbst viele Jahre nicht über den Umfang einer Haselnuss.
2. Am Augapfel.
a, Das Flügel feil, Pterygium, ist eine mehr weniger geröthete, unschmerzhafte, dreieckige, mit ihrer Basis gegen den Umfang des Bulbus, mit der mehr weniger abgerundeten Spitze gegen den Mittelpunkt der Cornea gerichtete, den unterliegenden Gebilden nur locker anhängende Entartung der Conjunctiva des Augapfels. Man unterscheidet ein dünnes und ein dickes Flügelfell. Ersteres (Pt. tenue) bildet die niedere Entwicklungsstufe der Krankheit, ist halbdurchsichlig, graulichroth, verhällnissmässig mit we- nigen Blutgefässen versehen, erreicht die Pupillargegcnd der Cornea sehr selten und stört das Sehvermögen gar nicht. Das dicke Flügelfell (Pt. cras- sum o. carnosum) ist der höhere Entwicklungsgrad des Uebels, ist gross, dunkelroth, dicker und endet meistens an der mittleren Hornhautgegend mit einem etwas erhabenen, öfters sehnenarlig glänzenden Fleck. Der Sitz
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des Flügelfells entspricht im Allgemeinen der Richtung eines der geraden Augenmuskeln; am häufigsten kommt es im innern, seltner im äussern Winkel, fast niemals nach unten oder oben vor. Die Ränder desselben er- scheinen gegen die Cornea hin, meistens etwas umstülpt. Dass das Ptery- gium eine Entartung der Bindehaut sei, beweisen die Falten,, welche es bildet, sobald das Auge gegen die kranke Seite hingeneigt wird, auch findet man nach Ablösung des Plerygiums die Sclerotica an der kranken Stelle entblösst. Bei der Untersuchung desselben findet man auch jederzeit ein von Blutgefässen durchzogenes dichtes Zellgewebe. Die dreieckige Ge- stalt des Flügelfells hat theils im Verlaufe der Gefässe, vorzüglich aber in dem verschiedenen Adhaesionsgrade der Bindehaut des Augapfels an die unterliegenden Gebilde ihren Grund.
Die Entwicklung des Flügelfells erfolgt vom Limbus conjunctivae einerseits gegen ihre Peripherie und andererseits gegen die Cornea hin. Es entsteht durch anhaltende, einen gewissen Grad erreichende Reizung der Bindehaut und dadurch bedingte Durchtränkung mit Exsudat und grössere Erschlaffung derselben ; seichte Geschwürchen am Rande der Cornea mögen in vielen Fällen zur Herbeiziehung der Bindehaut und dadurch zur Ent- wicklung des Flügelfells Veranlassung geben.
Demzufolge trifft man das Pterygium grösstenteils bei Individuen an, welche mechanischen und chemischen Reizungen der Conjunctiva ver- möge ihrer Beschäftigung häufig ausgesetzt sind, daher bei Bauern, Fuhr- leuten, Gärtnern, Maurern, Tagelöhnern und Bewohnern sandiger Gegen- den ; ausserdem können auch Explosionen und andere chemische Agenlien, welche eine Excoriation der Bindehaut verursachen, zur Entstehung des Plerygiums Anlass geben. Die Ausbildung desselben erfolgt in der Regel langsam, ohne Schmerz und unmerklich.
Das Flügelfell ist niemals als eine gefährliche Krankheit des Auges zu betrachten ; bisweilen heilt es von selbst, wenn das Auge den schäd- lichen Einflüssen nicht weiter ausgesetzt wird. Bei dünnen Pterygien suche man durch Anwendung von rolhem oder weissem Präcipital, durch Belupfen mit Laudanum liquidum, oder mit Sulfas cupri oder lapis infern, einen hin- reichenden Grad von Reaclion und dadurch Resorption zu bewirken. Wo diese Mittel erfolglos bleiben, kann man das Mittelslück ausrotten und den Rest durch die eben angedeuteten Mittel tilgen. Das dicke Flügelfell muss jedesmal, ohne die Unterbindung oder die Aelzmittel, welche eine lang- wierige und unsichere Kur gewähren würden, selbst nur zu versuchen, von seiner Basis bis zur Spitze ausgerottet, nämlich bei sitzender Lagerung des Kranken mit Beer's Cilienpincette am breitesten Theile umfasst, etwas angezogen, und von da an bis zur Spitze mit Cooper's oder Louis's Scheere
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abgetragen werden. Die Resle werden durch die oben angedeuteten Mit- tel beseitigt.
b. Der.Fe ttfleck (Pinquecula) besteht in einer gelblichen, rund- lichen oder dreieckigen kleinen Wucherung der Conjunctiva bulbi, welche so aussieht, als ob die Bindehaut daselbst mit Fett unlerpolslerl wäre; er kommt stets in der Richtung der Lidspalte vor. Man findet diese Erschei- nung häufig bei Leuten mittleren und höhern Alters ohne anderweitige Beschwerden oder Nachtheile. Es wird daher gewöhnlich nichts gegen diesen Fleck, welcher als ein kleines Lipom der Conjunctiva zu betrachten ist, unternommen.
Als Folgen von Abscessen und Vereiterungen einzelner Meibomischen Drüsenbälge, welche sich nach innen durch die Bindehaut entleert haben, beobachtet man öfters partielle Wucherungen der Conjunctiva, warzen- oder polypenartige Auswüchse. Sie werden durch weissen Präcipitat in Salbenform oder durch Touchirungen mit Sullas cupri beseitigt.
c. Auch Fasergeschwülste und zwar S c h 1 e i m p o l y p e n kom- men in der Conjunctiva palpebrarum zuweilen vor. Sie sind ursprünglich Hypertrophien der Schleimhaut an einer bestimmten Stelle, und traten als rundliche, längliche oder lappige, weiche, blass und stärker geröthele Aus- wüchse auf, welche auf einer unvollkommenen Entwicklungsstufe von Zell- stoffbildung stehen bleiben. Sie können durch Volumszunabme eine Aus- wärtskehrung, besonders leicht des untern Lides bewirken. Sind sie gestielt, so werden sie am besten unterbunden und dann mit der Scheere abgetra- gen. Sind solche Geschwülste mit dem Knorpel fest verwachsen und nicht gestielt, so kann man durch die Adams'sche Operation gegen das Ectropium gleichzeitig das Aftergebilde entfernen und das Ectropium heben.
d. Als schwammartige Degeneration der Conjunctiva kommt der sogenannte Z eilen schwamm der Co n j u n c tiva vor, welcher wegen des scheinbaren Hervorlretens des Bulbus aus der Orbita die falsche oder schwammige Exophthalmie (Exophthalmia fungosa) genannt wird. Der Bindehautschwamm bildet sich aus mehreren flachen, blassrothen, an der Peripherie des Augapfels sich erhebenden flachen Wülsten, welche an Um- fang zunehmen, nach allen Richtungen sich verbreiten, mit einander in Berührung treten, und wenn sie endlich den Rand der Cornea erreicht haben, sich über denselben hinüberlegen, so dass eine gleichmässig ver- breitete, rothe, weiche, mitunter körnige, unschmerzhafte, bei der Berüh- rung etwas empfindliche, leicht blutende, roher Fleischmasse ähnliche An- schwellung der Conjunctiva bulbi zu Stande kommt. Der der Einwirkung der atmosphärischen Luft ausgesetzte Theil überzieht sich mit einer bräun-
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liehen Kruste, und man konnte das Uebel leicht für ein Carcinom halten, wenn nicht die Abwesenheit von Schmerz und Härte, so wie die Möglichkeit, die Lappen mit der Sonde zurückzudrängen , über das Wesen des Uebels aufklären würden. Die Exophlhalmia fungosa ist, wenn sie sonst nicht auf einem hohen Grade der Entwicklung steht, die Gränzen der Scleral- bindehaul noch nicht überschritten hat , auch nicht mit bedeutenden dys- crasischen Krankheiten complicirt ist, ein zwar hartnäckiges, leicht wieder- kehrendes, aber kein bösartiges Leiden, und gestattet vollkommene Hei- lung; nur wird, besonders wo die Conjunctiva corneae milergriffen war, eine mehr weniger bedeutende, das Sehen beeinträchtigende Trübung der Cornea kaum zu verhüten sein. Die schwammichte Exophlhalmie kann im niedern Grade durch stärkere adstringirende und Reizmittel (Alaun, Sublimat, rothen und weissen Präcipilat, Opiumtinctur) beseitigt werden ; bei höherer Entwicklung des Uebels ist die Aftermasse auszurotten und neu keimende Parthien sind durch Touchirung mit Lapis inf. zu beseitigen.
e. Aehnliche Wucherungen treten bisweilen in der Thränenkarunkel auf. Die Entzündung derselben, welche alsEnc an this inflam. beschrieben wird, kommt sehr selten vor. Es bildet sich am innern Winkel eine hell- rothe, bohnen-, später haselnussgrosse Anschwellung an der Stelle der halb- mondförmigen Falte und Thränenkarunkel. Als Ausgänge dieser Entzün- dung sind zu betrachten Eiterung und dadurch Schwund der Thränenkarun- kel (Rhyas) und 2. Wucherung und Vcrgrösserung derselben, welche bei schwächlichen, schlaffen Individuen bisweilen eintritt, und einen blass- rothen , weichen, empfindlichen, doch unschmerzhaflen , leicht blutenden Schwamm darstellt, welcher bisweilen einen grossen Umfang erreicht (Encanthis fungosa). Auf einem niedern Entwicklungsgrad wird er durch das täglich wiederholte Einpinseln mit Opiumtinctur und die allgemeine stärkende Behandlung gehoben, bei höher gediehenem Uebel ist er wegzu- ätzen, oder besser mit schneidenden Werkzeugen auszurotten, und das Wiederkeimen durch Anwendung von Opiumtinctur oder Lapis, inf. zu verhindern.
3. An den Gebilden der Orbita.
Die mannigfaltigen Geschwülste, welche sich in der Orbita entwickeln, haben einzelne gemeinsame Symptome und Folgen. Diese sind folgende: 1. Durch den Druck auf den Sehnerven und auf den Augapfel wird das Sehvermögen geschwächt oder gänzlich aufgehoben. Schwindet die Ge- schwulst, oder wird sie auf irgend eine Weise entfernt, so kann das Seh- vermögen wiederkehren, wenn es nicht zu lange Zeit aufgehoben war, und
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die Thätigkeit der Nelzhaul dadurch vollkommen erlosch. 2. Durch Irri- tation einzelner Nervenzweige und der äussern Membranen des Bulbus rufen sie Lichtscheu, vermehrte Thränensecretion, spastische Contractionen ein- zelner Muskeln hervor. Die Bindehaut wird geröthet, und schwillt öde- matüs an. Der Kranke empfindet heftige oder minder heftige Schmerzen. 3. Die Stellung des Bulbus wird theils durch den Druck der Geschwulst, theils durch Lähmung einzelner motorischer Nervenzweige verändert; es entsteht somit Luscilas; oder der Bulbus wird entweder gerade nach vorne oder mehr in einer oder der andern Richtung aus der Orbila hervorgedrängt. (Exophthalmus.) *) 4. Die Knochen der Orbita können durch Druck aus- gedehnt, rareficirt , und an einzelnen Stellen selbst durchlöchert werden. Aber auch durch Krankheiten der benachbarten Höhlen kann die Orbila erweitert, ihre Form verändert, und ihre Knochen verdünnt und absorbirt werden. Diess kann durch Abscesse in der Orbita, Desorganisation der Thränendrüse, durch Polypen der Nasenhöhle, vom Sinus frontalis aus durch Entzündung, Eiterung, Hydatiden , Fungus und Polypen, von der Kieferhöhle aus durch Entzündung, Eiterung, fungöse und polypöse Ge- schwülste, von der Keiloberkieferspalte, und von der Schädelhöhle aus (bei hydroeephalus chron., fungösen Geschwülsten etc.) geschehen.
Mannigfaltig ist bei solchen Geschwülsten ihr Sitz, ihre Härte, die Verbindungen derselben mit den benachbarten Geweben, die manchesmal locker, bisweilen inniger ist. Sie verursachen endlich zuweilen durch Druck auf das Gehirn soporöse Zufälle, Convulsionen und auch den Tod, der in einigen Fällen plötzlich erfolgte. Die Ursache von derlei Erkran- kungen ist meistens in tiefes Dunkel gehüllt. Häufig wird eine erlittene Verletzung, ein Stoss oder Schlag, oder eine Verkühlung als Ursache be- schuldigt. In andern Fällen lässt sich ein Zusammenhang mit irgend einem dyscrasischen Leiden auffinden.
a. In Folge chronischer Entzündung des Zellgewebes der Orbita bil- det sich zuweilen Infiltration und Induration des Fetlgewebes , wodurch
*) Man unterscheidet zwischen Exophthalmus, Ex Ophthalmie und Ophthalmoptosis. Im erstem Falle ist der Augapfel aus der Orbita hervor- gedrängt, weil er wegen Raumverminderuug in der letztern nicht mehr Platz hat. Exophthalmie ist jene Art der Vorlagerung des Bulbus, welche durch eine Vo- lumszunahme des letzteren selbst bedingt ist, wie bei entzündlicher Anschwel- lung oder bei bösartigen Degenerationen desselben. Ophthalmoptosis bedeutet den Vorfall des Bulbus in Folge von Lähmung oder Zerreissung der ihn in der Orbita zurückhaltenden Gebilde, namentlich der Muskeln. Zu einem Exophthal- mus kann ..sich allerdings in der Folge durch Entzündung und Anschwellung des Bulbus eine Exophthalmie gesellen.
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auch der Augapfel verdrängt werden kann. Bei scrofulösen Individuen hat man diesen Zustand bisweilen beobachtet, welcher durch örtliche und selbst innerliche Anwendung- der Mercurial- und Jodpräparale , besonders des Jodkalis, wieder gehoben werden kann.
Hieher gehurt auch der Zel 1 ge webss ch wa m m der Orbila (fun- gus cellulosus) , ein weiches, lappiges, im hohen Grade elastisches, aus gefässreichem Zellgewebe bestehendes Aftergebilde, welches sich in dem den Augapfel umgebenden Fettpolster der Orbila zuweilen entwickelt. Das Auge wird allmälig und ohne wesentliche Beeinträchtigung des Sehvermö- gens hervorgetrieben. Die Geschwulst nimmt langsam zu , ist weich , ela- stisch, beim Drucke unschmerzhaft, und drängt den Augapfel entweder gerade nach vorne, oder mehr in einer oder der andern Richtung hervor. Spä- ter treten öfters Kopfschmerzen ein, das Sehvermögen nimmt ab, wird auch wohl völlig aufgehoben. Die Lider werden nach und nach mehr ausge- dehnt, durch venöse Congeslion bläulichrolh gefärbt, die Bindehaut dunkel- roth oder ödemalös. Die Bewegung des Augapfels wird erschwert oder unmöglich; die Veränderungen, welche derselbe, besonders wenn er durch die Lider nicht mehr bedeckt werden kann, erleidet, bestehen in Verschwä- rung oder brandiger Zerstörung der Hornhaut. Zur Unterscheidung der Krankheil von andern einen Exophthalmus erzeugenden Aftergebildcn dienen die grosse Weichheit und die lappige Form der Geschwulst. Besitzt das Aflergebilde eine grosse Menge von Gefässen, so wird es zum Gefäss- schwamm. Die Exstirpation dieses Gebildes kann in der Mehrzahl von Fällen mit gutem Erfolge vorgenommen werden. Es wird zugleich mit dem- selben der Augapfel exstirpirt, wenn derselbe bereits so verändert isl, dass er zum Sehen unbrauchbar ist , und ohne die gleichzeitige Hinwegnahme desselben das Aflergebilde aus der Orbita nicht entfernt werden kann.
b. Auch das E ncho nd ro m, ein Aftergcbilde, welches den Bau der Knorpel zeigt, hat man in der Augenhöhle im verknöcherten Zustande angetroffen.
C. Periostosen oder Verdickungen des Periostiums in Folge von Exsudation unter dasselbe kommen als Producte der Scrofulosis und Syphi- lis zuweilen vor. Verschieden von denselben sind die Exostosen, wo wirk- lich neue Knochenmasse abgelagert wird und eine Geschwulst bildet, welche auf einer mehr oder weniger ausgedehnten Grundfläche aufsitzt und die Orbila verengt. Sie verursachen demnach Exophthalmus, Formverände- rung der Orbita, Amaurose und mehr oder weniger heftige Schmerzen, welche aber auch fehlen können. Eine liefgelegene Cyste und eine Exos- tose der Orbita sind oft nicht von einander zu unterscheiden. Die Ursachen derselben sind Scrofulosis, Syphilis, wohl auch Verletzung der Orbita. In
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solchen übrigens zweifelhaften Fällen haben bisweilen durchgreifende und consequent durchgeführte, der Dyscrasie entgegenwirkende, besonders antisyphilitische Curen den Zustand wesentlich verbessert. Eine Exostose kann auch durch Aelzmillel angegriffen, und durch nachfolgende Eiterung zerstört werden. Eine Operation (Abtragung mittelst einer Säge) muss mit grosser Vorsicht vorgenommen werden.
d. Die Balggeschwül sie , welche in der Orbila vorkommen, sind entweder einfach oder mit Krebs complicirt. Die Symptome dieses Leidens sind die, welche wir schon als gemeinsame Erscheinungen von Geschwülsten in der Orbita angegeben haben ; sie hängen jedoch auch von dem Sitze und der Grösse der Balggeschwulst ab. Sie wächst bald lang- sam, bald schnell und übt zulelzt einen namhaften Druck auf das Auge aus. Die Form und Textur des Auges wird jedoch, selbst wenn dasselbe schon aus seiner Lage und Richtung gedrängt ist, lange Zeit nicht bedeutend ver- ändert; ist die Geschwulst jedoch gross, so werden die stark nach vorne gedrängten Augenlider sehr gespannt, etwas gerülhet, ihre Venen turges- cirend, die Conjunctiva bulbi röthet sich und schwillt ödemalös an. Auch die Cornea wird, wenn das Auge von den Lidern nicht mehr vollkommen bedeckt werden kann, oberflächlich getrübt und endlich exuleerirt. Das Auge lässt sich mit den Fingern etwas in die Orbila zurückdrängen, kehrt jedoch nach aufgehobenem Drucke wieder in die alte Lage zurück. Gewöhn- lich fühlt sich eine Balggeschwulst ziemlich prall, jedoch nicht so hart an? wie z. B. Exostosen. Doch ist in vielen Fällen eine genaue Diagnose äus- serst schwierig, und es ist daher ein explorativer Einstich gestattet, welcher auch bisweilen, einige Male wiederholt, eine Abnahme der Geschwulst zur Folge hatte. Der Inhalt der Balggeschwülsle ist verschieden ; in der Mehr zahl der Fälle enthalten sie eine wässrige, seröse Flüssigkeit , in andern Fällen aber auch eine alheromalöse Masse.
Heilung ist möglich und wird durch verschiedene Verfahrungsweisen herbeigeführt. Die beste Methode wäre die vollständige Exslirpalion sol- cher Geschwülste. Allein sie ist in vielen Fällen nicht möglich, theils wegen des Sitzes und der tiefen Lage der Geschwulst , theils wegen der Nähe des Augapfels, welcher immer geschont werden muss, und wegen der festen Adhärenz der Wandungen der Cyste an die benachbarten Organe. Das Sehvermögen kann nach der Exslirpation entweder wiederkehren, oder es bleibt für immer aufgehoben. Nach einer solchen Operation kann auch eine heftige Entzündung eintreten, die sich bis an die Gehirnhäute erstreckt, und einen tödtlichen Ausgang nehmen kann. Auch gab es Fälle, wo ein heftiges bösartiges Gesichtserysipel nach der Exslirpalion von Balggeschwül- sten der Orbila den Tod zur Folge hatte. War die Exslirpalion unvoll-
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ständig-, so kann sich die Cyste neuerdings bilden. Eine zweite Methode ist die Punction, welche jedoch öfters wiederholt werden muss. Sie brachte in manchen Fällen radicale, in anderen bloss palliative Hülfe. Ihre Wir- kung ist jedenfalls langsam und unsicher. Es kann auch nach spontanem Aufbrechen einer Cyste sich eine Entzündung bilden und Obliteration der Cyste entstehen. Die Einspritzung von reizenden Flüssigkeiten, Wein, Jodtinctur u. s. w. in die Orbita nach gemachler Punction ist jedenfalls wegen der Nähe wichtiger Gebilde ein gewagtes Verfahren.
Ein drittes Verfahren, welches in vielen Fällen Empfehlung verdient, besteht darin, dass man nach einem' gemachten Einschnitte von den Wän- den des Balges alles abschneidet, was man leicht entfernen kann. Die zurück- bleibenden Theile werden durch Eiterung zerstört. Die Nachbehandlung des Operirten muss demnach auf zweckmässige Weise zur Bekämpfung einer Entzündung oder Beförderung der Eiterung geleitet werden. Nach- stehende Fälle mögen zur bessern Verständlichung dienen :
]. Ein 25jähriger Bauer fühlte im Anfange des Jahres 1820 einen heftigen Schmerz im rechten Auge, welchen er dem durch die Anwesen- heit eines fremden Körpers unter dem Augenlide verglich. Er verschwand jedoch bald. Im Jänner 1821 überstand er eine heftige Pleuritis, mit Ent- zündung des rechten Auges , welche eine Schwächung des Gesichtes zu- rückliess. Kurze Zeit darauf kehrte die Entzündung des Auges zurück mit Anschwellung der Lider und Schmerzen. Das Sehvermögen ging endlich verloren. Der Kranke kam im November 1822 in ein Hospital. Das Auge war bedeutend verdrängt, die ausgedehnten Lider deckten es nur unvoll- ständig; die Iris unbeweglich, die Pupille starr, das Sehvermögen aufge- hoben. Die Bindehaut war etwas geröthet. Die Lider waren durch eine Geschwulst erhoben, welche besonders gegen den äussern Winkel wahr- zunehmen war und das obere Lid stärker ausdehnte, als das untere. Eine liefsitzende und ziemlich gleichförmige Fluctuation in derselben , und die übrigen Umstände des Falles machten es Delpech wahrscheinlich, dass die Geschwulst durch eine seröse Cyste bedingt sei. Er machte eine krumme Incision längs der äussern Hälfte des obern Lides , dem äussern Winkel und einem Dritttheile des untern Lides. Nach der Trennung des Orbicu- laris kam die Thränendrüse zum Vorscheine , welche aus ihrer Grube ver- drängt und etwas vergrössert war. Der hervorragende Theil wurde , um Raum zu gewinnen, losgetrennt. Bald wurde eine seröse Cyste entdeckt, doch konnte sie nicht vollständig enlblösst werden, bis der Aufheber des obern Lides in der Hälfte seiner Breite durchschnitten war. Die Cyste wurde jetzt punclirt, worauf sich 3 Unzen einer fast farblosen serösen Flüs- sigkeit entleerten. Unmittelbar darauf kam eine weisse häutige Masse an
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der Oeflnung zum Vorschein, welche erfasst, leicht heraus kam, und sich als eine Hydalidc (Acephalocyslis) erwies. Das Auge kehrte jetzt in seine Lage zurück, Die Höhle wurde leicht mit Charpie ausgefüllt und verbun- den. Fieber und Schmerz machten Abends eine Venäsection nöthig. Am vierten Tage wurde etwas Charpie von der Wunde abgestossen ; der Ver- band wurde nun täglich bis zum 12. Tage erneuert, an welchem nur ein kleiner Theil Charpie in die Wunde eingeführt werden konnte. Nach Er- hebung des obern Lides, dessen Anschwellung sich nun verloren hatte, merkte der Kranke, dass er das Sehvermögen wieder erhallen habe; die Iris war auch wieder beweglich. Am 15. Tage war der Gang obliterirl; das Auge hatte seine normale Stellung und das Sehvermögen war fast so gut, wie auf dem andern Auge. — Die Ausfüllung der Höhle mit Charpie ist in solchen Fällen gewiss nicht nachzuahmen, da sie leicht eine bedenk- liche Entzündung erregen und unterhalten kann, und da sie zur Schliessung und Üblileration der Wunde gar nicht nöthig ist.
2. Ein Fall von Exophthalmus, bedingt durch ein Atherom der Or- bita, wird von Prof. Rosas erzählt.
Ein 45jähriger, massig starker Mann erinnert sich, einen epileptischen Anfall in seinem zehnten Lebensjahre ausgenommen , keiner besondern Krankheit. Im August 1827 fiel ihm eine ziemlich schwere Stange aus massiger Höhe über die Stirn- und Nasenwurzelgegend. Funkensehen am rechten Auge, Hautabschürfung und Blutunterlaufung waren die unmittel- baren Folgen dieser Beleidigung; sie verloren sich jedoch nach wenigen Tagen. Im October 1827 fühlte Patient im rechten Auge einen heftigen, reissenden Schmerz mit Lichtscheu und allmäliger Hervortreibung des Bul- bus aus der Orbita. Nach 3wöchentlichem Gebrauche solvirender Mittel wich dieses Uebel dem Anscheine nach völlig. Im Juni 1830 wurde Pa- tient von ungefähr mit der Spitze einer dünnen Weidenruthe am Innern Winkel des rechten Auges ziemlich stark getroffen. Die hierauf eingetre- tenen Symptome, Schmerz, Röthe, Lichtscheu, Thränenfluss waren von kurzer Dauer ; nach einigen Tagen bemerkte Patient eine schmerzlose Geschwulst in der Gegend des obern Augenhöhlenrandes, welche nach und nach in der Richtung nach innen und abwärts zunahm, und den Bulbus nach ab- und auswärts aus der Orbita drängte. Der Bulbus war selbst nicht abnorm bestellt, das Sehvermögen blieb ungestört, nahm jedoch spä- ter merkbar ab. Er kam desshalb im Anfang Juli 1831 in die Augenklinik nach Wien. Man fand folgenden Zustand: Eine Geschwulst vom Umfange eines Gänseeies füllte den ganzen Raum der Orbita aus , ragte über den Rand derselben nach allen Richtungen bedeutend hervor, und drängte das obere Augenlid stark nach vor- und abwärts. Der aus seiner Lage ver-
Meyr, Augenheilkunde. | (j
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drängte Bulbus befand sich sammldem etwas nach aussen gestülpten untern Augenlidc tief an der Wange, war übrigens nicht krankhaft verändert; nur die Bindehaut erschien leicht injicirt , die Cornea matt , die Iris gewölbter, unbeweglich, die reine und unregelmässige Pupille verengt, das Sehver- mögen ganz aufgehoben , die Lichtempfindung sehr undeutlich. Die Ge- schwulst war schmerzlos, genau umschrieben, unbeweglich, härtlich, ge- spannt, und in der Tiefe eine obscure Fluetuation. Patient sah cachectisch aus, sonst war keine auffallende Störung in den Functionen des Körpers vorhanden.
So klar nun die Diagnose des Exophthalmus war, so war es doch schwierig, den pathologischen Zustand der Orbita, der dem Uebel zu Grunde lag, zu bestimmen. Der Verlauf der Krankheit und die Erscheinungen sprachen für ein Lipom oder eine Balggeschwulst , die Elasticilät der Ge- schwulst, die nicht fühlbaren Lappen, wie sie beim Lipom vorkommen, die liefe, wenn gleich undeutliche Fluetuation Hessen mehr letzlere vermuthen. Prof. Rosas schritt daher am 9. Juli zur Operation derselben. Es wurde ein gewöhnliches Augenbistourie dicht an der mittleren Gegend des obern Augengrubcnrandes und demselben parallel behutsam in die Orbita einge- sessen, bis der Widerstand gehoben war. Sogleich zeigte sich neben dem Messer eine aus der Geschwulst hervordringende zähe Masse von schmutzig grünlich-grauer Farbe, breiiger Consislenz und Syrupdicke. Nach gemach- ter Erweiterung entleerlen sich bei 6 Unzen desselben Stoffes und der Bulbus kehrte in seine Höhle zurück. Patient äusserte sogleich nicht allein deutliche Lichtempfindung, sondern konnte selbst die Umrisse der nahen Objecte mit diesem Auge unterscheiden. Es wurde eine Einspritzung von lauem Wasser gemachl, ein Charpiebäuschchen eingelegt, die Lidspalle verklebt, und kalte Wasserüberschläge durch 12 Stunden angewendet. Noch durch mehrere Tage entleerte sich eine massige Quantität des breiartigen Contentums. Als der Ausfluss dünn und jauchig eitrig wurde, wurde täg- lich eine Einspritzung von Infusum herbae Rutae mit 1 dr. Extr. cort. peruv. und dr. ß. Laud. 1. Sydenh. gemacht. Drei Wochen nach der Ope- ration veiiiess der Kranke mit einer noch bestehenden kleinen Fistel und wenig eitrigem Ausflusse Wien. Nach einer ömonatlichen Frist war noch eine etwa 4 Linien lange nicht callöse Oeffnung vorhanden , aus welcher sich wenig rein eitrige Flüssigkeit entleerte, am Grunde der Oeffnung er- schienen rölhliche Granulationen, der Augapfel stand kaum merklich tiefer als der andere, seine Achse normal, die Beweglichkeit frei, die Sehfunction war beinahe vollends hergestellt, die Stirn- und Kopfhaut der rechten Seile noch immer unempfindlich, welches sich aber auch später verlor, so dass sich Patient in jeder Beziehung ganz wohl befand.
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Zu den Geschwülsten der Orbita, welche Exophthalmus produciren, gehören auch die Aneurysmen in der Orbita. Zu solchen Fällen gehört folgender: Ein 44jähriges zartes und kränkliches Weib, zum sechsten Male schwanger, wurde Nachts plötzlich von einem heftigen Schmerz im linken Augapfel befallen , welchen ein sausendes Geräusch im Kopfe begleitete. Es trat eine Entzündung des Auges mit Anschwellung der Lider, mit fast unerträglichem Schmerz in der linken Augenbrauengegend, am Grunde der Orbila und an der ganzen Kopfhälfle ein. Die Heftigkeit des Schmer- zes war in der nächsten Nacht geringer, allein die Anschwellung des Lides nahm zu. In den nächsten 7 Wochen keine Veränderung, worauf sie ent- bunden wurde. Sie verlor hierauf die Fähigkeit, das obere Augenlid zu heben, und wurde auf dem kranken Auge ganz blind. Nach 8 bis 9 Mona- ten quälte sie beständiger und heftiger Schmerz, besonders am Grunde der Orbita; das grössle Leiden verursachte jedoch ein fortwährendes Geräusch im Kopfe, wie das Rauschen einer Quelle, welches unerträglich wurde, so- bald der Kopf etwas gebeugt war. Der linke Bulbus war hervorgedrängl und unbeweglich; die Cornea durchsichtig, die Iris unbeweglich, hinler der Pupille eine röthliche Färbung, die Augenlider geschwollen, und das unlere nach auswärts gekehrt. Die Geschwulst fühlte sich weich und ela- stisch an, beim Drucke liess sich eine leichte Vibration wahrnehmen. Die Inlegumente der Slirne über dem innern Ende der Augenbraue, waren zu einer weichen undeutlich begränzten Anschwellung erhoben, welche dem aufgesetzten Finger eine schwache zitternde Bewegung mittheilte. Die Blutadern des Gesichtes sehr lurgescirend. Ein Druck auf die Art. carotis comm. machte die Pulsation am Auge aufhören. Mr. Dalrymple machte am 7. April 1813 die Unterbindung der Art. carotis comm. Der Erfolg der Operation war unmittelbar und entschieden. Die Pulsalionsbewegungen hörten ganz auf, die Anschwellung und Rölhe des Augenlides verlor sich. Einige Minuten, nachdem die Kranke in's Bett gebracht war, war sie vom Schmerz ganz frei, und auch das Geräusch, welches sie so sehr belästigte, halle ganz aufgehört. Zwei Jahre nach der Operation war die Heilung noch vollkommen, mit Ausnahme des Sehvermögens, welches unwieder- bringlich verloren war. — Ein Fall von wahrem Aneurysma der Arteria ophthalmica an beiden Seiten, welcher lödtlich endete, wird von Guthrie erzählt.
Eine eigenthümliche Hervorragung der Augen (Exophthalmus) kommt zuweilen mit Struma und Herzleiden vor. Die Bulbi treten in gera- der Richtung aus der Orbita hervor, am Rande der letzteren lässt sich weder Unebenheit noch Härte in der Tiefe fühlen, doch scheint die Orbita etwas voller, die Bulbi lassen sich durch die Augenlider und sanften Fingerdruck
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elwas zurückdrängen. Die Lider sind rings herum weich unterwulstet. deren Spalle anfänglich enger gestellt. Das Sehvermögen ist nicht gestört, nur kurzsichliger; es bestehen weder ein Gefühl von Druck, noch subjec- live Gesichtserscheinungen. Bei stärkerer Ausbildung wird die Lidspalle elwas weiter, und es treten öfters leichte Entzündungen ein. Das Leiden kommt hauptsächlich bei Frauen in den 20 — 40ger Jahren, vorzüglich bei hysterischen und schwächlichen Individuen vor. Aus den bisher beobach- teten Fällen ergibt sich, dass eine eigenthümliche Dyscrasie des Blutes (Anaemie) dem Leiden zum Grunde liegt. Diese Art des Exophthalmus wird von Irritabilität des Herzens und Erweiterung desselben , so wie von Anschwellung der Schilddrüse begleitet. Die Geschwulst der Drüse und die Prominenz der Bulbi nimmt nach der Stärke der Palpitation zu oder ab. Die Hervorragung der Augäpfel scheint durch Veränderung des in der Or- bita gelegenen Zellgewebes und durch Relaxation der Muskeln bedingt. Als Mittel dagegen werden Eisenpräparate, kalte und Seebäder, örtlich höchstens kalte Ueberschläge gerühmt.
B. Bösartige Aftergebilde.
Hieher gehören Krankheiten , welche nicht nur die Zerstörung des Auges und seiner Nebentheile und den Verlust des Sehvermögens zur Folge haben, sondern auch das Leben des Kranken in die höchste Gefahr versetzen und in der Mehrzahl der Fälle zum Tode führen. Die bösartigen Neugebilde (Krebse) kommen sowohl in Gestalt umschriebener Geschwülste, als auch in der eines zwischen die Gewebstheile inflllrirten diffusen Exsu- dates vor Sie bestehen aus dem Krebssafte , welcher Serum und feste Bestandteile, nämlich Zellen von sehr mannigfacher Grösse und Beschaf- fenheit, freie Kerne und jüngere Zellen und Kernchen mit Fetlkügelchen enthält, und aus dem Krebsgerüste, welches aus Bindegewebe auf verschie- denen Entwicklungsstufen besteht. Die chemische Analyse weist gröss- tentheils Eiweis nach. Alle sind mehr oder weniger mit Blutgefässen versehen. Nach der in verschiedenen Krebsen mannigfach prävalirenden Menge der microscopischen Elemente unterscheidet man mehrere Species; es gibt jedoch eine grosse Anzahl von zwischenschlächtigen Formen , so dass die verschiedenen Species neben einander bestehen können.
An den Augenlidern kommt vorzüglich der Epithelialkrebs, dann auch der flache oder Hautkrebs, am Augapfel und in der Orbita der Mark- schwamm und der mclanotische Krebs vor.
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/. Augenlidkrebs.
Der Epilhelialkrebs entsteht fast immer von der äussern Fläche der Lider in der Nähe ihres Randes, von der Conjuncliva, und häufig auch von der Caruncula lacrymalis in Form eines oder mehrerer Knötchen, wel- che rund, hart, unschmerzhaft sind, allmälig zunehmen, und zu einer ebenen oder unebenen Masse sich vereinigen. Die Haut färbt sich dunkler , vio- lett, und es bricht nach wenigen Wochen oder Monaten die Masse auf. Die offene Stelle ist dunkelroth, bräunlich, sondert eine geringe Menge eines dünnen, schmutzigen Secretes ab, die Ränder sind aufgeworfen, nach aussen gekehrt, und wie benagt oder eingekerbt. Nach einiger Zeit wird die Wundfläche rissig, blutet bisweilen, und greift durch Zerstörung dei Haut allmälig weiter um sich, so dass zuweilen grössere lappige oder blu- menkohlarlige Auswüchse entstehen, die an der Oberfläche durch Einwir- kung der atmosphärischen Luft zu einem morschen Gewebe zerfallen. Das Aftergebilde besteht aus polygonen, dem Pflasterepilhelium ähnlichen Zel- len und aus Epithelialkernen. Es ist gegen Druck wenig empfindlich, da- für aber entstehen besonders zur Nachtzeil heftige lanciiürcnde Schmerzen. Das Aussehen der Kranken verschlimmert sich oft erst nach längerer Zeit.
Der flache oder Hautkrebs erscheint an der äussern Haut der Augenlider und der umgebenden Gesichtshaut , besonders an den Augen- winkeln. Er ist eine nach der Fläche sich ausbreitende, die organische Substanz langsam zerstörende Krebsform. Er entsteht aus einem oder mehreren runden Knötchen in der Haut, welche sich oft aneinander reihen und dadurch Wülste bilden. Die Knötchen oder Wülste brechen endlich auf, und es erscheint durch allmäliges Zerfallen des Aflerproductes eine mehr oder weniger ausgebreitete unregelmässigc Wundfläche, welche wenig dünnen Eiter secernirt, sich allmälig mehr ausbreitet, wodurch ein immer grösserer Substanzverlust entsteht, der nicht nur die Weichtheile, sondern auch die Knochen treffen kann. Die Masse ist oft längere Zeit schmerzlos, endlich treten aber flüchtige Stiche , oder anhallende heftigere Schmer- zen auf.
Der Verlauf ist meistens langsam; die Krankheil kann eine lange Reihe von Jahren bestehen , ohne dass die Constitution leidet. Die Ge- schwüre vernarben an einzelnen Stellen oft scheinbar, brechen jedoch an anderen wieder auf und greifen um sich. Dass sie die Mittellinie des Ge- sichts nicht überschreiten , hat die Erfahrung nicht bestätiget. Die Störun- gen, die sie an den Augenlidern hervorbringen, sind verschieden. Am hau-
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figsten treten in Folge von Zerstörung- der Haut narbige Verziehungen und dadurch verschiedene Arten von Ectropium ein. Auch können Lagophthal- mus, Verwachsungen der Thränenkanälchen erfolgen, das Augenlid biisst seine Beweglichkeit zum Theile oder gänzlich ein, und ist zuweilen fest über den Bulbus gespannt. Letzlerer wird gewöhnlich erst spät ergriffen. Man hat inmitten umfangsreicher krebsiger Zerstörung beider Lider den Bulbus unversehrt angetroffen. Meistens schwillt die Bindehaut sehr an, und bildet um den Bulbus gleichsam einen schützenden Wall. Wird aber auch die Bindehaut exulcerirt, oder die Hornhaut durch die Einwirkung der saniösen Flüssigkeit corrodirt, so widersteht der Bulbus auch nicht lange mehr der Zerstörung. Das Uebel kann nach Zerstörung aller Weichtheile bis auf die Knochen der Orbita dringen und letztere selbst angreifen, in welchem Falle man meistens ausgebreitete Zerstörungen im Gesichte beob- achtet. Wenn die Schmerzen sehr heftig, und wichtige Theile zerstört sind, so pflegt sich auch Schlaflosigkeit, Abmagerung, üble Gesichtsfarbe und Zehrfieber einzustellen.
Die Aetiologie dieser bösartigen Geschwülste ist noch nicht hinläng- lich bekannt; sie kommen fast immer nur im reifen oder höheren Alter vor, häufiger bei Weibern, als bei Männern. Wahrscheinlich besieht eine spe- cielle Prädisposition, wir können jedoch nicht sagen, worin diese besieht; das Uebel beobachtet man auch an Individuen, die sonst in jeder Beziehung gesund sind.
Die Therapie besteht in der Entfernung dieser Geschwülste. Diess geschieht entweder durch die Exstirpation mit dem Messer, oder durch Anwendung von Aetzmitteln. Findet man einen solchen Knoten von bös- artiger Beschaffenheit, so ist es am besten, ihn frühzeitig zu exstirpiren. Ist derselbe nicht sehr ausgebreitet, so eignet sich für die Entfernung die Adams'sche Operationsmethode gegen, das Ectropium. Grösstentheils suchen aber die Kranken nicht im Anfange Hülfe , da das Uebel nicht sehr belä- stigt, sondern erst dann, wenn die Zerstörung schon mehr um sich gegrif- fen hat. Hat man die Exstirpation vorgenommen, und bleibt eine grössere Wundfläche zurück, so ist es nicht gerathen, sogleich durch eine plastische Operation den Verlust des Augenlides zu ersetzen , da der Ersalzlappen selbst leicht degeneriren oder absterben könnte, und da die Natur selbst am schönsten durch Herbeiziehung der Haut von allen Seiten die Vernar- bung bewirkt. Die Anwendung der Aetzmittel erfährt gewöhnlich weniger Widersland von Seite des Kranken , obwohl sie schmerzhafter ist. Wo es möglich ist, trage man wenigstens die harten Ränder des Aftergebildes vor der Application derselben ab. Als Aetzmittel wurden verschiedene empfoh-
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len. Gewöhnlich wendet man das Cosme'sche Mille) oder Canquoin's Aetz- paste an. Ersteres wird mit Wasser oder Oel zu einem Brei gemacht und etwa liniendick aufgetragen. Canquoin's Paste hat zum Hauptbestaiullheil Chlorzink und zwar in verschiedener Stärke : 1. Ein Theil Chlorzink und 3 Theile Mehl; 2. 1 Theil Chlorzink und 2 Theile Mehl ; 3. gleiche Theile Chlorzink und Mehl, und 4. 1 Theil Chlorzink, 1 Theil Spiessglanzbutter und 1 V2 Theile Mehl. Letztere Form ist die stärkste, aber auch die wirk- samste, verdient daher am meisten empfohlen zu werden, sowie es über- haupt als Regel gili, sogleich kräftig einzugreifen, und das ganze Afterge- bilde zu zerstören, da man durch die milderen Mittel und unzureichende Anwendung eher noch mehr reizen, als eine Heilung bewirken kann. Die- ses Mittel wird mittelst lauen Wassers zu einer teigigen Consistenz gebracht, und messerrückendick aufgetragen. Bei der Anwendung aller Aetzmittel schütze man das Auge durch Bedeckung mit Charpie vor dem schädlichen Einflüsse. Man bedeckt das Aetzmittel mit Charpie und Heftpflastern und lasse es 24 bis 36 Stunden liegen. Es bildet sich ein Schorf, welcher unge- fähr in 24 Stunden abfällt, was man durch Anwendung lauer Fomente be- fördern kann. Hierauf bleibt eine rein eiternde Fläche zurück , und man kann die Vernarbung durch adstringirende Lösungen (Tannin oder Blei) befördern. Zeigen sich noch hie und da härtere Stellen, so kann man nach- träglich schwächere Formen der genannten Aetzmittel anwenden. — Zur Zerstörung solcher Degenerationen wurden noch von Dupuytren der Arse- nik in Verbindung mit Calomel (4 Theile Arsenik mit 96 Theilen Calomel) in Pulver- oder flüssiger Form, von Velpeau die concenlrirle Schwefelsäure mit Crocus mit Erfolg in Anwendung gebracht. Die Aetzmittel werden überhaupt in jenen Fällen gewählt, wo das Aftergebilde eine grössere Flä- chenausbreitung hat, oder wenn der Kranke die Exstirpation mit dem Mes- ser durchaus nicht zulässt. Ist jedoch die Ausbreitung des Krebsgeschwü- res zu bedeutend, so erfordert es die Vorsicht, das Aetzmittel, insbesondere das Cosme'sche, nicht sogleich auf die ganze Fläche aufzutragen, da diess nachteilige Folgen haben könnte, sondern man sucht durch wiederholte Application des Mittels nach und nach die einzelnen Parthien zu zerstören und die offenen Stellen zur Vernarbung zu bringen. Als empirisches Mittel verdient noch zur Reinigung bösartiger Geschwüre der Augenlider der Saft von Sedum acre eine Erwähnung.
2. Krebs des Augapfels.
a. Das Encephaloid, der Markschwamm, (Fungus medulla- ris) ist die am häufigsten im Auge vorkommende Form des Krebses. Er
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besitzt einen Reichthum an Zellen, bildet weiehe, runde oder gelappte Geschwülste von grauer, gelber oder röthlicher Farbe; die Consistenz ist hirnmarkähnlich. Er enthält sehr viele Gefässe ; und sind diese so ent- wickelt, dass sie eine lolhe Farbe und reichliche Blutung der Oberfläche, besonders der Schnittfläche hervorbringen, oder ist er mit zahlreichen Ex- travasaten durchsetzt, so wird er auch Blutschwamm, (Fungus haematodes) genannt. Sein Wachsthum ist sehr rasch und er hat eine grössere Nei- gung zu wuchern, als zu exuleeriren.
Die Gebilde des Augapfels, von welchen aus er sich entwickelt, sind fast grösstenteils die Retina oder der Sehneive, die Choroidea, der Ciliar- körper oder die Iris. Im Verlaufe der Krankheit kann man 3 Stadien unter- scheiden : Im ersten ist die Pupille erweitert, zuweilen unregelmässig, die Iris unbeweglich, ihre Farbe etwas verändert, das Auge häufig lichtscheu. In der Tiefe des Auges bemerkt man einen grauen gelblich oder röthlich schillernden Widerschein, deutlicher bei seillicher Ansicht des Auges, (amaurotisches Katzenauge); später erscheint diese Stelle erhaben, convex, mit Gefässverzweigungcn versehen, die Geschwulst schreitet nun von hinten nach vorn, desorganisirt nach und nach den Glaskörper, die Linse, die Iris, und erreicht endlich die hinlere Wand der Hornhaut. In diesem Stadium ist oft geringer oder kein Schmerz vorhanden, das Sehvermögen jedoch aufgehoben. Das Aussehen der Kranken isl in diesem Stadium noch ziem- lich gut, zuweilen sogar blühend.
Im zweiten Stadium nimmt das Encephaloid an Grösse zu, und dehnt den Augapfel aus; daher schwellen die Augenlider bläulich an, die Cornea und Sclerotica werden gespannt; erstere wird bisweilen stärker convex, und verliert durch Ablagerung von Eiter oder Exsudat zwischen ihre Lamel- len, durch Ulceralion oder Brand ihre Durchsichligkeit, die Sclerotica wird verdünnt, der Bulbus bekommt eine schwärzliche, bleigrauc Färbung und tritt etwas aus der Orbila hervor. In diesem Stadium kann die Krankheit einen Hydrophthalmus posterior simuliren. Der Kranke hat heftige, lan- cinirende Schmerzen besonders zur Nachtzeit; gerade vor dem Durchbruche erlangen sie bisweilen eine solche Intensität, dass Convulsionen eintreten. Das dritte Stadium tritt mit dem Durchbruche der Geschwulst durch die sehr ausgedehnte und absorbirte oder exulcerirlc Cornea oder Sclerotica ein. Zuweilen ist die Geschwulst noch von aussen durch die gespannte geröthelc Bindehaul bedeckt , durch welche endlich eine jauchige Flüssig* keil abfliesst mit temporärer Erleichterung des Kranken. Eine weiche, rölhliche, bräunliche oder livide schwammige Masse wuchert nun von der Oberfläche des Auges und zwischen den ausgedehnten Lidern hervor, und
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wächst nun schnell unler dem Einflüsse der atmosphärischen Luft und befreit von dem Drucke, dem sie früher im Augapfel unterworfen war. Der weiche und .leicht zerreissbare Schwamm blutet leicht bei der geringsten Berührung, weil er gefässreich ist, und die Contractilität der Gefässwan- dungen sowie ihre Slruetur gelitten hat. Eine übelriechende Jauche, wel- che das untere Lid und die Wange excorirt, wird abgesondert ; Theile der am meisten hervorragenden Masse sterben ab unter Zunahme des üblen Geruches und Secretes, so wie öfters unter Eintritt einer reichlichen Blu- tung. Bei der mannigfachen Combination von Ulceration , Haemorrhagie mit oder ohne Coagulation des Blutes kann die Farbe und das äussere An- sehen des Schwammes variren. Er kann auch eine verschiedene oft sehr* beträchtliche Grösse erreichen.
Die benachbarten Lymphdrüsen schwellen an und erkranken, beson- ders die vor dem Ohre, am Winkel des Unterkiefers und am Halse befind- lichen. Die Kräfte des Kranken sinken; es tritt auffallende Blässe oder cachectische Färbung und Abmagerung ein, und der Tod erfolgt durch Erschöpfung. Sehr häufig tritt eine Affection des Gehirnes hinzu, und ver- ursacht Convulsionen, häufiger aber einen soporösen Zustand. Bisweilen geht das Sehvermögen des gesunden Auges allmälig oder plötzlich verlo- ren. Diese Erscheinungen erklären sich durch das Fortschreiten der Er- krankung durch die Orbita und die Schädelhöhle , und in verschiedene Theile des Gehirns.
Die Zunahme der Encephaloidmasse ändert auf verschiedene Weise die Form und relative Lage der verschiedenen Gebilde des Augapfels. Die Ader- haut und der Glaskörper werden nach vorne gedrängt, letzterer grössten- theils absorbirl ; auch die Linse wird nach vorne gedrängt, getrübt, abge- flacht; sie widersteht aber in einzelnen Fällen lange der Einwirkung der Aflermasse. Das Gewebe der Netzhaut gehl fast immer gänzlich unter. Die Sclerotica widersteht am längsten der Zerstörung , und behält selbst nach dem Durchbruche noch länger ihre Form bei. Entsteht die Afler- masse am Ciliarkörper oder an der Iris und bricht sie bald nach aussen durch, so kann der Bulbus auch nach rückwärts in einer oder der andern Richtung in die Orbita gedrängt werden. Der Sehnerve erleidet mannig- fache Veränderungen in der Grösse, Farbe und Consistenz ; meistens ist er weich, breiig, röthlich, den benachbarten Theilen adhärirend; diese Verän- derung zeigt er auch oft in der Schädelhöhle, wo er sich in eine medulläre Masse verliert, welche auf die benachbarten Theile an der Basis des Gehirns drückt, oder sie anderweitig involvirt. Geht die Krankheit vom N. opticus aus, so zeigt er sich in der Orbita conisch angeschwollen, indem die Ence-
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phaloidmasse innerhalb seiner Scheide abgelagert ist. Die Krankheit kann sich bis auf die Mitte der Basis des Gehirns erstrecken, und auf das Chi- asma drücken. Die Sehhügel oder andere Gehirntheile können entartet und breiig weich, von Blutexlravasalen durchsetzt sein. Die Veränderungen in der Orbita bestehen in Absorption des Zellgewebes, Infiltration dessel- ben und der Muskeln mit Krebsmasse, in Ausdehnung der Orbilalwandun- gen; ihre Knochen, sowie selbst manche Schädelknochen werden zuweilen brüchig, porös , schwärzlich oder breiig. Medulläre Deposite findet man nach dem Tode auch in den Eingeweiden der Brust- und Bauchhöhle, vor- zugsweise in der Leber; auch an den Rippen.
Die Dauer der Erkrankung ist nicht in allen Fällen gleich ; es können von dem ersten Beginne bis zum Tode mehrere Monate bis 2 Jahre ver- streichen. Ob ausser dem ungünstigen Ausgange noch der in Atrophie Statt finden könne, wobei mit dem atrophischen Bulbus auch das Afterge- bilde abstirbt, ist noch zweifelhaft, da hierbei eine Verwechslung mit einem andern Leiden Statt finden kann,
Das Encephaloid des Augapfels kommt am häufigsten bei Kindern vor. Von 24 Fällen, welche Wardrop sammelte, betrafen 20 Kinder unter 12 Jahren. Hinsichtlich der Kenntniss der Ursachen geht es uns hier, wie bei vielen andern Krankheilen. Die Unheilbarkeit, die Wiederkehr des Lei- dens nach der Exstirpation an derselben oder an einer andern Stelle kann uns in der Idee einer eigenthümlichen Säftemischung bestärken, die wir aber noch nicht genau kennen. Oft sind es gerade sehr blühend aussehende Kinder, welche von diesem Uebel befallen werden. Vielleicht ist die Dys- crasie angeerbl; so traf sie zuweilen Kinder, deren Aeltern an einem Krebs- leiden oder anderweitig z. B. syphilitisch erkrankt waren. Eine Verletzung des Auges kann eher nach bereits begonnener Erkrankung durch das sehr beeinträchtigte Sehvermögen erklärt, als für eine Ursache des Leidens an- genommen werden. Es kann jedoch die Verletzung den Ansloss zu fehler- hafter Richtung der Organisation geben.
Der Markschwamm der Retina könnte verwechselt werden: 1. Mit Hämorrhagie in den Glaskörper, 2. Mit andern fungösen nicht bösartigen Krankheiten; die Unterscheidung ist sehr schwer; oft entscheidet bloss der Verlauf. 3. Mit Cataracl und Dislocation der Linse; eine genaue Untersu- chung des Auges lässl jedoch den Sitz und die Art der Trübung in den meisten Fällen ziemlich genau bestimmen. 4. Mit organisirten Exsudaten an der innern Fläche der Choroidea, scrofulösen und tuberculösen Ablagerun- gen daselbst. Die Diagnose ist oft sehr schwierig. Eine genaue Erhebung der Anamnesis, des Krankheilsverlaufes, und manche andere Umstände,
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wie das Alter des Krankon, die verminderte Spannung des Bulbus, endlich der Uebergang in Atrophie schützt vor Verwechslung". Lawrence*) bemerkt hierüber: „Wir sahen in dein Hospitale Kinder mit den Erscheinungen des Markschwainmes im ersten Stadium, nämlich veränderter Färbung der Pu- pille, metallisch glänzender Reflexion im Grunde des Auges u. s. w. Dei constant ungünstige Erfolg der Exslirpation hielt uns von einer Operation ab. Jedoch blieb in einigen Fällen , sehr gegen unsere Erwartung, der Krankheilszustand einige Zeit derselbe, und hierauf schrumpfte der Bulbus, anstatt zerstört zu werden, ein, und wurde atrophisch."
Die Prognose ist der Erfahrung zu Folge sehr ungünstig. Selbst eine frühzeitige Exstirpalion des Augapfels hatte keinen dauernden Erfolg ; das Uebel kehrte wieder, und jene Fälle, wo permanente Heilung eingetreten sein soll, verdienen hinsichtlich der Diagnose kein Vertrauen. Unter diesen trauri- gen Umständen bleibt wohl nichts übrig, als die palliative Behandlung. In einzelnen Fällen sind b* i Anfällen von Entzündung Blutegel, Fomente und andere Antiphlogistica indicirt. Meistens jedoch sind wir auf den innern und äussern Gebrauch narcotischer Mittel (Aqua Laurocerasi , Acetas mor- phii) hingewiesen, da bei dem Krebse eine besondere Reizbarkeit des Ner- vensystems fast stets vorhanden ist. Ausserdem wird von Walshe das Jod (Deuterojodur. Hydrarg.), von Pruner die Milchdiät gegen derlei Uebel empfohlen. Wenn gleich die Resultate der vorgenommenen Operationen nicht zur Wiederholung einladen, so kann man doch in einzelnen Fällen die Exstirpation des degenerirten Augapfels wenigstens zum Tröste des Kranken und seiner Umgebung vornehmen. Losungen von Chlorkalk die- nen in solchen Fällen gegen den äusserst üblen, den Kranken und die Um- gebung belästigenden Geruch.
Ein Beispiel von grosser Ausbreitung des Uebels liefert folgender Fall: S. R., die 5jährige Tochter eines israelitischen Handelsmanns, mit ziemlich lebhaften Gcistesfähigkeilen begabt, kam am 3. Mai 1847 mit dem Zeichen eines beginnenden Markschwamms der Retina in die Augenheil- anstalt. In der Tiefe des rechten Auges war eine coneave, grünlich gelbe, metallisch glänzende Trübung etwa von der Grosse einer Linse zu beob- achten, die Pupille weit, die Iris unbeweglich, unregelmässig retrahirt. Die Kranke klagte über keinen Schmerz. Nach einigen Monaten brach die fun- göse Degeneration in der äussern Gegend der Sclera neben der Cornea nach aussen durch und bildete bald durch beständige Zunahme eine Ge- schwulst von der Grösse einer Mannsfausl, dehnte sich zuletzt auch bis
*) A treatise uu Ihe diseases ol the eye. London 1833. oay. 619.
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zum Unterkiefer aus, eomprimirte den Mundwinkel und die Nase derselben Seite, erschwerte das Athmen und die Aufnahme der Nahrungsmittel. Im Monate October wurde auch das linke Auge auf gleiche Weise ergriffen, aus der Orbita hervorgedrängt, die Conjuncliva bedeckte sich mit einem grünlich-gelben Exsudate, die Cornea brach endlich durch, und die Ge- schwulst erreichte in diesem Auge die Grösse eines Hühnereies. Die Kranke war schon seit Monaten von Schmerzen gequält, hatte jedoch immer Ess- ust. Schon gegen Ende Juli trat ein Zehrfieber mit intermiltirendem Cha- racter auf, trnd die Schwäche der Kranken wurde von Tag zu Tag bedeu- tender. Gegen Ende October war die Kranke im hohen Grade abgezehrt, in der Mitte der Stirne befand sich eine flach eiförmige, beinahe hühnerei- grosse Geschwulst, über der linken Hälfte des Stirnbeins eine stark con- vexe bis zum Augenlidrand derselben Seile reichende lockere Geschwulst, der Bulbus dadurch aus der Orbita hervorgedrängt, die Conjunctiva gerö- thet , mit etwas angetrocknetem grünlich gelben Exsudate bekleidet , die Cornea abgeflacht in ihrer Mitte durch eine etwa hirsekorngrosse Oeffnung geborsten. Das medullarkrebsige Aftergebilde des rechten Bulbus erreichte eine namhafte Grösse, erstreckte sich bis zum Rande des Unterkiefers und war an der Oberfläche zum Theil verjaucht ; die secernirle Flüssigkeit ver- breitete einen sehr üblen Geruch. Die Kranke verfiel zuletzt in Sopor, worauf sie einige Tage später (den 4. Nov. 1847) ihren Leiden erlag. Die Behandlung war grösstentheils palliativ; zur Milderung der Schmerzen wurden Aqua Laurocer. und Opiate verabfolgt ; wegen hoher Schwäche auch eine Zeit lang die Tincl. Chinae.
Zwischen der Kopfhaut und der Mitte des Stirnbeines fand man ein mattgraurölhliches, äusserst weiches, beinahe z erfassendes medullarkreb- siges Aftergebilde. Das Schädelgewölbe war an der innern Fläche an zahl- reichen Stellen rauh. Die harte Hirnhaut straff über das Gehirn gespannt, in der Scheitelhöhe und nach vorne von einem medullarkrebsigen After- gebilde besetzt, in der ersten Stelle in der Dicke eines Kartenblatles , an der letzteren in der Dicke von 3 — 4"'. Die innere Hirnhaut blutarm, serös durchfeuchtet, Hirnsubstanz in hohem Grade blutarm, weich, die Sei- tenkammern erweitert , blassröthlich gefärbtes Serum enthaltend. An der Basis des Gehirns, dem Chiasma der Sehnerven entsprechend, ein hühner- eigrosses, sehr lockeres, medullarkrebsigcs Aftergebilde, welches mit den innern Hirnhäuten und mit der Dura malcr fest verschmolzen und in dem der rechte Sehnerve völlig untergegangen, der linke etwas angeschwollen und blass war. Das Aftergebilde reichte von der Sattelgrube aus unter der Dura mater in die rechte mittlere Schädelgrube in Form einer beinahe wallnussgrossen Geschwulst. In der linken vordem Schädelgrube unter
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der dura mater ein hühnereigrosses mit dem vorigen nicht eommuniciren- des, breiig zerfliessendes, medullarkrebsiges Aftergebilde; die Schädelkno- chen an den entsprechenden Berührungspuncten rauh. — Das hintere Me- diastinum an einer 2 Zoll langen Stelle der Mitte des Oesophagus entspre- chend erweicht und in beide Bruslräume herein durchbrochen. Die Pleura im hintern Umfange des hintern untern Lappens schmutzig bräunlich, morsch; der rechte untere Lungenlappen dunkelbraunroth hepatisirt. Hin- ter dem rechten Pleurasäcke nahe der Wirbelsäule 2 bohnen- bis hasel- nussgrosse Krebsknoten. In der Bauchhöhle in der Umgebung der Milz etwa 2 Unzen schmutzigbräunliche Flüssigkeil, in der Peripherie der Leber mehrere hanfkorn- bis haselnussgrosse Medullarkrcbsknoten. Die Häute des Magens am Fundus erweicht, an einer Stelle durchbrochen, der Peri- tonäalüberzug des Zwerchfells dem Magengrunde entsprechend in ein mor- sches, schmutziges Gewebe zerfallen,
Zu den Melanosen gehören die Aftergebilde, welche durch einen Reichthum von Pigmenlkörnchen ausgezeichnet sind , daher ein schwärz- liches Ansehen haben. Man trifft diese Geschwülste an jenen Stellen ins- besondere, wo viel Kohlenstoff abgelagert wird, daher am Sehorgane im Fettgewebe der Orbila und in der Choroidea. Die melanotische Masse fin- det man im flüssigen Zustande auch in den kleinen Blutgefässen in der Nähe der melanotischen Ablagerungen. Am Auge kommen Melanosen entweder in Combination mit Krebs vor, (Pigmentkrebs) oder mit andern Ge- schwülsten. Sie befallen vorzüglich das höhere Lebensalter und das weib- liche Geschlecht; niemals das Kindesalter. Unter den ätiologischen Momen- ten ist Alles zu betrachten, was die Ausscheidung des Kohlenstoffs aus dem Blute hindert, wofür die Häufigkeit der Melanosen im Greisenalter und bei dem weiblichen Geschlechle spricht. Melanotische Geschwülste des Augapfels gehen häufig von der Bindehaut , von der äussern oder innern Fläche der Sclerolica oder von der Aderhaut und dem Ciliarkörper aus, und verändern und verdrängen den Augapfel auf mannigfache Weise. Es können die Gebilde desselben selbst bei grossen melanotischen Geschwül- sten ganz unversehrt sein, oder sie erleiden durch Druck, Zerrung oder Infiltration mit der melanotischen Masse manche Veränderungen, namentlich Schrumpfung und Atrophie. Die benachbarten Lymphdrüsen werden selten infiltrirt. Kommt die Melanose in Verbindung 'mit dem Fungus medullaris vor, so treten auch die Erscheinungen des letzleren, und die traurigen Fol- gen desselben (Zerstörung des Augapfels , weitere Verbreitung der Krank- heit u. s. w.) ein. Ueberhaupt haben die Symptome der Melanose nichts Eigenthümliches; sie hängen ab: 1. von der chronischen Irritation, die sie
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an den verschiedenen Geweben hervorrufen; 2. von dem gleichzeitigen Bestehen anderer accidenteller Aftergebilde; und 3- von der Störung, die sie auf die Function mancher Organe durch ihre Gegenwart ausüben, indem sie oft wie ein fremder Körper wirken. Die ziemlich leicht und oft eintre- tenden Blutungen erfolgen nicht aus dem melanolischen Gewebe, sondern von den benachbarten Gefässen. Schmerz ist bei Melanose zuweilen gänz- lich fehlend. Eigenlhümlich ist ihr auch, dass sie, bevor sie örtliche Abla- gerungen bildet, durchaus keine Veränderungen im äussern Habitus und den Functionen bedingt, und die auf der Höhe des Leidens entwickelte Cachexie gehört den hiervon abhängigen Functionsstörungen, nicht der Dyscrasie selbst an. Die Melanose des Augapfels könnte mit einem Staphy- lome der Sclerotica oder mit dem Cirsophlhalmus (Verbildung des Bulbus durch Ausdehnungen der Sclerotica) verwechselt weiden. In solchen Fäl- len sichert die möglichst genaue Erhebung der Entstehung des Uebels, die genaue Betastung des Augapfels, der sich bei der Melanose nicht so prall, sondern etwas weicher anfühlt, und in sehr zweifelhaften Fällen auch ein exploraliver Einstich in die Höhle des Bulbus durch die Sclera die Diagnose. Es wird nämlich beim Scleralstaphylome nach dem Einsliche eine dünne Flüssigkeil hei vorspritzen, bei der Melanose drängt sich jedoch eine me- lanotische weiche Masse durch den Einslichspunkt hervor. Die Exstir- pation der melanolischen Geschwülste kann unter Umständen unerträg- liche Leiden beseitigen, und auch das Leben für längere Zeit erhalten. Da viele Fälle vorliegen, wo die Heilung nach der Operation eine anhallende war, so ist jedenfalls die Prognose besser, als beim Fungus medullaris; es scheint jedoch, dass jene Melanosen des Auges, welche mit Erfolg exstir- pirt wurden, nicht Krebse waren, sondern zu jener Gattung der Geschwülste gehörten, welche gutartige Melanosen genannt wurden. Befindet sich die Melanose mehr an der Aussenscite des Bulbus, geht sie von der Conjunc- tiva oder äussern Fläche der Sclera aus, so kann man die Geschwulst sorg- fältig vom Bulbus lostrennen und die Wundfläche mit Lapis ätzen, um das Wiederkeimen zu verhüten. Geht jedoch die Melanose vom Innern des Augapfels aus, so ist die Exstirpation desselben angezeigt.
Fall. F. W., ein 33jähriger Taglöhner, von grosser Statur, ziemlich hagerem doch kräftigem Körperbau, etwas blassgelber Gesichtsfarbe, war seiner Aussage nach stets ziemlich gesund, bis auf eine nicht näher bezeich- nete Krankheit, die er vor mehreren Jahren überstand und als deren Symp- tome er vorzüglich Schwindel und Kopfschmerz bezeichnete. Das Leiden des rechten Auges begann ungefähr 1 1/2 Jahr vor seinem Eintritte ins Spi- tal (den 23. April 1851) mil einem Gefühle von Zittern in den Lidern und
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im Augapfel, Funkensehen besonders beim Bücken, und heftigen drückenden und reissenden Schmerzen im Auge und der leidenden Kopfhälfle. Das Sehvermögen nahm rasch ab und erlosch endlich gänzlich. Um Weihnach- ten bemerkte er eine Vergrösserung dieses Auges; ungefähr vor 7 Wochen soll nach vorausgegangenem heftigen Schmerze das Volum des Augapfels plötzlich zugenommen und die bei der Untersuchung beobachtete Grösse erreicht haben. Man fand das rechte Auge auf das doppelle vergrössert, aus der Orbita mehr hervorragend, die Bindehaut des Augapfels dunkel gerölhet und ödematös angeschwollen, die Hornhaut abgeflacht und leicht getrübt, die vordere Kammer aufgehoben, die Sclcrotica, so weit man sie besehen konnte, bläulich, livid, verdünnt und stark gespannt, um den Cor- nealrand stärker hervorgelrieben, jedoch keine einzelnen Wülste darstel- lend. Neuralgische Schmerzen im Auge und der Umgebung desselben quälten zeilweise den Kranken. Weder von Sehvermögen noch von Licht- empfindung eine Spur. Das linke Auge zeigte sich nicht verändert, war auch nicht schmerzhaft, doch zeilweise mit Mückensehen (schwarze Flecken) behaftet, das Sehvermögen desselben getrübt. Bei einer exploraliven Punc- tion durch die Sclera entleerte sich kein Fluidum, sondern es drängte sich eine schwärzliche pulpöse Masse etwas hervor; der Bulbus fühlte sich etwas matscher an. Aus den angeführten Erscheinungen Hess sich schlies- sen, dass hier nicht blosses Sclerolicalslaphylom, sondern wahre Melanose der Veränderung des Bulbus zu Grunde lag, daher am 24. April die Exslir- pation des Auges vorgenommen wurde. Bei der Untersuchung zeigte sich die Sclera nach vorne zu dünner, nach rückwärts dicker und den unter- liegenden Geweben mehr adhaerent; die Iris relrahirt, in ihrem Gewebe atrophisch, die Linse gross, weich, cataraetös getrübt. Das Innere des Bul- bus füllte eine weiche, schwarze, melanolische Krebsmasse aus, so dass man weder Aderhaut, noch Netzhaut, noch Glaskörper entdecken konnte. (Bei der microscop. Untersuchung wurde von der Aderhaut noch etwas Stroma [Fasern] aufgefunden.) Die melanolische Masse durchdrang die Sclerotica nach unten vom Sehnerven sowohl nach aussen als nach innen, und communicirle so mit der in der Höhle der Orbita enthaltenen Masse. Der Eintritt des N. opt. ins Auge etwas zusammengeschnürt, der Nerve selbst schwärzlich und in seinen Fibrillen von melanotischer Substanz durchsetzt.
Die Extirpatio bulbi ist angezeigt: 1. Bei Degeneration des Augapfels, wenn dieselbe auf keine andere Weise zu heben, mit bedeuten- derEntstellung verbunden ist, und dem Leben Gefahr droht, daher beihohem Grade von Hydrophlhalmus posterior, von Cirsophlhalmus, beim Fungus
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medullaris und melanodes des Augapfels. 2. Bei ähnlichen Degeneratio- nen der Gebilde der Orbita, welche ohne Entfernung des Bulbus nicht be- seitigt werden können. 3. Beim Vorfalle des Augapfels nach Zerreissung der Muskeln, wenn bereits brandige Zerstörung droht.
Bedingungen zur Vornahme der Operation sind: 1. dass das After- gebilde noch beweglich und in seiner Totalität erreichbar ist; 2. dass keine bedeutende Dyscrasie den operativen Eingriff hindert und 3. dass derKräfle- zustand des Kranken noch so bestellt ist, dass er denselben ertrage.
Die Operation wird auf folgende Weise verübt: Nachdem alles zu diesem Eingriffe Nölhige vorbereitet, der Patient sitzend (wenn es ein Kind ist, liegend, die Glieder in ein Leintuch gehülll) gelagert, ein Gehülfe zur Feslhallung des Kopfes, des obern und untern Augenlides, einer zur Dar- reichung der Instrumente und sonstigen Hülfeleislung angestellt worden, und der Kranke wegen Schmerzhaftigkeit der Operation narcotisirt wurde, lässt der Operateur von dem Gehülfen, dem die Handhabung des Kopfes übertragen ist, beide Augenlider mittelst stumpfer Hacken oder der Pellier'- schen Augenlidhalter vom Bulbus abziehen, und erweitert, falls der letztere nicht genug blossgelegt ist, durch Einschneiden der äussern Commissur die Lidspalle. Hierauf fasst er den Augapfel mit einem grössern Augen- hacken, sticht ein spitzes Scalpel oder Bistourie zwischen dem Augapfel und dem untern Augenlide an der Seite des innern Augenwinkels etwa V2 Zoll tief ein, und führt es in sägeartigen Zügen gegen den äussern Winkel, um die Verbindung des Augapfels nach unten durchzutrennen. Sollte das zu entfernende Gebilde sehr weich und locker sein, z. B. Markschwamm, so dass der Hacken stets ausreisst, so fasst man es mittelst eines feinen Leinwandläppchens mit den Fingern. Hierauf wird die Cooper'sche oder grosse Louis'sche Scheere, die Convexität nach abwärts gekehrt, in die gemachte OefTnung eingeführt, daselbst geöffnet, und so weit als mög- lich nach rückwärts geführt, mit nach abwärts gehaltenen Ringen der Scheere, um den Sehnerven zu fassen, und denselben zu durchtrennen. Diess geschehen, wird ein Arm der Scheere eingeführt, mit dem andern umgreift man so viel als möglich von den abzulösenden Gebilden, und sucht nun durch 2 bis 3 Scheerenschnitle das gesammte Aftergebilde oder den entarteten Bulbus zu entfernen. Die Blutung wird durchEinspritzungen von kaltem Wasser gestillt, und hierauf die Orbita in allen Richtungen mit dem Fin- ger genau untersucht, um alle verdächtigen Partien, die sich durch Härte kund geben, nachträglich zu entfernen. Sollte das Aftergebilde die Orbita so aus- füllen, dass zurEinführung der Scheere kein Raum ist, so kann man sich zur
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Exstirpation eines krummen, zweischneidigen Exslirpationsmessers bedie- nen *). Ohne die Augenhöhle mit Charpie auszufüllen, welche nur einen nachtheiligen- Reiz ausüben würde, wird die Lidspalte geschlossen, über dieselbe ein Charpiebäuschchen gelegt und mit Klebepflaster befestigt, und wieder über diese trockene Charpie angelegt und durch hinreichend lange Klebpflasterstreifen wohl befestigt. Die Nachblutung- wird auf solche Weise durch das in die Orbita aussickernde und allda coagulirende Blut, dem jeder Ausweg- verschlossen ist, aufs einfachste und sicherste gestillt. Um jede stärkere Reaction zu verhindern, weiden Eisüberschläge über den Kopf und die Stirn gemacht und innerlich eine Mandelmilch mit Nitrum oder etwas Aqua Laurocerasi, oder eine Limonade gereicht. Tritt Eiterung ein, so muss sich der Patient auf die kranke Seite legen, damit der Eiter an die- ser abfliessen könne. Der Verband wird den 5. oder 6. Tag abgenommen, von nun an täglich 1 bis 2 Mal gewechselt, undhierbei werden Einspritzungen von lauem Wasser oder Decoctum malvae, bei beginnender Granulation von Inf. herb, salviae und rutae mit dem Zusätze von etwas Opiumtinctur, bei star- ker Eiterung mit Alaunlösung oder einem Eichenrindendecocte gemacht, hie und da keimende schwammichte Wucherungen aber mit Alumen ustum oder der Jodtinctur getilgt.
Die Thränendrüse nimmt beim Krebse des Augapfels und der Orbita sehr häufig Antheil an dem Leiden. Als eine sehr gefährliche, schwer zu diagnosticirende Krankheit ist noch die Hydatide der Thrä- nendrüse zu erwähnen, welche von A. Schmidt und Beer beobachtet wurde, wobei die Thränendrüse sehr anschwillt, Exophthalmus oder Exoph- thalmie eintritt, und durch Affection der Gehirnhäute und des Gehirns der Tod erfolgt.
Der Krebs der Orbita kommt öfters zugleich mit dem Augapfel- krebs vor, oder ei tritt in der Orbita nach der Exstirpation eines krebsig degenerirlen Bulbus auf. Eine besondere Krebsform ist das sogenannte
*) Bonnets Methode der Exstirpation des Augapfels besteht darin, dass man zuerst den M. rectus internus auf die bei der Myotomia ocularis anzuge- bende Weise durchtrennt, hierauf, indem man die Scheere unter der Bindehaut durch die gemachte Wunde weiterschiebt, nach einander alle geraden Augen- muskeln nahe an ihrer Insertion am Bulbus durchschneidet. Hierauf hat man nur die beiden Obliqui und den Sehnerven zu durchtrennen, und der Augapfel kann sodann mit Zurücklassung des Fettgewebes der Orbita entfernt werden. Es ist begreiflich, dass diese Methode iu den wenigsten Fällen ihre Anwendung finden kann, da sie nur für jene passt, wo die Affection auf den Augapfel be- schränkt, und derselbe nicht sehr vergrössert ist.
M ey r, Augenheilkunde, 17
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bösartige Osteoid, eine feinzellige, zerbrechliche oder feslere Knochen- masse, welche an der Oberfläche in unzählige BläUchen und Fasern endet, und welche von der spongiösen Substanz der Orbita auszugehen scheint. Es ist jedoch als Markschwamm zu betrachten, da in den Poren des Kno- chengerüstes das Parenchym des Markschwammes enthalten ist, und es von einer eigentümlichen Constitution abhängig ist. Seine Bösartigkeit gibt sich durch einzelne Symptome, stärkere Röthe, Gefässentwicklung, schnelleres Wachslhum, flüchtige stechende Schmerzen im Kopfe kund. Eine Operation ist bei dieser Krankheitsform nicht anzurathen, da sie stets ohne Erfolg ist, indem man nicht alles Krankhafte entfernen kann.
VIERTER ABSCHNITT.
Neurosen.
Das Nervensystem ist im Augapfel und dessen Nebengebilden nicht nur durch zahlreiche Nerven, welche theils dem animalen, theils dem vege- tativen Systeme angehören, sondern auch durch die häutige Ausbreitung des Opticus (die Netzhaut) und durch ein dem Gesichtssinne angehöriges Ganglion (den Augenknolen) vertreten. Die Thätigkeit der Augennerven offenbart sich entweder als bewusstwerdende Empfindung (sensitive Ner- ven), oder durch Contraction der von ihnen versorgten Muskeln (motorische Nerven) oder als specifische Sinnesempfindung.
Der Sehnerve, Nervus opticus, entspringt aus den Vierhügeln, Seh- hügeln und dem äussern Kniehöcker als ein platter, bandartiger Streif (Sehstreifen), schlingt sich um den Hirnschenkel von aussen nach innen herum und nähert sich dem der andern Seile so sehr, dass beide vor dem Trichter zusammenstossen, und durch partiellen Austausch ihrer Fäden das sogenannte Chiasma opticum bilden, von welchem aus beide Sehnerven als rundliche, feste Stränge divergiren, durch das Sehloch des Keilbeins in die Augenhöhle treten, und vom Fettpolster der Orbita umgeben zum Bul- bus laufen, wo sie 3mm — 4mm von hintern Pole desselben gegen die Nasen- seite zu die Sclerotica und Choroidea durchbohren, um als Netzhaut zu en- den, welche somit die Ausbreitung des Sehnerven darstellt. Der Sehnerve ist in der Augenhöhle von einem dicken Neurilema überzogen, welches von der harten Hirnhaut stammt, und von der Arteria centralis und einem kleinen sympathischen aus dem Ganglion ciliare stammenden Nervenfädchen durchbohrt wird. An der Durchschnittsfläche des Nervus opticus nahe am Bulbus sieht man die Arteria centralis in der Achse des Nervens verlaufen,
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daher schon von Galen, Eustach, Arantius, Riolan und andern Anatomen ein Canal im Innern des Sehnerven angenommen wurde.
Der Sehnerve erscheint in seiner ganzen Länge vollkommen unem- pfindlich und reagirt als specirischer Sinnesnerve nur durch Licht- und Farbenempfindungen auf Reize aller Art, die ihn treffen. Er leitet die Ein- drücke der Retina dem innern Sehorgane, dem Gehirne zu. Es ist jedoch bekannt, dass auch vollkommene Lähmung der Retina und des peripheri- schen Opticus nicht die Möglichkeit aufhebt, dass aus innern Ursachen Lichtbilder entstehen. Bewegungen veranlasst der Sehnerve nur auf reflecto- rischem Wege in Theilen, zu welchen er selbst nicht geht (Iris, Augenlider).
Der Empfindungsnerve des Auges ist der Augenast des fünften Gehirnnerven. Dieser, der Nervus trigeminus, entspringt mit zwei ge- trennten Wurzeln, Die hinlere stärkere Wurzel kommt aus einer Furche der vordem Fläche des Grus cerebelli ad pontem, und von dem strangför- migen Körper der Medulla oblongata; die vordere kleinere Wurzel ent- springt aus der Varolsbrücke und der Pyramide des verlängerten Marks. Beide Wurzeln legen sich an einander, schieben sich in die äussere Wand des Sinus cavernosus ein, wo die hinlere Wurzel durch Spaltung und Ver- strickung ihrer Fasern ein Geflecht bildet, dessen Zwischenräume mit grauer Ganglienmasse ausgefüllt werden (Ganglion Gasseri), und von dessen nach unten und aussen gekehrtem convexen Rande die drei Hauptäste des Quintus entspringen. Der Ramus ophthalmicus läuft durch die Fissura orbi- talis sup. in die Augenhöhle, wo er sich in drei Zweige trennt. Diese sind: a. Der Thränennerve, N. lacrymalis. Er geht am obern Rande des Rectus ext. zur Thränendrüse, und versorgt diese, so wie mit austretenden Fäden die Conjunctiva und die Haut des äussern Augenwinkels. Er ver- mittelt die Absonderung der Thränenfeuchtigkeil. b. Der Stirn nerve liegt unter dem Dache der Orbila und theill sich in folgende Zweige: oc. den N. supratrochlearis, welcher nach innen und vorne über den Muse, troch- learis geht, und in derHaut des obern Augenlides und der Slirne sich ver- zweigt; ß. den N. frontalis und y. den N. supraorbilalis, von denen der erstere sich über das innere Ende des Augengrubenrandes, der letztere durch das Foramen supraorbilale zur Slirne begibt, um in der Haut und den Muskeln bis zum Scheitel und zur Schläfengegend sich zu verbreiten, c. Der Nasen- Augennerve (N. naso-ciliaris) begleitet die Art. ophthal- mica an der äussern Seite des Sehnerven, gibt die lange Wurzel zum Ciliar- knoten ab, schlägt sich über den Sehnerven nach innen, schickt hier ] — 2 Ciliarnerven ab, und theilt sich in den N. pthmoidalis, welcher durch das Foramen ethmoidale ant. in die Schädelhöhle, und von da durch die Lamina eribrosa in die Nasenhöhle dringt und sich daselbst in der Schleimhaut ver-
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breitet, und in den N. inlratrochlearis, welcher an der innern Augenhöhlen- wand zur Rolle geht, und unter dieser hervorkommend, sich im obern Augenlide, Thränensack, Thränencarunkel und Bindehaut verliert. Fäden des Quintus gehen auch zu den Augenmuskeln, und verbreiten sich in denselben.
Dass der Augenast des Quintus ein Empfindungsnerve sei, ist durch Viviseclionen, so wie durch pathologische Thatsachen erwiesen. Nach Trennung der hintern Wurzel oder Aufhebung ihrer Leitung , verlieren die Haut der Stirn, Schläfe, die Conjuncliva, die Nasen- und Mundschleim- haut, die Lippen und die Zunge ihre Empfindung, und in Folge dessen tre- ten keine Reflexbewegungen mehr ein ; daher die Augenlider sich nicht mehr schliessen, wenn die Conjuncliva mechanisch gereizt wird. Der N. quintus hat einen bedeutenden Einfluss auf die Ernährung des Auges. Nach Durchschneidung desselben in der Schädelhöhle erfolgt Röthung und Auf- lockerung der Conjuncliva, vermehrte Schleimabsonderung, Füllung der vordem und hintern Augenkammer mit Exsudat, Mattwerden und Erosio- nen, endlich Malacie der Hornhaut, Bersten der Cornea und des Bulbus, Einschrumpfen des Auges. Die Krystalllinse und der Glaskörper schienen immer ihre vollkommene Durchsichtigkeit zu behaupten. Diese Ernährungs- störungen, welche eintreten, wenn man den Trigeminus in der mittleren Schädelgrube in der Höhe des halbmondförmigen Knotens durchschnei- det, zeigen sich kaum, wenn man denselben Nerven durchschneidet, ehe er auf das Felsenbein gelangt, seinem Ursprünge näher. Es scheint, dass die im ersten Falle beobachteten Folgen, sowohl von der Verletzung des halbmondförmigen Knotens, als von der des Sympathicus abhängen, welcher hier mit diesem Knoten und dem Augenaste mehrfach sich verbin- det. Denn man hat auch nach einseitiger Durchschneidung des obersten Halsknolens des Sympathicus Ernährungsstörungen am Auge derselben Seite und Verengerung der Pupille beobachtet
Die Frage, ob der dreigelheilte Nerve den Riech-, Seh- und Hörner- ven ersetzen könne, scheint nach allen Beobachtungen verneinend gelöst zu sein. Wenn nun auch der Quintus mit dem directen Sehen nichts zu thun hat, so hat er doch einen wichtigen Einfluss auf die vermittelten Ge- sichtsempfindungen (vergl. S. 14). Da er nämlich dem Muskelgefühle vor- steht, so entstehen dadurch Empfindungen, welche auf der qualitativen und quantitativen Beurlheilung der Motilität des Auges beruhen. Durch dieses ausserordentlich feine Gefühl weiden wir in den Stand gesetzt, Urtheile über die Grösse der Gegenstände, über die Schätzung der Distanzen und Bewegungen abzugeben.
Die motoris chen Nerven werden dem Auge und dessen Neben-
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theilen durch das dritte , vierte , sechste und siebente Paar der Gehirnner- ven zugeführt. Das dritte Paar, der Nervus oculomotorius entspringt von den innern Faserbündeln des Pedunculus cerebri, läuft schief nach vorn und aussen, wird von der obern Wand des Sinus cavernosus aufgenommen, und tritt in zwei Aeste getheilt, durch die Fissura orbilalis superior in die Augenhöhle. Der obere Ast ist kleiner, und versieht bloss den M. levator palpebrae sup. und den Rectus superior; der untere grössere Ast zerfällt in drei Zweige, welche den Rectus internus, Rectus inferior und Obliquus in- ferior versorgen. Letzterer Zweig, welcher der längste ist, gibt die kurze oder dicke Wurzel des Ciliarknotens ab.
Das vierte Paar, der Roll nerve (N. trochlearis s. patheticus) ent- springt aus der grauen Gehirnklappe, schlägt sich um den Processus cere- belli ad corpora quadrigemina und um den Pedunculus cerebri nach vorn und innen, durchbohrt die harte Hirnhaut hinter dem Processus clinoideus posterior, und tritt durch die Fissura orbitalis sup. in die Augenhöhle , wo er an der obern Wand derselben sich nach innen wendet , und im obern schiefen Augenmuskel verzweigt.
Das sechste Paar, der äussere Au genmuskel n er ve (N. abdu- cens) kommt aus der Pyramide des verlängerten Marks und geht zur hin- tern Wand des Sinus cavernosus, welche er durchbohrt. Im Sinus caver- nosus nimmt er Fäden vom Plexus caroticus auf, durchbohrt dessen vor- dere Wand, und geht durch die Fissura orb. sup. in die Augenhöhle, wo er zur innern Fläche des Rectus exlernus tritt, um sich in ihm zu verzweigen.
Das siebente Paar (N. facialis) versorgt mit seinen Schläfen- und Jochzweigen den M. orbicularis palpebrarum.
Das Ganglion ciliare, der Blendungsknoten, ist ein rund- lich-eckiges Knötchen von 1'" Durchmesser, liegt in der Augenhöhle an der äussern Seile des N. opticus , nimmt am hinlern Umfange seine Wur- zeln auf, und gibt am vordem Rande seine Aeste, die sogenannten Ciliar- nerven ab. Die Wurzeln desselben sind: a. die kurze oder motorische Wurzel vom N. oculomotorius; b. die lange oder sensitive Wurzel vom N. naso-ciliaris ; c. die sympathische oder trophische Wurzel , welche von dem Plexus caroticus im Sinus cavernosus herstammt. Die Aeste des Ciliar- knotens, die Ciliarnerven, laufen 10 — 16 an der Zahl zur hinlern Periphe- rie des Bulbus, dessen Sclerolica sie durchbohren, um zwischen dieser und der Choroidea nach vorn zum Orbiculus ciliaris zu verlaufen, in welchem sie sich zu einem Geflechte auflösen, aus welchem die eigentlichen Irisner- ven, und die kaum sichtbaren Hornhautnerven entspringen. Die längeren Ciliarnerven, zwei an Zahl, verlaufen nach aussen und nach innen im Quer- durchmesser des Bulbus. Sehr feine Ciliarnerven sollen sich auch in der
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Retina verbreiten, so wie deren Gefässe begleiten (Ribes, Foderaro, Tie- demann). >
Die drei. Nerven der Augenmuskeln sind vorzugsweise motorischer x>Jatur. Der obere Ast des Oculomolorius enthält Empfindungsfasern durch Anastomosen mit dem Ramus nasociliaiis oder mit Zweigen der langen Wurzel des BJendungsknotens ; sein unterer Ast ist grösstenteils automa- tisch und enthält nur sensible Fäden, welche durch das Ganglion gedrun- gen sind. Die Thätigkeil der Muskeln , welche vom untern Aste des Ocu- lomotorius versehen werden, ist enge verbunden mit der Irritabilität der Retina und des Nervus opticus; daher bei verminderter Energie desselben die Thätigkeil jener Muskeln nachlässt. Die fünf Muskeln, welche vom N. oculomolorius versorgt werden , haben ausgesprochene Tendenz zur Milbewegung, denn wenn in Einem Auge einer dieser Muskeln thätig wird, erfolgt dieselbe Wirkung des gleichnamigen Muskels im andern Auge. Starke und anhaltende Bewegungen der Augenmuskeln, welche vom gemein- samen Augenmuskelncrven belebt werden , rufen ein schmerzhaftes Gefühl von Spannung in diesen Muskeln selbst hervor, welches Gefühl von Affec- lion der beigemischten Empfindungsfasern herrührt.
Die Iris erhält zweierlei Nerven, nämlich cerebrale, welche vom Ocu- lomolorius herstammen und durch die kurze Wurzel des Blendungskno- tens ins Auge gelangen, und spinale, welche durch eine Portion des Sym- pathicus und Vagus am Halse in das oberste Halsganglion des Sympalhi- cus eintreten, von wo sie durch das carotische Geflecht in das Ganglion ciliare gelangen. Die Muskellhäligkeit der Iris, welche von den Cerebral- nerven abhängt, ist entgegengesetzt jener, welche durch die Spinalnerven bedingt ist; erstere bewirken Verengerung, letztere Erweiterung der Pu- pille. Reizung des Oculomotorius , vorzüglich der Fasern seines untern Astes (nicht der des obern Astes allein) bedingt Verengerung, Lähmung des Oculomotorius jedoch Erweiterung der Pupille. Bei Reizung der Ner- ven, die der Spinalquelle angehören , daher des Rückenmarks , des Sym- pathicus, erweitert sich die Pupille; sie wird jedoch enge bei Lähmung der Spinalquelle, weil dann die cerebralen Nerven der Iris keine Antagonisten mehr haben. Es scheint daher vom Rückenmarke und vom Sympathicus ein expandirendes Princip auszugehen. Nach der Durchschneidung der Cervicalportion des Vagus und Sympathicus verengte sich die Pupille, mehr noch nach Exstirpation des obersten Halsganglions des Sympathicus; so wie man auch nach Durchschneidung und Trennung des Rückenmarkes am ersten Wirbel Pupillenverengerung beobachtete.
Die Pupille wird um so mehr verengt, je stärker der Eindruck ist, den das ins Auge fallende Licht vermittelst des Sehnerven auf das Gehirn
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macht, sie wird um so mehr erweitert, je schwächer dieser Eindruck ist. Die Stärke dieses Eindruckes hängt sowohl von der Menge des einfallenden Lichtes , als auch vom Zustande der Sensibilität des Sehnerven und des Gehirns ab, Die Retina wird mehr gereizt nahe an ihrer Axe , als weiler davon entfernt, weil sie dort mehr Nervenendigungen besitzt. In sehr selte- nen Fällen wird durch das einfallende Licht eine Erweiterung der Pupille hervorgerufen. Die Pupille wird enger, wenn die Augen, um nahe Gegen- stände zu unterscheiden, convergiren ; sie wird weiter, wenn sie entfernte Gegenstände betrachten, und es scheint diese Bewegung der Pupille mehr von dem Grade der Convergenz der Augenachsen abzuhängen, als von der Stärke der Differenz der Lichtstrahlen, welcher die Augen angepasst wer- den 'sollen. Die Verengerung und Erweiterung der Pupille hängt nicht von der Stellung der Augen zu einander, sondern von dem Winkel ab, den die Achsen einschliessen. Hieraus gehl hervor, dass die Veränderung der Pupille bei Veränderung der Augenachsen nicht durch einen mechanischen Vorgang bedingt, sondern vom Gehirne aus eingeleitet wird, indem, wie durch nur in Ein Auge fallendes Licht beide Pupillen verengt werden, auch bei Bewegung nur Einer Achse eine Verengerung oder Erweiterung beider Pupillen Statt findet.
Die Bewegungen der Iiris erfolgen zwar automatisch, ohne dass wir es wissen, allein wir sind vermöge des durch die Bewegungswurzel des Augenknolens hergestellten Zusammenhanges zwischen diesem und dem gemeinsamen Augenmuskelnerven im Stande, die Iris willkührlich zu bewe- gen; d. h. zu bewirken, dass sie sich sympathisch mitbewege, wenn der Willenseinfluss auf den gemeinsamen Augenmuskelnerven wirkt. Nicht nur der zum innern Augenmuskel gehende Zweig hat einen sympathi- schen Einfluss auf die Irisbewegung, sondern vorzüglich der zum untern schiefen Augenmuskel gehende, da gerade von diesem Zweige die Bewe- gungswurzel für den Augenknoten abgeht, Der untere schiefe Augenmus- kel wälzt das Auge so um sich selbst, dass die Pupille nach oben und innen zu stehen kommt; führt man diese Bewegung willkührlich aus, so veren- gert sich die Pupille bedeutend. Dasselbe findet auch unwillkührlich beim Einschlafen Statt, während des Schlafes selbst, im Zustande der Trunken- heil und bei manchen Nervenzufällen.
Am stärksten erweitert und endlich unbeweglich gemacht wird die Pupille durch Einwirkung des Saftes der Belladonna und einiger anderer Pflanzen. Wird die Belladonna nur in ein Auge gebracht, so erweitert sich nur die Pupille dieses Auges, wird sie aber von den Blutgefässen aufge- nommen, so folgt Erweiterung beider Pupillen. Die Fasern, welche die Pupille umgeben und sie verengern, werden dadurch erschlafft,
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Die Funetionsstörungen in den einzelnen Nervenbezirken am Auge werden sich auf verschiedene Weise kund geben : die Nervenkrankheiten des Auges und seiner Nebentheile werden demnach denselben gemäss gesondert werden müssen.
Zur Classe der Nervenkrankheiten rechnen wir nicht nur jene Krank- heitsformen, in welchen die Abweichungen der Energie einzelner oder meh- rerer Nerven von der gewohnten Norm ohne entsprechende anatomische Veränderungen auftreten, sondern auch jene, in welchen die Störungen in den Verrichtungen der Nervenbezirke die einzigen oder wenigstens die auf- fallendsten Erscheinungen darbieten.
Dem zu Eolge unterscheiden wir am Auge und dessen Umgebungen Sensibilitätsneurosen oder Störungen in den Verrichtungen sensibler Ner- ven, Motilitätsneurosen oder Anomalien in der Function der motorischen Nerven , und endlich Neurosen des specifischen Sinnesnerven. Es treten jedoch die Erkrankungen nicht immer einzeln für sich als Störungen der Function nur eines Nerven oder einer zusammengehörenden Nervengruppe auf, sondern das Leiden erstreckt sich bisweilen auf mehrere in ihrer Ver- richtung verschiedene Nerven, oder hat auf die nalurgemässe Thätigkeit eines oder mehrerer andern einen mehr weniger störenden Einfluss. So kann eine Erkrankung von sensitiven oder motorischen Nerven der Func- tion des specifischen Sinnesnerven nachtheilig werden, so wie auch ande- rerseits ein Leiden des letzleren Anomalien im Bezirke der Empfindungs- oder Bewegungsnerven im Gefolge haben kann.
Was den Sitz der Nervenkrankheilen betrifft , so ist hier vor Allem der peripherische und der centrale zu unterscheiden. Peripherisch ist aber der Nerve von der Stelle, wo seine Fasern vom Centralorgane abtreten, bis an die äussersle Gränze ihres Laufes; central ist er in seiner Verbrei- tung innerhalb der Ganglien , innerhalb des Gehirns oder Rückenmarks. Der Sitz der Krankheit kann demnach bei den Nervenkrankheiten des Auges sowohl im Gehirn oder Rückenmarke, als auch an verschiedenen Stellen des peripherischen Verlaufes der Nerven innerhalb der Schädelhöhle , in oder ausserhalb der Orbita, im Augapfel selbst sein. Abnormitäten benach- barter Organe, welche auf Nerven oder deren Ausbreitung (wie es die Retina im Augapfel ist) drücken, oder deren Leilungsvermögen wie immer hemmen oder unterbrechen, können Veranlassung zum Entstehen einer Neurose geben.
So wie der Sitz der Neurosen verschieden ist , so ist es noch mehr die Quelle derselben. Die ätiologischen Verhältnisse sind bei diesen Krank- heiten oft sehr schwierig zu erforschen; Vieles wird noch lange Zeit ver- hüllt bleiben. Manche Augenneurosen sind angeboren, und entweder durch fehlerhafte Entwicklung oder durch Krankheiten während des Fötalzustan-
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des beding!. Bei gewissen Individuen beobachtet man eine besondere Anlage, die durch das Alter, Geschlecht oder auch durch erbliche Disposi- tion verursacht wird. Jedoch lassen sich in dieser Beziehurg keine allge- mein gültigen Grundsätze aufstellen, und es wird daher bei den einzelnen Krankheitsformen auf diese Verhältnisse hingewiesen. Aeussere Schädlich- keilen haben nicht selten dadurch, dass sie die Function eines oder meh- rerer Nerven unterbrechen, hemmen oder gänzlich aufheben, Nervenkrank- keilen zur Folge. Hieher gehören Verwundungen aller Art, Quetschun- gen, Erschütterungen. Zufällige krankhafte Zustände einzelner Theile des Auges oder seiner Nebengebilde sind zunächst als Ursachen von Neurosen zu nennen , weil solche Organtheile entweder in unmittelbarer Nähe von Nervengebilden liegen oder mit ihnen in näherer Beziehung stehen. Die mannigfaltigsten Krankheiten des Centralorgans , von welchem die Nerven ausgehen, sind aus einleuchtenden Gründen mit Störungen der Verrichtun- gen der Nerven verbunden. Eine sehr ergiebige Quelte der Neurosen des Auges liegt endlich in dem Einflüsse anderer Organe auf dasselbe. Es ist hier daran zu erinnern, dass das Auge mit vielen andern, selbst entfern- ten Organen in einem nähern Consense steht, welcher grösstenteils durch Nervenverbindungen vermittelt wird; dass es daher selbst an den verschie- denen Erkrankungen jener Organe häufig Theil nehmen wird, welche Theil- nahme sich namentlich gerne durch Störungen in den Nervenbezirken aus- spricht. Letztere lassen sich theils auf sympathischem , theils auf anta- gonistischem Wege nach physiologischen Grundsätzen deuten. Daher beob- achten wir Neurosen am Auge und seinen Nebentheilen bei Krankheilen der allgemeinen Decke, besonders in der Nähe der Augen und am Kopfe} bei Krankheiten der Schleimhäute und des Drüsensystems; daher kommen bei AfTectionen der Alhmungs- und Kreislaufsorgane nicht selten wichtige und umfangsrciche Störungen des Nervensytems am Auge vor; daher lässt sich bei letztem die Grundursache desselben häufig im Unterleibe, in Erkrankungen der Verdauungs- und Geschlechtsorgane auffinden. Von gröss- ter Wichtigkeit ist endlich der Zustand des Gesammtorganismus, die Menge und Beschaffenheit der Blutmasse auf die Energie der verschiedenen Ner- ven des Auges, so dass nur bei genauer Berücksichtigung aller dieser verschiedenen physiologischen und pathologischen Verhältnisse die Ätio- logie dieser Krankheitsciasse sich fruchtbringend bearbeiten lässt.
Die krankhaften Zustände der einzelnen Organe, welche man bei den Störungen in der Nerventhätigkeit antrifft, sind sehr verschieden, mit- unter ganz entgegengesetzt. Hyperämien und Anämien, so wie die ver- schiedenen Ernährungsstörungen (Hypertrophien, Atrophien, Schrumpfun- gen, Ausdehnungen), Zersetzung der Gewebe , Ergüsse von Blut oder von
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pathologischen Flüssigkeiten kommen theils in den Centralorganen, theils im Augapfel oder dessen Umgebungen, (Augenlidern, Orbita) vor. After- gebilde der verschiedensten Art und Genese , die sich theils im Cenlralor- gane, theils im peripherischen Verlaufe eines oder mehrerer Nerven einla- gerten, bieten nicht selten die während des Lebens oft schwer zu ergrün- dende, oft gänzlich unbekannte anatomische Störung dar.
Die Phänomenologie der Nervenkrankheiten des Auges beruht theils auf Erscheinungen, welche objeetiv durch die Sinnesorgane des Arztes auf- zufassen sind, theils auf Funclionsstörungen, zu deren Erkenntniss die An- gabe des Kranken nolhwendig ist. Erstere verdienen um ^so mehr Ver- trauen, und sind daher um so sorgfältiger zu eruiren, als bei den subjeeti- ven Symptomen nicht selten irrthümliche Darstellungen, theils willkührlich, theils unwillkührlich Statt finden. Daher kommen auch simulirte Krank- heitszustände nirgends so häufig vor, als gerade in der Classe der Nerven- krankheiten, was in der Diagnose wohl zu beachten ist.
Die Functionsstörungen der Nerven selbst sind verschieden nach dem Sitze der Erkrankung in den verschiedenen Bezirken. Es kann demnach in den Empfindungsnerven die Energie derselben entweder krankhaft ge- steigert (Hyperästhesien) oder verändert oder ganz aufgehoben sein (Anäs- thesien). Dasselbe gilt auch von dem speeifischen Sinnesnerven, dessen Thätigkeit entweder krankhaft erhöht , oder alienirt oder vermindert, ja selbst ganz aufgehoben sein kann. In den motorischen Nerven kann die Verrichtung derselben entweder krankhaft erhöht und alienirt (Hyper- cinesis) oder vermindert und erloschen sein (Acinesis). Der Grad des Lei- dens kann ein verschiedener, dessen Ausbreitung mehr oder weniger be- gränzt sein. Vom höchsten Belange ist die Entscheidung, ob in der Ener- gie des betreffenden Nerven blosser Torpor oder wirkliche Erschöpfung der- selben vorhanden sei. Da im erslern Falle nach Entfernung des Hinder- nisses der normalen Nerventhätigkeit der Nerve wieder zu seiner Energie gelangen kann, im letzteren Falle derselben häufig unwiederbringlich ver- lustig wurde, so hat dieser Umstand auf die Stellung der Prognose und Einleitung der Therapie einen bedeutenden Einfluss.
Die in der Physiologie des Nervensystems geltenden Gesetze der iso- lirten Leitung, der Irradiation der Empfindungen und Bewegungen und der excentrischen Erscheinung sind in der Auffassung der Phänomene genau zu würdigen , und daher die Erscheinungen überhaupt soviel als möglich auf physiologische Grundsätze zu basiren.
Neben den Symptomen, durch welche sich die gestörte Nervenfunc- tion selbst offenbart, treten auch nicht selten Störungen anderer Organe und ihrer Verrichtungen ein. Hieher sind Anomalien der Circulation, hyper-
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ämische und exsudative Vorgänge , Secretionsslörungen und Beeinträchti- gung der Ernährung der ursprünglich betroffenen oder benachbarten Ge- bilde zu rechnen, Erscheinungen, die nicht selten im Gefolge von Nerven- leiden auftreten.
Schon durch das so eben Gesagte ist es klar, dass der Einfluss der Functionsstörung in den Nerven auf andere Theile ein wichtiger sei. Der- selbe gibt sich auch dadurch kund, dass bei Affection eines Nervenbezirkes im Auge auch andere Nerven dieses Organs in ihrer Verrichtung gehemmt oder beeinträchtigt werden. Das Sehvermögen kann z. ß, durch ein Lei- den des Trigeminus oder eines motorischen Nerven mehr oder weniger gestört sein. Die Rückwirkung der erkrankten Nervensphäre im Auge hat jedoch auch auf das Befinden anderer Organe des Körpers oder des Totalorga- nismus Einfluss, so dass somit Symptome an verschiedenen Körperregio- nen das ursprüngliche Nervenleiden am Auge begleiten. Insbesondere ist es aber auch der Geist, welcher an dem pathischen Zustande des Auges Theil nehmend in gemülhlicher und intelleclueller Beziehung bisweilen erkrankt. So kann der enge Kreis von Symptomen im Anfange einer Nervenkrank- heit des Auges nach und nach immer weiter gezogen werden.
Die Diagnose einer Störung in der Verrichtung einzelner Nerven des Auges ist bei deutlich ausgeprägter Symptomengruppe keinen Schwierig- keiten unterworfen. Jedoch müssen hier etwaige Täuschungen von Seile des Kranken den Arzt in seinem Urtheile nicht irre führen. Intelligente Kranke fassen oft die krankhaften Erscheinungen auf eine physiologisch richtige Weise auf. Nicht so leicht ist es in einzelnen Fällen, bei Erkran- kung mehrerer Nervenbezirke den ursprünglichen Sitz des Uebels zu entdecken, secundäre Erscheinungen von den primären genau zu sondern. Der schwierigste Punct in der Diagnose bleibt jedoch immer die Ergrün- dung der nächsten Ursache, der Quelle des Leidens. In dieser Beziehung können nur eine sorgfältige Erhebung der anamnestischen Momente, die ge- naueste Erforschung der krankhaften Symptome und ihrer Ausbreitung, der Einfluss verschiedener Umstände auf die Steigerung oder Verminde- rung der krankhaften Zufälle und selbst experimentale Nachweise dem Ziele näher führen.
Die Dauer der Nervenkrankheilen des Auges ist im Allgemeinen chro- nisch; manche derselben bestehen zeitlebens. Im Verlaufe ist nicht selten Periodicität bemerkbar; die Krankheit erscheint in Ausbrüchen mit Inter- vallen von längerer oder kürzerer Dauer, mit festem oder unslätem Typus. Manche Neurosen bestehen jedoch in gleicher Weise ohne Intermissionen und selbst ohne Remissionen fori.
Die Prognose ist in den einzelnen Affectionen höchst verschieden.
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Gewöhnlich gehören jedoch die Augenneurosen zu den hartnäckigen Lei- den. Als allgemeine prognostische Grundsätze lassen sich folgende ange- ben: Der peripherische Sitz des Leidens gewährt bessere Hoffnung als der centrale, der acute typische Verlauf bessere, als der chronische atypische. Wo die Ursache des Leidens bekannt und deren Entfernung möglich ist, lässt sich ein günstigerer Ausgang hoffen, als bei unergründeter oder nicht zu beseitigender Ursache; je mehr der Kreis der Erkrankung ausgebreitet ist, woraus sich mitunter auf die Erkrankung der Centralorgane schliessen lässt, desto misslicher ist der Fall. Die Körperbeschaffenheit, so wie die individuellen Verhältnisse des Kranken sind ebenfalls bei der Stellung der Prognose nicht ohne Einfluss,
In der Behandlung der Augenneurosen ist die causale Indication von der höchsten Wichtigkeit, und wo es immerhin möglich ist, die nächste Ursache des Leidens hinwegzuräumen, ist damit der Anfang zu machen. Es muss jedoch hiebei bemerkt werden, dass die nächste Ursache (die patho- logische Bedingung) der Krankheit nicht dasselbe mit dem occasionellen Momente ist. Wo die palhische Grundlage unbekannt ist, oder nicht beseitigt werden kann , ist die Energie des erkrankten Nerven zur Norm zurückzuführen, was nach Verschiedenheit des Leidens durch die verschie- denen innerlich und äusserlich angewendeten Mittel geschieht. Dabei ist die Einwirkung der Mittel sorgfältig zu überwachen, um durch zu Viel nicht zu schaden. Zu den äusserlichen Mitteln bei den Augenneurosen gehören auch die in neuerer Zeit vielfach empfohlene Anwendung der Electricität, des Galvanismus, des Magnetismus, sowie die Kaltwasserkur. Umsichtig gewählt und mit Consequenz durchgeführt wird eine solche Behandlung zuweilen von dem schönsten Erfolge gekrönt. Die Beziehung des erkrank- ten Nerven zu andern Apparaten des Organismus kann bei der Behandlung oft zweckmässig benützt werden, da man unmittelbar auf den kranken Ner- venbezirk einzuwirken nicht oft im Stande ist. Die Wirksamkeit der anta- gonistischen Methode hat sich bei Behandlung von Nervenleiden oft erprobt. Endlich ist bei dem häufig unheilbaren Zustande mancher Nervenkrankhei- len des Auges nur der symptomatischen Heilmethode ein wenn auch nur geringer Wirkungskreis gegönnt.
A. Krankheiten der Enipfiiidungsnerveii«
Da der Augenast des Quintus der Empfindungsnerve des Auges und seiner Nebentheile ist, so werden die Sensibililätsneurosen im Bereiche der Verzweigungen desselben auftreten, und sich entweder als Hyperästhesien oder Anästhesien manifesliren.
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1. Die erhöhte Erregbarkeit und gesteigerte Erregung des Quintüs spricht sich als Hyperästhesie desselben, als Neuralgie aus. Nach den Ausstrahlungen und Verzweigungen dieses Nerven erscheint die Neuralgie des Auges entweder als Neuralgia supra- oder infraorbitalis, wenn die ent- sprechenden Aeste des Quintus Sitz der Affection sind, oder als Neuralgia ciliaris, wenn die im Innern des Auges sich verbreitenden Zweige des genannten Nerven, die Ciliarnerven nämlich, eine krankhaft erhöhte Ener- gie beurkunden.
Die Neuralgia supraorbitalis kommt viel häufiger vor, als die Neuralgia infraorbitalis. Bei der ersteren tritt der Schmerz meistentheils plötzlich, anfallsweise auf, und zwar am obern Augenhöhlenrande, schiesst aufwärts nach der Stirn oder den Augenbrauen, nach einem Augenwinkel oder in die Thränenkarunkel, und verbreitet sich von da sehr bald in das Innere des Auges. Zuweilen gehen zuckende, spannende oder kribbelnde Empfindungen am Gesichte oder in der Stirngegend dem heftigen Anfalle vorher. Der Schmerz ist sehr heftig, stechend, reissend, bohrend, gleich- sam in den Knochen wüthend, selten auf eine Stelle beschränkt. Durch die starke Reizung des Empfindungsnerven entstehen Reflexbewegungen, nämlich Verengerung der Pupille , krampfhafte Contractionen der Augen- lider. Während des Schmerzanfalles treten auch in den trophischen Func- tionen des Auges, in der Circulation und den Absonderungen Veränderun- gen ein. Die Hitze in der Umgegend des Auges und am Augapfel selbst wird erhöht, zuweilen zeigt sich ein rother Streifen nach dem Verlaufe des Nerven, die Arterien pulsiren stärker, das Auge röthet sich und wird licht- scheu, die Thränensecretion ist vermehrt. Die sogenannte Ophthalmia inter- miltens ist öfters nichts anders, als eine die intermillircnde Neuralgie des ersten Quintusastes begleitende Injeclion der Conjunctiva. Die Schmerz- anfälle sind verschieden lang; sie dauern von V« bis zu 4 bis 6 Stunden, und kehren nach kürzeren oder längeren Intervallen zurück. Leichte ober- flächliche Berührung, gelindes Betupfen, Anstreifen der Stelle, selbst leichte Berührung der Haare kann den Anfall hervorrufen, während ein angebrach- ter stärkerer Druck es nicht vermag, oft sogar Erleichterung verursacht. Der Anfall endigt meistens mit einem copiösen Thränenflusse, und hinter- lässt für eine Zeit lang Empfindlichkeit des Auges. Der Vertauf der Krank- heit ist periodisch, und zeigt entweder stätigen oder unstäten Typus* gewöhnlich den Quotidian-, seltener den Tertiantypus. Gerne treten die Anfälle des Nachts, oder in den Morgenstunden ein. Die Krankheit dauert oft Monate, ja selbst Jahre lang, und ist überhaupt sehr hartnäckig; wäh- rend der Dauer anderer intercurrirender acuter Krankheiten kann sie auch pausiren.
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Nach dem Tode fand man bei Individuen, welche lange Zeit an der Neuralgie des Quinlus gelitten haben, zuweilen Hypertrophien oder andere krankhafte Veränderungen der Schädel- oder Gesichtsknochen, Verdickun- gen des Slirn-, Sieb- und Keilbeins, Exfoliationen der processus alveol. der Zähne, Exfoliation eines Knochenslücks der Hyghmorshöhle, Exostose eines Zahnes, oder mancherlei krankhafte Geschwülste, die einen Druck auf Zweige des Quinlus ausüben.
Die Neuralgia supra- und infraorbitalis kommt vorzugsweise bei Er- wachsenen und altern Individuen vor, fast niemals bei Kindern. In Mala- ria-Gegenden kommt sie endemisch vor, und wird nebst intermittirenden Fiebern häufiger beobachtet. Metastatische Vorgänge, besonders in den dem Gehirne nahe gelegenen Schleimhäuten und Drüsen, unterdrückte Calarrhe, Ohrenflüsse, Exutorien und Geschwüre können zuweilen als Ursa- chen nachgewiesen werden. Auch gichtische und impetiginöse Dyscrasien Anaemie und Rheumatismen scheinen nicht ohne Einfluss auf die Entwick- lung der Krankheit, wozu auch atmosphärische Verhältnisse zu rechnen sind, da Zugluft, Wind, starke Hitze oder Kälte, Feuchtigkeit und electri- sche Spannung die Anfälle leicht hervorrufen. Bisweilen gehen solche Neuralgien dem Glaucome oder andern innern Augenenlzündungen, beson- ders den gichlischen voraus.
Die Neuralgia ciliaris hat ihren Sitz in den Ciliarnerven. Das Hauptsymptom ist Schmerzgefühl im Auge, angeregt und gesteigert durch den Einfluss der Lichtstrahlen und des Sehens. Dabei ist Lichtscheu im höheren Grade vorhanden, und die Augenlider schliessen sich durch Reflex von den. sensiblen Quinlusfasern auf die motorischen des Facialis; die Pu- pille ist contrahirt. Der Schmerz verbreitet sich nicht selten nach Kopf und Stirn und hat Röthe des Auges und Thränenfluss zu Begleitern. Zur Ciliarneuralgie gibt vorzugsweise Scrofulosis Anlass, ferner Säfteverlust, (durch Onanie, Masturbation) Helminthiasis, Anaemie, Hysterie, Entwicklung der Pubertät, vorausgegangene Exantheme, Masern und Scharlach, Malaria, übermässige Anstrengung der Augen bei grellem Lichte; besonders aber Verletzungen derselben, wenn Theilchen des fremden Körpers im Auge zurückgeblieben sind. Auch Operationen können bei sehr sensiblen Indivi- duen zur Entstehung des Leidens Veranlassung geben ; besonders solche, bei denen einzelne Ciliarnerven getroffen und verletzt werden können. Die Krankheit gesellt sich auch sehr häufig zur Hemicranie, und ist daher bei hysterischen Frauen keine seltene Erscheinung.
Zuweilen sind Individuen mit einer krankhaften Empfindlich- keit der Augen behaftet, welche mehr in der Oberfläche des Auges ihren Sitz hat. Hierbei tritt öfters unwillkürliches und länger anhaltendes Blin-
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zeln ein, die Thränensecretion ist etwas vermehrt, das Auge lichtscheu, und rüthet sich bei der geringsten Anstrengung-, besonders beim künstli- chen Lichte, worauf die Kranken ein Brennen in den Lidern und an der Oberfläche des Augapfels verspüren und demnach von ihrer Beschäftigung, besonders vom Lesen, Nähen und dergl. abzustehen gezwungen sind. Dieser Zustand ist sehr häufig eine Folge vorausgegangener Ophthalmien, und wird öfter bei Frauen, als Männern, überhaupt bei sogenannten nervö- sen Individuen beobachtet. Anaemie begleitet nicht selten diese Erschei- nung, und scheint auf die Entwicklung derselben einen nicht unwesent- lichen Einfluss zu haben. Sie besteht in einer übermässigen Empfindlich- keit der feineren Endzweige des Quintus, welche sich an der Oberfläche des Augapfels verbreiten.
Gegen die Neuralgien des Quintus hat man verschiedene Mittel em- pfohlen, welche jedoch den Arzt oft im Stiche lassen. Tritt die Neuralgie mit deutlichem intermittirenden Characler auf, so bietet die Anwendung des Chinins oder des Arseniks (Tinct. Fowleri, zu 4 — 6 Tropfen pro dosi) die sicherste Aussicht auf Erfolg. Unter den specifischen Mitteln verdienen Erwähnung das kohlensaure Eisen in der Gabe von 5 — 10 Gran 3 mal täglich, das Stramonium (das Extr. zu % — 1 Gr. pro dosi) und das Coniin. Unter den örtlichen Mitteln wurden versucht Einreibungen narcotischer Mittel, die endermatische Anwendung des Morphins, Einreibungen einer Veratrinsalbe (20 Gran auf eine Unze Fett) oder einer Salbe aus Aconitin (1 Gran auf 1 Drachme Fett), das Streichen und Auflegen von Magnel- sliiben, die örtliche Anwendung der Kälte, flüchtige Vesicatore, Einathmun- gen des Aethers und Chloroforms , oder Bestreichen der Umgebung des Auges mit letzterm, die Anwendung des Galvanismus und Eleclromagne- tismus, die Compression. Auch die Durchschneidung des leidenden Ner- ven wurde versucht, kann aber dort keinen Erfolg haben , wo der Sitz der Erkrankung der Peripherie des Nerven mehr entrückt ist. Auf bestehende Dyscrasien oder Leiden des Gesammtorganismus ist in der Radicalbehand- lung grosse Rücksicht zu nehmen, daher der Gebrauch geeigneter Ther- men (Carlsbad, Marienbad, Gaslein), der Seebäder, die anhaltende Anwen- dung kalter Waschungen und Douchen oft von dauerndem Erfolg ist. — Bei der Ciliarneuralgie werde der Lichleindruck durch Schirme, Verdunk- lung des Zimmers, graue oder blaue Gläser gemildert. Bei plethorischem Zustande sind örtliche Blutentleerungen, wo scrofulöse Anlage vorhanden ist, Sool- und Seebäder und Oleum jecorisAselli, wo schwächende Einflüsse vorausgingen, eisenhaltige Mittel, kalte Bäder und Begiessungen anzuwen- den. Von innern Mitteln verdienen das Chinin und Coniin die meiste Be- achtung. Die übermässige Empfindlichkeit der Augen (Conjunclivalerethis-
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mus) weicht meistens der Anwendung- eines narcolischen Wassers, z. B. Aq. Laurocer. dr. 1 auf 4 Unz. Aq.desl. oder der Aq. destill. Opii, der kalten Augendusche.. Auch hier muss auf das Allgemeinbefinden viele Rücksicht genommen werden, und wo schwächende Einflüsse vorausgingen, oder anämischer Zustand das Leiden unterhält, ist oft nur durch eine consequent durchgeführte Kaltwasserkur nebst zweckmässiger Bewegung , Anwen- dung- von Eisenpräparaten, Eisenbädern eine Heilung zu erzielen.
2. Die Anaesthesie des Quintus äussert sich durch Unempfind- lichkeit der von ihm versorgten Partien , und durch andere krankhafte Erscheinungen im Bereiche der Ernährung, der Bewegung und Sinnesthä- tigkeit. Betrifft die Anästhesie den Ramus ophthalmicus , so ist die Con- juncliva, sowie die Haut der Augenlider und ihrer Umgebung unempfind- lich gegen Berührung und selbst gegen Verletzung. Reizung derselben verursacht kein Blinzeln. Die Bindehaut ist sehr geröthet , die Cornea milchweiss getrübt, etwas verdickt, breiig aufgelockert, zuletzt bilden sich in ihr liefere Geschwüre, welche zur Perforation derselben führen. Die vor- dere Kammer füllt sich mit Exsudaten (Hypopyon), die Secretion der Con- junctiva ist vermehrt. Die Bewegungen des Gesichtes erleiden auf der Seite, wo der Quintus gelähmt ist, einen Stillstand, das Blinzeln der Augenlider hört auf. Aus dem Aufhören des Augenlidschlages , sowie der aufgehobe- nen Empfindlichkeit der Conjunctiva lässt es sich zum Theile erklären, dass fremde Körper leichter auf das Auge einwirken , dass die Cornea nicht so vollkommen gereinigt wird, und dadurch entzündliche Zufälle am Auge, Trübungen und Geschwüre der Cornea erfolgen. Vorzüglich beruhen jedoch diese Erscheinungen auf dem gehemmten Einflüsse des Quintus auf die Ernährungsthätigkeit (s. pag. 261). Es gibt Fälle, wo zugleich Schmerzen in den unempfindlichen Theilen zeitweise auftreten, und durch Sprechen, Singen oder Kaubewegungen hervorgerufen werden. Diess erklärt sich daraus, dass der Nerve an einer Stelle, wo er für den Eindruck noch em- pfindlich ist, gereizt, der Sitz des dadurch erregten Schmerzes jedoch nach der bekannten Norm centripetaler Action in die peripherischen Endigungen des Nerven versetzt wird, obwohl diese selbst von der Anästhesie befallen sind. Eine solche Empfindung tritt häufig als Formication in der Haut auf. Je nachdem verschiedene Fasern des Quintus afficirt sind, sind die Erschei- nungen etwas verschieden. Wo Störungen in den trophischen Functionen auftreten, ist das Ganglion Gasseri oder der Quintus in seiner Nähe Sitz der Krankheit. Wo die motorische Wurzel des Quintus mit afficirt ist , tritt auch masticatorische Lähmung in der entsprechenden Gesichtshälfte ein. Die Ursachen sind verschieden. Wo bloss einzelne Zweige des Quintus, die sich in der Haut verbreiten, der Sitz der Erkrankung sind, wurde die-
M *■- y r , Augenheilkunde. l§
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selbe häufig durch äussere Verletzungen , besonders durch Erschütterung, Quetschung, Fall hervorgerufen. Ist der Sitz des Leidens in der Schädel- höhle, so sind Geschwülste, tuberculöse, fungöse etc. und Extravasate, blu- tige und albuminöse, am häufigsten die Ursachen. In solchen Fällen neh- men auch andere, sowohl sensible, als auch motorische Hirnnerven an der Leitungsunfähigkeit Antheil.
Die Cur dieses Leidens ist äusserst schwierig, in einzelnen Fällen wohl unmöglich. Dass durch Naturthätigkeit allein Heilung von Anästhesie erfolgen könne , haben sowohl Erfolge von chirurgischen Operationen, als auch Experimente erwiesen. Partielle Anästhesien in der Umgebung des Auges, besonders die nach Erschütterung oder Quetschung dieser Gegend entstandenen können noch am ehesten von selbst verschwinden, oder durch geeignete Mittel gehoben werden. Am meisten Empfehlung verdienen zu diesem Zwecke belebende und restaurirende Reize, Frictionen mit aroma- lischen Tincturen und Salben, flüchtigen Stoffen, die Wärme, der Wasser- dampf, heisse Bäder, Gastein ; der Magnetismus, die Electricität , und der Galvanismus (Galvanopunctur). Innerlich versuche man stärkende Mittel, die China , die tonischen Metalle , das valeriansaure Zink. Der fortschrei- tenden Malacie der Cornea begegne man durch Ueberschläge mit Lösun- gen von Alaun, Nitras argenti oder schwachen Gaben von Sublimat.
B. Krankheiten des Sehnerven.
1. Hyperästhesia optica.
Die gesteigerte Reizbarkeit des Sehnerven und der Retina äussert sich durch abnorme Licht- und Farbenempfindungen (subjective Lichter- scheinungen). Höchst mannigfaltig sind diese Lichterscheinungen. Man bezeichnet sie als Photopsie, wo vorzüglich funken-, flammen- und blitz- ähnliche Gestalten, als Chromopsie oder Chrupsie, wo Farbenerscheinun- gen, als Myodesopsie , wo dunklere kügelchen- oder mückenartige Gestal- ten dem Gesichtssinne vorschweben. Wo die Retina den Sitz des Leidens abgibt, bieten sich die einzelnen Bilder in scharfer Begränzung dar, und mit solcher Deutlichkeit, dass, da die Retina in einem solchen Zustande sich selbst empfindet, einzelne Parthien derselben, ihre Blutgefässe, sogar die Bewegung der Blutkörperchen sich erkennen lassen. Häufig treten Lichterscheinungen auf, welche ihren Anfangspunkt im Umfange des Seh- nerven haben, eine halbmondförmige oder kreisförmige Gestalt mit gezack- ter, silber- oder goldglänzender farbiger Begrenzung haben. Diese Zick- zacken erscheinen gewöhnlich auf einem Auge, seltener auf beiden, folgen
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den Bewegungen des Auges und nehmen bei der Accomodalion für ferne Objecte an scheinbarer Grosse zu und an Intensität ab. Sie verharren kurze Zeit in derselben Grösse, dann dehnen sie sieh mehr aus, und rücken mehr zur Seite und nach rückwärts. Mit dem Forlrücken bis zum Ciliartheile hört die Erscheinung auf, weil hier keine Nervenfasern der Retina mehr liegen. Die Dauer eines solchen Eindruckes ist verschieden , einige Minuten bis stun- denlang. Bei geschlossenen Augen ist diese Erscheinung heller und deut- licher. Die Sehkraft ist dabei nicht afficirt, indem man auch während des Bestehens der Erscheinung die nicht in die Zickzacken fallenden Objecto deutlich und begränzt sieht. Heftiger Kopfschmerz, Schwindel, ein Gefühl von Spannen und Drücken im Auge , zuweilen Brechneigung folgen dem Anfalle. Wo der Centralapparat des Sehnerven Sitz der Affection ist, da sind die Lichlerscheinungen undeutlicher, den Traumbildern ähnlich, sie erscheinen da in flächenhafler Ausbreitung aus dem Bereiche menschlicher und thierischer Formen. Sie können daher auch da auftreten, wo den Licht- strahlen derZulritt zur Retina versperrt ist, selbst bei Atrophie und Destruc- tion des peripherischen Opticus.
Die Ursachen der optischen Hyperästhesie sind theils solche, die auf die Netzhaut, theils solche , die auf den Cenlralapparat des Sehorgans ein- wirken. Zu den ersteren gehören Ueberreizung der Retina durch zu grelles Licht, Gaslicht, Ansehen der Sonnenscheibe, fortgesetzte microscopische Arbeilen; Blutüberfüllung der Netzhaut nach Erhitzung, anstrengende Arbei- len. Zu den letzteren sind zu rechnen manche Gehirnkrankheiten , wie Delirium tremens, Schwindel, Hypochondrie, Ecstasis. Congestion der Gehirntheile, narcotische (Opium, Digitalis, Cannabis indicaetc.) und andere dem Blute mitgetheilte Stoffe, besonders die Einathmung des Stickstoff- oxyds haben ähnliche Erscheinungen zur Folge.
Der Verlauf ist gewöhnlich chronisch. Das Leiden endet sehr häufig in Anästhesie der Netzhaut, Amblyopie und Amaurose; so wie es auch seine Rückwirkung auf die Seelenthäligkeit äussert. Denn so wie solche Lichterscheinungen einerseits als Symptome psychischer Störungen betrach- tet werden (als wahre Vesania visus), so können sie auch andererseits zu andauernder Hypochondrie und zu wirklichem Irrsinne den Grund legen.
In der Behandlung suche man jeden Reiz auf die Retina zu entfer- nen. Vermeidung aller das Sehorgan in Anspruch nehmenden Arbeilen, und Ruhe bilden daher die Grundprincipien der Behandlung. Der Licht- reiz werde durch Schirme und graue oder blaue Schulzgläser gemildert. Oft nützt antagonistische Erregung der Magennerven durch Anwendung kleiner Gaben von Brechweinstein. Wo ein Gehirnleiden zu Grunde liegt, muss gegen dasselbe durch angemessene Mittel gewirkt werden ; ins-
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besondere suche man der Congestion des Blutes zum Gehirne durch ablei- tende Mittel, kühlende Getränke, Brausepulver, vegetabilische Säuren etc entgegenzuwirken.
2. Anästhesia optica. Die Amaurose, der schwarze Staar.
Der Begriff Amaurose (schwarzer Staar) schliesst jene Krankheitsfor- men des Auges in sich, in welchen eine bedeutende Gesichtsschwäche oder totale Aufhebung des Sehvermögens durch Anästhesie des Sehnervenge- bildes besteht. Da jedoch die Function der Netzhaut durch verschiedene krankhafte Zustände, welche theils auf sie selbst, theils auf den Sehnerven und die entsprechenden Gehirntheile einwirken, beeinträchtigt oder aufge- hoben werden kann , so kann die nächste Ursache der Amaurose , die ihr zu Grunde liegende Erkrankung sehr mannigfaltig sein, und entweder im Auge selbst oder weiter davon entfernt liegen. Der schwarze Staar ist demnach keine selbständige Krankheit , sondern nur ein Symptom ander- weitiger Störungen und krankhafter Affectionen des Auges, des Gehirns oder des Totalorganismus. Die hohe Bedeutung dieses Symptoms rechtfer- tigt es jedoch, dass man der Amaurose eine eigene Abhandlung widmet, und leitende Grundsätze bei der Erkenntniss , Natur und Behandlung der- selben entwickelt.
Da die der Amaurose zu Gründe liegenden Krankheiten sehr ver- schieden sind, so wird auch der Symptomencomplexbeim schwarzen Staare nicht immer derselbe sein. Einige der sogleich zu betrachtenden Symptome können bei der Amaurose ganz fehlen , während andere auch bei nicht amaurotischen Affectionen vorkommen können. Zu den Symptomen, welche man bei den Amaurosen beobachtet, gehören folgende:
1. Die wichtigste Erscheinung ist die Abnahme oder der Ver- lust des Sehvermögens. (Dysopie , Amblyopie). Der Kranke sieht bei hellem Lichte die Gegenstände undeutlich, wie in Schatten oder Nebel gehüllt. Die Umrisse der Gegenstände erscheinen nicht nur undeutlich, sondern auch oft unterbrochen und dadurch verunstaltet. Die Flamme des Kerzenlichtes ist wie zerrissen, es fehlen ihm beim Lesen einzelne Sylben, Worte oder Zeilen, und der Kranke muss sie mit dem Auge durch gewisse Bewegungen und Stellungen des Kopfes und des Körpers nachsuchen. Der Verlust des Sehvermögens beschränkt sich zuweilen auf einzelne Stellen, auf die obere oder untere, die rechte oder linke Hälfte, die Peripherie oder die Mitte des Gegenstandes. Manche Kranke können den Gegenstand nur
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dann erblicken oder etwas deutlicher sehen, wenn er sich in einer bestimm- ten Stellung zum Auge befindet; bei der geringsten Bewegung des Kopfes oder Auges jedoch entschwindet er ihnen aus dem Gesichtsfelde. Andere sehen kleinere Gegenstände nur dann , wenn sie selbe längere Zeit fixiren und das Auge anstrengen. Der Zustand des Sehvermögens ist bisweilen besser, bisweilen jedoch schlechter. Einfluss darauf nimmt nicht nur der verschiedene Körper- oder Gemüthszustand des Leidenden (aufregende oder beruhigende Einflüsse, Speisen, Getränke, die verschiedene Lage und Stel- lung des Körpers und des Kopfes , Ruhe oder Bewegung , erregende oder deprimirende Gemülhsaffecte), sondern auch die Menge und Intensität des Lichtes, die Beschaffenheit der Atmosphäre. Nach dem Grade der Abnahme des Sehvermögens unterscheidet man mehrere Abstufungen der Amaurose, und man bezeichnet als ersten Grad des Leidens die amaurotische Amblyopie, wenn der Kranke grössere Gegenstände noch undeutlich ausnimmt, als zweiten Grad die unvollkommene Amaurose (A. imper- fecta), wenn das Sehvermögen bis auf die blosse Lichtempfindung verloren ging, und als dritten Grad die A m a u r o s i s p e r f e c t a, wen n auch die Licht- empfindung gänzlich mangelt.
Von der amaurotischen Gesichtsschwäche ist die Asthenopie (Schwachsichtigkeit, Hebetudo visus, Kopiopie) wohl zu unterscheiden. Diese Krankheit besteht in dem Unvermögen, die Augen längere Zeit auf kleinere und nahe Gegenstände zu richten, indem dieselben sehr bald dun- kel oder verworren erscheinen, und sich in den Augen ein Gefühl von Mat- tigkeit, oder von Spannung und Schwere mit Hitze , Thränen , zuweilen auch Doppeltsehen einstellt, bei fortgesetzter Anstrengung der Augen jedoch auch Benommenheit des Kopfes, Schmerz im Auge und den Umgebungen, zuweilen auch Ueblichkeiten eintreten. Die eben genannten Erscheinun- gen, welche im Freien oder bei Betrachtung entfernter oder grösserer Ge- genstände nicht eintreten , kommen je nach der Constitution des Kranken und dem Grade des Uebels , nach verschiedenen Zeiträumen, z. B. nach mehreren Stunden , zuweilen schon nach wenigen Minuten, verschwinden jedoch, wenn die Augen einige Zeit hindurch ruhen , oder auf entferntere Objecte gerichtet werden. Es gibt auch Individuen , bei denen das Uebel nach einer durch mehrere Tage fortgesetzten Beschäftigung, z. B. in den letzten Tagen der Woche einzutreten pftegt. Vor dem Eintritte desselben sehen die damit Behafteten selbst sehr kleine Gegenstände leicht und di- stinct; allein es mangelt die Ausdauer beim Fixiren derselben. Beim Anfall zeigt sich eine geringe Erweiterung der Pupille ; Schmerz, Lichtscheu und Thränenfluss stellt sich ein, wenn die Augen nach Eintritt des Anfalls noch angestrengt werden. Werden die Augen fortwährend beträchtlich ange-
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strengt, so treten die Anfälle von Schwäche und Ermattung des Sehver- mögens häufiger ein und dauern jedesmal länger. Die Krankheit schleicht sich langsam ein, und kann sehr lange dauern. Sie kommt besonders bei jungen Leuten vor, welche sich anhaltend mit kleinen Gegenständen be- schäftigen. Als entferntere. Ursachen sind zu betrachten übermässige Anstren- gung der Augen neben grosser Beschränkung des Schlafes, eine verkehrte Erziehungsart, frühere Augenentzündungen, Verletzung der Aeste des fünf- ten Paares in der Nähe der Augenhohle, Hirnleiden, Masturbation, Ueber- mass im Geschlechtsgenusse. Ueberhaupt sind schwächende Einflüsse eine Hauptursache dieses Uebels , daher man es so häufig bei den sogenannten nervösen Individuen, bei anämischen oder chlorotischen Frauenspersonen beobachtet. Andererseits wird es auch durch Hyperämie und Congeslion zum Kopfe und zu den Augen nicht selten hervorgerufen. Die nächste Ur- sache ist Schwäche der motorischen Nerven des Auges, daher in Folge des geschwächten Nerveneinflusses die Accommodation des Auges nur unvoll- kommen vor sich geht. Das Leiden bietet hinsichtlich der Hebung dessel- ben gerade keine günstige Prognose dar, geht aber fast niemals in Amblyo- pie oder Amaurose über. Bei der Behandlung ist vorzüglich die möglichste Verhütung der Gelegenheitsursachen zu berücksichtigen. Sobald sich ver- worrenes Sehen einstellt, soll die Arbeit sogleich unterbrochen werden ; der mit diesem Uebel Behaftete gönne sich überhaupt öftere Ruhepuncte bei seiner Beschäftigung, richte die Augen auf entferntere Gegenstände, und wasche sie öfters mit kaltem Wasser. Kann er die Anstrengung nicht länger, als !/t Stunde hindurch vertragen, so soll er die Beschäftigung mit kleinen nahen Gegenständen lieber eine Zeit lang vermeiden. Bei robuster Körperbeschaffenheit und örtlichem Blutandrange sind örtliche Blutentziehun- gen, kühlende Purganzen und überhaupt ein antiphlogistisches Regimen sehr nützlich. Wo dem Leiden schwächende Einflüsse zu Grunde liegen, oder dasselbe bei schwächlichen Individuen auftritt, leistet die Anwendung von tonischen Mitteln, insbesondere von Eisen (Carbonas oder lactas ferri) oder Chinin, die Waschung der Umgebung des Auges mit Valeriana- oder Arnicatinctur, Kölnerwasser oder Pyrmonterwasser, die kalte Douche auf Stirn, Schläfe, Hinterhaupt und Rückgrath nebst Bewegung im Freien bes- sere Dienste. Das Tragen von schwachen Convexbrillen gewährt palliative Hülfe. Von den beruhigenden Mitteln empfiehlt Mackenzie die Tinct. Bel- ladonnae 3 mal täglich zu 5 — 15 Tropfen, welche die Neigung zur Ermat- tung der Augen mindern soll.
2. Dem Eintritte der Amaurose gehen häufig kurze Zeit die Erschei- nungen der optischen Hyperästhesie voraus. Diese besteht in sub- jecliven Empfindungen von Licht , Blitzen oder Funken (Photopsia), von
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verschiedenen Farben (Chromopsie oder Chrupsie) oder von hellerleuchte- ten Phantasmen. Die Hyperästhesie, die der amaurotischen Erblindung vorausgeht, äussert sich meistens auf folgende Art: Hat der Patient ein Paar Minuten lang unverwandt auf einen massig erleuchteten Gegenstand geblickt, und schliesst dann die Augen, oder löscht das Licht aus, so bemerkt er ein ziemlich deutliches, etwas verkleinertes Bild (Spectrum). Oft durch- läuft es eine Reihe von Farbenveränderungen, bevor es verschwindet. Es ist 10 — 15" vom Augapfel entfernt und bewegt sich in entgegengesetzter Richtung mit dem Auge. Es entsteht durch krankhaft gesteigerte Reizbar- keit der Netzhaut , welche die Eindrücke des Lichtes länger festhält , als im gesunden Zustande. Beim Tage hat der Kranke sehr häufig ein dumpfes schweres Gefühl in der Stirne, Abends beim Lesen und Schreiben die unan- genehme Empfindung, als ob sich die Augenhöhlen erweiterten , die Augen thränen, und die Augenlider zucken und schwirren häufig. Man fühlt helle Blitze und Funken, wenn man die Augen auch noch so sanft berührt oder reibt, so auch ohne Berührung beim Schlafengehen. Diese Symptome dau- ern Wochen, Monate lang oder über ein Jahr, dann treten die Symptome der Abstumpfung der Netzhaut ein. Das Funkensehen tritt zuweilen nur nach vorausgegangenen aufregenden Einflüssen auf, oder selbst ohne eine bemerkenswerthe Ursache. Häufiger erscheint es im Dunkeln, so auch bei geschlossenen Augen. Es ist der congesliven Form der Amaurose mehr eigen, und fehlt bei der torpiden Form meist gänzlich, daher auch bei Auf- regung der Gefässlhätigkeit dieses Symptom häufig hervorgerufen wird. 3. Der Amaurotische ist nicht im Stande, die einzelnen Farben genau zu unterscheiden. Meistenteils erscheinen ihm die Farben dunkler , eine weisse Fläche hält er oft für grau oder bestäubt. Das Unvermögen , be- stimmte Farben zu unterscheiden, wird Achromatopsie oder Dalto- nismus genannt, und kommt auch bei einzelnen Individuen vor, welche sonst ein ganz gutes Sehvermögen haben. Dieser Zustand zeigt hinsicht- lich der Ausdehnung grosse Mannigfaltigkeit. Der Daltonismus erstreckt sich fast niemals auf die gelbe Farbe , indem diese meistens unterschieden wird. Je zwei Ergänzungsfarben stehen stets in gleichem Verhältnisse; wer für Roth unempfindlich ist, kann auch grün nicht unterscheiden. Ueber die nächste Ursache der Achromatopsie bestehen für jetzt bloss Hypothe- sen. Die Ursache des Fehlers liegt wahrscheinlich nicht in einer Unempfind- lichkeit der Netzhaut für Lichtstrahlen von gewisser Brechbarkeit, sondern in einem Defecl des Sensoriums, wodurch ihm das Urlheil über jene Diffe- renzen der Strahlen, von denen die Farben abhängen, unmöglich wird. Man hat diesen Zustand seltener bei Frauen , als bei Männern beobachtet. Durch die geeignete Anwendung gefärbter Gläser lässt sich der Verwechs-
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lung gewisser Farben oft zum grössten Erstaunen der Betheiligten abhel- fen, aber sie ersetzt freilich nicht die mangelnde Fähigkeit, verschiedene Nuancen einer und derselben Farbe zu unterscheiden. Der Fehler ist ange- boren und wird auch vererbt.
4. Nicht selten kommt bei Amblyopien und beginnenden Amaurosen das Sehen von kleinen, dunklen Flocken oder Fäden oder schlangenarti- gen Gestalten vor, welches Symptom man als Mückensehen, Myodes- opsie, (Scotopsie, Muscae volitantes) bezeichnet. Diese Flocken, Sco- tome genannt, sind verschieden nach Bewegung, Form, Grösse, Farbe, Zahl und Beleuchtung, und erscheinen als bewegliche schwarze Puncte, Linien, Bläschen , Klümpchen und schlangenförmige Gestalten. Sie sind nur zum Theile zu den subjectiven Lichterscheinungen zu rechnen ; da ihnen auch zuweilen im Auge selbst befindliche Gegenstände zu Grunde liegen. Letz- tere kommen schon im physiologischen Zustande bei manchen Individuen vor und sind dann als kein amaurotisches Symptom zu betrachten , somit ohne besondere Bedeutung. In vielen Augen befinden sich in den bre- chenden Medien solche Stellen, welche den regelmässigen Gang der Licht- strahlen stören. Sind solche undurchsichtige oder das Licht anders bre- chende Körperchen der Retina zu nahe, als dass sie direct gesehen werden könnten, so können sie doch durch den Schlagschatten , welchen sie wer- fen, wahrgenommen werden. Sie erscheinen gewöhnlich als rosenkranz- oder perlenschnurartig gruppirte , kleine, kreisförmige Scheibchen mit hel- lem Innern und dunklen Ringen, welche in ihrer gegenseitigen Lage und Stellung eine grosse Veränderlichkeit zeigen. Andere Scotome , die eben- falls im physiologischen Zustande auftreten , rühren von der natürlichen Benetzung der Hornhaut, namentlich von der ungleichmässigen Verkei- lung der Thränenfeuchtigkeit her. Sie bestehen in wolkigen, unbestimmt begrenzten, lichtem oder dunklern Stellen oder in wassertropfenähnli- chen, hellen Puncten, welche sich beim Oeftnen des Auges meist sehr rasch im Zerstreuungsfelde nach abwärts bewegen. Das im physiologischen Zu- stande auftretende Mückensehen ist kein gefährliches Symptom. Es kommt häufiger bei Individuen vor, welche anhaltend mit dem Sehen durch Micro- scope und Fernröhre beschäftigt sind. Ein gewisser Reizungszustand der Retina begünstigt sodann das Auftreten der Scotome.
Auch die durch pathologische Zustände hervorgerufene Scotopsie hat nicht immer eine amaurotische Bedeutung. Zuweilen rührt sie nämlich von einwärtsgekehrten Wimpern, von abgestossenenEpithelialzellen und Schleim- partikelchen auf der Hornhaufläche (bei catarrhalischen Entzündungen), von partiellen Trübungen der vordem Kapsel, der Linse oder selbst der Cor-
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nea her. Sie zeigen einen hohen Grad von Unveränderliehkeit, wenn sie von partiellen Trübungen der durchsichtigen Medien herrühren. Zuweilen, jedoch selten inögen auch in der vordem Augenkammer flotlirende Gebilde, oder selbst Binnenthiere in derselben (Sömmering , Logan) zum Mücken- sehen Veranlassung geben.
Eine amaurotische Bedeutung haben jene Scolome , welche eine Er- krankung der Retina als Grundursache anerkennen. Sie sind theils beweg- lich, theils fix, bestehen in der Dunkelheit grösslentheils fort, und zeigen sich als schwärzliche, runde oder unregelmässige, grossere oder kleinere Flecken, Filamente oder Netze. Einige Scolome, die man auch als inflam- matorische bezeichnet, treten bei Aufregung des Gefäss- und Nervensystems leichler und im höhern Grade auf, bestehen in der Dunkelheil fort, und sind häufig mit Lichlerseheinungen, glänzenden Flecken, Funken , Blitzen und Flammen verbunden. Die Phänomene nehmen eine schwarze Färbung an, so- bald der Kranke die Augen öffnel und sie dem hellen Tageslichte aussetzt. Par- tielle temporäre Dilatation der Choroidealgefässe, wie sie bei Individuen mit Anomalien der Circulalion und mit gastrischen Störungen nicht selten eintre- ten, geben zu beweglichen, vorübergehenden Scotomen Veranlassung; permanente Ausdehnungen der Choroideal- und Retinalgcfässe (bei chro- nischen Hyperämien und Entzündungen der Aderhaut) veranlassen zuwei- len fixe Scotome. Partielle Lähmung der Retina ist ferner eine Ursache der Scolome. Eine solche Unempfindlichkeit und Abstumpfung der Retina wird öfters durch übermässige Reizung derselben hervorgerufen, wozu grosse und anhaltende Anstrengung der Augen , besonders im künstlichen Lichte oder bei unzureichender Beleuchtung Veranlassung gibt. Ihr gehen zuweilen die Phänomene der optischen Hyperästhesie vorher. Treten end- lich die Symptome der Abstumpfung der Netzhaut ein , so bemerkt der Kranke meistens bei Betrachtung eines Gegenstandes einen kleinen undeut- lichen, dunklen Fleck zwischen sich und dem Objecte in der Luft. Will er ihn schärfer ins Auge fassen, so verschwindet er. Auf weissem Grunde erscheint der Fleck beinahe schwarz , auf orangefarbenem oder gelbem Grunde schmutzig blau oder violett. Die Ränder sind verwaschen, die Form daher unregelmässig. Anfangs sieht der Kranke nur ein solches Scotom, dann mehrere, öfters und zwar undurchsichtige; sie bleiben allmälig auch länger sichtbar. Der Grund dieser Erscheinung ist , dass einzelne Stellen der Netzhaut gegen die Einwirkung der Lichtsirahlen unempfindlich gewor- den sind und daher als dunkle Flecken percipirl werden. Anfangs bemerkt der Kranke diese Mouches volantes nur von einer Zeit zur andern, oft nur in Zwischenzeilen von mehreren Tagen und nach vorausgegangener An- strengung. Ihre Dauer ist höchst vorübergehend. Ihre Bewegung folgl
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häufig einer bestimmten Regel, und zwar den Bewegungen des Auges, so dass sie entweder plötzlich in die Höhe steigen, oder sich langsam herun- tersenken. Uebrigens kann auch das wechselweise Auftreten und Ver- schwinden der Scotome an verschiedenen Stellen ihre scheinbare Bewe- gung veranlassen. Den zuletzt beschriebenen Scotomen gesellt sich end- lich ein dumpfer Kopfschmerz , ein Gefühl, als ob die Augenhöhlen sich erweiterten, sobald der Kranke einen Gegenstand anzublicken versucht, ein pelzartiger Nebel, der die Gegenstände umhüllt, hinzu, und sie geben sich dadurch als ein gefahrdrohendes Symptom zu erkennen.
Von organischen Krankheiten der Netzhaut können Neurome und inelanolische Ablagerungen auf derselben zur Entstehung von Scotomen Veranlassung geben.
Die prognostische Bedeutung der Myodesopsie ist demnach sehr ver- schieden. Jene Mouches volantes, welche auf kleinen Unvollkommenhei- len im Glaskörper beruhen, durchscheinend sind, besser am Tage und im hellen Lichte, als in der Dunkelheit auftreten, beim Schliessen der Augen verschwinden, ohne Kopfschmerz und ohne gleichzeitige Abnahme des Seh- vermögens erscheinen, sind ein ungefährliches Symptom, und lassen weder die Entstehung einer Cataract oder einer Amaurose befürchten. Gefährli- cher sind die Scotome, welche von Erkrankung der Retina herrühren. Von besonders übler Bedeutung ist es, wenn im Gesichtsfelde ein fixer schwar- zer Fleck erscheint, der nach und nach am Umfange zunimmt. Auch das Sehen von Blutkügelchen, welches stets mit bedeutender Schwächung des Sehvermögens einhergeht, ist ein ungünstiges Symptom.
Der Myodesopsie reihen sich gewisser Massen auch die Hallucina- tionen des Gesichtssinnes an , welche bei der Hyperästhesia optica auftre- ten, vorzüglich, wenn diese im Centralapparate des Gesichtssinnes im Ge- hirne ihren Sitz hat. Solche subjective Gesichtserscheinungen (Phantasmen) haben auf das Seelenorgan einen bedeutenden Einfluss, und können eben so gut Ursache von physischen Störungen werden , als sie auch Symptome solcher Krankheiten darstellen.
5. Die Unempfindlichkeit der Netzhaut ergreift bisweilen nur eine Hälfte derselben; es tritt Halbsehen (Hemiopie) ein. Der Kranke sieht entweder nur die obere oder untere, oder eine seitliche Hälfte des Objec- tes, und während er sich bemüht, die andere aufzufassen, verschwindet die bereits gesehene. Die Affection besieht zuweilen nur auf einem Auge, öfters auf beiden. Ihre Ursachen sind wenig bekannt. Eine plötzliche Störung der Circulaüon, Indigestionen, Gemüthsaffecte, besonders heftiger Zorn, Betrübniss und Kummer können sie veranlassen ; sie hält unter sol- chen Umständen nicht lange, nur einige Stunden an, und geht sodann ohne
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weitere Beeinträchtigung des Sehvermögens vorüber; zuweilen folgt ihr nur ein Kopfschmerz. Die Amaurosis dimidiata beider Augen entsteht auch aus einer Lähmung der einen Wurzel des Chiasma, oder des Gehirntheils jener Seite, aus welcher der Sehnerve entspringt. Das Halbsehen kommt symptomatisch auch bei Amaurosen vor, und deutet dann eine halbseitige Lähmung der Retina an. Bisweilen ist die Mitte des Sehfeldes dunkel, der Kranke sieht nur nach oben und unten oder zu beiden Seiten (Visus inter- ruptus).
6. Eine Folge des Torpors der Retina ist auch, dass der Kranke die zu betrachtenden Gegenstände dem Auge mehr nähern muss. Diese Art der Myopie (Myopia spuria) unterscheidet sich von der wahren durch feh- lerhafte Brechung der Lichtstrahlen hervorgerufenen dadurch, dass Con- cavbrillen das Sehvermögen nicht verbessern , was jedoch häufig durch Convexbrillen, welche die Thätigkeit der Netzhaut anregen, geschieht, und dass der Kranke bei Myopia spuria eine grössere Lichlmenge bedarf, wäh- rend der wahre Kurzsichtige selbst in der Dämmerung ziemlich gut sieht. Auch erscheinen bei der Amaurose zuweilen die Gegenstände kleiner (Mi- cropie) und mit verminderter Schärfe, nur selten grösser, als sie wirklich sind (Megalopie).
7. Manche Erscheinungen der Amaurose hängen von der Theilnahme anderer in und am Auge befindlicher Nerven ab. Die Energie der sensi- blen Nerven, welche sich sowohl durch Empfindung, als durch Reflexein- fluss auf die motorischen Nerven offenbart, kann krankhaft gesteigert sein, so dass mehr oder minder heftige Schmerzen die Amaurose öfters beglei- ten. Auch dauert dann die Reaction gegen das Licht als Reizpotenz fort. Beispiele von Hyperästhesie der Ciliarnerven, von schmerzhafter Lichtscheu, so dass die Pupille sich zusammenzieht, und die Augenlider sich schliessen, sind zwar selten bei Amaurotischen, kommen jedoch bei erelhischem Zu- stande zuweilen vor. Am häufigsten aber zeigt sich Anästhesie der Ciliar- nerven , so dass der Erblindete die Sonnenstrahlen mit seinem Auge auf- fangen kann, ohne davon schmerzhaft afficirt zu werden, eine Erscheinung, welche man gewöhnlich Lichthunger nennt, weil man wähnt, der Kranke suche das Licht, um sehen zu können.
8. Die Unbeweglichkeit der Pupille rührt, wo sie in der Amaurose vorhanden ist, von dem unterbrochenen Kreise der Reflexaction her, die überhaupt die Irisbewegungen bedingt. Die Leitungsfähigkeit des Opticus ist aufgehoben , und so kann der Reflexeinfluss auf den N. oculo- molorius nicht mehr Statt finden. Jedoch kann bei Amaurose nur eines Auges der Reflexeindruck von den Nerven des gesunden Auges die Pupille des kranken zusammenziehen. Selten sind jene Fälle, wo eine unwillkühr
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liehe abwechselnde Contraction und Dilatation der Pupille, die vom Licht- einflusse unabhängig ist, (Hippus) besteht. Die Pupille ist meistens starr, erweitert, rund oder winklich, eckig , verzogen entweder in horizontaler oder aufrechter Stellung. Bisweilen ist die Pupille bei Amaurosen verengt, und dann kann, bei Amaurose eines Auges, dieselbe sich erweitern, wenn man das gesunde Auge schliessl.
9. Die motorische Synergie des Sehnerven ist in der Amaurose beein- trächtigt, daher der Stand des Augapfels öfters vor der Sehaxe abweicht, ge- wohnlich nach aussen. Derlei Erscheinungen von Lähmung der muskulösen Gebilde , wozu auch eine Senkung des obern Augenlides gehört , haben jedoch auch öfters in dem Fortschreiten des Krankheitsprocesses auf die motorischen Nerven des Auges ihren Grund, so wie auch durch gleichzei- tige Affection des Trigeminus eine Neuralgia supra- oder infraorbitalis oder eine Anästhesie des Quintus die Amaurose begleiten kann.
10. Das Doppeltsehen (Diplopia) ist nur zuweilen ein amauroti- sches Symptom. Das Doppellsehen besteht entweder nur, wenn der Kranke mit beiden Augen sieht (Diplopia biocularis) oder auch, wenn er nur ein Auge zum Sehen verwendet (Diplopia monocularis). Erstere Art des Dop- peltsehens, welche viel häufiger ist, als die Diplopia monocularis, beruht darauf, dass die Sehaxen beider Augen sich nicht auf einem Puncte des Objectes kreuzen, und auf differenten Nelzhautslellen die Bilder der Gegen- stände entworfen werden. Es begleitet daher sehr oft Krankheiten der Muskeln und motorischen Nerven des Auges, namentlich den Strabismus und die Luscitas, die Lähmung der Bewegungsnerven. Die Doppelbilder treten oft nur innerhalb einer gewissen Distanz auf, und treten bei grösse- rer Entfernung der Objecte vom Auge mehr auseinander. Eines der Dop- pelbilder ist meistens undeutlicher. Sie sind entweder nebeneinander ge- stellt, oder über einander verschoben. Eine ziemlich häufige Form der Diplopia biocularis wird durch eine rheumatische Affection einzelner Mus- keln in der Orbita bedingt , welche keine auffallende Abweichung in der Stellung beider Augäpfel bewirkt, und mit reissenden, herumziehenden Schmerzen in der Umgebung des Auges und geringer Röthung desselben verbunden ist. Sie beruht darauf, dass eine Hyperämie oder Exsudalion in die fibröse Hülle eines oder mehrerer Augenmuskeln erfolgte, wodurch eine geringe krankhafte Contraction oder ein paralytischer Zustand in dem- selben veranlasst wurde. Das Doppeltsehen mit einem Auge ist meistens durch abnorme Brechung der Lichtstrahlen bedingt, und wird dem zu Folge bei winkliger Biegung (Facettirung) der Cornea , bei einer Doppelpupille, beim beginnenden grauen Staare zuweilen beobachtet. Bei Amaurosen ist das Doppeltsehen mit beiden Augen meistens durch eine geringe Abwei-
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chung des Augapfels veranlasst, die monoculare Diplopie hingegen, welche bei Hysterischen und Hypochondern zuweilen vorkommt, ist rein nervös und kann durch abnorme Reizung des Nervensystems, heftigen Zorn, Schrecken u. s. w. entstehen.
Weichen die Sehaxen nur um ein sehr Weniges von der normalen Stellung ab, so dass die Doppelbilder sich nicht vollständig von einander trennen, sondern sich theilweise decken, so bemerkt man oft nicht deut- lich, dass es die Erscheinung des Doppeltsehens ist, und glaubt die Objecte hätten eine andere Gestalt, wären verschoben, wobei sie oft, wegen der nicht constanten Neigung der Sehaxen zu einander zu schwanken scheinen. So erklärt sich bisweilen die Erscheinung der Metamorphopsie, des Ungestaltsehens.
11. Das Ansehen des Auges hat bei vollkommener Amaurose etwas Fremdartiges, ist matt, glanzlos. Der Blick ist stier, das Lebendige, Seelenvolle desselben ging verloren. Diess beruht darauf, dass die regel- mässigen, dem Zwecke des Sehens entsprechenden, harmonischen Bewe- gungen der Augen aufhören, dass die Augen, bei dem Unvermögen zu sehen, in den ursprünglichen Parallelismus der Sehaxen zurücksinken. Amaurotisch Erblindete gehen meistens mit nach aufwärts gewandtem Blicke, ziemlich keck einher, und unterscheiden sich dadurch auffallend von cataractös Erblindeten. Die Sclerotica ist zuweilen bläulich getüncht, von varicösen Gefässen durchzogen. Die Iris ist bei der congestiven Form der Amaurose voll, strotzend, nach vorne gewölbt, in andern Fällen schlaff, welk. Im Hintergrunde des Augapfels zeigt sich bisweilen eine scheinbare Trübung von rauchiger , schwarzgrauer oder bleichgrauer Färbung. Die Ernährung des Auges wird zuweilen beeinträchtigt, die Cornea erscheint matt, flacher, die Conjunctiva trockener, dabei in der Umgebung des Auges ein Gefühl von Kälte, Taubheit oder Unempfindlichkeit.
12. Zuweilen entwickeln sich die Geisteskräfte auffallend; der Tast- sinn und auch der Gehörsinn erlangen eine ausserordentliche Feinheit, was die Erziehung der Blinden wesentlich erleichtert. Indessen wird auch in andern Fällen die Thätigkeit anderer Sinne durch die der Amaurose zu Grunde liegende Krankheil vermindert oder aufgehoben. Das Gemüth der Kranken ist oft während des Erblindens sehr beunruhigt und ängstlich ; nach vollständiger Erblindung tritt jedoch meistens eine ruhigere Gemüths- stimmung und Resignation ein.
Da die Amaurose durch mannigfache Erkrankungen bedingt sein kann, so versteht es sich von selbst, dass es eine allgemeine Symptomatologie derselben kaum gebe, und dass die angeführten Symptome theils fehlen, theils bedeutend modificirt sein können, so wie nach der Art der Erkran-
kung nichl selten noch andere Symptome von Functionsstörung in gewis- sen Organen und Theilen des Körpers auftreten.
Sowohl organische Krankheiten als auch functionelle Störungen ge- wisser Organe und Systeme des Körpers können eine Amaurose hervor- rufen. Je nachdem die Function des Sehnerven und der Retina entweder durch krankhafte Zustände im Auge und im peripherischen Verlaufe des Opticus vermindert oder aufgehoben wird, oder je nachdem Erkrankungen des Centraltheils des Gesichtssinnes (des Gehirnes) der Amaurose zu Grunde liegen, unterscheidet man peripherische und centrale Amaurosen.
1. Zu den peripherischen Amaurosen rechnen wir folgende Formen :
a. Amaurose durch primäre Erkrankung (Lähmung) der Netzhaut. Sie entsteht durch Ueberreizung der Netzhaut in Folge eines grellen Lichteinflusses (durch Insolation, grellen Lichlreflex , Blitzstrahl, plötzliche Einwirkung des Sonnenlichtes nach einer Sonnenfinsterniss), und kann bei krankhaft empfindlicher Netzhaut um so leichter eintreten, was bei Individuen öfters der Fall ist, welche lange Zeit im Finstern waren, und plötzlich ans helle Licht gebracht wurden. Diese Art der Amaurose entsteht meistens plötzlich und ist entweder vollkommen oder partiell (Halb- sehen). Sie beruht auf Lähmung der Netzhaut. Wenn sie sich jedoch lang- sam entwickelt, so liegt ihr gewöhnlich ein Congestions- oder Entzündungs- zustand im Innern des Auges zu Grunde.
b. Amaurose durch Congestiv- oder entzündlichen Zu- stand im Innern des Auges (Amaurosis congestiva). Die Congestion findet gewöhnlich zur Aderhaut oder Netzhaut Statt, wodurch die Faserlage der letzteren einen Druck erleidet. Uebermässige Anstrengung der Augen bei Arbeiten mit kleinen und glänzenden Gegenständen, plethorischer Zustand, unterdrückte Secrelionen oder Blulflüsse sind die gewöhnlichsten Gelegen- heitsursachen. Individuen mit dunkelbraunen Augen sind mehr dazu ge- neigt. Gefühl von Völle und Spannung im Augapfel , Turgescenz und trä- gere Bewegung der Iris, Anfangs verengerte, später erweiterte Pupille^ Nebelsehen, zuweilen Mückensehen gehören zu ihren Erscheinungen, wel- che meistens langsam zunehmen. Zuweilen führt ein plötzlicher Anfall vollkommenen Gesichtsverlust herbei. Die Art der Diät und des Regimens, so wie die Lage 'des Körpers haben Einfluss auf die Steigerung oder Ver- minderung der Erscheinungen, da durch reizende Diät, geistige Getränke, durch gebückte Stellung, oder Rückenlage mit abhängigem Kopfe, durch Anstrengung und Erhitzung die Gesichtsschwäche zunimmt. Die Entzün- dung der Netzhaut , welche unter heftiger Photopsie, grosser Lichtscheu und Verengerung der Pupille totale Erblindung herbeiführt, ist sehr selten.
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Sehr häufig- sind es jedoch acute und chronische Entzündungen der Choroidea, welche Amblyopie oder Amaurose in ihrem Gefolge haben, da die Entzündungsproducte auf die Netzhaut drücken und ihre Function stören. In solchen Fällen sind die Symptome den so eben erwähnten ähn- lich; am Auge selbst beobachtet man die durch Choroideitis und ihre Aus- gänge bedingten Erscheinungen. Atrophie des Auges ist ein nicht seltener Ausgang. Auch eine deprimirte Staarlinse kann durch Druck auf die Re- tina Amaurose veranlassen,
c. Lange Unthätigkeit der Netzhaut, bei Menschen, welche lange Zeit in dunklen Kerkern, Bergwerken etc. sich aufhalten, oder wenn ein Auge zum Sehen nicht verwendet werden kann , wie bei Stra- bismus, lange bestehender Cataract, hat öfters theilweise oder gänzliche Anästhesie der Netzhaut zur Folge (Amaurosis ex anopsia). Dabei besteht öfters Verminderung des Accomodationsvermögens des Auges für nahe Objecte, ferne werden deutlicher unterschieden. Die Iris bewegt sich frei, wenn das gesunde Auge offen ist, allein die Pupille erweitert sich bei der Schliessung des gesunden Auges, und die Irisbewegungen erfolgen nur sehr träge oder gar nicht. Auch solche Individuen, welche immer nur ein und dasselbe Auge zum Sehen verwenden, sind dieser Art der Amblyopie unterworfen.
d. Die durch Verletzung oder Erschütterung des Aug- apfels entstandene Amaurose (A. traumatica) erfolgt in vielen Fällen plötzlich und ist entweder partiell oder total. Feurige, blitzähnliche Erschei- nungen zeigen sich anfänglich. Der Blick des Auges ist stier: oft ist Stra- bismus vorhanden. Die Iris ist unbeweglich, die Pupille erweitert und ge- wöhnlich verzogen, zuweilen ganz nach einer Seile , so dass die Iris da- selbst ganz zu fehlen scheint (durch Lähmung der Ciliarnerven). Zuweilen geht das Sehvermögen nicht sogleich nach der Verletzung verloren , son- dern es entwickelt sich mehrere Wochen darauf eine chronische Entzündung der innern Gebilde des Augapfels (Choroidea, Retina), das Gesicht schwin- det gänzlich, und der Augapfel gehl in Folge der verminderten Ernährung der Atrophie entgegen (Vergl. Entzündung der Choroidea). Die traumati- sche Einwirkung ist zuweilen unbedeutend, z. B. ein Schlag mit dem Ende einer Peitsche ins Auge. Die Verletzung, sei es Erschütterung, Zerrung, Quetschung, kann den Augapfel selbst, oder seine Umgebung treffen. Hier- bei wird ein besonderes Gewicht auf die Supraorbilalgegend gelegt, und eine Sympathie zwischen N. supraorbitalis und opticus angenommen. Schon aus Hippocrales Schriften und einem Commenlare Platner's, (de vulneribus superciliis illatis, cur coecitalem inferant, ad locum Hippocratis cet.) citirle man die Gefahr der Erblindung nach Verwundungen jener Gegend. Der
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berühmte Ophthalmologe Beer schrieb geradezu der Affection des Stirnner- ven diejenige Amaurose zu, die sich später nach der Verletzung bei schlech- ter Narbenbildung einfindet, und will sogar dieselbe in zwei Fällen durch starke bis auf den Knochen dringende Einschnitte in der Nähe des Foramen supraorbitale, wodurch die gezerrten Filamente des Nerven durchschnitten wurden, geheilt haben. Da indessen die Durchschneidung des Stirnnerven nicht sogleich Amaurose herbeiführt, so dürfte in solchen Fällen die Amau- rose lediglich als Folge von Commotio bulbi oder gleichzeitiger Verletzung des Gehirns betrachtet werden. In manchen Fällen tritt sie später in Folge einer schleichenden Entzündung des Augapfels ein , und es wird derselbe durch Störung der Ernährung , die sich aus dem aufgehobenen oder ver- minderten Einflüsse des N. supraorbitalis erklären lässt, atrophisch.
Die Leitungsfähigkeit des Sehnerven kann gleichfalls durch Erschüt- terung und Verletzung desselben aufgehoben werden Das verletzende Werkzeug kann entweder bloss den Sehnerven in der Orbita treffen, oder durch dieselbe in die Schädelhöhle eindringen, wovon Larrey einen merk- würdigen Fall mitgelheilt hat. In diesem war die Spitze eines Rappiers unter der Augenbraue und an der innern Seite der Orbita durch das Augen- lid hindurch tief in den Schädel eingedrungen. Es bestand bloss Halbsehen mit dem rechten Auge , und die Section wies eine Verletzung der Wurzel des rechten Sehnerven an ihrem Ursprünge und unterhalb der arteria cerebri nach. Exostosen des Keilbeins können ähnliche Erscheinungen her- vorrufen. Beer fand bei einem amaurotischen Knaben, der kurze Zeit vor dem Tode in Manie verfallen war, einen beträchtlich langen Knochensta- chel an der Seite der sella turcica, welcher die Sehnerven an der Kreu- zungsstelle durchbohrt hatte.
e. Jeder Druck auf den Sehnerven in seinem Verlaufe , wel- cher durch Blutextravasate, Exsudate, Geschwülste in der Orbita, mögen sie von den Weichtheilen oder von den Knochen ausgehen , von aneurys- matischen Ausdehnungen der Gefässe ausgeübt wird, kann Amblyopie oder Amaurose veranlassen. Dessgleichen beträchtliche Zerrung des Sehnerven beim Exophthalmus. Die sogenannte Amblyopia congestiva rheu- matica, welche nach plötzlichen Verkühlungen des zuvor erhitzten Kör- pers oder Kopfes einzutreten pflegt , hat meistens in einem Congestivzu- stande oder Exsudationsprocesse in der harten Scheide des Sehnerven, und in den fibrösen Gebilden der Orbita ihren Sitz. Daher beobachtet man bei dieser Form ausser dem sehr geschwächten Sehvermögen (Nepheliopia con- gestiva rheumatica) oder gänzlicher Blindheit, meistens ziehende oder reis- sende Schmerzen in der Umgebung des Augapfels, sowie in der entspre- chenden Kopfhälfte, etwas verengerte, unbewegliche oder trägere Pupille,
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und massige Hyperaemie der Conjunctiva bulbi in der Umgebung der Cor- nea. Bildung von Cataracta erfolgte nicht selten nach derlei Amaurosen.
f. Amaurose durch Reizung desN. quintus. Es sind Fälle bekannt, wo Reizung dieses Nerven durch einen fremden Körper oder Druck auf denselben durch Geschwülste Blindheil bedingte. Auch die in der Dentitionsepoche entstehende Amaurose gehört einiger Massen hieher. Symptome von Hyperästhesie des Quintus, Irritation und Hyperämie des Auges, verengerte Pupille, Lichlscheu u. s. w. sind gewöhnliche Symp- tome.
2. Zahlreich sind jene Fälle, wo die Amblyopie oder Amaurose durch Störung der Gehirnfunction hervorgerufen wird. Man pflegt sie als c e n- trale Amaurosen zu bezeichnen. Zunächst liegen ihr entweder func- tionelle Störungen im Gehirne, meistens Circulationsfehler, deren Quelle wieder in entfernteren Organen liegen kann, oder organische Erkrankun- gen des Gehirnes zu Grunde.
a. Störung der Circul atio n i m Gehirne und dadurch be- dingte Hyperämie desselben ist bei vielen Kranken die Ursache des geschwächten oder aufgehobenen Sehvermögens. Die Amaurose hat den congestiven Character, ist nur selten complet oder vollkommen, (zuweilen nur Halbsehen), selten von Mückensehen, dagegen meistens von Kopf- schmerz, Druck und Schwere in der Slirngegend, von Schwindel, Ohren- sausen, Appetitmangel, Ueblichkeiten und allgemeinem Unwohlsein beglei- tet. Gastrische und gallige Zustände begleiten oft die Amblyopie , so wie auch Verdauungsstörungen häufig dazu Veranlassung geben. Alle Krank- heiten, auch die entfernter Organe, welche zur Circulationsstörung Anlass geben, und besonders den Rückfluss des venösen Blutes vom Kopfe hem- men, sind als Ursachen zu betrachten. Daher treffen wir diese Form der Amaurose bei organischen Herzkrankheiten (Hypertrophie mit Dilatation), bei der Apoplexie, bei scrofulösen Drüsengeschwülsten am Halse, bei ver- schiedenen Krankheiten des Unterleibes, bei sparsamer oder unterdrückter Menstruation , in der Schwangerschaft (besonders der zweiten Hälfte der- selben) und nach der Entbindung, so wie auch in der Trunkenheit zuwei- len an.
Einige besondere Arten von Amaurosen können hieher gerechnel werden, und zwar:
oc. Die Amaurose , welche man bei einem acuten Catarrhe des Fron- talsinus (Stockschnupfen) bisweilen beobachtet, Amaurosis calarrha- lis. Die Sympathie zwischen Nasenschleimhaut und dem Augapfel durch Gefäss- und Nervenverbindung ist hinlänglich bekannt , um sich die bei Stockschnupfen eintretende Hyperämie des Gehirnes und Auges und die
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Anaesthesie der Netzhaut erklären zu können. Heftiger, drückender ode pochender Schmerz in der Stirngegend, Trockenheit der Nase, erweiterte, unbewegliche Pupille und Turgescenz des Augapfels sind ihre gewöhn- lichen Symptome.
ß. Die Amblyopie oder Amaurose durch Irritation der verschie- denen Zweige des Sympathicus. Sie wird am häufigsten durch Krank- heiten der Unterleibsorgane, des Uterus, Wurmleiden veranlasst. Ausser den dem Grundübel eigenthümlichen Phaenomenen beobachtet man am Auge meistens erweiterte, ziemlich reine Pupille, Störungen der motorischen Thä- tigkeiten (Augenlidkrampf, Strabismus), Funkensehen. Die Amaurose kommt manchmal plötzlich, und zeigt öfters Veränderungen in ihrem Verlaufe, da zuweilen Besserung odeT Verschlimmerung eintritt.
y. Die Amaurosis narcotica wird durch Einwirkung mehrerer narcotischer Stoffe herbeigeführt; auch ihr scheint eine venöse Congestion zum Gehirne zu Grunde zu liegen, wodurch die Leitungsfähigkeit der Nerven herabgeslimmt wird. Sie erfolgt durch Vergiftung mit Belladonna, Hyos- cyamus, Stramonium, Opium, Digitalis, Alcohol und Tabak. Die Pupille ist dabei gewöhnlich sehr erweitert und starr, die venösen Gefässe des Aug- apfels turgescirend, das Sehvermögen sehr schwach, wie in einen dichten Bauch und Nebel gehüllt, dabei Phaenomene von Turgescenz der Hirnge- fässe. Die Amaurose durch Bleu ntoxication (Amaurosis saturnina) tritt ein, nachdem schon öfters andere Krankheiten durch Bleivergiftung, z. B. Bleicolik, vorausgingen, und erfolgt meistens plötzlich. Gewöhnlich werden beide Augen befallen, in demselben oder in verschiedenem Grade. Die Pupille ist erweitert und ganz unbeweglich. Bei den meisten Kranken der Art gingen der Amaurose andere Störungen des Nervensystems voraus, nämlich Schmerzen in den Armen, Krämpfe, beginnende Lähmung am Hand- gelenke, epilepsieartige Anfälle, Delirien u. s. w. Zuweilen ist Aufgelrie- benheit der venösen Gefässe der Conjunctiva und Sclerotica mit Empfindung von Völle im Augapfel zu beobachten. Sie gehl meistens nach kurzer Zeit wieder vorüber, ihre Dauer ist von einigen Stunden bis zu mehreren Mona- ten. In den meisten Fällen verschwindet sie wieder nach Behandlung und Hebung der Bleivergiftung.
b. Amaurose durch entzündliche Vorgänge im Gehirne. Am häufigsten sind es serös-albuminöse Exsudate an der Grundfläche des Gehirns, die das Chiasma comprimiren, und meistenteils Folge von Menin- gitis sind. Die wichtigsten Anlässe zu solchen entzündlichen AfTectionen der Gehirnhäute und des Gehirns sind : Erschütterungen oder andere Ver- letzungen des Kopfes, Reizung durch schweres Zahnen bei Kindern, durch Störung der Verdauungsorgane, fieberhafte Krankheiten, insbesondere acute
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Exantheme (Scharlach, Masern), heftige Gemüthsbewegungen, habitueller Genuss spiriluöser Getränke, die Insolation, unterdrückte Blutungen oder andere Ausscheidungen, z. B. die der Menstruation, der Hämorrhoiden, der Milch, plötzliche Heilung von Geschwüren, welche stark secernirten, oder von chronischen Hautkrankheiten, Verkühlung und unterdrückte Hautaus- dünslung, grosse und übermässige Anstrengung, besonders mit geistigen Arbeilen nebst Entbehrung des nöthigen Schlafes.
c. Organische Veränderungen im Gehirne sind öfters die Grundursache der amaurotischen Erblindung. Comprimirende Geschwülste (Tuberkeln, Hydatiden, Krebs), Erweichung, Bluterguss, Ansammlung serö- ser Flüssigkeit sind bei Amaurotischen nicht selten aufgefunden worden. Den Sitz der organischen Veränderung findet man in den lhalamis opticis, den Vierhügeln, der Varolsbrücke, am luber cinereum, im kleinen Gehirn, an den Hemisphaeren des grossen Gehirnes u. s. w. Bekannt ist die amau- rotische Erblindung beim acuten und chronischen Hydrocephalus. Die Symptome sind sehr verschieden nach dem Sitze, der Natur und der Aus- dehnung der krankhaften Veränderung. Die Iris ist bisweilen noch thätig. Die Blindheit tritt gewöhnlich langsam ein; ihre Vorläufer sind heftiger Kopfschmerz und Schwindel. Anfangs leidet nur Ein Auge, später kann auch das zweite ergriffen werden. Im Beginne der Krankheit ist das Ge- sichtsfeld nicht gleichmässig verdunkelt. Theilnahme anderer Nerven oder Sinnesorgane tritt gewöhnlich hinzu, daher diese Art der Amaurose häufig Lähmung der Augenlider oderdes Bulbus (Affectionen des dritten oder sechs- ten Gehirnnerven), Doppeltsehen, Neuralgia supraorbitalis oder facialis (Affectionen des Quinlus), Taubheit, Verlust des Geruches, psychische Stö- rungen, Convulsionen (Amaurosis epileptica), Paralyse der motorischen Ner- ven des Gesichtes, der Zunge, der Rumpfglieder in ihrem Gefolge hat.
d. Amaurose durch Erkrankung des Rückenmarkes. Es besteht entweder primäre oder secundäre Spinalirritation. Die Symptome, welche ihr angehören, beurkunden einen erethischen Zustand, nämlich Lichtscheu, Lidkrampf, temporäre Injection der Ciliargefässe, enge Pupille, Hippus, nebst anderen nervösen Zufällen. Das Uebel schwindet oft plötz- lich wieder, wie es gekommen ist, zuweilen macht es einzelne Anfälle, oder zeigt selbst einen intermittirenden Charakter. Hysterische Frauenzim- mer sind ihr insbesonders unterworfen. Auch zur Tabes dorsalis gesellt sich zuweilen die Amaurose, und die Amblyopie geht der Lähmung dei untern Extremitäten als erstes Zeichen voraus, oder sie entsteht erst später im Verlaufe der Krankheil. In der Regel erreicht die Erblindung nicht dio höchste Stufe, und bleibt als mehr oder minder bedeutende Amblyopie stehen.
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e. Amaurose durch schwächende Einflüsse. Hieher ge- hören plötzlicher und starker Blutverlust, und anhaltender Säfteverlust durch langwierige Diarrhoeen, lange fortgesetztes Säugen, Masturbation, erschöpfende Krankheiten, wie Cholera, Typhus. Plötzlicher und schneller Säfteverlust beding! häufiger Amaurose, als langsame und allmälige Schwä- chung". Auch jene Schwäche des Sehvermögens, welche bei Krankheiten mit veränderter Zusammensetzung des Harnes vorkommt, ist als eine Folge- erscheinung des allgemeinen Schwächezustandes, der durch diese Krank- heiten herbeigeführt wurde, zu betrachten. Die Amaurose tritt daher erst nach längerem Bestehen des Leidens auf. Man beobachtete sie bisher bei Albuminurie, Glykosurie (Zuckerharnruhr), Hippurie, Benzurie. Es entsteht die Frage, ob nicht bei allen Krankheiten mit fehlerhafter Harnmischung eine eigenthümliche Affection der Centralorgane des Nervensystems zu Grunde liege. Bei allen Formen der Amaurose durch schwächende Einflüsse findet man nebst den Erscheinungen der allgemeinen Schwäche (Blässe des Gesichtes, Torpor der Bewegungsorgane, Zittern) eine sehr erweiterte, starre Pupille, wüslen Kopfschmerz, Gefühl von Kälte in der Augenbrauen- gegend etc. Die Kranken sehen oft nur kurze Zeit oder in bestimmter Rich- tung, wenn die Blindheil nicht vollständig ist. Es entsteht ein Schmerzge- fühl im Auge, sobald der Kranke sich anstrengt etwas zu sehen. Aufre- gende Einflüsse, Rückenlage des Körpers, der Genuss geistiger Getränke und guter Nahrung führen Besserung des Sehvermögens herbei.
Bei der Untersuchung amaurotischer Augen nach dem Tode lassen sich in der Retina bisweilen die microscopischen Elemente derselben nicht mehr unterscheiden. Ihre Primitivfasern sind sehr häufig verdünnt, die grauen Belegkügelchen fehlen gänzlich. Die Nervenfasern sind zuweilen von einer sehr grossen Anzahl Exsudatkörperchen (Körnchenzellen) be- deckt; zwischen den Bündeln der Primitivfasern sind in einzelnen Fällen zahlreiche, erweiterte Blutgefässe angetroffen worden. Bestand die Amau- rose mehrere Jahre fort, so erblasst der gelbe Fleck allmälig und schwindet endlich. War die Amaurose das Resultat von Congestiv- und entzündlichen Zuständen der Aderhaut, so trifft man in dem Auge auch die Entzündungs- producle und die dadurch hervorgerufenen Veränderungen, wie sie bereits bei der Besprechung der Choroidealentzündung angedeutet wurden. Der Sehnerve zeigt sich bei amaurotisch Erblindelen sehr häufig in einem Zu stände von Erweichung oder Atrophie. Die Erweichung beruht zuweilen auf einem entzündlichen Vorgange, Hyperaemie und Ablagerung von Enl- zündungsprodueten (Exsudat- und Eilerzellen), wodurch eine Lockerung des Gewebes entsteht; die neurilemalische Hülle ist sodann getrübt und blutreich, die Nervenmasse von gallertartigem Ansehen und gleicher Con-
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sistenz, von weingelber Farbe. Die Atrophie oder der Schwund der Seh- nerven ist oft so bedeutend, dass sie bis auf blosse Hülsen des Neurilems redueirt sind. Erstreckt sich die Atrophie bis zum lhal. opt., so wird dieser niedriger, schmaler, flacher, grauer, der Marksubslanz verlustig; zuweilen ist auch der gegenüberstehende grösser und voluminöser als im normalen Zustande. In einigen Fällen war das hinter dem Chiasma gelegene Stück des Opticus und der Sehhügel derselben Seite betheiligl, in andern der der entgegengesetzten Seite, während in noch andern beide Optici hinter dem Chiasma und beide Sehnervenhügel an der Atrophie Theil nahmen. Selbst in den Vierhügeln hat man Atrophie gefunden. Die Entscheidung, ob das Schwinden des Nerven als Ursache oder Wirkung der Anaesthesie zu be- trachten sei, ist schwierig, da schon die blosse Unthäligkeit des Nerven eine Atrophie desselben hervorbringt.
Die Amaurose ist zuweilen angeboren. Unvollkommene Entwick- lung einzelner Gehirntheile, daher auch eigenlhümliche Formation des Kopfes trifft man in solchen Fällen. Mit der angebornen Amblyopie oder Amaurose besieht meistenlheils Nystagmus.
Unter den p r ae d i sp oniren den U rsa ch e n sind zu erwähnen: Erblichkeit (daher die Amaurose zuweilen bei allen oder mehreren Mitglie- dern einer Familie in einem gewissen Lebensalter auftritt), minieres Lebens- alter, beim weiblichen Geschlechte vorzüglich die Periode der IVienostasie, Pighientbildung: graue und blaue amaurotische Augen sind seltener im Vergleiche zu denen mit dunkler Iris.
Die Gelegenheitsur sachen lassen sich schon aus den angeführ- ten der Amaurose zu Grunde liegenden Krankheiten abnehmen. Die ge- wöhnlichsten sind : Anstrengung der Sehkraft, Arbeiten bei blendendem oder zu sparsamen Lichte, das Anschauen der Sonne, Reisen über Schnee- flächen, zu plötzlicher Wechsel von Licht und Dunkelheit, anhaltendes Wei- nen, langer Aufenthalt im Finslern, Verkühlungen, Störungen der Ver- dauung und gastrische Reize, Unterdrückung von Blulflüssen und anderen Secrelionen und andere bereits erwähnte Einflüsse» Gemüthsaffecle wirken theils, wie deprimirende Einflüsse, theils als erregende, oder durch Störung der Function der Verdauung.
Der Verlauf der Amaurose ist, mit Ausnahme der A. saturnina, sel- ten acut, gewöhnlich chronisch, auf eine Reihe von Jahren, auf ein halbes Lebensalter und darüber ausgedehnt. Als Folgewirkung der amaurotischen Blindheit tritt zuweilen hartnäckige Schlaflosigkeit ein.
Der Typus ist meistentheils anhaltend, selten intermittirend. Als eine inlermitlirende Amaurose ist die vom Stande der Sonne abhängige
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Anaesthesie des Sehnerven zu betrachten, welche man Coecitas diurna und nocturna genannt hat. Das Sehvermögen schwindet mit dem Unter- gange der Sonne, und stellt sich mit dem Aufgange der Sonne wieder ein. Diese Krankheit heisst Hemeralopie oder Nyctamblyopie (Nachtblindheit, Nachtnebel, Hühnerblindheit). Der Zustand findet sich fast immer auf beiden Augen und variirt dem Grade nach. Die von diesem Uebel befallenen Personen sehen gewöhnlich bei dem Eintritte der Dämme- rung die Objecte mit einem grauen Nebel bedeckt, der sich allmälig in eine dicke Wolke verwandelt, welche sich zwischen ihren Augen und den Ob- jecten ausbreitet. Zuweilen gehen reissendc Schmerzen in den Gliedern voraus, welche mit dem Eintritte der Krankheil schwinden, und in der Um- gebung des Auges wieder auftreten. Die Pupillen sind erweitert und träge, selten enge und reizbar. Dabei besteht zuweilen Gefühl von Mattigkeit, in einzelnen Fällen sogar momentaner Verlust der Beweglichkeit der Glied- massen, dumpfer Kopfschmerz, Betäubung und Verdauungsstörungen. Die Krankheit kommt öfters mit intermitlirendem Fieber vor. In Waisenhäusern beobachtete man sie endemisch in gewissen Jahreszeiten, auch epidemisch wurde sie beobachtet in Verbindung mit Scorbut. Erkältung, Schlafen an feuchten Stellen (daher bei bivouakirenden Soldaten), Sumpfluft, Seeluft (daher auf Schiffen bei Malrosen), und ausschliesslicher Genuss grober vegeta- bilischer Kost sind als Ursachen nachgewiesen worden. In Russland kommt die Nachtblindheit während der grossen Fasten bei Aermeren in grosser Ausbreitung vor, auch in Indien bei Individuen, die sich bloss von Reis nähren. Häufiger befällt das Uebel Männer, als Frauen; auch ist es zuwei- len angeerbl, und man hat Beispiele von Familien, bei denen es sich durch eine lange Reihe von Jahren in einzelnen Mitgliedern derselben fortpflanzte. Die Hemeralopie erscheint zuweilen angeboren, und scheint in diesen Fäl- len auf einer angebornen Schwäche des Sehnervengebildes zu beruhen. Die Hemeralopia spuria kommt vor bei torpider Amblyopie, weil da die Kranken ein intensiveres Licht zur Erregung der Netzhaut brauchen, so auch bei grossem Kräfteverfall nach Blut-, Eiter- und Schleimflüssen.
Die Nyctolopie (Tagblindheit) ist viel seltener und beruht gröss- tentheils auf einer Hyperaesthesie des Auges mit heftiger Lichtscheu, so dass das gewöhnliche Tageslicht nicht vertragen wird. Die mit diesem Uebel Behafteten sind während des Tages fast ganz blind, während sie im Dunkel der Nacht ziemlich gut sehen. Als Ursachen beobachtete man Ueberreizung der Retina durch grelle, reflectirte Lichtstrahlen (auf glänzenden Schnee- flächen) oder langen Aufenthalt im Dunkeln. Auch soll die Nyctalopie en- demisch in manchen heissen Ländern (Siam, Ostindien, Afrika) vorkommen. Die Behandlung richtet sich nach dem Zustande, in dem das Auge sich be-
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findet; gewöhnlich erfordert die Hyperaesthesie die Milderung des Lichtes durch Anwendung von Flor, von grauen oder blauen Gläsern etc.
Die genaue Diagnose des schwarzen Staares ist oft mit grossen Schwie- rigkeiten verbunden. Die sichersten Anhaltspunkte gewähren eine sorg- fältige Erhebung aller objeetiven und subjeetiven Krankheitssymptome aa den Augen, im Kopfe und in den übrigen Organen und Systemen des Kor- pers, Berücksichtigung der Ausbreitung der Symptome auf die mannigfachen Gebiete des Nervensystems, der Einfluss der Diät, des Regimens, der auf- rechten oder horizontalen Lage des Körpers, der Bewegung und der einge- leiteten Behandlung auf die Steigerung oder Verminderung des Uebels- Sehr nothwendig ist ferner die Erhebung der vorausgegangenen Krankhei- ten und krankhaften Disposition,» der Beschäftigung des Kranken, die Er- forschung der Ursache, und ob diese plötzlich oder langsam einwirkte , ob die Krankheit plötzlich oder allmälig sich entwickelte, welchen Verlauf sie bisher nahm, ob sie ein Auge oder beide zugleich afficirle etc.
Die Amaurose wird auch bisweilen von einigen Leuten behufs eines bestimmten Zweckes simulirt, z.B. von Conscriplionspflichligen, Bett- lern, welche desshalb die Pupillen künstlich zu erweitern pflegen. Eine ge- naue Erforschung aller etwaigen Symptome, öfters gestellte Fragen, längere Beobachtung und Ueberwachung des Individuums, so wie die plötzliche un- vermuthete Annäherung eines Gegenstandes, z. B. eines schneidenden In- strumentes, gegen das Auge werden den Arzt grösstentheils in den Stand setzen, den Betrug zu entdecken.
Die Prognose ist im Allgemeinen sehr ungünstig; die Zahl der gelungenen Heilungen ist gering. In vielen Fällen ist eine Hemmung der Krankheit, so dass sie auf der Stufe der Amblyopie stehen bleibt, das Ein- zige, was sich erreichen lässt. Der Erfolg ist abhängig von der Ursache; ist diese bekannt, und lässt sie sich entfernen, so ist bessere Aussicht vor- handen ; ist sie unbekannt, so ist die Behandlung ohnehin viel schwieriger und unsicherer. Ist sie bekannt, jedoch nicht zu entfernen, so schwindet ebenfalls jede Hoffnung. Auch die Dauer der Krankheit hat grossen Ein- fluss, indem sich mehr erwarten lässt, wenn Hülfe zeilig genug in Anspruch genommen wird; besteht jedoch die Amaurose schon Monate oder Jahre lang, so wird die Besserung nur höchst selten gelingen. Die Prognose richtet sich ferner nach der Complication der Krankheit. Je ausgebreiteter die Erkrankung durch die Symptomengruppc sich darstellt, je mehr nervöse Bezirke zugleich affreirt sind, je bedeutendere organische Veränderungen im Augapfel auftreten, desto unsicherer ist die Aussicht auf einen günsti- gen Erfolg. Minder abhängig ist die Prognose vom Grade der Krankheit ; es gibt vollkommene Amaurosen, welche glücklich gehoben werden können,
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während manche Amblyopien höchst hartnäckig sind, und unaufhaltsam in totale Erblindung übergehen. Wenn durch die Einwirkung eines zu grellen Lichtes oder durch Erschütterung oder Verletzung die Function der Retina völlig aufgehoben wurde, so dass auch keine Lichtempfindung besteht, so ist der Fall gewöhnlich hoffnungslos.
Die Behandlung ist sehr verschieden, da die der Amaurose zu Grunde liegenden Krankheilen sehr mannigfaltig sind. Hieraus leuchtet schon die Nutzlosigkeit gepriesener Specifica ein.
Als leitende Grundsätze der Behandlung gelten die Causalindica- tion mit gleichzeitiger Berücksichtigung der Individualität des Kranken und des Characlers der Krankheit. Der Character der Amaurose ist aber ent- weder der congestive (sthenische) oder torpide (asthenische).
1. Die congestive (s thenis che) Amaurose zeigt gewöhnlich erhöhten Turgor des Augapfels, überfüllte und erweiterte Gefässe der Con- juncliva oder der lieferen Gebilde, eine dunkle turgescirende, daher nach vorne gewölbte Iris, erweiterte Pupille, und hinter ihr eine rauchige, grau- liche Trübung. Dabei sind Symptome von Druck und Völle im Auge? häufige Scotome, drückende Kopfschmerzen in der Stirn- oder Hinterhaupts- gegend, Schwindel, Ohrensausen u. s. w. vorhanden. Nach jeder Aufregung des Gefässsystems durch reizende Diät, spirituöse Getränke, heftige Bewe- gung oder Gemüthsaffecte, so wie bei der horizonlalen und abhängigen Lage des Körpers tritt Verschlimmerung ein. Sie entsteht entweder langsam oder plötzlich durch alle Ursachen, welche Congestionen zum Kopfe oder zu den Augen bedingen, demnach durch erregende Einflüsse, Anstrengung der Augen, unterdrückte Blutflüsse oder Secretionen.
Besteht die Krankheit in der acuten Form mit den Symptomen eines heftigen Blutandranges zum Kopfe, so isl ein rasches und entschiedenes Eingreifen nothwendig. Blutentziehungen durch Aderlässe und Blutegel oder blutige Schröpfköpfe am Nacken stehen hier oben an. Sie müssen wiederholt werden, wo die Krankheit nicht bald oder nur unvollständig gehoben wurde. Auch kann die Ansetzung von Blutegeln an die Schleim- haut der Nase von Erfolg sein. Innerlich reicht man kühlende Purgantia, unter Vorausschickung eines Clysma, um den Mastdarm zu entleeren. Eis- überschläge auf den Kopf passen bei heftigem Kopfschmerzen oder andern Symptomen, die eine Affeelion des Gehirns oder seiner Häute befürchten lassen. Reizende Fussbäder mit Senfmehl oder Salz und Asche, Sinapismen auf die unteren Extremitäten können hilfreich sein. Wenn nach einigen Tagen die Krankheit noch nicht gehoben ist, reicht man das Calomel inner- lich und lässt das Unguent. hydr. ein. in der Umgegend des Auges einrei-
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ben. Sind die Congestiverscheinungen gehoben, so kann man fliegende Vesicatore in die Stirn- und Schläfengegend applieiren, innerlich ein schwa- ches Reizmittel, z. ß. ein Infusum arnicae, reichen.
Bei der chronischen Form ist viel Ausdauer und Geduld, weniger energisches und rasches Einschreiten erforderlich. Es kommt vorzüglich darauf an, das Hauplsymplom, die Congestion zu beseitigen, wobei man sich vorzüglich nach der veranlassenden Ursache zu richten hat. Blutent- leerungen durch Schröpfküpfe oder Blutegel sind auch hier angezeigt. Bei Haemorrhoidalzuständen setzt man die Blutegel an das Mitlelfleisch zu wie- derholten Malen, und reicht innerlich Purganlia, Mine.alwässer (Seidschütz, Püllna, Marienbader oder Carlsbader), oder Pillen aus Aloe mit Schwefel oder Pulver aus Cremor tartari mit Magnesia und Sulfur. Auf ähnliche Weise verfährt man bei solchen Amblyopien und Amaurosen, welche durch Krankheiten der Unterleibsorgane (sogenannte Stasen im Pfortadersystem) bedingt sind. Bei unterdrückter oder sparsamer Menstruation ist die Appli- cation von Blutegeln, Schröpfköpfen oder Sinapismen an die innere Fläche der Schenkel, ziehende Fussbäder und der innere Gebrauch der Emme- nagoga gerechtfertigt. Bei gastrischen Störungen (Sordes im Magen und Darmcanale) passen Emetica und Purgantia, bei Wurmleiden die Anthe!- minthica. Haben unterdrückte Secretionen zur Entstehung der Amaurose Veranlassung gegeben, so suche man sie wieder herzustellen, beseitige je- doch vor Allem den Congestionszustand zum Kopfe durch antiphlogistische und ableitende Mittel. Es wäre z. B. sehr nachtheilig, wenn man bei einer durch plötzliche Verkühlung entstandenen Congestivamaurose sogleich schweisstreibende Mittel geben wollte, um die Transpiration der Haut zu erregen. Bei organischen Herzkrankheilen oder stürmischer Herzlhätigkeil reicht man die Digitalis nebst andern ableitenden Mitteln, um die Circulation zu beruhigen. Ein entsprechendes Regimen und eine geeignete Diät müssen die Behandlung unterstützen. Der Kranke verhalte sich sehr ruhig, ver- meide grelleren Lichteinfluss und jede Anstrengung der Augen, jede nur etwas ermüdende Arbeit, besonders das viele Bücken, die Beschäftigung beim Feuer, in der Sonnenhitze, alle aufregenden Speisen und Getränke, Thee, Caflfee, Bier, Wein, so wie die Fleischnahrung. Oertlich nützen, wenn der Kranke nicht zu Rheumatismen disponirt ist, häufige Fomentatio- nen der Stirn-, Schläfen- und Augengegend mit kaltem Wasser, die kalte Douche, Einreibungen der Supraorbitalgegend mit Ungt. hydr. ein., wel- chem man Belladonna-Extract zusetzen kann, wenn zugleich Photophobie besteht. Bei übermässiger Reizbarkeit der Augen kann man schwachblaue oder graue (Neutral) Gläser tragen lassen, welche jedoch der Kranke nur im grelleren Lichte, nie jedoch zu Beschäftigungen verwenden darf,
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Die Amaurose, welche in Verbindung mit dem Stockschnupfen vor- kommt, erfordert die antiphlogistische Behandlung zur Hebung der Con- gestion nach dem Kopfe, demnach Blutegel oder Schröpfköpfe, Purgantia, Calomel und nebstbei erweichende Dämpfe in die Nase, Einreibung von Ungt. hydr. ein. um die Nasenwurzel und in der Stirngegend. Hat sich ein Empyem in den Stirnhöhlen gebildet, so ist für die Entleerung des Eiters auf angemessenem Wege Sorge zu tragen.
Die rheumatische Amblyopie und Amaurose wird, da ihr immer ein Congeslions- oder Entzündungszustand zu Grunde liegt, nach den voraus- geschickten Grundsätzen behandelt. Bei der Nepheliopia rheumatica sind zu empfehlen Blutentziehungen durch Blutegel oder blutige Schröpfköpfe, kühlende Purganzen oder kühlende Mittel, wie Nilrum, Cremor tartari, die Plumer'schen Pulver mit Aconit, das Vinum sem. Colchici; Einreibung der Mercurialsalbe mit Opium in der Stirngegend, Ableitung auf die Haut durch Vesicantia. Eine gleiche Behandlung ist auch gegen die rheumatische Diplopie von Erfolg.
Bei der Cur der Hemeralopie ist ein vorhandener Congestivzusland zu beseitigen und einem gastrischen Zustande durch ein Brechmittel aus lpecacuanha oder ein Purgans abzuhelfen Pillen aus Tarl. em. mit etwas Rheum, Abends ein diaphoretischer Thee, bei deutlicher Intermittenz das Chinin, örtlich Dunstbäder am Auge (Dämpfe der gekochten Ochsen- odei Schafleber sind Volksmittel), in hartnäckigen Fällen die Gondret'sche Am- moniaksalbe und innerlich Kampfer haben sich wirksam erwiesen.
Liegt ein entzündliches Augenleiden der Amaurose zu Grunde, so is* sie nach den bei Choroideitis entwickeilen Grundsätzen zu behandeln. Eine consequent durchgeführte Cur durch Mercurial- und Jodpraeparate und con- stanle Gegenreize können in einzelnen Fällen das Uebel ganz oder wenig- stens zum Theile heben. In solchen Fällen hat der Sublimat mit gehöriger Vorsicht und Ausdauer innerlich gereicht bisweilen günstige Resultate erzielt.
Bei entzündlichen Krankheiten und Exsudaten in der Schädelhöhle nimmt die Behandlung dieses Grundleidens die Aufmerksamkeit des Arztes in Anspruch. Antiphlogislica, Mercurial- und Jodpraeparate können auch hier zuweilen günstige Resultate erzielen. Bei organischen Leiden des Ge- hirns gelingt es selten auch nur eine Besserung zu erzielen. Es kommt hierbei darauf an, 1. die Turgeseenz der Gefässe zu beseitigen, 2. eine wei- tere Congestion oder Turgeseenz zu verhüten und 3. die Absorption der krankhaften Deposite durch Mercurialia, Jod oder Gegenreize zu befördern. In manchen Fällen bleibt nichts übrig, als palliativ zu verfahren, die Schmer- zen durch Narcotica zu lindern.
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Ist die Amaurose Folge einer Verletzung, so wird Anfangs wenigstens die antiphlogistische Behandlung zur Verhütung oder Hebung eines ent- zündlichen Zustandes nöthig werden. Später, wenn nur Phaenomene des Torpors vorhanden sind, suche man die Anaesthesie der Retina durch Reiz- mittel zu heben, wie bei der asthenischen Form der Amaurose erörtert werden wird.
Wenn nach Beseitigung des Congestivzustandes noch ein Torpor der Retina zurückbleibt, so müssen gegen diesen aufregende Mittel angewendet werden, doch mit der nülhigen Vorsicht, dass sie nicht von Neuem Con- gestionen bewirken. Am zweckmässigsten wirken hier fliegende Vesicatore nach dem Verlaufe des Nervus frontalis gesetzt, oder Einreibungen geistiger Mittel. Innerlich kann man ein schwaches Infusum arnicae reichen. Zweck- mässiger Gebrauch von kalten Bädern, auch Seebädern und Erholungsreisen bei Vermeidung jeder anstrengenden Beschäftigung können viel zur Besse- rung beitragen.
2. Die torpide (asthenische) Amaurose äussert sich durch Abwesenheit von Congestionserscheinungen nach den Augen und dem Kopfe; es besteht undeutliches und Nebelsehen oder gänzliche Erblindung; im erstem Ealle verbessert ein helleres Licht oder Convexgläser das Sehen; ebenso Einflüsse, welche die Thätigkeit des Nervensystems erhöhen, so auch ruhige Rückenlage. Dunkle Fäden, Flocken oder Wolken schweben vor den Augen, dabei besteht ein Gefühl von Kälte, die Pupille ist erwei- tert oder enge, unbeweglich. Die Ursachen bestehen in schwächenden Einflüssen. Uebrigens kann auch jede congestive Amblyopie oder Amaurose in die torpide Form übergehen.
Rei der Behandlung dieser Form ist zu erwägen, dass bisweilen noch Congestionen zum Auge (eine passive Hyperaemie) die Anwendung von ableitenden Mitteln durch trockene Schröpfköpfe, Purgantia etc. nöthig machen. Man darf übrigens die Ursache des Leidens nie aus dem Gesichte verlieren. Zur Erregung der Thätigkeit der Netzhaut passen innerliche und äussere Mittel.
Bei deren Anwendung ist grosse Vorsicht und Aufmerksamkeit nöthig, um nicht etwa durch zu heftiges Eingreifen, durch Ueberreizung, völliges Erlöschen der Empfindlichkeit oder eine Entzündung hervorzurufen.
Unter den erstem werden gewöhnlich die Tonica, Gentiana, Quassia, China, Eisen (ferrum carbonicum), ferner die Excitanlia, Helleborus niger, Arnica, Phosphor, Slrychnin versucht und haben in einzelnen Fällen ge- holfen. Häufiger werden die erregenden Potenzen äusserlich angewendet. Hier sind zu erwähnen :
1. Die N i e se mittel, bei unterdrückter Secretion der Conjunctiva
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und der Nasenschleimhaut (Spaniol, Marum verum, Helleborus, Turpethum minerale, CalomeJ u. s. w.). Sie werden, da sie gewöhnlich erfolglos sind, selten angewendet.
2. Stimuli r ende und reizende Mittel, welche in der Su- praorbital- und Stirngegend mehrere Male des Tages eingerieben werden. Sie wirken dadurch, dass sie die Endzweige des Nervus quinlus reizen, die Vegetationslhäligkeit des Auges beleben, und dadurch die Thäligkeit der Retina anregen. Sie passen daher vorzüglich bei gesunkener Vitalität des Auges. Man wählt hierzu spirituöse Mittel (Aether sulfuricus, Spiritus Lavandulae, Rorismarini, Tinctura Valerianae oder Arnicae. die Aqua foeni- culi, Kornbranntwein oder Kölnerwasser mit Wasser vermischt), den Bal- samus peruvianus, Phosphor mit ätherischen Oelen, ammoniacalische Lini- mente. Gondret's Ammoniaksalbe ist zu diesem Zwecke ein sehr gutes Mittel, wenn sie vorsichtig angewendet wird; man bereitet sie aus 4 Drach- men frischen Schweinfettes und einer halben bis ganzen Drachme Hammel- fett, welche man in einem Fläschchen mit weiter Oeffnung im heissen Wasser schmelzen, dann wieder etwas kalt werden lässt, worauf man 4 Drachmen Liquor Ammonii caustici hinzugiesst, und nun die Masse tüch- tig schüttelt. Will man die Haut bloss reizen, so streicht man die Salbe auf die Haut und macht leichte Frictionen durch einige Secunden, worauf man die Salbe sogleich wegwischt. Ist die Salbe 10 — 15 Minuten mit der Haut in Berührung, so verursacht sie Blasenbildung; durch eine halbe Stunde angewendet wirkt sie als Aelzmittel und macht einen Schorf. Treten Kopf- schmerzen ein, so muss der Gebrauch dieses Linimentes ausgesetzt werden. Zu den stimulirenden Mitteln gehört auch die Einwirkung stimulirender Dämpfe von Naphthen, Balsamus Fioraventi, Schwefeläther, Blausäure, ätzenden Salmiakgeist. Diese Mittel werden auf der Handfläche verrieben und die Dämpfe gegen die Augen geleitet. Sie sind, da sie das Auge heftig reizen, nur mit der grössten Vorsicht anzuwenden.
3. Als Stimulans wirkt auch das kalte Augen- Spritz- und Douche- bad, welches allmälig verstärkt auf die Stirn- und Augengegend eine be- stimmte Zeitlang (5 — 6 Minuten lang) angewendet wird.
4. Fliegende Vesicatore in der Umgegend des Auges. Man setzt sie (gewöhnlich 2) von der Grösse eines Zwanzigerstückes in der Stirn- oder Schläfengend, hinter die Ohren oder am Nacken; wenn die Stellen abtrock- nen, setzt man wieder frische. Haben solche fliegende Vesicatore keinen Erfolg, so kann das Strychnin endermatisch angewendet werden, welches vorzüglich bei torpiden Amaurosen durch lange Llnthätigkeit der Netzhaut gelobt wird. Man streut nämlich täglich auf die von Epidermis entblösste Stelle Imal V$ Gran auf und kann allmälig: auf '/8 bis 1 Gran steigen, bis
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Kopfschmerzen, kitzelnde oder siechende Schmerzen über den ganzen Kör- per, Zittern, convulsivische Bewegungen, Erscheinungen von Irritation und Congestion,. Schlaflosigkeit, Schmerzen im Auge oder Röthe in der Binde- haut auftreten. Sollten gefährliche Zufälle eintreten, so wischt man das noch etwa auf der Wunde befindliche Slrychnin ab, und streuet 1 — 2 Gran Morphium murialicum auf. Verlegh löst 1 Gran Slrychnin in 2 Tropfen Wasser auf und impft mittelst einer Lanzette diese Flüssigkeit um das Auge herum ein.
5. Der Eleclromagnetismus (mittelst des Rotationsapparales) und die galvanische Electricität werden in einzelnen Fällen von torpider Amaurose in dem speciellen Falle angemessener Stärke angewendet. Der eine Conduc- tor wird gewöhnlich auf die Zweige des fünften Paares, auf die vorher ge- schorene Scheitelgegend oder Hinterhauplsgegend angewendet, während den andern der Kranke in der Hand halt. Auch bei der Anwendung dieser Agenlia muss genau die Einwirkung derselben beobachtet werden, um nicht durch übermässige Reizung zu schaden. Es sind mehrere Fälle von Heilung von Amblyopien und unvollkommenen Amaurosen durch die Elec- tricität bekannt.
6. Die Anwendung von Revulsivmilleln ist in der asthenischen Form der Amaurose sehr häufig und von grossem Nutzen. Zu diesen gehören die Ammoniaksalbe, die Authenriethische Salbe, der Seidelbast, reizende Pflaster, welche entweder in der Scheitelgegend oder im Nacken mittelst eines gefensterten Heftpflasters angewendet werden. Auch Aetzmiltel, das Cauterium actuale und polenliale, die Moxa, das Haarseil, wurden bei tor- piden Amaurosen oftmals angewendet, aber auch häufiger Missbrauch mit diesen Mitteln gelrieben. Die geeignetsten Stellen sind der abgeschorene Scheitel, die Nackengrube, die Gegend hinler dem Warzenfortsatze.
7. Ein sehr wichtiges Mittel ist endlich die Concentralion der Licht- strahlen auf die Retina durch Anwendung von Convexgläsern, mit welchen man sodann Uebungen anstellt, und nach und nach zu schwächeren über- gehl. Bei jener Form der Amaurose, die durch Mangel an Uebung, Ver- nachlässigung des Auges entsteht, ist diese Behandlung, die fortgesetzte Uebung des Auges durch angemessene Zeilräume, nebsl gleichzeitiger An- wendung gelind erregender Mittel (Aqua foeniculi, spir. Anlhos) die wirk- samste Behandlungsweise.
Gegen die Amblyopia erelhistica bei Spinalirrilation werden Land- aufenthalt, die Seebäder, die kalte Douche (vorsichtig begonnen und mit Ausdauer fortgesetzt), innerlich Eisenpräparate, Castoreum, Lactucarium empfohlen.
Sind schwächende Einflüsse, Blutverlust, prolrahirle Entleerungen
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u. s. w. vorausgegangen, so kann durch kräftige und leicht verdauliche Nahrung, massigen Genuss von gutem Wein, innerliche Verabreichung von Valeriana, China, Eisen, die Blindheit gehoben werden. Auch die Anwen- dung von Strychnin kann in solchen Fällen viel leisten.
Bei der durch Narcotica entstandenen Amaurose ist vor Allem der venöse Turgor und die Congestion nach dem Kopfe zu beseitigen. Nebst- bei nützen innerlich Acida vegetabilia, Limonade, äusserlich Umschläge von Essig und Wasser etc., bei torpidem Zustande der Gebrauch von Valeriana, Arnica. Gegen die durch Bleiinloxication entstandene Amaurose werden von Tanquerel Drastica, der endermatische Gebrauch von Strychnin und die Electricität als besonders erfolgreich empfohlen.
C. Krankheiten der Bewegungsnerven.
Die krankhafte Thätigkeit in den motorischen Nerven des Auges und seiner Nebentheile äussert sich entweder durch spastische Contraction der von ihnen versorgten Muskeln, oder durch verminderte oder ganz aufgeho- bene Bewegung derselben, daher die Motilitaets-Neurosen in die Krämpfe und in die Lähmungen zerfallen.
I. Krämpfe.
Krampfhafte Affectionen kommen theils an den Augenlidern, theils am Augapfel vor.
1. Die häufigste Form des Au gen lidkram pf es ist der Blepha- rospasmus, welcher durch eine gesteigerte Energie der Augenlidzweige des N. facialis bedingt isl. Dieser Krampf erscheint entweder als ein Zittern und Zucken des Orbicularmuskels, selbst nur einzelner Fasern desselben, besonders derer, die den Tarsus des untern Lides bedecken, oder als ein schnell aufeinander folgendes Oeffnen und Schliessen des Auges (krank- haftes Blinzeln, Nictitatiomorbosa), oder als ein starres, gewalt- sames Zusammenkneifen der Lider (Blepharospasmus tonicus). Der Krampf ist entweder bloss auf die Augenlider beschrankt, oder mit mi- mischem Gesichtskrampfe (Chorea facialis) verbunden, wenn sich die Affec- tion auf das gesammle Muskelgebiet des Facialis erstreckt.
Die Ursachen des Leidens sind nicht immer genau zu erkennen. Zu- weilen isl der Einfluss starker Kälte oder des Luftzuges nachzuweisen (rheu- matischer Krampf), in welchem Falle häufig reissende Schmerzen in der Umgebung des Auges, so wie im Kopfe den Krampf begleiten. Am häufig-
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sten wirkt als Ursache der Reflexreiz, von Irrilalion der Verzweigungen des N. quintus, daher der Lidkrampf jede stärkere Lichtscheu begleitet, und namentlich bei scrofulösen Kindern eine sehr häufige Erscheinung ist. Zu- weilen liegt dem Blepharospasmus eine Verletzung, oder die Anwesenheit eines fremden Körpers zwischen den Lidern zu Grunde, in welchem Falle der Krampf die Entfernung des fremden Körpers oft erschwert oder unmög- lich macht. Menschen, deren Augen wegen dünner Brauen und blassgefärb- ter oder ausgegangener Wimpern starkem Lichtreize ausgesetzt sind, sind häufig mit Niclitalio behaftet. Tn andern Fällen hat die krampfhafte Affec- tion ihren Heerd im entfernteren Organen, namentlich im Darme; die Hel- minthiasis hat im kindlichen Alter nicht selten den Blepharospasmus zur Folge. Bei erwachsenen Individuen ist das öfters eintretende Zucken in den Augenlidern häufig in Haemorrhoidalzufällen und dadurch bedingter Circulationsstörung und Congestion des Blutes zum Kopfe begründet. Auch von der Gebärmutter verbreitet sich zuweilen der Reiz, daher bei hysteri- schen weiblichen Individuen krampfhafte Zuckungen der Augenlider nicht selten eintreten.
Die Datier des Augenlidkrampfes ist höchst verschieden. Krampfhafte Zuckungen der Augenlider gehen oft sehr schnell vorüber, und stellen sich bis weilen nach längeren Intervallen wieder ein. Der Blepharospasmus lonicus kann jedoch sehr lange Zeil anhalten, und ist oft ein sehrharlnäckiges Leiden. Der gewöhnliche Ausgang des Leidens ist der in Genesung. Durch sehr lange Zeil bestehende krampfhafte Verschliessung der Lidränder kann jedoch or- ganische Verkürzung der Muskelfasern des Orbicularis, muldenförmige Ver- krümmung des Tarsus und dadurch Entropium, Einwärlskehrung der Augen- wimpern, Verengerung der Lidspalte mit ihren Folgen herbeigeführt wer- den. Der durch Veilelzung bedingte Krampf hat häufig eine mehr oder minder heflige Entzündung des Auges zur Folge, der durch rheumatischen Anlass erzeugte endet nicht selten in unvollkommene oder vollkommene Lähmung der afficirten Muskeln.
Bei der Behandlung verdient die Causalindication die meiste Berück- sichtigung. Bei der Verschiedenheit der Ursachen ist demnach das Verfah- ren in den einzelnen Fällen höchst verschieden. Wo Reflexreiz stattfindet, muss die centripetale Quelle ermittelt werden. Ist dieselbe in einer Hyper- aesthesie des Quintus (Lichtscheu) gelegen, so ist gegen letzlere auf die bereits bekannte Weise zu wirken. Bei traumatischen Anlässen sucht man durch Ruhe und antiphlogistische Behandlung (kalte Ueberschläge, Blutegel, Purganlia) dem Eintritte einer Entzündung zuvorzukommen; der Krampf wird meistens dann bald gehoben. Wurde ein fremder Körper aufgefunden, so ist die Entfernung desselben indicirt. Der rheumatische Blepharospasmus
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weicht der Anwendung: geeigneter innerer Mittel (Tart. em. refr. dosi, Pulv. Plummeri, Aconit, Vin. sem. Colch., diaphoretischer Mittel), der Application von Senfteigen und Vesicatoren an der Austrittsstelle des Facialis zwischen Kieferwinkel und Warzenfoitsatz, nebst dem endermatischen Gebrauche des Morphins, wo Schmerzhaftigkeit der Gesichtsfläche stattfindet. Bei Haemor- rhoidalzufällen, Wurmleiden, Hysterie muss gegen diese Grundleiden die zweckmässige Therapie eingeleitet weiden. Auch die etwa zu Grunde lie- gende Dyscrasie, z. B. die scrofulüse, werde berücksichtigt. Wo die Ur- sache nicht aufgefunden wurde, und wo eine gesteigerte Reizbarkeit des Nervensystems besteht, suche man die Affeclion der Nerven durch äussere Anwendung beruhigender Mittel, Fomentationen mit Boraxsolution (1 — 2 Dr. auf 4 Unzen aq. dest.), Einreibungen narcotischer Mittel (Ol. hyoscyami pr. dr. 2 Extr. hyosc. gr. 6; — Ol. amygd. dulc. rec. dr. 2 Extr. Opii aq. gr. 8; — Ol. amygd. dulc. rec. dr. 2 Acct. Morph, gr. 2 — 4) in der Umge- bung des Auges, durch den inneren Gebrauch der Zinkblumen, der Herb. Chenopodii ambros., folia aurant. etc. zu heben, oder wenigstens zu be- schwichtigen. Tn hartnäckigen Fällen kann man die galvanische Eleclrici- täl oder den Eleclrornagnetismus versuchen.
2. Zu den krampfhaften Affectionen des Augapfels gehört die unwill- kürliche Bewegung desselben, welche durch einen abwechselnd verschie- dene Muskeln erfassenden Krampf bedingt ist, und Nystagmus genannt wird. Der Bulbus ist fortwährend unstät herumirrend, gewöhnlich in hori- zontaler, seltener in verticaler Richtung, zuweilen in einem Halbkreise ro- tirend. Die schiefen Augenmuskeln, als die der unwillkürlichen Bewegung grösstenteils dienenden, sind meistentheils afficirt, jedoch auch die gera- den Muskeln nehmen an der unstäten Bewegung Theil. Die Kranken sehen die Gegenstände meistentheils ruhig, nicht in Bewegung. Das Uebel kommt vorzüglich bei Individuen vor, welche in früher Kindheit theilweise oder ganz erblindet sind, und lässt sich dadurch erklären, dass, da das Auge zum gegenständlichen Sehen wenig oder gar nicht geeignet ist, die regulirte Bewegung der Augenmuskeln, welche sonst der Zweck des genauen Sehens beherrscht, nicht durch Uebung angeeignet wurde, und diese somit in un- släte, unwillkürliche Bewegung gerathen. Man trifft dieses Uebel somit am häufigsten bei Centralkapsel- und Linsenstaar, bei unvollkommener Amau- rose, so wie bei Synchysis mit beginnender Atrophie des Auges, Das Lei- den ist, da alle angewendeten Mittel gewöhnlich nutzlos sind, kein Gegen- stand der Behandlung. Auch die Durchschneidung einzelner Muskeln führte zu keinem Ziele.
3. An die bisher besprochenen Affectionen der motorischen Nerven des Auges schliesst sich auch die Lehre vom Schielen an.
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Unler Schiel en (Strabismus) versieht man den gänzlichen oder theilweisen Verlust der accomodaliven Bewegung* beider Augen, wodurch das Zusammentreffen der Sehaxen in einer bestimmten Richtung verhindert wird. Die Grundbedingung zur Realisirung der Bewegungen der Augen- muskeln ist zusammengesetzt aus mehreren Momenten : aus der normalen Beschaffenheit des Centralorganes, der Retina und des Nervus opticus, aus der der motorischen Nerven und der Muskeln selbst. Wird nun eines dieser Momente abnorm, so lässt der nothwendige Consensus der Augenmuskeln nach, die Sehaxen kreuzen sich nicht mehr in dem fixirten Punkte des Ob- jeetes, und es tritt jene abnorme Richtung des Blickes ein, die wir als Schielen bezeichnen.
Diess tritt entweder als einseitiges Schielen (Str. monocularis) auf, wobei stets die Sehaxe desselben Auges richtig gegen den betrachteten Gegenstand steht, während das andere stets schielt, und nur den assoeiir- ten Bewegungen des gesunden Auges folgt. Nur so lange das gesunde Auge geschlossen oder verdeckt wird, vermag das abgewichene in der richtigen Stellung zu verharren, indem die Willkür und der schwache Re- flexeinfluss des Sinnesnerven nur bei aufgehobener Reflexwirkung vom Sinnesnerven des gesunden es in die richtige Stellung zu bringen vermö- gen. Dadurch unterscheidet sich das bewegliche Schielen von dem unbe- weglichen, so wie von Luscitas, Schiefstehen des Augapfels. Das Schie- len mit beiden Augen wird gewöhnlich Wechselschielen (Str. alter- nans) genannt, da bei demselben bald das eine, bald das andere Auge zum Fixiren gebraucht wird.
Die Veranlassungen zum Schielen können von verschiedenen Bezir- ken ausgehen. Sie sind folgende:
1. Anatomische Fehler der Muskeln. Ein Muskel kann zu kurz, zu lang, zu stark oder zu schwach sein, eine fehlerhafte Insertion (zu weit nach vorwärts oder rückwärts) haben, oder er kann ganz fehlen, wobei der Antagonist das Auge in die entgegengesetzte Richtung zieht. Man kann diese Art des Schielens das mechanische Schielen nennen.
2. I nn ervat io n sf ehl er. Die abnorme Innervation kann a. von den motorischen Nerven selbst ausgehen, und ist entweder zu stark wie bei krampfhaften Affectionen derselben, bei Verletzungen, bei Rheumatis- men der Muskelhüllen u. s. w., oder zu schwach, wie bei den Lähmungs- zuständen der Nerven. Der Unterschied des krampfhaften Schielens vom paralytischen besteht darin, dass bei jenem die willkürliche Bewegung des Augapfels nach andern Richtungen hin, obschon minder leicht, doch nicht aufgehoben ist, wie man sich bei verdecktem gesunden Auge überzeugen
Meyr, Augenheilkunde 20
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kann, während bei dem letzteren die Bewegung- durch den gelähmten An- tagonisten gar nicht mehr zu Stande kommen kann.
b. In einem innigen Reflexzusammenhange steht der Opticus und dessen Ausbreitung, die Retina, zu den Augenmuskelnerven. Daher das Schielen sehr häufig eintritt, wenn die Sehkraft eines Auges vermindert wird (das optische Schielen). Augenenlzündungen, partielle Trübungen der durchsichtigen Gebilde (der Cornea, des Kryställkörpers) , Gesichts- schwäche, Amblyopie und Amaurose eines Auges bei normalem Zustande des andern haben häufig Schielen zur Folge, besoders wenn die genannten Ursachen in der Kindheit einwirkten. Bei Kindern sind es ursprünglich die Reflexbewegungen, welche vorwiegend den Blick lenken ; allmälig gewinnt der Willens- und der Reflexeinfluss auf die Erregung der Augenmuskeln immer gleicheren Anlheil, und der Blick erhält mehr Ausdruck. Das Schie- len erfolgt durch die genannten Zustände, weil der Sinnesnerve des seh- kräftigen Auges durch Reflex auf die Bewegungsnerven seines Organs einen mächtigeren Einfluss ausübt, als derjenige ist, der primär vom Gehirn auf die Bewegungsnerven des andern Auges ausgeht, den wir den willkürlichen nennen, und weil das schwächere Auge abgewendet wird, um die Störung zu verhüten, welche das in ihm erzeugte, weniger deutliche Bild beim Sehen hervorruft. — Ungleiche Sehweite beider Augen kann Wcchselschielen ver- anlassen, indem das kurzzichtige Auge bei der Betrachtung ferner, das fern- sichtige bei der Betrachtung naher Gegenstände eine abweichende (schie- lende) Bewegung annimmt.
c. Der Reflexeinfluss macht sich bei R eil un g naher oder entfernter sensibler Nerven geltend; besonders des fünften Nerven und des Sym- pathicus magnus. Dadurch erklärt sich das Schielen in der Dentitionspe- riode, das durch Darmreizungen, besonders Helminthiasis, bewirkte, das bei Hysterie, in der Schwangerschaft, bei Krankheilen des Uterus auftre- tende Schielen.
d. Die fehlerhafte Innervation gehl auch häufig vom Gehirne aus. Hier sind zunächst psychische Einflüsse zu erwähnen. Durch Geislesaufre- gungen können schon im normalen Zustande der Augen Modificalionen des Blickes eintreten. Affecte veranlassen das krampfhafte Schielen, so wie sie auch den durch andere Bedingungen vorbereiteten Strabismus hervor- rufen können. Es haben daher manche Kranke es in ihrer Macht, die fal- sche Stellung ihres Auges willkürlich^zu mindern oder nicht eintreten zu lassen. Bei manchen Gehirnkrankheiten (Hydrocephalus, Geschwülsten in der Schädelhöhle) ist das Schielen ein Symptom derselben. Bei Verletzun- gen gewisser Hirntheile lebender Thiere, nämlich am CerebeJlum, am Klein-
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hirnschenkel, an der Varolsbrücke und am Processus restiformis des ver- längerten Markes zeigte sich Schielen. Dass auch durch krankhafte Zu- stände des Rückenmarkes Schielen entstehen könne, ist durch einzelne Beobachtungen sehr wahrscheinlich.
Man nennt den durch Krankheiten des Gehirns, Rückenmarkes oder des Sympathie us magnus veranlassten Strabismus auch das symptomatische Schielen.
Das Schielen heissl beweglich, wenn der Augapfel noch willkürlich in eine andere Richtung gebracht werden kann, was schon dadurch ge- schieht, dass man das richtig blickende Auge verdeckt: unbeweglich, wenn diess nicht geschehen kann, wie bei Lähmung oder Mangel eines oder mehrerer Muskeln.
Wird der Augapfel durch fehlerhafte Beschaffenheit der Orbita, durch Geschwülste in derselben oder in benachbarten Höhlen in eine fehlerhafte Richtung gebracht, aus der er durch den Willen des Kranken nicht ge- bracht werden kann, so heisst dieser Zustand Luscitas (Schiefstehen des Auges).
Das Schielen ist hinsichtlich der Entstehung entweder angeboren oder erworben. Zum angebor nen Schielen können Missbildungen in dem Muskelapparate des Augapfels, eine angeborne fehlerhafte Stellung der Pupille, vielleicht schiefe Lage der Krystalllinse oder angeborne fehler- hafte Identität der beiden Sehfelder (Strabismus incongruus) Veranlassung geben. Das erworbene Schielen wird durch die verschiedenen oben citirten Ursachen herbeigeführt. Das sogenannte Gewohnheitsschielen tritt durch vernachlässigte Hebung eines Auges, wenn das andere vorzüglich oder ausschliesslich zum Sehen verwendet wird, bei Kindern und jungem Individuen ein; z. B. beim Gebrauche nur eines Augenglases. So kann in Folge langwieriger Entzündung eines Auges, besonders scrofulöser, wobei dasselbe wegen heftiger Lichtscheu zum Sehen gar nicht verwendet werden kann, ein Schielen zurückbleiben. Das automatische Schielen nennt man jenes, welches durch mancherlei krankhafte Zustände erzwungen wird, damit das Auge noch zum Sehen verwendet werden könne. Hieher gehören das partielle Ankyloblepharon und Symblepharon, partielle Trichia- sis, Trübungen und Narben der Cornea, vordere Synechien und Verziehun- gen der Pupille, excentrische Stellung derselben. Das Schielen tritt in sol- chen Fällen namentlich dann ein, wenn das eine Auge mit einem der ge- nannten Zustände, der das Sehen nur in einer bestimmten Richtung möglich macht, behaftet, das andere jedoch zum Sehen gar nicht brauchbar ist. So können demnach Hornhauttrübungen das Schielen auf eine doppelte Weise veranlassen ; in dem einen Falle weicht das damit behaftete Auge von der
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normalen Stellung ab, damit es die Function des gesunden nicht störe, in dem andern Falle jedoch, damit dasselbe zum Sehen geeigneter werde. Auch nach Pupillenbildungen kann aus demselben Grunde ein derartiges Schielen eintreten. Zum automatischen Schielen rechnet man auch jenes, welches durch angeborne fehlerhafte Idenditäl beider Sehfelder bedingt sein soll.
Hohe Grade des einseitigen Schielens sind meistens mit einer secun- dären falschen Neigung des richtig blickenden Auges verbunden, welche auf den Gesetzen der assocciirlen Bewegungen der Augen beruht, und das consensuelle Schielen genannt wird. Um in einem solchen Falle das ursprünglich schielende Auge zu entdecken, halte man dem Kranken einen Gegenstand, z. B. einen Finger, vor, und entferne ihn vom Auge nach einer oder der andern Richtung, und man wird sodann entnehmen, mit welchem Auge er das Object fixirt, indem die Sehaxe des schielenden Auges entweder vor oder hinter dem Objecte vorbeischiesst. In Beziehung auf das Object der Fixation hat in demselben Momente immer nur die Seh- axe eines Auges eine unrichtige Stellung; ein Schielen mit beiden Augen zu gleicher Zeit kann es daher eigentlich nicht geben. Doch gibt es Kranke, welche bald mit dem einen, bald mit dem andern Auge schielen (Wechsel- schielen). Das Sehvermögen beider Augen ist bei dieser Art des Schielens nicht beträchtlich verschieden, so dass der Sinnesnerve jedes Auges auf die motorischen Nerven noch Einfluss hat, jedoch unter gewissen Bedingun- gen der Reflexeinfluss bald in diesem, bald in jenem Auge starker hervor- tritt, während das andere in eine schielende Stellung gerathet. Bestim- mungsgrund zum Gebrauche des einen oder des andern Auges ist hier theils der "Wille des Kranken, theils die Lage und Richtung des Gegenstandes, theils, wie bei ungleicher Sehweite beider Augen, die verschiedene Ent- fernung der Gegenstände.
Dem Grade nach besteht das Schielen entweder nur in einer gerin- gen Abweichung der Sehaxe, welche man den falschen Blick nennt, der nur zeitweise durch Affecte u. dgl. veranlasst wird, oder in höherem Grade. Im höchsten Grade des Schielens verbirgt .sich die Hornhaut selbst in einem Augenwinkel, so dass nur das Weisse des Auges sichtbar wird.
Der Form nach unterscheidet man : a. den Strabismus con vergens (Ein- wärtsschielen), welches viel häufiger, als die andern Arten, vorkommt, wegen der stärkern Thätigkeit der innern Augenmuskeln, da die Adaptationsmuskeln von den nächstliegenden Gegenständen kräftiger und andauernder zur Thätig- keit angespornt werden; b. das Auswärtsschielen (Str. divergens), welches mei- stens dadurch zu Stande kommt, dass bei Abnahme der Sensibilität der Netz- haut der innere Muskel den zur Accomodation nöthigenReiz nicht erhält und
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daher in seiner Thäligkeil nachlässt. Das Auswärlsschielen hat daher mehr eine paralytische Natur, daher auch der Augapfel bei demselben nicht sel- ten eine geringe Hervortreibung zeigt; c. auch ein Auf- und Abwärlsschie- len (Str. sursum et deorsum vergens) , so wie auch d. der Strabismus hor- rendus, Schielen mit Rollbewegung durch Affection der schiefen Muskeln, werden als Arten des Schielens angeführt.
Hinsichtlich der Dauer des Schielens unterscheide! man das tempo- päre oder zeilweise Schielen, welches nur dann eintritt, wenn in Folge feh- lerhafter Innervation unter gewissen Verhältnissen ein Auge abweicht, der Reiz jedoch vorübergehend wirkte; und das permanente Schielen, welches grösstenteils eine Folge anatomischer Veränderungen ist, oder durch fort- bestehende abnorme Innervation erzeugt wird. So kann ein Schielen, wel- ches im Anfange nur temporär war, nach und nach durch Verkürzung des IMuskels permanent werden. Endlich wurden auch Fälle beobachtet, wo das Schielen einen deutlichen inlermitlirenden Typus zeigte, und den Pa- roxysmus intermittirender Fieber ersetzte.
Ausser der Deformität, welche das Schielen verursacht, führt es noch andere krankhafte Zustände herbei, nämlich:
a. Kurzsichtigkeit. Der mit beiden Augen convergirend Schie- lende kann nur nahe Gegenstände deutlich und einfach auf längere Zeit sehen, während er ferne Objecle entweder nur auf kurze Zeit deutlich und einfach, oder gar nicht mehr zu erkennen vermag. Auf diese Weise wird der Schielende durch Gewöhnung kurzsichtig.
b. Schwachsichtigkeit (Hebetudo visus) kommt in schielenden Augen um so häufiger vor, als bei ihnen wegen verminderler Adaptations- kraft um so eher in den motorischen Nerven ein willkürlich nicht zu besei- tigender Nachlass eintreten kann.
c. Gesichtsschwäche (Amblyopia) ist durch gesunkene Vitali- tät des schielenden Auges bedingt, welche von Mangel an Uebung herrührt. Convexgläser verbessern daher durch Anregung der Netzhaut diese Ge- sjehtsschwäche, welche bei langem Bestehen eines hochgradigen Schielens bis zur Amaurose sich steigern kann. Die Gesichtsschwäche des schielen- den Auges kann daher sowohl Ursache als auch Folge des Schielens sein.
d. Doppeltsehen kommt beim Strabismus bisweilen vor und hängt vom gleichmässigen Grade der Erregung ab, die in den abnorm gegen ein- ander gerichteten Augen stattfindet. Die Bedingungen zur Wahrnehmung der Doppelbilder sind: 1. Ein nicht zu hoher Grad des Schielens, da bei zu starker Abweichung des schielenden Auges zu wenig reizbare Stellen der Netzhaul afficirt werden, als dass ein genug deutliches Bild entstehen könnte. 2. Normale oder nur wenig geschwächte Sehkraft des schielenden
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Auges, weil bei zu sehr geschwächter Sehkraft kein Bild mehr percipirt wird. So kann die Steigerung der Sehkraft durch die Operation des Schie- lens das Auftreten von Doppelbildern nach ihr bedingen. 3. Aufmerksam- keit des Kranken auf die Doppelbilder. Hieraus, wie auch aus dem frühe- ren Punkte erklärt es sich, warum das Doppellsehen, welches den Strabis- mus häufig Anfangs begleitete, sich später verliert, weil nämlich die Kran- ken ihre Aufmerksamkeit davon ablenken, und die Vitalität der Netzhaut stets abnimmt.
Bei der Behandlung des Schielens leitet vorzüglich die Ursache. Mit Entfernung der gastrischen, Dentitions- oder anderer Reize schwindet mei- stens das davon abhängige Schielen. Entzündliche Afleclionen im Gehirne erfordern die ihnen angemessene Behandlung. Gegen die als Folge des Krampfes zurückbleibende Verkürzung des schielenden Muskels ist der Muskel- oder Sehnenschnitl (Myotomia ocularis) indicirt. Contrain- dicirt ist die Operation beim automatischen Schielen in Folge einer partiel- len Lähmung der Retina oder von Trübungen, beim Strab. incongruus durch fehlerhafte Identität der Sehfelder, beim Strabismus durch Fehlen oder Läh- mung eines Muskels, bei hohem Grade von Luscilät (durch fehlerhafte Be- schaffenheit der Orbila), beim symptomatischen Schielen durch Erkrankung des Gehirns, Sympathicus u. s. w.
Bei Kindern unter dem 12. Lebensjahre ist die Operation zu wider- rathen, da eine andauernde orthopädische Behandlung bei ihnen nicht aus- führbar ist. Die Durchschneidung des gleichnamigen Muskels in beiden Augen ist nur bei höheren Graden des consensuellen Schielens, wo auch im andern Auge eine secundäre Verkürzung des gleichnamigen Muskels eingetreten ist, nothwendig, da ein geringerer Grad desselben nach dem einseitigen Muskelschnilte gehoben werden kann.
Zur Operation braucht man eine gut fassende anatomische Pinzette (oder zwei feine Häkchen), um die Conjunctiva in eine Falte zu erheben, eine Louis'sche Augenscheere, einen stumpfen Haken (Muskelfixator), und für einzelne Fälle zwei Pellier'sche Lidhaller oder den federnden Snowden- schen Lidhalter. Das nicht zu operirende Auge wird verbunden. Die hin- reichende Enlblossung des Bulbus besorgt am zweckmässigslen der hinter dem Kranken stehende Gehülfe, welcher beide Lider auseinander zieht, und den Kopf des Kranken zugleich fixirl. Die Anwendung von Lidhaltern ist für die Kranken stets lästiger. Der Operateur erhebt die Conjunctiva in der Nähe der Cornea, nicht weil von der Insertionsslelle des zu durchschnei- denden Muskels entfernt, mittelst der Pinzette in eine Querfalle, oder er bildet eine solche durch Einhaken der beiden feinen Häkchen in die Con- junctiva, deren eines er sodann dem Gehülfen zum Festhalten übergibt.
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Hierauf schneidet er diese Falte mittelst der Louis'schen Scheeie ein. Ist die Wunde nicht hinreichend weit, so soll sie durch nachträgliche Schnitte erweitert werden, soll jedoch nie zu gross sein. Man sucht hierauf mit dem Haken den Muskel zu erfassen, indem man die stumpfe Spitze desselben oberhalb des Niveaus des Muskels auf die blossgelegle Sclera anlegt, und sie soweit nach rückwärts schiebt, bis man die Inserlionsstelle des Mus- kels überschritten hat. sich stets mit der stumpfen Spitze an die Sclera hal- tend. Hierauf bewegt man schnell die Spitze des Muskelfixators nach ab- und vorwärts, um sie zwischen Muskel und Sclera durchzuführen. Man sucht hierauf den erfassten Muskel mittelst der geschlossenen Scheere vom umgehenden Zellgewebe so viel als nöthig ist zu trennen, Öffnet hierauf die Scheere, um den Muskel (oder dessen Sehne) zwischen die geöffneten Blätter desselben schieben zu können, worauf dieser mit einem Scheerenschlage durchlrennl wird. Das vordere vom Muskelbauche g-etrennle Schnenende wird mit der Pinzette gefassl und mit der Scheere, deren Convexitäl gegen den Bulbus gerichtet ist, abgetrennt. Die geringe Blutung wird durch kleine in kaltes Wasser getauchte Schwämme gestillt.
Ung-ü nslige Ereignisse während der Operation sind : 1 . Krampf- hafte Contraction des Orbicularis ; man gönne dem Kranken Ruhe und ent- ferne besonders die Lidhaller. 2. Ausreissen der gefasslen Conjunctiva; man wende in diesem Falle statt der Häkchen die Pinzette an. 3. Schwe- res Erfassen des Muskels wegen zu starker Contraction desselben oder zu liefer Lage des Auges; man suche das Auge auf die entgegenge- setzte Seile zu ziehen. Das Fortbestehen des Schielens nach der Operation ist entweder durch unvollkommene Durchschneidung des Muskels bedingt, (daher man sich jederzeit durch wiederholtes Einführen des Hakens von dem Erfolge der Operation zu überzeugen hat), oder beruht beim Einwärts- schielen auf der Contraction der innern Fasern des rectus superior und in ferior, wesshalb bei höheren Graden des Schielens auch die Scheide des Muskels nach auf- und abwärts eingeschnitten werden soll. Zuweilen ist das Fortbestehen des Schielens durch eine consensuelle Conlraclion des gleich- namigen Muskels des andern Auges bedingt, und wird erst nach Durch- schneidung desselben gehoben. Das Schielen auf die entgegengesetzte Seite beruht auf zu starker Contraction des Antagonisten; sie wird in der Folge grösstenteils gehoben, da der durchschnittene Muskel an die Scle- rotica anheilt, und wieder Contractionskraft gewinnt.
Die N achbeha n dl un g besteht in der Anwendung kaller Ueber- schläge, mit denen man ein gelind antiphlogistisches Verfahren verbindet. Selten sind die traumatischen Folgen der Operation bedeutend; selten ent- steht Entzündung, noch seltener Erbrechen in Folge von Verletzung äusserer
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Nerven der Sclera. Die wulstigen Wucherungen an der Operationsslelle, welche sich meistens dann entwickeln, wenn das vordere abgetrennte Stück der Sehne oder des Muskels am Augapfel sitzen blieb, werden später durch Touchirung mit der Opiumlinetur beseitiget, am zweckmässigsten jedoch an ihrer Basis mit der Scheere abgetragen.
Der Erfolg der Myotomie ist nicht immer der erwünschte. Vollkom- mene Heilung erfolgt nur dann, wenn keine Lahmung des Antagonisten besteht, und wenn die Sehkraft des schielenden Auges mit der des gesun- den sich wieder ins Gleichgewicht setzt. Ist das Auge lange Zeit nach in- nen gestellt gewesen, so hat der reclus ext. eine andauernde Ausdehnung zu erdulden gehabt, welche sein Conlraclionsvermögen so sehr geschwächt haben kann, dass es unmittelbar nach der Myotomie nicht energisch genug auftritt, um dem Bulbus die erwünschte Stellung zu geben. Tritt die Ver narbung des durchschnittenen Muskels vor dem Wiedererwachen der Kraft des Antagonisten ein, so ist der Erfolg der Operation vereitelt. Daher ist auch die orthopädische Behandlung des openrlen Auges von der höchsten Wichligkeil, und nur durch eine gehörige Verbindung des Sehnenschnitles mit derselben lässl sich ein günstiger Erfolg der Schieloperalion erzielen, welcher in der Regel nicht in der Beseitigung, sondern in der Verminde- rung der falschen Stellung des Auges besteht. Der Operirle wird nämlich in den Stand gesetzt, den Mangel der gleichzeitigen Thätigkeit beider Augen durch den willkürlichen Wechsel im Gebrauche derselben auszu- gleichen, und dadurch die geschwächte Sehkraft des schielenden Auges zu heben. Dieser Einfluss der Myotomie auf die Hebung und Verbesserung des Sehvermögens gibt ihr einen hohen Werlh. Zweckmässige Uebung des operirten Auges ist daher unumgänglich nothwendig, was durch zeit- weiliges Verbinden des nicht operirten Auges auf leichte Weise erreicht wird. Sollte die gut verrichtete Operation erfolglos geblieben sein, so könnte man durch das Ausschneiden einer hinreichend grossen ßindehautfalte an der dem durchschnittenen Muskel entgegengesetzten Stelle und durch das Anlegen der Knopfnaht die Herstellung der normalen Richtung versuchen.
Man hat die Myotomia ocularis noch verrichtet:
1. Zur Bildung eines künstlichen Strabismus, um bei manchen Horn- hauttrübungen oder nach künstlichen Pupillenbildungen dem Auge eine solche Richtung zu geben, dass die Pupille in die Mitte der Lidspalte kommt; so wie auch die Natur in solchen Fällen durch Erzeugung eines automati- schen Schielens dem Sehvermögen des Kranken zu Hülfe kommt.
2. Zur Hebung des Nystagmus. Die Operation (Durchschneidung der schiefen Muskeln) wird jedoch hier nur vom geringen Erfolge sein.
3. Bei gewissen Arten von Myopie, jenen nämlich, welche auf einer
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zu energischen Wirkung oder fehlerhafter Kürze der Augenmuskeln beruhen, ßonnel durchlrennte in solchen Fällen den M. obliquus inferior, Guerin em- pfahl gegen die mechanische Myopie die subconjunclivate Durchschneidung des zu kurzen oder conlrahirlen Muskels. Der Erfahrung gemäss hatte diese Operation wenig Erfolg.
4. Krampf des musc. orbicularis, welcher sehr lange anhält, könnte die subcutane Durchtrennung der Sehne dieses Muskels indiciren.
Durch gehörige, anhaltend fortgesetzte Hebung des schielenden Auges lässt sich auch ohne Operalion ein massiger Grad des Schielens zuweilen beseitigen. Böhm hat zu diesem Zwecke die Anwendung einer Brille em- pfohlen, welche mit einem je nach dem Grade der Verschiedenheit der Sehkraft mehr oder weniger stark blau gefärbtem Glase für das gesunde, und mit einem ungefärbten für das kranke Auge versehen ist, um dadurch einen gleichstarken Reflexeinfluss auf die entsprechenden Muskeln in bei- den Augen und mithin eine richtige Stellung beider Augen zu bewirken. Er findet diese Brille angezeigt in Fällen, wo das Auge einer vorübergehen- den Sehstörung halber abweicht, oder wo die Abweichung auf einer durch Mangel an Hebung bedingten Anaesthesie der Netzhaut heruht.
II Lähmungen.
Gehemmte Beweglichkeit oder gänzliche Immobilität der Muskeln der Augenlider und des Augapfels kann durch mancherlei pathologische Verhältnisse bedingt werden. Eine Volumszunahme der beweglichen Ge- bilde, wie sie so häufig durch seröse und plastische Infiltrationen bei Ent- zündungen, durch Entwicklung krankhafter Geschwülste, durch Blutextra- vasate u. s. w. herbeigeführt wird, zieht gewöhnlich verminderte oder auf- gehobene Beweglichkeit nach sich. Ausserdem wiid die Thätigkeit ein- zelner Muskeln durch Verwachsungen benachbarter Gebilde, durch Erwei- terung und Ausdehnung von gewissen Cavitälen , durch krankhafte Aus- wüchse und Bildung von Geschwülsten in manchen den Muskeln nahe- gelegenen Gebilden zuweilen in hohem Grade beschränkt oder ganz unmög- lich gemacht. Endlich haben Verletzungen oder Desorganisationen der Muskeln durch mancherlei pathische Processe theilweise oder totale Auf- hebung der Function derselben zur Folge. Wir sehen demnach vermin- derte oder aufgehobene Beweglichkeit der Augenlider beim acuten und chronischen Oedeme derselben, bei hochgradigen Entzündungen derselben und der in ihnen befindlichen Drüsen , bei der Tarsomalacie, bei Blepharo- und Ophthalmoblennorrhoeen, bei bedeutenden Eechymosen und krankhaften Geschwülsten der Lider, beim Ankyloblepharon und Symblepharon, bei der Phimosis palpebrarum, bei Ectropien , so wie bei Caries und Necrose
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der Orbitalknochen. Wir begegnen einer Beschränkung der Bewegungen des Bulbus oder einer gänzlichen Unbeweglichkeit desselben in Folge von Verletzungen der Gebilde der Orbita, von fremden in derselben befindlichen Körpern, durch Entzündungen und Eiterungen, oder durch Entwicklung von Altergebilden in der Augenhöhle, beim Exophthalmus u. s. w. So wird auch die Bewegung eines muskulösen Gebildes im Augapfel, nämlich der Iris, durch krankhafte Verwachsungen derselben mit benachbarten Organen, durch Ausfüllung der Pupille mit Exsudaten theilweise oder vollständig beeinträchtigt. Da in allen diesen Fällen die verminderte Beweglichkeil oder Immobilität der muskulösen Apparate nur ein Symptom der bereits früher beschriebenen pathologischen Zustände darstellt, so haben wir hier nur jene Krankheiten zu erörtern, bei welchen die Schwäche oder das Auf- hören der Muskelcontraclion durch Abnahme oder Verlust der Leitungs- fähigkeit des motorischen Nerven bedingt ist, welche wir mit dem Namen der Lähmungen (Paralyses) bezeichnen.
Was die Ursachen derselben betrifft, so kann der Mangel der unmit- telbaren Nervenreize eine Schwäche der Bewegung und Immobilität ver- anlassen , die bei längerer Dauer in Verlust der motorischen Leilungsfähig- keit übergehen kann. Hieher gehört vor Allem der Mangel cerebraler Erregung. Höchst wichtig ist auch der Mangel sensibler Erregung. Am Auge und dessen Nebengebilden hal nicht nur die Anästhesie des Quintus, sondern auch, und zwar vorzüglich die optische Anästhesie in Folge von Mangel des belebenden Einflusses der Sinneserregung auf motorische Ner- ven Störungen in den muskulösen Apparaten zur Folge. Die Leilungs- fähigkeil der Nerven wird ferner durch Verletzung, Erschütterung, Druck auf dieselben und durch verschiedene krankhafte Zustände ihrer Scheiden oder der Gebilde, an denen sie vorüberziehen, gehemmt. In allen Fällen ist sorgfältig zu unterscheiden, ob die Thätigkeil eines motorischen Nerven bloss unterdrückt, oder ob sie erschöpft sei. Es ist diese Berücksichtigung von hoher Bedeutung für die Prognose und Therapie.
Unter den Erscheinungen der Lähmungen beobachtet man ausser der Unbeweglichkeil eines Muskels oder einer Muskelgruppe noch bisweilen Oscillation in den gelähmten Muskelbündeln, Contraction des Antagonisten oder des symmetrischen Muskels der gesunden Seite, so wie Atrophie des betroffenen Muskels. Die Sensibililäl ist in den der Bewegung verlustigen Theilen entweder abnorm gesteigert, oder vermindert oder erloschen. Der Einfluss der Lähmung motorischer Nerven auf die Function des Sehnerven- gebildes, so wie auf die Ernährung des Auges wird bei den einzelnen Krankheilsformen besonders hervorgehoben werden.
Die Lähmungen befallen entweder den Muskelapparal der Augenlider,
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oder den des Augapfels oder beide zugleich. Da jedoch diese von verschie- denen motorischen Nerven versorgt werden , so wird sich das Krankheits- bild verschieden darstellen , je nachdem dieser oder jener Nerve , in seinen einzelnen Zweigen oder in seinem Stamme ergriffen ist.
1. Die Lähmung des N. facialis äussert sich durch Unthätigkeit der Gesichtsmuskeln und des Orbicularis palpebrarum. Der Kranke ist ausser Stande, die Stirn zu runzeln, welche daher glatt aussieht; die Augen- braue lässt sich nicht in die Höhe ziehen und steht etwas tiefer , die Lider können nicht geschlossen werden, und haben ihre blinzelnde Bewegung eingebüsst. Die gelähmte Backe schwillt beim Sprechen und bei andern exspiratorischen Aclionen auf; das Ausspeien , Blasen, Pfeifen ist wenig möglich, der Speichel und genossenes Getränk träufeln aus. Die symmetri- schen Muskeln der gesunden Gesichlshälfte sind contrahirl, daher daselbst der Mundwinkel höher steht; die Thätigheit des Levator palpebrae sup. ist gesteigert. Da die Lidspalte bei dieser Krankheit offen steht, so nennt man sie auch Lagophthalmus paralyticus*). Die Thränenleitung wird gehemmt , da die Thränenpuncte ihre normale Richtung verlieren ; die Thränen sammeln sich an und träufeln über die Wange herab. Aeussere Einflüsse können leichter auf das offenstehende Auge schädlich einwirken, und da gleichzeitig die Cornea durch den Lidschlag nicht gehörig gefegt und gereinigt wird, so entstehen Trübungen und Geschwüre derselben, nebst Entzündung und Auflockerung der Conjunctiva als secundäre Folgen. Bei alten Lähmungen entsteht auch durch Hinabsinken des untern Augen- lides leicht eine Auswärtsstülpung desselben (Ectropium) ; das Auge tritt sogar bisweilen mehr hervor, indem der gelähmte Schliessmuskel der Lider den schiefen Augenmuskeln, welche den Bulbus nach vorne ziehen können, in der That nicht mehr Widerstand leistet.
Sehr selten ist die Lähmung bloss in jenen Zweigen des Facialis, welche denOrbicularmuskel versorgen. DieUrsachen sind theils peripherische, theils centrale. Zu den erstem gehören äussere Verletzungen und chirurgi- sche Operationen an der Gesichtsfläche , vorübergehender oder dauernder
*) Der Name Lagophthalmus (Ha seil äuge) bezeichnet überhaupt das Offenstehen der Lidspalte, mit der Unmöglichkeit die Augenlider vollständig zu schlicssen. Es beruht dieser Zustand entweder auf Formfehlern der Augenlider, nämlich regelwidriger Kürze, Au.wärtskehrung oder Verwachsung derselben mit benachbarten Gebilden (z. B. des Lidrandes mit dem Orbitalrande, wie beim Ec- tropium durch Substanzverlust der Haut), oder er ist durch aufgehobene Beweg- lichkeit des untern Augenlides bedingt, welches demnach vermöge seiner Schwere herabsinkt. Ein Krampf des M. levator palpebrae sup. würde, wenn er je vor- kommt, das kramplhaftc Hosenauge (Lagophthalmus spasticus) hervorrufen.
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Druck auf den Nerven durch angeschwollene Drüsen, Narben u. s. w , der Einfluss der Kälte oder Zugluft auf das erhitzte Gesicht, Fissuren und Frac- luren des Os petrosum, Necrose des Felsenbeins durch Tuberculosis oder Scrofulosis; zu den centralen Ursachen gehören Exsudate und Geschwülste in der Nähe der Varolsbrücke , Hämorrhagie und Erweichung des Gehirns. Unter den Dyscrasien geben die scrofulöse, syphilitische und carcinomatöse öfters Veranlassung. Oefters treten nach Erkältung der schwitzenden Ge- sichtshälfte Schmerzen und Geschwulst mit Fieberbewegungen ein, welche einen oder ein Paar Tage anhalten, und worauf die Lähmung zurückbleibt. In der Mehrzahl der Fälle ist die Ursache der Lähmung eine peripherische.
2. Unter den motorischen Nerven des Augapfels kommt die Lähmung am häufigsten am N. oculomolorius vor. Die Lähmung betrifft entwe- der bloss die Fasern , welche sich im Levalor palpebrae superioris verbrei- ten , wobei die Krankheit als Blepharoplegic oder B 1 epharoptosis paralytica erscheint*). Das obere Lid hängt zum Theil oder ganz über dem Auge herab, und kann durch blossen Willenseinfluss des Kranken nicht gehoben werden. Wird es mit dem Finger erhoben, und wieder losgelas- sen, so sinkt es schlaff herab. Die Fähigkeit des Orbicularis, durch wech- selnde Conlraclion und Erschlaffung die Lidspalle fester zu schliessen und wieder zu erschlaffen, dauert fort.
Wenn der Stamm des Oculo m o l o r i u s gelähmt ist , so erstreckt sich die Unbeweglichkeit auch auf den Augapfel. Das obere Augenlid hängt schlaff herunter, der Augapfel verharrt in seiner Stellung nach aussen, wegen der überwiegenden Thätigkeit des rectus exlernus. Die einzige Richtung, in welcher sich der Augapfel noch bewegen kann, ist die nach unten und aussen, durch die Wirkung des obliquus superior. Da jedoch der M. rectus ext. viel stärker ist, als der obliq. sup , so lässt die Contrac- tion des erstem bald wieder nach und der Augapfel nimmt die Richtung nach aussen an. Es entsteht daher unbewegliches Schielen nach auswärts (Strabismus paralyticus). Wenn das Augenlid gehoben wird, und der
*) Der Name Bleph ar o p t osis bedeutet den Vorfall des obern Au- genlides. Er ist nicht stets durch Lähmung des Augeulidhebers bedingt, son- dern beruht zuweilen auf Erschlaffung der äussern Haut, wie bei alten Individuen, auf Verdickung und Infiltration des Lides, auf Verlängerung und Vergrößerung des Tarsus, was zuweilen eine Folge von blennorrhoischen oder scrofulösen Ent- zündungen ist (Tarsomalacie), auf Verdickung des Lidrandes durch bedeutende nnltration der Haarzwiebeldrüsen (Tylosis) oder auf Entwicklung von Geschwül- sten in dem Augenlide. In allen diesen Fällen muss das Uebel auf eine der Ursache desselben angemessene Weise beseitiget werden , was bei den betref- fenden Krankheitsformen schon cröitert wurde.
Kranke das Auge zum Sehen benutzen kann, ist Doppeltsehen vorhanden. Die Pupille ist erweitert und unbeweglich, da die Lähmung- auch die mo- torischen Zweige des Ciliarganglions betrifft. Das Sehvermögen ist gestört, wegen der Weile der Pupille, daher die Kranken besser sehen, wenn sie durch eine kleine Oeffnung in einem Kartenblatte von dem Durchmesser der normalen Pupille sehen ; ferne Gegenstände werden deutlicher ausgenom- men, als naheliegende, weil die Adaptation des Auges für nahe Gegen- stände wenig oder gar nichl vor sich gehen hann. Da das Auge vom Thrä- nenquell nicht gehörig benetzt wird , so können Entzündungen und Trü- bung der Cornea entstehen. Eine andere Folge ist Conlraclur des Anta- gonisten des gelähmten Muskels. Insbesondere besieht bei veralteten Läh- mungen des Oculomolorius eine verstärkte Thätigkeit des Augen lidschliess- muskels, in Folge deren ein geringer Grad von Entropium bewirkt wird.
Je nachdem vollkommene oder unvollkommene Lähmung besteht, wird das Uebel Paralysis oder Paresis genannt.
Die Lähmung des Nervus abducens ist in Vergleich mit den früher angegebenen Lähmungen ziemlich selten. Es besteht dabei starkes Einwärtsschielen in Folge der continuirlichen Contraction des innern gera- den Augenmuskels. Der Kranke kann das Auge wohl nach oben und nach unten, jedoch nicht nach aussen richten; eine Bewegung des Auges bis gegen die Mitte der Lidspalte isl zuweilen durch die Wirkung der äussern Fasein des Reclus superior und Rectus inferior möglich. Dabei besieht Doppellsehen, wenn der Kranke in der Richtung des gelähmten Muskels blickt. Die starken Verbindungen des äussern geraden Augenmuskelnerven mit dem Sympalhicus erklären uns ferner, warum bei Entziehung oder Ver- lust des von der sympathischen Quelle ausgehenden Impulses die Energie des M. rect. extern, geschwächt wird, und eine Erschlaffung desselben ein- tritt, so wie andererseits die Thätigkeit des äussern Augenmuskels durch Reizung von Organen, die unter sympathischem Einflüsse stehen (wie bei Helminlhiasis, Hysterie u. s. w.) krankhaft erhöht wird.
Die Paralyse des vierten Gehirn nerven, das Patheticus, kommt isolirt sehr selten vor, häufiger in Verbindung mit Lähmungen an- derer motorischer Nerven. Es tritt bei dieser Lähmung keine auffallende Veränderung in der Bewegung und Stellung beider Bulbi hervor; die Be- wegungen der Pupillen und der geraden Augenmuskeln gehen ungestört vor sich; allein die Rotationsbewegung hört in dem afficirten Auge auf, so dass, wenn man dem Kranken bei unverwandtem Blicke den Kopf nach der rechten oder linken Schulter neigt, das afficirte Auge fixirt bleibt, und den Bewegungen des Kopfes folgt. Lassl man den Kranken einen fixen
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Punkt in gerader Richtung vor ihm betrachten, so beobachtet man in einigen Fällen sogleich, dass die Cornea des afficirlen Auges etwas tiefer steht. Dabei besteht Doppeltsehen mit übereinander geschobenen Bildern, und zwar immer, wohin auch der Kranke den Blick richten mag. Es verschwin- det nur, wenn der Kranke den Kopf auf die der Paralyse entgegengesetzte Seile neigt (z. B. nach rechts, wenn der linke Obliquus sup. gelähmt ist). Bei der Neigung des Kopfes nach jener Seile, wo die Lähmung besteht, treten die Doppelbilder mehr auseinander. Eingenommenheit des Kopfes, Kopfschmerz, Ohrensausen geht diesen Erscheinungen öfters voraus, sowie auch, insbesondere bei nervösen Individuen, Ueblichkeiten und Brechrei- zung in Folge des Doppeltsehens nicht selten eintreten.
Die Lähmung der Iris gibt sich durch Unbeweglichkeit der Pupille bei Einwirkung des Lichtreizes kund, entweder mit Erweiterung derselben (Mydriasis) oder mit Verengerung (Myosis). Zuweilen beobachtet man ein Schwanken der gelähmten Iris von vor- nach rückwärts (Iridodonesis).
Die Mydriasis (Plalycoria) ist eine permanente, widernatürliche Erweiterung der Pupille, wobei die Iris ihre Beweglichkeit bei dem ver- schiedenen Grade des Lichtreizes mehr oder weniger eingebüsst hat. Die Pupille ist dabei schwarz, nur bei genauer Betrachtung sieht man in der Tiefe des Auges eine leichte neblige Trübung, welche durch die Reflexion der vielen ins Auge gelangenden Lichtstrahlen bedingt ist. Die Erweiterung der Pupille kann so bedeutend sein, dass die Iris nur als schwärzlicher, linienförmiger Kreis erscheint- Lichtscheu besteht häufig im Anfange des Leidens, verliert sich jedoch später allmälig. Das Sehvermögen ist etwas getrübt, jedoch sehen die Kranken bei massiger Beleuchtung besser, so wie auch, wenn sie durch ein kleines Loch in einem Karlenblatte die Gegen- stände betrachten. Indessen sehen manche mit Mydriase behaftete Perso- nen vollkommen gut.
Die Mydriasis isl entweder idiopathisch oder symptomatisch. Erslere entweder angeboren oder erworben. Die erworbene Mydriasis wird zu- weilen durch Verletzungen des Auges und seiner Umgebung (wohin selbst ein leichlerer Schlag auf die Sclerotica oder Cornea gehört) durch Einwir- kung einiger narcotischer Substanzen (Belladonna, Hyoscyamus, Slramo- nium), durch Lähmung des N. oculomotorius, oder durch langen Aufenthalt im Finslern herbeigeführt. Symptomatisch kommt die Mydriase vor bei Entzündung der Choroidea, beim Glaucom, bei der Amaurose, bei Neural- gien in den Verzweigungen des Nervus trigeminus, bei organischen Krank- heiten und Lähmungen des Gehirns, Blul-, Eiter- oder Wassererguss in dasselbe, bei organischen Krankheiten der Augenhöhle, wodurch die mit
319
dem Ciliarganglion in Verbindung stehenden Nerven in ihrer freien Thälig- keilsäusserung gehemmt werden, so wie bei Reizungen des sympathischen Nervensystems (Wurmleiden, Gaslromalacie, Onanie), daher auch bei Kin- dern, wo das vegetative Leben vorherrscht, die Pupille gewöhnlich weit ist.
Die Mydriase geht selten in Amaurose über; diess kann jedoch durch den Uebergang der Krankheil vom Ciliarnervensystem auf die Retina und den Sehnerven, so wie durch zu starke Einwirkung des Lichtes auf die Retina geschehen.
Die Myosis ist eine permanente Verengerung der Pupille, welche bei den verschiedenen Graden der Beleuchtung in diesem Zustande ver- harrt. Das Sehvermögen kann dabei im guten Zustande bestehen, häufig ist es jedoch schwächer. Die Myosis ist entweder angeboren, oder durch Reizung des Nervensystems (bei Hysterie, Hypochondrie) bedingt. Sie kann durch Anstrengungen der Augen bei hellem Lichte und bei Betrachtung kleiner, glänzender^Gegenslände herbeigeführt werden, so auch nach inneren Augenenlzündungen zurückbleiben; doch ist sie hier von Verengerungen der Pupille durch Exsudalionen wohl zu unterscheiden. Bei vermindertem Einfluss des Sympalhicus, bei Unterleibs- und Rückenmarkslähmung, beim Torpor des Unterleibes mit hartnäckiger Verstopfung, bei Reizung und Ent- zündung des Gehirns, bei entzündlichem Fieber, so wie im hohen Alter bei verminderter Vegetalionsthätigkeit des Auges pflegt ebenfalls die Pupille enger zu sein.
Die Ursachen und Symptome der Lähmungen sind verschieden, je nachdem die cerebrale oder die refleclorische Leitung der Nerven gehemmt oder aufgehoben ist. Im erstem Falle sind Zeichen von Erkrankung des Gehirns vorhanden. Die Ursachen wirken entweder auf die peripherische oder centrale Bahn der Nerven ein. Zu den erstem gehören: 1. Der rheu- matische Anlass hat entweder Lähmung des Levalor oder des ganzen Ocu- lomolorius zur Folge. Solche Lähmungen entstehen oft plötzlich nach vor ausgegangen Erkältungen oder Durchnässungen. 2. Aeussere Verletzun- gen in der Nähe des Augenlides haben öfters Blepharoplegie zur Folge. 3. Geschwülste in der Orbila comprimiren zuweilen die Augenmuskelner- ven. 4. Sehr häufig sind es serös - albuminöse Ezsudate und Blutergüsse an der Basis des Gehirns, welche die Lähmung bedingen. Gewöhnlich sind dann die Symptome einer Hirnaft'ection gleichzeitig vorhanden oder voraus- gegangen. Auch ist die Blepharoplegie bisweilen Vorläufer des Schlagflusses. Hugh Ley sah in mehreren Fällen bei Exsudaten an der Basis der vordem Lap- pen und bei Verdickung der Membranen desGehirns die Lähmung auf den Leva- tor und obem geraden Augenmuskel beschränkt, und bemerkt, dass die Fasern
a*0
<U-s Oculomotorius, welch« diese Muskeln versorgen, vom Stamme des Nerven abgehen, ehe derselbe die durs maier durchbohrt, und wegen der Feinheil und Diinnheil ihres Neurilemm! durch einen Druck beeinträchtigt werden könne?), welcher für den dickern Stamm unzureichend ist. Zu den centralen Ursachen gehören Haemorrhagien, Erweichungen des Gehirns, der chronische Hydrocephalus, Geschwülste verschiedener Art, die sich im Gehirne entwickeln. Je nachdem auch andere Nerven in das Bereich der Erkrankung hineingezogen werden, sind die Symptome etwas verschieden. Verbreitet sich die Affection vom Oculomotoriui zugleich auf den Abdocens, so tritt scheinbar eine bessere Stellung des Augapfels ein, welcher mehr in die Mitte zurückkehrt, aber unbeweglich daselbst verharrt (Ophlhalmople- gia totalis). Wird der Ouinlus al'ficirt, so ist der Fall entweder mit Fiichi- pfindlichkeit der Oberfläche de* Auges und der Slirngegend, oder mit Neu- ralgien in den verschiedenen Bezirken dieses Nerven, bei Aflection des Opticus mit Amblyopie oder Amaurose complicirl.
In dem Verlaufe der Augenlid- und Augapfel lähmun gen zeigt sich grüiilenthejla Beharrlichkeit der Erscheinungen. Nur wo die Bedingung der Lähmung Veränderungen unterworfen isl, treten auch die paralytischen Symptome bald mehr, bald weniger hervor, so wie auch bei eintretender Besserung der kräftige Wille des Kranken bisweilen einige Beweglichkeit herbeizuführen im Stande ist. Die Dauei der Lähmungen ist gewöhnlich chronisch; am schnellsten geht noch die durch rheumatischen Anlass her- beigeführte vor ober,
pie Prognose ist sehr verschieden und richtet sich hauptsächlich
nach dem Sitze und der Ursache der krankhallen Allcclion, so wie nach der Dauer des Qebels. Wo der Sitz der Erkrankung ein centraler ist, Jässl sich weniger erwarten, als bei peripherischem Sitze des Frhels ; daher auch die Prognose sich um so mehr trübl, auf je mehrere nervöse, Bezirke die Lähmungserscheinungen ausgebreitet sind. Complicationeo der Läh- mung steigern aus demselben Grunde die Gefahr. Die rheumatische L&b«
mung l.isst, wenn sie nicht lange, besteht, noch am ehesten eine Heilung hoffen ; diese kann auch eintreten, wenn ein der Resorption fähiges Exsu- dat oder Blut extravasal als Ursache der Lähmung erkannt wird. Sehr un- günstig isi die Prognose, wo Desorganisationen oder Altergebilde, welche nicht zu entfernen sind, der Paralyse zu Grunde liegen In solchen Fällen ist selbst das Leben Öfters gefährdet, wohin auch die durch cariöse Zerstö- rung des Felsenbeins bedingte Lähmung des Nervus facialis gehört. Je länger eine Paralyse bereite besteht, desto weniger lässi sich bei übrigens gleichen Verhältnissen ein günsligei Erfolg hoffen. Bei gewissen Arten
321
von Lähmungen, besonders bei den rheumatischen, erfolgt dir» Heilung- öfters spontan, ohne Zulhun der ärztlichen Knnst.
Bei der Behandlung ist zunächst die Causalindication zu erfüllen, d. h. die Entfernung der die Lähmung veranlassenden und unterhaltenden krankhaften Affection. Wo daher hyperaemische und Congestivzuslände. oder entzündliche Exsudate der Lähmung zu Grunde liegen, ist die anti- phlogistische Methode in Anwendung zu bringen (Blutentleerungen durch Aderlässe, Blutegel oder blutige Schröpfköpfe im Nacken, Beförderung der Stuhlentleerung und dadurch erzielte Ableitung vom Kopfe, kühlende Mit tel). Insbesondere ist diess bei rheumatischen Lähmungen wohl zu beach- ten, bei welchen anfänglich häufig ein congeslivcr oder entzündlicher Zu- stand besteht. Erst nachdem dieser gehoben ist, kann man die Hautthätig- keit durch Diaphorelica in Anspruch nehmen, innerlich sehweisstreibende Getränke, das Aconit oder vinum sem. Colchici, äusserlich Vesicatore an die Nackengegend oder zwischen Kieferwinkel und processus mastoideus appliciren. Sind Symptome von Exsudation an der Basis cranii vorhanden, so passen nebst der antiphlogistischen Methode die Mercurialpräparate (Ca. lomel) oder das Jodkali. Haben unterdrückte Blutungen (Menstruation, Haemorrhoiden) zur Lähmung Veranlassung gegeben, so ist in der Behand- lung darauf Rücksicht zu nehmen, nach Beseitigung des etwa vorhandenen congestiven oder entzündlichen Zuslandes. Wo Drüsengeschwülste oder Aftergebilde durch Druck die Leitung motorischer Nerven (z. B. des Facialis) hemmen, können resolvirende Mittel, nach Umständen auch die Exstirpation der Aftergebilde einen günstigen Erfolg haben. Auch Dyscrasien sind, wo sie als Ursachen der Lähmungen bestehen, so viel als möglich zu tilgen. So kann in Fällen, wo syphilitische Exostosen und Hyperostosen als wahr- scheinliche Ursachen bestehen, eine consequent durchgeführte Mercurial- oder Jodcur, oder der Gebrauch von Sarsaparilla Erfolg haben. Bei Knochen- caries mit Otorrhoe kann das Oleum jeeoris Aselli, oder das Jodeisen nebst dem Gebrauche von Soolbädern versucht werden.
Bleibt jedoch nach Erfüllung der Causalindication, oder wo diese von Anfang an auszuführen unmöglich war, der torpide Zustand in den motori- schen Nerven zurück, so besteht die Tndication, die Nerven- und Muskel- thätigkeit wieder anzuregen. Wir sind kaum im Stande, die Erregung von den Centralorganen aus wieder herzustellen, da wir wenige Mittel ken- nen, welche unmittelbar auf diese wirken. In dieser Beziehung ist wohl auch die psychische Intention, nämlich die Willenskraft des Kranken in Anspruch zu nehmen. Mittelbar durch das Blut wirken bei Lähmungszufäl- len die Arnica, die Nux vomica und insbesondere das Slrychnin. Von er-
M ey r, Augenheilkunde, 21
322
sterer wird das Extr. nuc. vom. spirit. V3 — 1 — 2 gr., von letzlerem das reine Alealoid zu !/8 ~ V-i Br- zwei- bis dreimal täglich gereicht.
Auch der Reflexreiz wird durch Erregung sensibler Nerven in An- spruch genommen; am Auge sucht man namentlich auf die Endäste des Quintus einzuwirken. Man erreicht diess durch Frictionen in der Umgebung des Auges, durch Einreibung von aromalischen, ätherischen und Spirituosen Flüssigkeiten (Tinct. Valerianae, #Tinct. Arnicae, Bals. vit. Hofmanni, Ol. Cajeputi, Aether sulfur., Ungt. nervinum, Spir. Lavand., Rorismarini, Tinct. Cantharidum), durch Anwendung fliegender Vesicatore in der Umgebung des Auges oder hinler dem Warzenforlsalze, Einreibung der Ammoniak- salbe, durch endermatische Anwendung des Strychnins, selbst durch An- wendung der Glühhitze. Auch kann eine Reaction durch zweckmässige Anwendung des kalten Wassers (Waschung, Uebergiessung, Douche) zu- weilen erzielt werden. Zu den wirksamsten Agenlien gehört jedoch die Anwendung des Magnetismus und der Electricität (als Electro- und Gal- vanopunetur, oder mittelst des magneto-eleclrischen Rotations- oder des galvano-electrischen Apparates), durch welche bei beharrlicher Anwendung günstige Resultate erlangt werden. Doch hüte man sich, dass man nicht durch zu kräflige Anwendung derselben die Erregbarkeit vielleicht gänz- lich erschöpfe, sondern moderire den Grad der Einwirkung jedesmal nach dem der Reizempfänglichkeit des Individuums. Die Einwirkung des elec- trischen Fluidums ist um so wirksamer in den Fällen, wo auch eine Mus- kclaffcclion (Erschlaffung derselben) als R.esiduum der Lähmung zurückge- blieben ist. Auch kräflige Ableitungen auf die äussere Haut durch Exulo- rien (Empl. vesic. perpel. oder empl. tart. emel.) vermögen, zumal bei rheumatischer oder dyscrasischcr Ursache, zuweilen die Nervcnlhäligkeit wieder zu wecken.
Bei geringer Abweichung des Auges in der einen oder andern Rich- tung, so wie bei der nach Lähmungen zurückgebliebenen Erschlaffung eines Muskels können zweckmässig angestellte Ucbungen im Sehen, bei verbundenem gesunden Auge, die Thäligkeit des gcschwächlen Muskels wieder mehr anregen (vergl. Sirabismus). Man hat auch in solchen Fällen die Cauterisirung der Conjuncliva mitNitras argenli an der der Abweichung des Bulbus entgegengesetzlen Stelle empfohlen, zu dem doppellen Zwecke, um die geschwächten Nerven zu Stimuli ren, und um eine leichte Verkür- zung der Conjuncliva zu bewirken, welche jedoch den Strabismus zu ver- bessern im Stande ist.
Bei der Mydriasis ist vor allem der dieselbe bedingende pathologische Zustand zu eruiren und wo möglich zu heben. Gegen die idiopathische
323
Mydriasis wurden Waschungen mit Essig-, Einreibungen und Vcrdunstun- stungen flüchtiger Mitlel in die Umgebung des Auges, die Instillation eines Infusums von Tabaksblättern ins Auge, das Mutterkorn oder ableitende Mit- tel auf den Darmkanal, endlich die Caulerisation der Conjuncliva oder der Cornea mit Lapis in f. empfohlen. Die durch Verletzung entstandene Myd- riasis erfordert vor Allem eine kräftige antiphlogistische Behandlung, vor- züglich, um dem Eintritte einer heftigen Entzündung vorzubeugen. Bei an- geborner Mydriasis ist gewöhnlich jede Behandlung fruchtlos. Auch die Behandlung der Myosis ist meistens erfolglos. Man hat gegen dieselbe krampfslillende Mittel innerlich, so wie Einreibungen von Salben aus Hyos- cyamus oder Belladonna in die Umgebung der Augen empfohlen.
21
LITERATUR
Ueber Anatomie des Auges schrieb :
Brücke, E., Prof., Anat. Beschreibung- des menschlichen Augapfels. Mit 1 Kupferlafel. Berlin 1847. 4.
Die Physiologie des Auges ist einzusehen in Ruete's Lehrbuch der Oph- thalmologie, so wie in Wagner's Handwörterbuch der Physiologie. 14. Lieferung. Artikel Sehen von Prof. Volkmann. Ueber die Pflege der Augen handeln:
M. E u 1 e n b u r g, die Pflege der Augen im gesunden und kranken Zustande mit besonderer Rücksicht auf den Gebrauch der Augengläser. Berlin 1841. 8.
James Hunter, über den nachtheiligen Einfluss der künstlichen Beleuch- tung auf das Auge, so wie über einige Mittel, durch welche sich die Nachlheile der Lampen vermeiden oder vermindern lassen. Weimar 1841. 8. (Die wahrheitsgetreue Schilderung und die practische Tendenz er- höhen das Interesse dieser kleinen, werlhvollen Schrift.)
A r 1 1, C. F., Dr. Die Pflege der Augen im gesunden und kranken Zustande, nebst einem Anhange über Augengläser. Prag 1846. 8. (Enthält ins- besondere treffliche Winke über die Wahl und Gebrauchsweise der Brillen.)
Vollständige Werke über Pathologie und Therapie der Augen- krankheiten :
Jos. Georg Beer, Lehre von den Augenkrankheiten. Mit illuminirten Kupfern. Wien 1813—1817. 8. 2 Theile.
Ant. Rosas, Prof. Dr., Handbuch der theoretischen und praclischen Augen- heilkunde. 3 Bände mit 2 Kupfern. Wien 1830. 8.
Ant. Rosas, Prof., Lehre von den Augenkrankheiten, zum Gebrauche für practische Aerzle und Wundärzte, wie auch zur Benutzung beim klin. Unterrichte. Wien 1834.
W. Mackenzie a practical treatise on the diseases of the eye. London 1835. 2d. ed. 8.
325
J. Chr. J ü ngk e n, die Lehre von den Augenkrankheiten. Mit einer dia- gnostischen Tabelle der Augencnlzündungen. 3. Auflage. Berlin 1842. 8.
W. Lawrence, a treatise on the diseases of the eye. London 1842. 8.
Max. Jos. Chelius, Handbuch der Augenheilkunde zum Gebrauche bei seinen Vorlesungen. 2 Bände. Stuttgart 1839 — 1843-
Carl H i m 1 y, die Krankheiten und Missbildungen des mensch). Auges und deren Heilung. Herausgeg. von E. A. W. H i m 1 y. Mit Titelkupf. und 5 Taf. Berlin 1843. 4. 2 Bände. (Reich an Literatur.)
C. G. Theodor Ruele, Lehrbuch der Ophthalmologie für Aerzle und Stu- dierende. Mit Holzschnitten. Braunschweig 1845. 8. (Die physiolo- gischen Verhältnisse des Sehorgans und der Augenkrankheiten sind in diesem Werke besonders gewürdigt.)
August Andreae, Grundriss der gesammten Augenheilkunde. 2 Theile. 3. Auflage. Leipzig 1846. (Enthält eine vollständige Literatur.)
Cappelletti, G., le Malaltie dell' occhio e delle sue dipendenze. Triesle 1845—1851 (4 Bände).
Hasner Jos. Edl. v. Artha, Entwurf einer anatomischen Begründung der Augenkrankheiten. Mit 1 lilhogr. Tafel. Prag 1847. 8.
L. A. D esm ar res, Traile theorique et pralique des maladies des yeux. Avec 78 figures intercales dans le texte. Paris 1847.
Ph. Fr. v. Walther, Augenheilkunde. Freiburg im Breisgau 1848. 8. Bildet den 3- und 4. Band von dessen System der Chirurgie.
Arlt, Dr. Ferd. Prof., die Krankheiten des Auges. Prag 1851. Erschienen ist bisher der 1. Band, enthaltend die Krankheiten der Binde- und Horn- haut. Mit einer lilhogr. Tafel.
Ueber besondere Krankheiten handeln:
Burkhard Eble, über den Bau und die Krankheiten der Bindehaut des Auges mit besonderer Beziehung auf die conlagiose Augenentzündung. Wien 1828. 8.
J. F. Piringer, die Blennorrhoe im Menschenauge. Eine gekrönte Preis- schrift. Gratz 1841. 8.
Sei dl, Dr. Emman., die granulöse Ophthalmie oder die sogenannte egyp- tische Augenentzündung. Wien 1850. 8.
Gulz, Dr. Ignaz, die sogenannte egyptische Augenentzündung oder der Catarrh, die Blennorrhoe und das Trachom der Bindehaut. Wien 1850. 8.
Rau, Wilh., die Krankheiten und Bildungsfehler der Regenbogenhaut. 2 Bände. St. Gallen 1844—45. 8.
Höring, über den Sitz und die Natur des grauen Slaares. Eine von der Redaction der Annales d'Oculistique in Brüssel gekrönte Preisschrift. Heilbronn 1844. 8.
Warn atz, Gust. Heinr., über das Glaucom. Preisschr. von der Redact. der Ann. d'oeulist. in Brüssel. Leipzig 1844. 8.
Bert hold, das Myopodiorlhoticon oder der Apparat, die Kurzsichtigkeit zu heilen. Mit 1 lithogr. Tafel. Göltingen 1840.
Will. White Cooper, practical remarks on near sight, aged sight and impaired vision. London 1847. 8.
326
.loh. Ad. Schmidt, über die Krankheiten des Thranenorgans. Wien 1803.
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Böhm, Ludw., das Schielen und der Sehnenschnilt in seinen Wirkungen auf Stellung und Sehkraft der Augen. Mit 1 Kupfer und 32 Holzsehn. Berlin 1845. 8- (Die beste Monographie über das Schielen.) Ueber Nervenkrankheiten des Auges sind einzusehen:
Rom berg, M. H., Lehrbuch der Nervenkrankheiten des Menschen. 2 Bde. Zweite Auflage. Berlin 185t. 8.
H. Gerold, die Lehre vom schwarzen Slaare. Magdeburg 1846. 8.
Hocken, Treatise on Amaurosis and amaurolic affeelions. London 1840. 8.
Deval, Traile de l'Amaurose ou de la goutte sereine, ouvrage eonlenant des faits nombreux de guerison de cette maladie dans des cas de cecite complete. 1. vol. in 8. Paris 1851.
Ueber Augeninslrumente handelt:
C. Kanka, Beschreibung und Abbildung der für sämmtliche Augenopera- tionen nothwendigen Instrumente mit besonderer Rücksicht auf die in der Wiener Augenklinik gebräuchlichen. Mit 1 Kupfer. Wien 1842. 8- Ueber Augen Operationen:
C. Chr. Jüngken, die Lehre von den Augenoperalionen. Mit 4 Kupfer- lafeln. Berlin 1829-
G. J. Guthrie, Lectures on the operative surgery of the eye. With plales. 3. ed. London 1830.
C. Deval, Chirurgie oculaire, ou traue des Operations chirurgicales, qui se pratiquent sur l'oeil et ses annexes; avec un expose succinl des difleren- tes alterations qui les reclament. Ouvrage contenant la pratique opera- loire de A. Rosas et Fr. Jaeger etc. Paris 1843. Avec 6 planches.
REGISTER.
Seite
Abrasio corneae ... 156
Accomodations-Vermögen . . 13
Achlys 152
Achromalopsie 279
Adiaphanosis .... 142
Acgilops 113
Aftergcbilde, gutartige . . . 229
„ bösartige . . 244
Albinismus 144
Albugo 152
Amaurosis 276
Amaurosis, anatom. Befund bei
derselben ...... 292
Amaurosis, angebome . 293
„ asthenische . . . 299
„ catarrhalis . . . 289
centralis .... 289
congestiva . . . 286, 296 » „ rheumatica 288 erethistica . . . 291, 301 „ durch Herzkrank- heiten . 289
Amaurosis, durch Entzündung
des Gehirns .... 290 Amaurosis durch Hydrocephalus 291 » » organ. Ver- änderungen im Gehirne . 291 Amaurosis durch Erkrankung
des Rückenmarks . . . 291 Amaurosis durch Irritation des
Quintus . 289
Amaurosis durch Irritation des
Sympalhicus 290
Amaurosis durch Wurmleiden . 290 „ „ schwächende
Einflüsse 292
Amaurosis durch Harnruhr 292
Seite
Amaurosis bei Schwangeren |
289 |
„ ex anopsia . . |
287 |
„ hysterica . . . |
291 |
,, narcotica . . . |
290 |
peripherica . . |
286 |
saturnina . . |
290 |
„ simulirte . . . |
295 |
„ sthcnische . . |
296 |
„ traumalische . . |
287 |
„ torpide . . . . |
299 |
„ Charactcr derselben |
296 |
„ Diagnose |
295 |
„ Behandlung „ |
296 |
„ Prognose |
295 |
Typus |
293 |
„ Ursachen „ |
293 |
„ Verlauf „ |
293 |
Amaurotisches Katzenauge . |
248 |
Amblyopie |
276 |
Anaesthesie des Quintus |
273 |
„ des opticus . . |
276 |
Anchylops |
113 |
Aneurysma in der Orbita . |
243 |
Ankyloblepharon .... |
198 |
Anophlhalmie |
144 |
Arcus senilis |
152 |
Asthenopie |
277 |
Atherom |
232 |
Atonia corneae |
74 |
„ sacci lacrymalis . . |
207 |
Atresia pupillae .... |
93,200 |
Atrophie des Augapfels . . |
74, 111 |
„ secundäre |
105 |
„ der Bindehaut . . |
73 |
Aufrechtsehen |
14 |
Augapfelentzündung . . . |
110 |
Augapfelkrampf .... |
304 |
328
Augapfelkrebs . .
Auge, Beziehung desselben zu den übrigen Organen
Auge, künstliches . .
Augenaxen ...
Augenbewegungen
Augenbrauenwunden .
Augenentzündung . ,
„ arthri tische „ exanthematische „ rheumatische „ scrofulose „ specifische . „ syphilitische „ variolöse . „ Behandlung der selben
Augenentzündung, Eintheilung derselben
Augenfell
Augengläser
Augenhöhlen
Augenkammern ....
A ugenkrankenexamen
Augenlider
Augenlidabscess ....
Augcnliddrüsenentzündung .
Augenlidauswärtskehrung .
Augenlidein wärtskehrung .
Augenliderentzündung
Augenlideczem . . .
Augenlidkrampf
Augenlidgeschwülste .
Augenlidlähmung . .
Augenlidrauhigkcit
Augenlidrothlauf . .
Augenlidschwiele . .
Augenliderverletzung
Augenmuskeln . . .
Augenschirmc . . .
Augentripper . . .
Augenwassersucht
Augenwimpern . .
Balggeschwülste der A ugenlider
„ in der Orbita
Balkenstaar
Bewegungsnerven, Krankheiten
derselben
Bindehaut
ßindehauteatarrh ....
„ acuter . . .
„ chronischer .
Bindehautblcnnorrhoe . . Bindehautentzündung . .
„ genuine . .
„ exanthematische Bindehaut, Hyperämie dersel- ben
Seite
247
15
140
10
10
23
iO
126
129
125
120
118
127
130
II
43
78
45, 149
9
6
16
7
49
51
215
222
47
48
302
229
315,316
71
47
53
22
9
45
69
87, 106
231 239 157
302
3
60
61 62 64 55 56 59
55
Bindehauttrachom . . Blendungsknoten . . . Blennorrhoe , chronische Bindehaut .... Blennorrhoe , chronische des
Thränensackes . . . Blepharoadenitis . . .
„ scrofulosa
Blepharitis erysipelatosa „ phlegmonosa
Blepharoblennorrhoe . . „ scrofulose
Blepharoplastik nach Frike
„ nach Dieffenbach
Blepharoplegie . . . Blepharoptosis . . .
paralytica Blepharospasmus . . Blinzeln , krankhaftes
Blutauge
Brillen
„ Wahl derselben
Canalis Fontanae . .
„ Schlemmii Petiti . . .
„ lacrymo-nasaJis Carbunkel der Augenlider Caries ossis unguis
„ orbitae . . . Cataracta
„ adereta . .
„ arida siliquata
„ cholestearina
„ congenita
„ corticalis
„ cystica
„ dehiscens
glaueomatosa gypsea .
„ hydatoidca
„ lymphatica
„ membransfeea
„ natans
„ nigra . .
„ nuclearis .
„ senilis . .
„ stellata
„ traumatica
„ tremulans
„ viridis .
„ Diagnose derselben
„ Genesis derselben Calarrh der Bindehaut Centralkapselstaar . . Chalazion ....
Chemosis
Choroidea ...
„ Hyperaemie derselben
Seite
71
262
66
207
52
122
47
49
64
122
217
219
316
49
316
302
302
27
149
150
3
3
7
8
50
209
116
156
158, 165
160
105
168
159
160
159
159
160
160
93, 167
160
160, 165
161
161
170
159
169
160, 165
159
162
168
60
157
229
57
4
99
329
Seite
Choroidea, Entzündung dersel- ben 99
Choroidea, Entzündung dersel- ben, acute 100
Choroidea, Entzündung dersel- ben, chronische .... 100
Chromopsie 279
Chrupsie 279
Ciliarband 4
Ciliarkorper 4
,, Entzündung desselben 98
Cilien 7
Cirsophthalnius 107,254
Clavus 135
Coloboma palpebrarum . . . 143
iridis 29, 144
Conjunctiva 3
Conjunctivalerethismus . . . 272
Cornea 2
Cornea conica 88
Coremorphosis 201
Crithe 51
Crusta laclea palpebrarum . . 48
Cyclopie 143
Dacryocystitis 113
Dacryocystoblennorrhoea . . 207
Dacryocystoblennostasis . . . 209
Dacryocystotomia 114
Dacryops 206
Dacryostagon 207
Daltonismus 279
Decrepiditaet des Auges . . 148
Depressio cataractae .... 186
,, ,, perscleroticam 186
,, ,, per corneam . 188
Depressionsnadel 186
Discissio cataractae .... 188
,, ,, per corneam . 189
,, ,, perscleroticam 190
Discissionsnadel . . , . . 189
Diplopie 284
Distichiasis 226
Doppeltsehen ...... 284,309
Drehpunkt des Auges ... 10
Disopie 276
Ecchymosis palpebrarum . . 23
,, conjunctivae . . 27
Ectopien 215
Ectropium 215
Einfachsehen 13
Eiterauge 93
Eiterstaar 159
Emphysem der Lider ... 24 Empfindungsnerven, Krankhei- ten derselben 269
Empfindlichkeit, krankhafte der
Augen 271
Seite
Encanthis 236
Encephaloid 247
Enchondrom der Orbita 238
Entozoen im Auge .... 39
Entropium 222
Epicanthus 143
Epiphora 112
Epithelialkrebs 245
Epithclialtrübung der Hornhaut 151
Erethismus scrofulosus . . 121 Erosionsgeschwüre . . . . 61, 77
Erysipelas palpebrarum ... 47
Exostosis orbitae 238
Exophthalmus 115,237
,, mit Struma und Herz- leiden 243
Exophthalmia 237
,, fungosa 235
Exstirpatio bulbi 235
Farbenerkennungsvermögen ,
Mangel desselben .... 279
Fasergeschwülste der A ugenlider 235
Fensterstaar 157
Fernsichtigkeit 147
Fettfleck 235
Fistula orbitae 116
,, sacci lacrymalis . . . 209
Flügelfell 233
Fötalstaar 168
Fremde Körper im Auge . 33
Fungus cellulosus conjunctivae 235
,, orbitae . . 238
haematodes .... 248
,, medullaris .... 247
,, melanodes .... 253
Ganglion ciliare 262
Gerontoxon 152
Gerstenkorn 51
Geschwüre der Hornhaut . . 131 Gesichtsempfindungen,
unvermittelte 1
,, vermittelte . 14
,, subjeetive . 15
Gesichtsschwäche, amaurotische 102
Glaskörper 7
Granulation der Bindehaut . . 66
Greisenbogen 152
Greisenstaar 170
Gypsstaar 160
Haarzwibeldrüsen 7
Hagelkorn 229
Halbsehen 282
Hallucinationen des Gesichts- sinnes 282
Hasenauge 315
Hautkrebs 245
;3o
Seite
Haemophthalmus ... 27, 29
Hebeludo visus 277
Hemeralopie . . 294
Hemiopie 282
Hernia choroidcae 28
,, sacci lacrymalis . . 209
Herpes ciliaris 53
Hippus 19,284
Hordeolum 51
Hornhaut . 2
Hornhaulabscess ..... 81
Hornhautentzündung .... 76
,, pustulosa . . 76
,, pannöse ... 78
,, parenchymatöse 81
Hornhautexanlhem .... 76
Hornhautfistel 134
Hornhaulgeschwüre .... 131
Hornhautnarbe ...... 133,152
Hornhautschnitt ..... 181
Hornhautstaphylom .... 135
Hornhautstich 185
Hornhauttrübung ..... 151
Horopter 14
Hühnerblindheit 294
Humor aqueus 6
Hydatide der Thränendrüse 257
Hydromenyngitis 85
Hydrophthalmus anterior . . 87
,, posterior . 106
Hyperaesthesie des Quintus 270
,, des N. opticus 274, 278
Hydrorrhoe 64
Hyperkeratosis 88
Hypopyon 93
,, spurium .... 83
Insolation 286
Irideclomia 203
Irideremia 144
Iridodonesis 19,105,318
iridodialysis 204
Iridoencleisis 204
Iridotomie 202
Iris 4
,, Bewegung derselben . . 263
,, Colobom derselben . . „ 144
,, Lähmung derselben . . . 318 ,, Lostrennung derselben vom
Ciliarbande 30
,, Nerven derselben . . . 263
,, Vorfall derselben ... 134
Iritis 89
,, chronica 97
„ syphilitica 128
Kapselstaar, vorderer ... 156
,, hinterer ... 158
Kapsellinsenstaar 157
Seite
Keratitis 76
',, scrofuiosa .... 122
Keratokele 133
Keratoplastik 156
Kerectasia 67, 79
Kercctomia 156
Kopiopie 277
Krämpfe 302
Krampf der Augenlider . . 302
,, des Augapfels . . . 304
Krebs der Augenlider . . . 245
,, des Augapfels . . 247
,, der Thränendrüse . . 257
der Orbita ..... 257
Krystallkörpcr 6
,, Trübung desselben 156
Künstliche Augen 140
Kurzsichtigkeit 145
Lähmungen 313
Lähmung der Iris 318
,, des Nervus abducens . 317
,, ,, ,, facialis . . . 315
,, ,, ,, oculomotorius 316
,, ,, ,, patheticus . 317
Lähmungen, Prognose derselben 320
Therapie ,, 321
,, Ursachen ,, 319
Läuse am Auge 39
Lagophthalmus 50, 116
,, paralylicus . . 315
Leucoma corneae 152
Leucosis 144
Licht hunger 283
Lichtscheu 41,283
Lichlsehen 271
Lidhalter 310
Ligamentum canthi int. et ext. 8
,, Suspensorium lentis 7
Linse 6
Linsen staar 158
Linse, Wiedererzeugung ders. . 197
Lippiludo 61
,, senilis 62
Lorgnetten 151
Luscitas 307
Lymphstaar 93, 167
Macula corneae 152
Madarosis ciliaris 53
Malacia corneae 131
Marasmus des Linsensystems . 1.6Ü
Margarita 152
Mariotte's Versuch .... 12
Markschwamm 247
Megalopie ... . . . 283
Meibomische Drüsen . .
Melanosis 253
Meliceris 232
331
Seite
Menibraaa Descemet! ... 3 ,, ,, Entzündung
derselben 85
Melamorphopsie 285
Micropic 283
Milchstaar 159
Milien 231
Microphlhalnius 144
Missbildungen, angeborne . 143
Monophthalmie 143
Mückenkopf 135
Mückensehen 280
Muscae volitanles 280
Muskeln des Auges ... 9
Muskelschnitt 310
Musculus Horneri 9
,, tensor choroideae 4
Mydriasis 28,318,322
Myodesopsia 280
Myokephalon 135
Myopia 145
,, spuria ..... 283
Myopodiorthoticon .... 147
Myosis . 319,323
Myotomia oculaiis .... 310
Nachstaar . , 197
Nachtblindheit ...... 294
Nachtnebel 294
Nagelkopf 135
Nasenwinkelgeschwulst ... 113
Nasen winkelgeschwür ... 113
Necrosis orbitae 116
,, ossis lacrymalis . . 209
Necrosirung der Cornea . . 131
Nepheliopie . 288
Nephelium 152
Nervus lacrymalis 260
,, lacrymonasalis . . . 260
,, oculomolorius . . . 262
,, opticus 259
trigeminus 260
,, abducens 262
facialis 262
patheticus 262
,, trochlearis 262
Netzhaut 5
Netzhautbildchen 10
,, Dauer desselben . . 12
,, Deutlichkeit dess 13
,, Grösse dess. ... 12
Neuralgia ciliaris 271
,, supraorbitalis . . . 270
Neurosen 259
,, Phaenomenologie ders. 267
Prognose dere. . . 268
Sitz ders. . . . 265
Therapie ders. ... 269
,, Ursachen ders. . . 265
Seite |
|
Nictilatio morbosa |
302 |
Nubecula . . |
152 |
Nyctalopie |
294 |
Nyctamblyopie |
294 |
Nystagmus .... |
153,304 |
Ocdema frigidum palpebr. . |
48 |
Onyx |
83 |
Operation des Coloboms . . |
143 |
,, des Ectropiums und La- |
|
gophthalmus |
21S |
,, ,, ,, nach Sanson |
219 |
,, ,, ,, nach Adams |
220 |
,, ,, ,, nachDiefTcnbach |
219 |
,, ,, Entropiums nach |
|
Crampton . . |
223 |
,, ,, ,, nach Celsus . . |
223 |
,, ,, ,, nach Jacsche |
224 |
,, ,, Epicanthus .... |
143 |
,, ,, grauen Staarcs . . |
175 |
,, ,, Homhautstaphyloms |
139 |
,, ,, Hydrophthalmuspost. |
110 |
,, ,, Schielens . . . . |
310 |
,, der Thränensackiistel |
210,313 |
,, Trichiasis .... |
226 |
Ophthalmia |
40 |
„ aegyptiaca . . . |
68 |
,, arthritica . . . . |
126 |
,, sxanthematica |
129 |
,, intermittens . . |
270 |
,, rheumalica . . . |
125 |
,, scrofulosa |
120 |
,, speeifica . . . . |
118 |
,, syphilitica . . . |
127 |
,, variolosa . . . |
130 |
Ophthalmitis |
110 |
Ophthalmoblennorrhoe . . . |
64 |
,, der Neugcbornen |
68 |
,, Einimpfung ders. |
76 |
Ophthalmophlebitis ... |
111 |
Ophlhalmoplegia totalis . . . |
320 |
Ophthalmoptosis |
26, 237 |
Ophthalmophthisis . . . . |
112,138 |
Ophlhalmoslaten |
179 |
Orbita , . |
9 |
,, Entzündung ders. . . |
115 |
,, Caries und Necrose ders. |
116 |
Orbitalabscess |
115 |
Orbitalaneurysma ..... |
243 |
Orbitalgeschwülste ... |
236 |
Orthopaedie des Auges . . . |
312 |
Osteoid, bösartiges .... |
258 |
Pannus |
74, 78 |
Paracentesis bulbi .... |
71, 97 |
Paralysen |
313 |
Periorbitis . . ... |
116 |
Perioslosis orbitae .... |
238 |
Perla |
152 |
332
Seite
Perlenstaar 157
Phacomalacie 158
Phacosclerom 160
Phlegmatorrhoe 64
Phlegmone palpebrarum . . 49
Photophobie 271
Photopsie 278
Phthisis corneae et bulbi . . 138
Pigmentstaar 158
Pigmentkrebs 253
Pinquecula 235
Pladaroma palpebrarum ... 48
Platycoria 318
Polyopia 172
Presbyopia 147
Prolapsus iridis 134
Prothesis ocularis 140
Pseudoplasmen 228
Psorophthalmia 53
Pterygium 233
Pupillarbewegung 11,263
Pupillenbildung, künstliehe . 201
Pupillensperre 200
Pupillenunbeweglichkcit . . . 283
Pupillenvercngerung .... 93
Pustula maligna palpebrarum . 50
Pustularophthalmie .... 59
Pyorrhoe 64
Pyramidenstaar 157
Regenbogenhaut 4
Resorptionsgeschwüre ... 131
Retina 5
Rhinorrhaphie * 143
Rhyas 236
Sanson's Experiment ... 163
Saitenkur bei Thränenleiden . 211
Schiefstehen des Auges . . . 307
Schielen 305
Schleimpolypen 235
Schwachsichtigkeit .... 277
Scleritis 125
,, gonorrhoica .... 129
Scleronyxis 186, 190
Sclerotica 2
Scotome 280
Scotopsie ........ 280
Scorbut am Auge 130
Sehnenschnitt 310
Sensibilitätsneurosen .... 269
Sichelnadel 189
Sinus venosus Hovii . . , . 3
Speckgeschwulst der Lider . 233
Sphacelescenz der Cornea . . 131
Staar, grauer 156
., ,, angeborner . . . 168
,, ,, beginnender . . . 172 ,, ,, flüssiger .... 159,164
Seit,.
Staar, grauer, häutiger . . .158,160
,, ,, halbharter . . . 161
,, harter , . . . . 160
,, seeundärer ... 197
,, ,, trockenhülsiger . . 160
„ ,, weicher .... 159
,, ., Complication dess. . 166
,, ,, Diagnose ,, . 162
„ ,, Depression ,, . 186
,, ,, Dislocation ,, . 186
,, ,, Discission ,, . 188
*,, ,, Genesis ,, 168
,, ,, Naturheilung ,, . 174
,, ,, Prognose ,, 173
Staarbrillen 197
Staarextraction 179
,, mit dem Hornhautschnitl
nach oben 185
,, mit dem Horuhautstich . 185
,, nach Antyllus Methode . 185
Staarmesser 180
Staamadeln 186,189
Staaroperation 175
,, Contraindicalion ders. . 176
,, Nachbehandlung ... 192
,, übleEreignisse nach ders. 194
„ Vorbereitung dazu . . 177
,, Werth der Methoden . 191
Staar, schwarzer 276
Slaphylom der Hornhaut . . 135
,, Iris .... 137
,, ,, Sclerotica . . 107
Staphyloma racemosum ... 137
,, corneae pellucidum 88
Schwimmstaar 160,165
Sternstaar 159
Stillicidium lacrymarum . . 207
Stirnnerve 260
Strabismus 305
Streifenstaar 157
Sleatome der Lider . . . , 233
Sycosis 53
Symblepharon 199
Synchysis 105
Syndesmitis catarrhalis ... 61
,, granulosa ... 71
Synechia anterior 134
,, posterior .... 93
Synicecis 201
Tarsomalacie 54,122
Teleangiectasie der Augenlider 232
Tinea palpebrarum .... 53
Thränencarunkel 8
Thränenkanälchen .... 8 ,, Verengerung und Ver- wachsung derselben . . . 206
Thränendrüse 8
,, Entzündung derselben 112
333
Seite
Thränendrüse, Fistel derselben 112 Thränenorgane, Verengerung1
und Verwachsung ders. 206
Thränenschlauch 9
Thränensack 8
,, Abscess desselben . . 114
,, Entzündung dess. . . 113 ,, Eröffnung dess. . . . 114,210
,, chron. Blennorrhoe dess. 207
,, Verengerung dess. . . 213
Thränenfluss 112
Thränensackfistel 209
Thränenträufeln 207
Thränenzellgeschwulst . . . 206
Trachom 71
Traumen 22
Transplantatio corneae . . . 156
Trichiasis 225
Trichosis bulbi 226
Triefauge 61
Tylosis 53
Unguis 83
Verbrennung des Auges . . 33
Vegetationsschwäche des Auges 148
Verkalkung der Linse . . . 160
Verknöcherung im Auge . . 105
Verletzungen 22
Verletzung des Augapfels . . 27
,, der Augenbrauen . 23
Seite |
|
Verletzung der Augenlider . |
22 |
„ des CiJiarkörpers und |
|
der Choroidea . . |
30 |
,, der Hornhaut . . |
28 |
„ ,, Iris . . |
29 |
,, ,, Linse und Kapse |
30 |
„ ,, Orbita . . . |
25 |
,, ,, Retina . . . |
31 |
,, ,, Sclerotica . . |
28 |
Visus dimidiatus .... |
282 |
,, interruptus .... |
283 |
Vielfachsehen |
172 |
Vorfall des Augapfels . . |
237 |
,, der Chorioidea . . |
. 30, 140 |
,, der Iris |
134 |
,, des obern Lides . . |
317 |
,, der Wasserhaut . . |
183 |
,, des Krystallkörpers . |
31 |
Warzen der Augenlider |
230 |
Wimpern |
7 |
Wunden des Augapfels . . |
27 |
,, der Augenlider |
22 |
Würmer im Auge .... |
39 |
Xerophthalmus
73
ZellenschwammderConjunctiva 335
„ Orbita . . 238
Zitterslaar 160,165
Zonula Zinnii 7
Berichtigung.
S. 147, Zeile 23, statt Bonnet soll es heissen Ruete.
Druck von Keck & Pierer in Wien.
ERKLÄRUNG DER ARRILDUNGEN.
Fig. T. Sc he malische Darstellung eines horizontalen Durchschnittes des Antjes.
1. Conjunctiva corneae.
2. Cornea.
3. Membrana Descemet!. *
4. Sclerotien.
5. Irs.
6. Choroidea.
7. Musculus tensor Choroideae (Ligam. ciliare).
8. Corpus ciliare.
9. Retina.
10. Capsula lentis.
11. Membr. hyaloidea.
12. Zonula Zinnii (lig. suspensor. lentis).
13. Nervus opticus.
a. Camera anterior.
b. Camera posterior.
c. Lens crystallina.
d. Corpus vitreum.
e. Caiialis Petili.
f. Ganalis Schlemmii.
Fig. IT. Darstellung der Augennerven.
a. Sehnerve.
b. Dreifach gelheilter Nerve (N. trigeminus).
c. Dessen dritter,
d. dessen zweiler,
c. dessen erster oder Augenast.
f. Erster Zweig des Augenasles (Slirnncrve).
g. Zweiter Zweig des Augenasles (N. nasociliaris).
h. Ciliarnerven, welche unmittelbar vom vorigen abgehen.
i. Der Thränenncrve.
k. Der Rollncrve (N. pafhelicus).
1. Der äussere Augenmuskelnerve (N. abducens).
m. Eine doppelte Wurzel des Sympathicus, wo selbe vom N. abducens abgeht.
n. Der gemeinschaftliche Augenmuskelnerve (N. oculomotorius)
o. Dessen oberer Ast zum Levator und Rectus superior.
p. Dessen unterer Ast zum Rectus internus und inferior.
q. Dessen Ast zum N. obliquus inferior.
r. Der Blendungsknoten (Ganglion ciliare).
a. Seine kurze motorische Wurzel.
ß. Seine lange sensitive Wurzel vom Nasenaste des Quintus.
7. Die Ciliarnerven.
3. Verbindungszweige der letzteren mit den Zweigen (h) , die unmittel- bar vom N. nasociliaris abgehen.
Fig. I.
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